Steve Smith Workshop in Gründau-Lieblos

  • Gestern Abend gab’s im Bürgerzentrum in Gründau-Lieblos den von music’n more organisierten Steve-Smith-Workshop. Anlaß war die Vorstellung seines Sonor 30th Anniversary Set.


    Die nette kleine Halle war mit geschätzten 200 Besuchern richtig voll und die Bühne wurde mit zwei Sonorsets bestückt: dem großen Steve Smith-Signature Set und einem kleinen 3007er, das so gestellt wurde, daß man Steve seitlich bei der Arbeit zusehen konnte. Das große Set war mit 3 (!) Overheads und einem Bassdrummikro (geschlossen, Powerstroke 3 Schlag- und Resofell, beide mit Filzstreifen gedämpft) abgenommen. Eins vorweg: Ich fand den Sound fantastisch. Offen mit viel Resonanz und Ton, sehr natürlich.


    Steve begrüßte die Meute mit einer 10-minütigen Einführungsrede, in der er erzählte, was das Publikum zu hören bekommt und - viel wichtiger – einige grundlegende Gedanken zum Schlagzeugspiel und Musikmachen. Heraus zu heben ist die Aussage, daß es Steve immer ums Musikmachen geht. Auch eine Übung am Practicepad sollte musikalisch sein, genauso so wie das Setspiel alleine im Keller oder die Vorführungen in einem Workshop (sehr guter Ansatz, den ich persönlich schon lange verfolge, der allerdings oft nicht von Erfolg gekrönt :-().


    Danach ging’s ans Set und es gab ordentlich Material auf die Ohren. Zunächst ein sehr schönes Mallet-Solo, das fast ausschließlich aus verschachtelten Triolenfiguren bestand anschließend ging’s weiter mit Händen und Sticks. Steve hielt sein Versprechen und machte tatsächlich Musik! Und zwar etwas abseits des Bekannten, mit einem sehr melodischen Ansatz. Erst nach 25 Minuten Solotrommeln wurde das erste „olympische Standardworkshoptrommellick“ abgefeuert.


    Steve stellte vier Themen besonders heraus, bei denen er den Anwesenden etwas mit nach Hause geben wollte:


    Indian Rhythms
    Steve hat sich ausführlich mit indischer Musik beschäftigt und die südindische Rhythmik für sein Spiel adaptiert. Er erklärte die Zählweise (ta-ke-ti-na etcpp) und vermittelte verbal und mit der Aufforderung zum Mitklatschen einige – am Schluß recht komplexe - indische Rhythmen, die er dann am Set umsetzte. Das Publikum hat die Form mitgeklatscht und Steve hat mit diesem Rhythmusschema gespielt – mal eher straight, mal eher „wild“. Am Ende der kleine Reise war man bei einem viertaktigen Schema mit folgendem Aufbau angelangt: 3-5-3-3-3-5-5-5. Steve hat eine für westliche Ohren ungewöhnliche Auffassung für Otto Normaltrommler verständlich rübergebracht. Respekt hierfür und Danke für das geweckte Interesse an einem faszinierenden Thema. In diesem Zusammenhang wies Steve auf Pete Lockett hin, der auf dem letzten Vital Information Album mitspielte, ein echter Crack auf dem Gebiet der Indian Rhythms ist und hierzu auch ein sehr gutes Buch veröffentlicht haben soll (Indian Rhythms For The Drum Set).


    Besen
    Ein kurzes Tutorial an der Snare und später am Set zeigte erst ein paar Basics – fürs Publikum auch zum Selbstwischen auf den Knien - und wie man Besen im Jazz und anderen Stilen – auch mal rockiger – einsetzen kann. Die Gimmicks, wie die inzwischen schon bekannte „Besenrolle“ gab’s natürlich auch und Steve zeigte, wie das Rollen sehr smooth in Grooves eingesetzt werden kann.


    Phrasing
    RLRF - anhand dieses Licks demonstrierte Steve sehr anschaulich, wie man mit einfachen Bausteinen (dieses Ding haben wir doch alle schon gespielt) sehr interessante „Effekte“ erzielen kann. Durch wiederholen, verschieben und Interpretation als Triolen- oder 16tel-Figur dieses einen Licks zeigte Steve, ausgehend von Max Roach über John Bonham, Steve Gadd bis hin zu einem eigenen Journey-Fill, was man mit nur einer Figur so alles anstellen kann. Alles sehr anschaulich und leicht verständlich. Hammer!


    Balance
    Der Meister demonstrierte am Beispiel unterschiedlicher Stile, wie wichtig die richtige Lautstärke der einzelnen Schlagzeugstimmen (BD, Sn, HH, Ride) ist. Sehr schön war das zu erkennen, als er einen Swing spielte und dabei von seinem Standardride zum Flatride wechselte, ohne die Snarelautstärke zurück zu nehmen. Für jeden vernehmbar war zu hören, daß das so nicht paßte. Ein Besucher wollte das Set mal ohne Verstärkung hören und die Balance sowie die Soundqualität war ebenso beeindruckend wie verstärkt.


    Als Zugabe gab’s noch einen Exkurs zum Thema Stickhaltung (Stichworte: Traditional, Matched, Balance Point, Rebound zulassen & immer schön locker bleiben) und eine Soloperformance am Bühnenrand mit „Mr. Hihat“ (falls er mal arbeitslos werden sollte, kann er damit jederzeit bei Roncalli anheuern – spektakulär!)

    Fazit

    Nach 2:20 Stunden war Schluß und eine netter und sympathischer Herr Schmidt hat wohl alle Besucher restlos begeistert. Sein Spiel, seine Persönlichkeit (der Mann hat zweifelsohne Charisma), seine Musikalität, sein Wissen und die Fähigkeit dieses mitzuteilen sind eine seltene und besonders gelungene Kombination. Und wenn wir schon im Hessischen sind, muß das Ganze mit einem Badesalz-Zitat beendet werden: Das war ein dufter Ahabend!


    thx Steve
    fwdrums

    nontoxic: kurze lange CD-Pause

    Einmal editiert, zuletzt von fwdrums ()

  • Dann war der Abend ja doch nicht so "lieblos", wie der Threadtitel vermuten lies.
    Gott, was habt ihr da oben für Ortsnamen... ;)


    Trotzdem: Vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht.

    Le roi - c'est moi! :saint:

    Der Gesunde Meschenverstand liegt bei den Dinosauriern.

  • haha, da musste ich auch dran denken, wie lieblos? der smithi doch nicht!


    klingt gut, dann freu ich mich auf morgen!!!
    wenn der das gleiche macht, haben wir alle das gleiche gesehen toll oder?

    i´ll sleep when you are dead!

  • Tach Herr Öko,


    mein Besuch am Samstag war sehr kurz, da mein Bubi krank war und ich sehr früh weg mußte. sry.


    @künftige WS-Bescuher
    Eine Frage lag mir noch auf der Zunge, die ich jedoch nicht mehr stellen konnte. Steve hatte "Unterricht" - oder wie man das nennen soll - bei Freddy Gruber. Was hat es mit dem Gruber-Voodoo auf sich? Seine Kundenliste liest sich wie das Who's who des Tromelns. Für Normalsterbliche ist nichts von Herrn Gruber verfügbar, woraus man einen Nutzen ziehen könnte. Vielleicht kann Herr Schmidt was dazu sagen? Und vielleicht hat ja jemand Lust, diese Frage zu stellen.


    thx
    fwdrums


    Fast vergessen: Gründau ist nicht lieblos. Gründau-Lieblos ist einer von gefühlten 37 Ortsteilen von - wer hätt's gedacht - Gründau. Ich habe mich bei der Anfahrt ordentlich verfranst (mein Navi führte mich direkt vors Seniorenheim - nun gut, die Bewohner hätte ein Trommelworkshop wohl kaum gestört) und vermutlich wird mein nächster großer Urlaub auch nicht in Gründau stattfinden. Aber die graue Maus hat einen erheblichen Vorteil gegenüber vielen anderen Städten und Gemeinden der Republik: Dort gab's einen Steve Smith Workshop. Und das ist sogar die Anreise aus dem fernen Bayernlande wert.

    nontoxic: kurze lange CD-Pause

  • Hey, das ganze fand in MITTELGRÜNDAU statt und nicht in Lieblos, Lieblos ist nur das Kaff, aus dem der (übrigens sehr geile) Musikstore (Music'n'More) kommt (ist aber auch nur 3 km wieter ;) )


    Ich war mit einem befreundeten Drummer (auch 16) auch da, war unser erster Workshop, und wir waren beide restlos begeistert!
    War ja im Prinzip ein Heimspiel, weil wir beide nur wenige Kilometer von da weg wohnen und auch ein paar Leute da kannten, weil wir beide in der Musikschule von "M'n'M" Schlagzeugunterricht nehmen.


    Wir waren total begeistert von Steve, sowohl sein Drumming als auch sein Charisma - Hat usn viel Spaß gemacht, ihm zuzusehen und zu hören - Erst ist auf alle Publikumswünsche eingegangen (Mr HiHat, Mikros des Sets ausschalten, was zu einem weiteren Solo geführt hat :D etc.) und hat uns durch die Fragestunde und das Geklatsche gut integriert :)


    Generell waren die 10€ Eintritt ein Witz für das, was wir geboten bekommen haben! Wir waren gegen Viertel nach 6 da und konnten mittig in der 5. Reihe sitzen und haben alles gesehen, wunderbar.
    Das Signature Kit stand eh die letzten Wochen im Laden rum, das hatte ich mir eh schon genauer angeguckt.


    Am Ende hab ich noch ein paar Vic Firth-Sticker, ein Vic Firth-Poster mit verschiedenen Beats und ein Workshop-Poster abgestaubt, was mir Steve auchnoch selbst unterschrieben hat beim rausgehen :D


    Guckt euch den Typen an, das war der Hammer! Auch sein idianisches Gezähle beim Drummen hat klasse geklungen!

  • Feiner Bericht, Danke.


    OT: ich erinnere mich aus früherer Zeit an weitere schöne Ortsnamen die 66 rauf, z. B. Linsengericht, Höf und Haid (als EIN Name!) oder so ähnlich ... und mehrere Gesäße (daher evtl. "Arsch der Welt"?) gibt´s da auch noch. Hüttengesäß z. B.. Herrlich.

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