Armin, die zwote - Er kann nicht genug kriegen

  • Voll auf die 12
    Zum zweiten Mal hatte ich die Gelegenheit Armin Rühl Fragen zu stellen. Der Interview-Termin begann nicht gerade alltäglich, da sich der Grönemeyer-Drummer noch im Fitness-Studio im Wellness-Bereich entspannte. Als ich ihn aus seinem Träumen riss, fiel ihm wieder unser Interview ein.
    In seinem Trick-Studio dann bekam ich nicht nur Antworten sondern auch einen ersten Höreindruck von seiner Solo-CD. Vielen Dank an Armin, dass er sich viel Zeit (über 4 Stunden) nahm und an seine Frau Nicole, die mich zum Fitness-Studio lotste.
    Mein Dank gilt außerdem DrummerinMR, die mir beim Abtippen der Audioflies eine große Hilfe war.



    DF: Fangen wir mit Herbert Grönemeyer und die Aufnahmen zu „12“ an: Wie verlief dein Studioalltag?


    AR: Im September 2006 flog ich nach London. Anders als die Jahre zuvor wohnten wir diesmal nicht im Hotel, sondern in einem Appartement. Jeden Morgen gingen wir zu Fuß zum RAK-Studio, in dem die Produktion stattfand. Um elf Uhr morgens begangen die Aufnahmen.


    DF: Kannst du etwas zum Studio sagen?


    AR: Das RAK-Studio stammt aus den 1970ern. Meine Helden aus den 1970ern und 80ern, wie zum Beispiel David Bowie, Elvis Costello oder auch The Cure und Joy Division haben schon dort aufgenommen. In den Studios werden noch Mikros, Mischpulte und Baumaschinen aus der alten Zeit verwendet - damit kann man einen besonderen Sound erzeugen. Es sind kaum digitale Geräte vorhanden. Der große Aufnahmeraum ist 7 Meter Hoch und hat einen schönen Holzboden. Auch die „Mensch“-Produktion fand schon in den RAK-Studios statt, ebenfalls mit dem Produzenten Alex Silva. „12“ wurde übrigens komplett live eingespielt. Ergo waren immer sehr viele Musiker im Studio - nicht wie sonst, als ich nur meine Parts eintrommelte und dann wieder gehen konnte, weil der Rest mit Overdubs erledigt wurde.


    DF: Wie schnell kamt ihr mit dieser Produktionsweise voran?


    AR: Die Aufnahmen dauerten circa drei bis vier Wochen. Pro Tag nahmen wir uns einen Song vor. Wenn jemand einen Fehler machte oder der Produzent nicht zufrieden war, mussten alle wieder von vorne anfangen.



    DF: Waren die Songs schon fertig?


    AR: Ja, sie waren bereits angelegt. Diesmal stand uns für die gesamte Produktion nur ein halbes Jahr zur Verfügung. Es war schon deutlich mehr Druck hinter der Produktion zu spüren! Trotz alledem jammten wir auch, bis wir der Meinung waren, dass die Songs aufgenommen werden konnten. Alles hauptsächlich Live einzuspielen war schon sehr anstrengend: Ich musste von 11 Uhr morgens bis 23 Uhr abends denselben Song spielen, bis er stand und das Arrangement klar war. Einmal spielte ich von 11 Uhr bis 18 Uhr immer denselben Song, konzentriert und in der immer gleichen Intensität, und es wurde immer komplizierter. Der Produzent verlangte immer wieder nach feinen Änderungen.
    Ich war der Überzeugung in den letzten Stunden eines harten Tages nicht mehr mit der gleichen Intensität spielen zu können. Doch scheinbar wuchs ich über mich selbst hinaus, denn am Ende war das Aufnahmeteam hoch zufrieden. Aus dem Rhythmus gebracht hat mich allerdings des Öfteren das Abendessen: Danach konnte ich nur selten noch so richtig gut spielen. Ich schlug bald vor, am nächsten Tag weiterzumachen. Nach einer Mütze Schlaf wusste ich dann genau, was ich wann und wie zu trommeln hatte.


    DF: Eine Nacht darüber schlafen hat sicher auch eine Menge Energie zurück gebracht?


    AR: Ja! Oft ging es dann am nächsten Morgen so gut, dass schon der erste Take den „Magic Moment“ hatte, der sich den ganzen Tag zuvor nicht einstellen wollte. Interessant war, dass ich nicht nur auf meinem Wahan-Set trommelte, sondern auch auf einem alten Ludwig spielte. Beide waren im Studio gegenüberliegend aufgebaut.


    DF: Hast du pro Song jeweils ein Set benutzt?


    AR: Nein, es kam vor, dass ich die Strophe mit dem Ludwig einspielte und den Refrain mit dem Wahan, um den Sound zu heben. Ich benutzte mein blaues Wahan-Set mit Buchenholzkesseln. Auf der Tour werde ich aber wieder mein Acrylset spielen. Man hätte den Vintagesound auch mit meinem Wahan-Set anbieten können: indem man es abdämpft. Wenn ein modernes Set so flexibel ist wie Wahan, kann man es sehr alt klingen lassen. Eine alte Schießbude hingegen wird nie modern klingen! Alex Silva bestand auf einem Ludwig. Und da ich mein eigenes Ludwig in der Produktionsphase verliehen hatte, stellte uns eine Verleihfirma ein Set zur Verfügung. Und das kam kurioserweise direkt aus dem Karton! Es gibt in London Firmen, die müssen in den 1960ern neue Sets eingelagert haben. Jedenfalls war dem Set sein Alter nicht anzusehen. Es hat viel Spaß gemacht, auf so einem alten Set zu spielen. Spannend war auch, dass der Toningenieur die Wahan-Bassdrum vom Resonanzfell befreite, ein Kissen reinlegte, einen Stein drauf platzierte und sie mit Mikros voll stopfte. So was hatte ich zuletzt 1972 gesehen. Damit dämpfte er den tollen Sound der Trommel sehr, der Kessel konnte nicht mehr schwingen und ergab einen kurzen, trockenen Ton.



    DF: Wie ist das, hast du in solchen Fragen Mitspracherecht?


    AR: Nein, da bin ich ein Studiomusiker wie jeder andere auch. Der Produzent geht ja in Vorkasse und er kann bestimmen, was wie und womit gespielt wird. Wenn er einen warmen, altmodischen Sound haben will, dann bekommt er den. Ich bin sozusagen Dienstleister.


    DF: Was war das für ein Gefühl mit so einer alten Kiste aufzunehmen?


    AR: Beim letzten Song „12“ spielte ich nur auf dem Ludwig. Ich dachte: du sitzt mit alten Mikros, die in ein altes Pult gehen, in einem Traditionsstudio in England und hast einen Sound wie John Bonham. Ich spielte dann auch den Song so, wie er es wohl gemacht hätte. Wobei - der Produzent hat gesagt, er würde an Kenny Jones denken. Da freute ich mich, denn Kenny ist einer meiner Jugendidole.
    Das war schon ein schöner Moment.
    Toll war auch, dass mit dem Set eine Beckentasche mit alten Zildjians gestellt wurde. Das waren echte Schätzchen und man hört den Unterschied zu aktuellen Becken.


    DF: Kannst du sagen, wie sie sich von den heutigen unterscheiden?


    AR: Damals wurde eine andere Legierung verwendet. Ein Schlagzeugerfreund meint, dass die Becken immer besser klingen, je älter sie werden, je länger man sie spielt. Das hielt ich früher immer für eine Legende. Die heutigen Becken sind schwerer geworden, die alten Becken fühlen sich ganz anders an. Heute wird eben anders produziert. Es gibt kaum Drummer, die sagen: "Das Becken hab ich schon 20 Jahre und klingt sogar besser als damals, als ich es gekauft hab“.


    DF: Welches Set hast du bei eurem aktuellen Hit „Lied 1, Ein Stück vom Himmel“ benutzt?


    AR: Beide, ich spielte zunächst den ganzen Song mit dem Wahan-Set ein und benutzte dann die Toms vom Ludwig als Overdub für die Refrains. Es wurden insgesamt sechs Spuren übereinander gelegt. Die Toms stimmte ich zwischen den einzelnen Aufnahmen ein bisschen um. Ich spielte ein 14er Hängetom und ein 16er Floortom und holte für die Schläge weit aus. Sie sind mit voller Kraft gespielt. Dann hatte der Toningenieur noch eine Idee: Ich sollte meine Schuhe mit der dicksten Sohle anziehen. Mit diesen Schuhen stampfte ich dann den Beat auf dem Studioboden. Das war sehr heftig, es wurden neben dem Neumann-Mikros auch Grenzflächen ausgerichtet. Am nächsten Tag hatte ich davon Muskelkater, seltsamerweise im Nacken. Leider ist das in der End-Abmischung kaum zu hören. So ein Symphonieorchester hat dann doch mehr Power.



    DF: Gab es einen Druck bei den Aufnahmen bezüglich an den Erfolg von „Mensch“ anknüpfen zu müssen?


    AR: Überhaupt nicht! Im Gegenteil: wir haben 16 Songs aufgenommen und Herbert hat vier Songs nicht genommen, die meiner Meinung nach am kommerziellsten waren. Die Platte ist ja eher etwas sperrig, möchte ich sagen. Herbert hat nicht nach dem Hit-Potenzial geschaut, sondern die Platte gemacht, die er machen wollte. Dass sie sich trotzdem gut verkauft, ist umso schöner. Da Herbert ja sein eigener Plattenboss ist, gibt es niemanden, der Bestimmt: du musst jetzt noch mal so was wie „Mensch“ abliefern. Ich habe eher den Eindruck, er hat das Gegenteil gemacht. Das ist aber typisch für ihn, es ist seine Art. So hat er es geschafft, 25 Jahre erfolgreich im Musikgeschäft zu sein. Ich habe mich schon daran gewöhnt, dass ein Grönemeyer-Song sehr schnell auf Nummer eins geht, wenn er im Radio gespielt wird. Es scheint so zu sein, dass die Leute alles kaufen, wo Grönemeyer draufsteht. Dasselbe gilt für die Konzertkarten: manche Konzerte waren sehr schnell ausverkauft, sodass Zusatzkonzerte gebucht wurden. Man muss dazu sagen, dass Herbert darauf achtet, dass die Tickets um die Hälfte billiger sind als üblicherweise bei Stadionkonzerten. Außerdem weiß das Publikum, dass echt etwas geboten wird. Unsere Konzerte dauern in der Regel 2 ½ Stunden, Energie und Freude sind angesagt.


    DF: Was bedeutet die Rubrik „Vertrauen“ auf deiner Homepage?


    AR: In dieser Rubrik beschreibe ich meine Verbindung zu Willy Wahan, der meine Trommeln baut. Sie ist mehr als nur geschäftlich. Früher hatte ich einen Deal mit Pearl. Darüber kann ich nichts Negatives sagen, aber, es ist schon ein Unterschied, ob ich mit meinem Namen einen Konzern unterstütze oder eine Manufaktur. Willy Wahan ist ein Idealist im besten Sinne und ein Künstler, der nicht nur tolle Instrumente baut. Ich schätze ihn sehr als Mensch und bin echt froh, dass ich ihn kennen lernen durfte.
    Ungelogen: jedes Mal, wenn ich meine Trommeln aufbaue und spiele, freue ich mich über den Klang. Auch meine Kollegen freuen sich. Bei den Aufnahmen zu „12“ kamen beispielsweise die Toningenieure von „Radiohead“ auf mich zu und erkundigten sich, welches Set ich spiele. Ein Mischer, der schon für Simon Philips gearbeitet hat, zeigte mir nach einem Soundcheck ganz erstaunt, dass er keine EQ für den Live-Sound brauchte. Er hat die Trommeln linear gefahren, so etwas hatte er noch nie erlebt. Für andere Drumhersteller würde ich übrigens auf der Musikmesse keine Autogramme geben. Aber für Willy mache ich das gerne, denn ich glaube an ihn und seine Instrumente.



    DF: Was ist dir auf der Musik-Messe aufgefallen


    AR: Fragwürdig finde ich, dass Bubinga-Holz wieder in Mode gekommen ist. Auf der Messe fiel mir ein Hochglanzprospekt einer Firma in die Hände. Auf meiner Homepage habe ich dazu Stellung bezogen, denn ich finde, dass es nicht richtig ist, den Leuten in Afrika das wenige Holz, das sie haben, auch noch weg zu nehmen um daraus Trommeln zu bauen. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich war schon öfter in Afrika und habe dort Freunde. Schon vor 20 Jahren habe ich mir über das Thema viele Gedanken gemacht. Ich war lange auf der Suche nach einem Schlagzeug, für das kein Baum gefällt werden musste. Als ich dann das Acryl-Set von Wahan hörte, wusste ich: das ist mein Ding! Wenn man die Augen zumacht, hört man nicht, dass es sich um Acryl handelt, sondern denkt, es sei aus Edelholz. Sicher, von der Optik her haben die Kessel, die ja nicht geklebt sind, etwas Kaltes. Das hat aber ja nun gar nichts mit dem Klang zu tun. Nicht umsonst steht hier im Studio ein solches Set.


    DF: Ihr spielt ja nun schon lange zusammen ich denke da kann man schon von einer Art Freundschaft mit Herbert reden?


    AR: Ja. Herbert ist wirklich ein klasse Typ. Ich lernte ihn 1981 kennen; wir hatten sofort einen Draht zueinander. Es ist keine reine Musikerbeziehung, auch kein Boss-Angestellten-Verhältnis. Er ist ein Freund. Im Studio geht es meistens sehr locker zu. Herbert weiß, dass die Produktion harte Arbeit ist und es viel Konzentration braucht, bis dann der richtige Take gespielt wird. Er sorgt dann für eine gute Atmosphäre, würde nie sagen "jetzt aber mal hier und zack". Eher im Gegenteil. Herbert ist manchmal so dermaßen gut drauf, wie ein kleiner Junge oder Klassenkasper.


    DF: Du musst sehr glücklich sein, besser kann es ja fast nicht mehr für dich laufen, und das über so einen langen Zeitraum. Wie siehst du deine Situation?


    AR: Ja, was das anbelangt bin ich ein Glückspilz. Schon als Kind habe ich mir mein Leben so vorgestellt. Mit 18 war ich mal in Kalifornien, eine Tante besuchen. Sie schenkte mir ein Ticket für ein Bruce Springsteen Konzert. Es waren rund 6000 Leute in der Halle, die tanzten und sangen alle Texte mit. Da hab ich mir gesagt: wenn es so einen Typ in Deutschland gibt, dann will ich bei ihm Schlagzeug spielen. Tja, das und viel mehr habe ich erreicht.


    DF: Du besitzt ja zusammen mit Stephan Uhlmann ein eigenes Studio. Kannst du eure Philosophie beschreiben?


    AR: Wir haben beispielsweise noch eine alte 24-Spur-Tonbandmaschine und ein analoges Mischpult, die definitiv vom Klang her anders aufnehmen als die digitalen Geräte, die wir natürlich auch haben. Das Mischpult haben wir übrigens von der Band Roxette gekauft. Wir sind aber nicht so Detailversessen in der Suche nach dem perfekten Klang. Für uns ist die Technik mehr Mittel zum Zweck, es sind Arbeitsgeräte. Wir sind in erster Linie Musiker. Gestern zum Beispiel haben wir für meine Soloplatte, die ich gerade mache, Bass, Gitarre und Drums komplett analog aufgenommen. Nicht mal einen Click haben wir benutzt.


    DF: Wie ist die Idee zur diesem Soloalbum entstanden?


    AR: Nach so langer Zeit im Business und auch durch die „Nacht der Trommel“ habe ich gedacht, dass es mal Zeit wird, ein solches Werk mit meinem Namen darauf abzuliefern. Eitelkeit ist nicht mein Ding, ich bin ein Bandschlagzeuger, der sich lieber im Hintergrund hält und solide seinen Job macht.
    Die Anfragen meiner Fans über die Homepage oder auch im direkten Gespräch bei Auftritten haben mich dazu gebracht. Und die Produktion entpuppt sich zu einer tollen Erfahrung für mich.



    DF: Welches Ziel hast du bei der Produktion deiner Soloplatte gehabt?


    AR: Ich wollte eine entspannte und interessante Platte machen. Die Hörsituation, die ich mir beim Produzieren vorgestellt habe ist eine Autofahrt auf dem Weg nach Hause...Feierabend...die Anspannung fällt so langsam ab und man freut sich auf das Danach.
    Ich wollte eine andere Art von Soloplatte machen wie meine Schlagzeug-Kollegen. Am ersten Tag durchstöberten wir alle Festplattenarchive und Tapes, die wir irgendwann aufgenommen hatten und die nicht schon anderweitig veröffentlicht sind, und entdeckten ein paar sehr interessante Sachen wieder. Dann lud ich meine Schlagzeugerfreunde ein, denen ich selbst gerne zuhöre. Sie hatten nur einen Take zur Verfügung, deswegen ist der Arbeitstitel „First Take – No Click“. Zur Motivation habe ich die Kollegen bekocht. Es kann sein, dass ich zu dem jeweiligen Track das Kochrezept packe, damit man weiß, was die Musiker zu essen hatten, als sie die Aufnahmen gemacht haben. Morgens machte ich mir mehr Gedanken über die Einkaufsliste als über die anstehenden Aufnahmen. Das Kochen und das Schlagzeugspielen entspringen für mich derselben Quelle: mein Gestaltungstrieb. Die einzelnen Tracks sind übrigens auf dem Album nicht voneinander getrennt, sie gehen ineinander über.


    DF: Themenwechsel zu einem erfolgreichen Nebenprojekt von dir: „die nacht der trommel“, dein Fazit?


    AR: Bei der letzten Nacht war soviel los, dass wir 150 Leute an der Abendkasse nach Hause schicken mussten! Das Palatin in Wiesloch war ausverkauft. Es war ein Riesenerfolg. Die Veranstaltung macht sehr viel Spaß. Wenn wir fünf teilnehmenden Trommler uns im Proberaum trafen, fuhr ich danach mit einem breiten Grinsen im Gesicht nach Hause. Es ist ja schon toll mit einer Band zu proben. Aber mit vier anderen Trommlern, die auf derselben Wellenlänge wie ich liegen, eine Show auf die Beine zu stellen, toppt alles andere um Längen. Für alle die, die nicht dabei sein konnten, habe ich eine gute Nachricht: Über meine Homepage kann eine DVD bestellt werden und man kann sich somit die „Nacht der Trommel“ nach Hause holen.
    Ich bin echt froh, dass ich diese Show initiiert habe und so tolle Kollegen gefunden haben, die das mit mir zusammen durchziehen. Wir planen übrigens schon die nächste Show: am 27.10 im Rahmen des Zweiten Wahan-Drumevents in Mainz-Mombach, Phönix-Halle.


    DF: Gab es neue Showelemente?


    AR: Ja. Wir haben uns wieder neue Sachen ausgedacht. Und das Thema Tanz integriert. Wo getrommelt wird, wird auch getanzt. Im ersten Programmteil zeigte Mark Essien afrikanische Beats, die eigentlich ganz geheim sind.



    DF: Was heißt geheim?


    AR: Es heißt, dass sie eigentlich nicht an Fremde oder gar Europäer weitergegeben werden dürfen. Sie werden in Afrika nur zu besonderen Anlässen gespielt. Mark hat uns die Rhythmen gezeigt und wir brauchten 20 Minuten, bis wir kapierten, wie sie gespielt werden. Der Clou: die Eins ist nicht immer die Eins. Für den Einen liegt sie auf der Eins, für den anderen aber auf der 3 und. Es ist also ziemlich komplex und kompliziert. Dann geht es außerdem um Melodien, die getrommelt werden. Marks Lehrer aus Afrika war stolz, dass wir es begriffen. Es brauchte viel Übung, bis alles passte. Wir anderen vier sind ja Schlagzeuger und mussten erst lernen, wie man aus einer Handtrommel einen vernünftigen Klang rausholt. Mark hat übrigens nicht getrommelt, er tanzte dazu auf der Bühne.


    DF: Was kam danach?


    AR: Danach kam orientalische Musik mit einer Bauchtänzerin auf der Bühne, gefolgt von Flamenco mit einer entsprechenden Tänzerin. Da ja Spanien vom Orient durch die maurische Besatzung beeinflusst ist, passten diese beiden Teile sehr gut zusammen.


    DF: Gab es zwischen den Stücken Pausen?


    AR: Nein, die Übergänge spielten wir fließend. Mit den Tänzerinnen hatten wir Cues vereinbart, so dass diese wussten, wann ein Wechsel stattfinden würde. Aber auch die Tänzerinnen setzten durch ihre Choreografie Cues, sodass wir wussten, wann der Wechsel kommt. Diese abgesprochenen Passagen spielten wir irgendwie intuitiv, so folgte beispielsweise nicht immer nach 12 Takten der Wechsel. Im Flamenco-Part trommelten wir nicht, sondern klatschten den Rhythmus. Das war heftig. Natürlich sind wir keine Spanier, wollten auch lediglich mehr symbolisch diesen Stil darstellen.


    DF: Das Publikum sollte eine Ahnung davon bekommen, was Flamenco ist?


    AR: Genau, darum ging es uns. Im Anschluss daran zeigten wir einen Swing-Rhythmus: Mein Drumtechniker Jan kam auf die Bühne und schmiss Pizzakartons auf den Boden. Auf diesen spielten wir mit Besen einen Swing-Rhythmus, zu dem eine Stepptänzerin tanzte. Mit einem Hip-Hop-Beat und 12 tanzenden Cheerleadern endete die Reise über Kontinente und Kulturen.



    DF: Es gab also nicht nur etwas für die Ohren sondern auch für die Augen?


    AR: Ja, wenn man so eine Show macht, muss eben auch optisch was auf der Bühne passieren. Man kann nicht einen ganzen Abend lang nur trommeln - das ist dann eher etwas für die Schlagzeugerzunft. Wir wollten aber auch Nichtmusikern ein gutes Programm bieten und die Reaktionen zeigten, dass uns das auch gelungen ist.


    DF: Ist es euch mit der „nacht der trommel“ geglückt das Instrument Schlagzeug in den Mittelpunkt einer Show zu rücken?


    AR: Ja, und wir sind froh, dass die Nacht so toll ankommt. Sie hat eben keinen Workshopcharakter, sondern es geht um Musik. Wir machen keinen Drumbattle, wir spielen zusammen, manchmal durch andere Instrumente wie Bass und Gitarre unterstützt.


    DF: Was machen deine anderen Nebenprojekte?


    AR: Ich habe noch die Band "Stahl", mit der ich eigentlich meine Lieblingsmusik mache. Das ist ein Powertrio: Gitarre, Bass, Schlagzeug und keine Dynamik, laut. Wir machen unsere eigene Musik mit deutschen Texten. Ich spiele gerade und einfach. Einen Eindruck bekommt ihr unter
    http://www.stahl-rock.de. Es gibt mittlerweile allerdings kein so großes Publikum für laute Rockmusik mehr, noch weniger, wenn die Band nicht ACDC heißt oder zumindest ACDC covert.


    DF: Wie ist es mit Biker/Trucker-Festivals?


    AR: Da spielen wir natürlich. Was wir Drei inzwischen auch gerne machen ist: leise spielen mit akustischer Gitarre und kleinem Drumset. Dann heißen wir die „Friday Night Eagles“, spielen jeden ersten Freitag im Monat im Gasthaus Zum Adler in Weisenheim am Sand/ Pfalz. Unser Sänger Peter Stahl stammt von dort.



    DF: Mit einer 20er Bassdrum?


    AR: Nein! Die 26er kann man schon leise spielen. Wenn ich mal eine andere dabei habe, werden gleich Beschwerden eingereicht. In diesem Gasthaus passieren unglaubliche Dinge. Wir spielen auf einem Level und improvisieren vom Feinsten. Es ist irgendwie magisch, macht sehr viel Spaß und die Leute fahren drauf ab, es ist regelmäßig ausverkauft.
    In der Luis-Trinker-Band spiel ich Akustik-Rock, da sind alle möglichen Cover, Stones / Beatles und auch die Sachen, die die anderen Bands nicht covern. Wir arrangieren die Stücke auch anders. Da sind zwei akustische Gitarren die Hauptinstrumente. Vor ein paar Jahren rief mich die Band an, mit der Ansage: „Wir brauchen einen Drummer. Hast du Zeit?“ Ich wand ein: "ich kenn euch doch gar nicht". Antwort: "aber wir kennen dich". Dann bin ich hin und sie haben „Pinball Wizzard“ von The Who gespielt und da war mir alles klar: dieses Lied wollte ich schon immer spielen.


    Einmal im Monat spiel ich außerdem in der Drehscheibe in Viernheim. Die Idee war eigentlich, sich montags gemütlich in der Lounge auszuspielen vom Wochenende, ein bisschen chillen. Problem: Es gibt kein Halten bei den Fans. Ab 23Uhr stehen da alle tanzend und schreiend, wir hauen rein und schwitzen - was wir eigentlich gar nicht vorhatten. Wir sagen dann immer, wir wollten doch nur auf der Jazzgitarre ein bisschen „fuddeln" und dann wird doch wieder gerockt.


    DF:Warum spielst du in so vielen Nebenprojekten?


    AR: Ich sehe diese vielen Mucken als Training. Außerdem bin ich da wie ein kleines Kind, ich möchte nur am Drumset sitzen und spielen, spielen, spielen. Da ist es fast egal, ob ich vor 50 oder 50.000 Leute spiele. Aber natürlich ist die Energie, die du im Stadion zurückbekommst wesentlich größer.
    Mein Beruf macht mir eben einfach Spaß, ich kann nicht genug davon kriegen und dafür bin ich sehr dankbar!



    Weitere Infos: http://www.armin-ruehl.de

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