Willy Wahan - Trommeln aus Leidenschaft

  • Interview mit Willy Wahan, Wahan Drum Technology
    Dezember 2004 Mainz-Kastell / Karlsruhe


    Wer schon das Vergnügen hatte Willy Wahan persönlich
    kennen zu lernen,weiss wie sehr ihm seriöse Grundsätze
    am Herzen liegen. Wir konnten seine Philosopie schon
    mehrmals auf verschiedenen privaten und offiziellen Treffen
    -so auch bein Treffen 5.0 in Astheim im August 2004- erfahren.
    Höchste Zeit für ein kleines Interview, das wir dann im Dezember
    2004 mit ihm geführt haben. Teils "in der Höhle des Löwen" in
    Mainz-Kastell, teils bei seinem am Abend stattgefundenem Termin
    in Karlsruhe, wo er für die John Lee Hooker jr. Band ein Stage-Set
    zur Verfügung gestellt hatte.
    Des Drummers (John Handy) Kommentar nach dem Gig:
    "What the f**** hell was this?? I´ve never played on a better set!
    Who is this guy?"


    Während die Firma Wahan im europäischen Raum höchstes Ansehen
    geniesst - man erinnere sich an Armin Rühls legendäres Zeitungs-
    folierte Set der Herbert-Grönemeyer-Tour - ist der internationale Bekanntheitsgrad eher geringer.


    Wahan-Sets sind typische Handarbeitsergebnisse: Optimiert bis in
    die auch noch so "unwichtigen" Details, Massarbeit mit einem eigens
    dafür konstruierten Maschinenpark, extreme Materialkenntnis und vor
    allem: Jede Menge Enthusiasmus und Ahnung vom Wesentlichen.




    Drummerforum: Was bedeutet für dich das Instrument Schlagzeug?


    W. Wahan: Seit frühester Kindheit bin ich mit der Faszination Musik und
    Schlagzeug verbunden. Es ist ein unzertrennlicher Teil meines Lebens
    geworden. Noch als Kind habe ich auf fast alles geklopft, was mir in der
    Quere kam.
    Selbst heute noch, wenn ich eine Zeit lang nicht trommeln kann, werde ich
    fast krank. Es fehlt einfach was, denn es ist meine große Leidenschaft.
    Mit 11 Jahren, von heutiger Sicht relativ spät, fing ich an in einen
    Drum Corps zu spielen und bekam dort Unterricht an der Marschtrommel, mit
    all den Rudiments usw.
    Ich spielte zunächst mit dem "Traditional Grip". Später dann aber, in
    den Sechzigern, als ich schon in Bands gespielt habe, kamen die ersten
    lauten Verstärker mit dem Soul und Rock in Mode und ich war zu
    leise in Verhältnis mit den anderen Kollegen. So wechselte ich zum
    "Matched Grip", und konnte mehr Lautstärke erzielen. Zu der Zeit waren
    die richtigen PA`S noch nicht sehr verbreitet. Schließlich konnte ich
    dann eine Menge Erfahrungen mit Mikrophonen und Aufnahmetechniken von
    der Picke an sammeln. Zu dieser Zeit war ich öfter in Sachen Studio und
    Filmmusik beschäftigt und kehrte zum "Traditional Grip" zurück, denn ich
    bin eher ein filigraner Schlagzeuger und meine Leidenschaft ist nach wie
    vor der Jazz.
    Eigentlich spiele ich jetzt beides. Je nach Bedarf.


    Drummerforum: Wie siehst Du die Rolle des Schlagzeugers innerhalb einer Band?


    W. Wahan: Kurz gesagt: Er oder Sie muss möglichst eine gegenseitig
    ergänzende Einheit mit dem Bassisten/in bilden und das
    rhythmisch-harmonische Fundament für das Stück aufbauen.
    Zum Glück ist das Instrument aus dem Schattendasein im Laufe der Jahre
    herausgetreten und eine Menge Leute wissen zu schätzen, wie wichtig es
    für die gesamte Band ist, auch wenn die Solisten mehr im Mittelpunkt
    stehen.


    Drummerforum: Wie bist du zum Trommelbau gekommen?


    W. Wahan: Ich bin quasi in der Schreinerwerkstatt meines Vaters
    aufgewachsen und habe als Beruf Dreher / Fräser gelernt, kenne mich also
    aus mit der Holz- und Metallverarbeitung.
    Ich war immer bestrebt den Klang meiner Trommeln zu optimieren. Früher
    wurden noch Naturfelle benutzt und die Kesselränder waren ziemlich
    flach, nicht einmal abgerundet. Mein Vater riet mir, beim Kessel die
    Ränder etwas nachzuschleifen um die Obertöne besser im Griff zu bekommen
    und mehr Sustain den Trommeln zu entlocken. So sammelte ich
    reichlich Erfahrungen und schließlich probierte ich auch die ersten
    Plastikfelle aus, die es zu kaufen gab.
    Diese Felle wiederum bedurften eine andere Fellauflage, denn sie hatten
    auch einen anderen Grundklang als die üblichen Naturfelle. Kollegen
    hörten meinen Sound und so bekam ich die ersten Aufträge ihre Trommeln
    zu modifizieren.
    Ein Vorteil war, dass ich sehr viele Trommeln der verschiedensten Größen
    und Firmen ausprobieren konnte, mein Drumset wechselte öfters.
    Wie schon erwähnt, gab es in den 60er ein Problem mit der Lautstärke am
    Drum Set. Kurz entschlossen habe ich in der Werkstatt meines Vaters als
    erstes eine 26“ Bass Drum in traditioneller Bauweise gebaut, die laut
    genug sich gegen die elektrischen Gitarren durchsetzen konnte. Bald
    darauf folgte auch ein 13“ Tom, das etwas länger war als die
    Handelsüblichen. Schließlich hatte ich auch meine langhaarige Zeit
    gehabt.
    Bis zur Gründung meiner eigenen Firma spielte ich hauptsächlich in
    verschiedenen Bands und Projekten, gab Unterricht (immer noch eine große
    Leidenschaft von mir) und führte einen Musikalien-Einzelhandel. Nach der
    Gründung hatte ich endlich die Möglichkeit, meine Ideen, die ich im
    Laufe der Jahrzehnte bei der Modifizierung und dem Bau von Trommeln
    gesammelt habe, richtig umzusetzen und der Öffentlichkeit zu
    präsentieren. Dazu gehören jetzt auch das Marketing und der größer gewordene „Papier
    Krieg“, die seit der Firmengründung ein Teil meiner Tätigkeit geworden
    sind.
    Ich sehe die Instrumente, die wir bauen, als zuverlässige vielseitige
    Werkzeuge für die Drummer an. Das heißt, sie sollen ohne Bedenken im
    Studio, Proberaum und auf der Bühne eingesetzt werden. Man könnte auch
    sagen, wir bauen die "Hilti`s" für die Schlagzeuger. Die Optik ist
    natürlich auch wichtig, aber, wichtiger ist für mich immer noch der
    Klang. Der Klang war und ist hauptsächlich der Grund, weshalb
    auch Profi-Drummer unsere Trommeln kaufen.
    Es ist schon toll, dass Ideen, die ich zum Teil schon seit den
    Siebzigern habe, wie den Vario Lifter, BD Beater usw, endlich
    realisieren konnte. Ich möchte mich in diesem Zusammenhang bei meinem
    Bruder und den harten Kern von Freunden um mich herum bedanken, die mich
    immer noch unterstützend begleiten.


    Drummerforum: Wie siehst du die Zukunft der Musikindustrie?


    W. Wahan: Es hängt sehr von den Maßenherstellern und den Endverbrauchern
    ab. Der Markt ist dichter geworden als je zuvor und immer mehr Low
    Budget Herstellern kommen auf den Markt. Der preis für ein 5-teiliges
    Set inkl. Hardware für € 199,00 ist längst der Schnee von gestern. Wo
    soll das noch hinführen? Nur auf Kosten der Qualität ist so was machbar.
    Wenn es nach mir gehen würde, so ein Teil werde ich erst gar nicht
    auspacken und aufbauen, um ja nichts kaputt zu machen. Ich vermute
    mittelfristig wird sich manches von alleine regeln.
    Im Augenblick geht der Trend bei den Kunden immer mehr weg von dem
    Billigprodukt in Richtung Qualität, Individualität und Exklusivität.
    Die Ansprüche werden immer größer. Es kommt darauf an, inwieweit die
    Verbraucher bereit sind, dies zu finanzieren.
    Eine Sache muss ich noch loswerden. Mittlerweile verbreitet sich
    unter manchen Kunden und „möchte gern Trommelnbauer“ die Einstellung,
    mann nehme einen Kessel (meistens von Keller), schraube irgendeine
    Hardware drauf, zieht 2 Felle auf und damit hat sich`s. Der Rest
    erledigt eigentlich nur die Optik.
    Diese Sorte Companies gibt es in USA zu Genüge und nicht nur dort.
    Es wird leider übersehen, dass in solchen Fällen meistens die
    Eigenständigkeit und die Innovation im Detail auf der Strecke bleiben
    und das Instrument wird nur auf den Einzelwert der Teile
    zusammengerechnet.
    Geschweige denn, mit welcher Inkompetenz, Mangel an Know How und
    handwerkliche Geschicklichkeit manchmal der eine oder andere
    Arbeitsvorgang ausgeführt wird.


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    Netzinfos auf: http://www.wahan.de/




    Willy Wahan. Dass der Trommelbau und das Schlagzeugspielen
    nicht nur ein Geschäft für Ihn ist, erfährt jeder, der sich mit ihm
    über diese Themen unterhält oder ihn beim Spielen erleben kann.




    Thomas Bauer, der kongeniale Mitarbeiter der Brainfactory und WW.





    Drei, die sich sehr schätzen: JB, Alex Zachow (hier vertreten durch die von ihm fürs Forum
    eigens gebaute und gestiftete Troyan-Snare) und WW anlässlich der Lieferung eines
    kompletten Wahan-Sets für den John Lee Hooker jr. Gig in Karlsruhe.

    3 Mal editiert, zuletzt von ipo ()

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