Christian Vinne - Aussagekraft im Spiel und im Gespräch

  • Das Wichtigste im Leben: Musik machen


    Christian Vinne dürfte noch nicht sehr bekannt sein,
    aber, das wird sich wohl ändern, denn die musikalischen Qualitäten der Studenten an der Popakademie in Mannheim lassen Großes hoffen.
    Dank Willy Wahan lernte ich den sympathischen Kollegen kennen und der Interviewtermin mit ihm im Musikpark verging wie im Fluge,
    denn, es plauderte sich nicht nur sehr angenehm.
    Der Mensch, der mir da gegenüber saß, hatte etwas zu sagen!
    Die Fotos sind im Proberaum in der Nähe entstanden.
    Vielen Dank an Christian für das tolle Interview!



    DF: Seit wann spielst du Schlagzeug und warum gerade dieses Instrument?

    CV: Seit ich neun bin, in diesem Jahr sind es dann insgesamt 17 Jahre. Ich wollte das schon immer machen. Ich bin als Kind schon immer am
    Schaufenster eines Musikgeschäftes in Offenburg, wo ich herkomme,
    gestanden, habe ein Schlagzeug gesehen und wusste, das willst du
    machen. Es liegt einfach in meiner Natur. Ich war als Kind sehr aktiv und
    auch sehr laut, brauchte also definitiv etwas zum Abreagieren und es so ein
    tolles Instrument. Du bist das Fundament von dem Haus, wenn du es im
    Bandkontext siehst. Ich musste nicht darüber nachdenken, für mich stand das
    einfach fest.


    DF: Was bedeutet das Instrument für dich?


    CV: Alles! Es steht komplett an erster Stelle in meinem Leben, es ist mir
    wirklich das Wichtigste. Deswegen richte ich mein Leben auch danach aus. So
    eine Entscheidung trifft man ja über Jahre hinweg, weil man merkt, wie viel
    etwas einem gibt. Es gibt mir nichts mehr als das Schlagzeug, oder besser das
    Musikmachen mit anderen. Weil, die meiste Zeit, die ich spiele, spiele ich
    nicht alleine, sondern in Bands. Das mit den Bands ist mir auch zehn Mal
    wichtiger!
    Ich habe zwar auch ein Soloprogramm, aber in Bands spielen ist viel schöner,
    dabei ist mir das Wichtigste, mit gescheiten Sängern zusammen zu spielen.
    Das war schon immer mein Traum und der ist in Erfüllung gegangen, seit ich
    mit „Wallis Bird“ zusammen Musik mache.
    In der Musik ist für mich das Wichtigste, eine gute Melodie mit einen gutem Groove zu unterlegen. Das sind die
    beiden Elemente, die schon immer da waren. Wenn das gelingt, dann ist es das
    Geilste überhaupt und das Wichtigste in meinem Leben, kurz: Musik und Liebe.



    DF: Kannst du schon von der Musik leben und wenn ja, seit wann?


    CV: Da ich momentan ja noch studiere, sage ich mal, dass ich zu 90% ein Profi
    bin. Ich kann davon leben, aber mehr schlecht als recht. Das geht aber so in
    Ordnung, denn ich kann meine Ansprüche an Luxus herunterschrauben. Ich spare
    eigentlich nur bei zwei Sachen nicht: Essen und Schlagzeug. Ich möchte mich
    von gescheitem Zeug ernähren und ich möchte auf gescheitem Zeug spielen.
    Wenn man sich aber am Riemen reißt, zuverlässig, pünktlich und ein
    umgänglicher Mensch ist, dann kann man das schaffen. Das läuft bei mir jetzt
    so seit etwa zwei Jahren.


    DF: Was macht für dich einen guten Drummer aus?


    CV: Musikalität, dass er ein umgänglicher Mensch ist, macht genauso viel aus wie
    seine musikalischen Fähigkeiten. Wenn du ein Arsch bist, will niemand
    mit dir spielen! Wenn du faul, unpünktlich und nicht organisiert bist, dann
    gehst du den Mitmusikern damit auf die Nerven. Musik ist nicht nur für mich
    etwas sehr Zwischenmenschliches. Ich habe den Anspruch, meinen Bandkollegen
    fünf Minuten in die Augen schauen zu können ohne mich gestört zu fühlen.
    Wenn ich das nicht kann, dann stimmt etwas nicht.
    Ein guter Groove ist das Wichtigste für einen guten Drummer. Wenn ich mir
    die erfolgreichsten Popsongs anhöre, muss ich feststellen, dass die zu 99%
    mit einem simplen Groove gespielt werden. Selten wird da groß rumgemacht. Da
    kann man Rosanna von Toto schon als Ausnahme sehen. Wenn du jedoch normalen
    Leuten den Song vorspielst, dann hören die die Gohstnotes nicht, sondern,
    die hören, worauf es ankommt. Das ist auch so ein Ding: du solltest in
    der Lage sein technisch anspruchsvolle Sachen so zu verpacken, dass ein
    normaler Hörer etwas damit anfangen kann. Ich mache keine Musik für
    Kopfleute, sondern Musik, die leicht zu verstehen sein soll. Darauf kommt es
    an, wie zum Beispiel bei Steve Jordan. Der hält den Beat wie ein Uhrwerk,
    darauf kommt es an. Der hat außerdem Persönlichkeit in seinem Sound.
    Da bin ich, wie Willy Wahan, der Meinung, dass es toll ist, wenn du Drummer
    an ihrem Sound erkennst. Es ist zwar toll, wenn du möglichst schnell spielen
    kannst, wenn ich jedoch Technik übe, achte ich mehr darauf, wie ich einen
    persönlichen Sound schaffen kann. Da hat mir Udo Dahmen wirklich weiter
    geholfen, indem er mich auf Sachen stößt, über die ich vorher nicht
    nachgedacht habe, die also mehr aus dem Unterbewussten kommen.
    Spiel mal einen soliden Groove bei 60 oder 70 bpm so, dass er einen
    Produzenten im Studio, deine Mitmusiker und den normalen Hörer überzeugt.
    Also, das mit dem normalen Hörer meine ich jetzt nicht abschätzig, im
    Gegenteil, es ist letztendlich das Publikum, von dem wir leben.



    DF: Was sind deine Wünsche für die Zukunft?


    CV: Puh, das Wichtigste ist die Gesundheit, ich habe zwar einen kaputten Rücken,
    aber sonst geht es mir gut, dann, dass es so weiter läuft wie bisher, dass
    ich in dem Umfeld weiterarbeiten kann, weil ich von netten und guten
    Menschen umgeben bin, dass mit dem Wallis-Trio, in dem mein Bruder der
    Bassist ist, in diesem Jahr noch so richtig durchstartet. Dafür sieht es ganz gut
    aus. Ein weiterer Wunsch wäre eine schöne, riesige Altbauwohnung, in der ich
    von meinem Bett aus direkt ans Schlagzeug kann und ein Mal im Jahr ans Meer
    fahren. Ich träume nicht von viel Kohle, nicht von einem sorgenfreien Leben,
    das gehört dazu, aus Krisen lernst du eine ganze Menge. Ich möchte mein
    ganzes Leben lang Musik machen und davon leben können.


    DF: Wie siehst du in diesem Kontext die Zukunft der Musikindustrie insbesondere
    in Bezug auf das Internet und wie wichtig ist das Medium Internet für dich?


    CV: Das Medium ist sehr wichtig für mich, wobei man mir entgegnen könnte, dass
    ich ja noch nicht mal eine Homepage habe. Dies ist aber in der Mache. Ich
    bin aber mit http://www.halogenpoeten.de und http://www.wallisbird.de im Internet
    vertreten. Wer das Medium nicht in Anspruch nimmt, ist selber Schuld! Es
    gibt mittlerweile Künstler, die ihre kompletten Sachen nur noch übers
    Internet vertreiben. Es ist ja sehr schwer geworden, an die großen Vertriebe
    heranzukommen. Heute ist es üblich, dass du die CD selber produzierst und
    dann nutzt du lediglich den Vertrieb der großen Companies.
    Ich glaube, dass es wieder bergauf geht. Die letzten Jahre waren für die
    Industrie ja nicht gerade toll, das haben sie aber selbst verschuldet. Was
    mich aber richtig ankotzt, ist diese "Geiz-ist-geil"-Mentalität. Eine
    gewisse Qualität kostet nun Mal. Das ist bei einer Musikproduktion nicht
    anders.
    Wenn wir Künstler etwas Gutes schaffen, dann brauchen wir dafür auch eine
    gerechte Entlohnung, damit wir weitermachen können. Ich halte mich selber
    strikt daran und kaufe mir CDs. Ich möchte ein originales Booklet und dafür
    bezahle ich dann auch schon Mal 15 Euro. Es wäre toll, wenn wir Musiker den
    Horizont der Leute erweitern können, dass sie uns bezahlen für ein gutes
    Stück. Eine CD ist eben nicht nur eine Scheibe mit Musik drauf, sondern da
    steckt, wenn sie gut gemacht ist, eine Menge Arbeit und Herzblut drin.
    Was ich wirklich gut finde, dass alles wieder organischer wird, z.B. eine
    Elektropopgruppe geht mit einem Drummer auf Tour und benutzt keine
    Drumcomputer.
    Außerdem sollte man niemals auf Trends setzen, außer, man hat ihn
    selber ausgelöst. Du kannst dich höchstens von Trends inspirieren lassen.


    DF: Den ultimativen Tipp für junge Drummer bzw. das Drummerforum?


    CV: Habt 'nen wirklich offenen Horizont. Auf keinen Fall Scheuklappen aufhaben,
    das bringt dich nicht weiter, im Gegenteil, du musst deine Augen und Ohren nach allen
    Seiten und in allen Musikstilen offen halten. Es geht darum, raus zu finden,
    ob dir etwas gefällt oder nicht, aber, du solltest nicht zu schnell
    urteilen.
    Hört auf eure Mitmusiker, seid ehrlich zu euch selbst, das ist natürlich
    nicht sehr einfach. In der Popakademie wird so etwas aber zum Beispiel
    vermittelt. Du lernst dich selber einzuschätzen und das bringt dich weiter, als
    wenn du nur auf Geschwindigkeit üben würdest, das Spielen sozusagen als
    Leistungssport betrachtest. Ich habe den ehrlichsten und offensten
    Unterricht, seit ich beim Udo Dahmen bin. Außerdem unterrichten mich noch
    Lui Ludwig und Benny Greb, die auch sehr gut sind. Wobei Udo rein
    pädagogisch gesehen der Hammer ist. Ich hatte schon Tage, da ging während
    des Unterrichts alles schief und trotzdem war ich Abends glücklich, weil er
    mich auf die wirklich wichtigen Sachen gestoßen hat.
    In der Popakademie lernst du nicht, wie man einen Nummer1-Hit schreibt,
    aber, du lernst mit den verschiedenen Tools dein Ding zu machen. Es ist ein
    sehr ehrliches Studium und ich kann nur empfehlen, am 25.02. beim Tag der
    offenen Tür vorbei zu schauen und sich selber ein Bild machen und nicht
    vorschnell zu urteilen

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