Musiker die nicht auf 4 zählen können - Umgang damit

  • Hallo,


    mal eine Frage: wie haltet ihr es mit Musikerkollegen (hauptsächlich Gitarristen), die nicht auf vier zählen können oder wollen. Ich hatte das schon ein paar mal, deshalb die Frage.
    Bsp.: ein Gitarrist spielt ein nicht allzu kompliziertes Riff in 4/4. Bei jedem 3. oder 4. Versuch spielt er einfach nur 3 oder 3,5 viertel anstatt 4 viertel, d.h. er verschiebt immer wieder, ein Neustart ist die Folge.
    Eine konstante Verschiebung, so daß man evtl. auf 7/4 o.ä. kommen könnte, findet nicht statt, es handelt sich offensichtlich um einen Fehler.


    Sagt ihr nun:


    a: kein Problem, der lernt das schon noch, das kommt mit der Übung,


    oder


    b: das wird nix mehr, 4/4 muss man bei einfachen Dingen aus dem Stegreif beherrschen als Musiker, also gefühlsmäßig wissen wann man die 4/4 voll hat.


    oder git es evtl. ein


    c was ich nicht sehe?


    Ich rede nicht von der Abfolge von Teilen beim erarbeiten von neuen Songs (also 4 x Strophe 2x Bridge 1x Ref), da verzähl ich mich auch mal, sondern wirklich nur von den 4 Vierteln einzelner Takte.


    Ich gehöre zur b Fraktion falls es jemanden interessiert.


    Bin gespannt was ihr so denkt.


    Edit:
    wir reden über Hobbymusiker auf gehobenem (semipro?) Niveau.

    Wo Dummheit herrscht, ist das Selbstbewußtsein König.


    Mein Krempel

  • Da antworte ich mit einem ganz klaren "Kommt drauf an".


    Für die Entscheidungsfindung kommen x Aspekte in Frage, nur mal spontan als Anfang: haben die Jungs einen schönen Proberaum, am besten in der Nähe, geheizt, mit Klo und 24/7 betrommelbar, viele Gigs, was gefällt mir sonst an der spezifischen Band, was nicht so, kann ich es evtl. ändern oder nicht, wie sehr stört es mich, gibt es Alternativen, wenn ja wie viele und wie realistisch, last not least: wie gewichte ich jeden Punkt, undundund.


    Jojo sagte wohl mal (sinngemäß), er wähle seine Projekte nach den Fragen "Finde ich es musikalisch gut?", "Finde ich die Leute persönlich-menschlich gut?" und "Bringt es mir viel Knete ein?". Wenn er zwei Fragen davon bejahen kann (und noch Zeit hat), mache er es. Auch eine Methode.


    Natürlich gibt es auch Leute, wo man nach 10 Sekunden weiß, dass es nie was werden wird. Das lese ich aus deinem Post aber nicht raus.


    Edit nach

    Edit:
    wir reden über Hobbymusiker auf gehobenem (semipro?) Niveau.


    Dann widersprechen sich "gehobenes Niveau" und "immer wieder bei nicht allzu kompliziertem 4/4 Riff".

  • Wenn die Spieler in deinem Alter sind und auch schon eine Weile spielen, muss man das können! Übliche Zählzeiten müssen einem inne wohnen und das selbe gilt für das Gefühl wo die 1 ist und wann die üblichen Songstrukturen wechseln (normal all 2/4/8 Takte). Und das gilt auch für Hobbymusiker, Profi wird man nicht, wenn man nicht bis 4 zählen kann.


    Was ich erlebe ist aktuell, das wir einen neuen Gitarristen haben, der Reggae nicht gewohnt ist und deshalb gerne "falsch herum" spielt. Aber da habe ich etwas Geduld, weil ich das Problem verstehe und Land in Sicht ist. Mit Leuten die nicht mal bis 4 zählen können möchte ich nicht mehr spielen, dafür mach ich das schon zu lange. Musst Du also für dich selber herausfinden, ob Du in deinem Alter; Lust, Geduld und Zeit in diesen Menschen stecken möchtest bis er das mit der Musikalischenbasis in den Griff bekommt.

    "Man muss das Grundgesetz vor seinen Vätern schützen und die Verfassung vor ihren Schützern."
    "Der Faschismus ist eine Spielart der freien Marktwirtschaft."
    Wolfgang Neuss

  • wir reden über Hobbymusiker auf gehobenem (semipro?) Niveau.


    Niveau ist zwar relativ, aber ein Semi-Profi wird weder mit einem 4/4 noch mit ungeraden Taktarten Probleme haben.


    Das, was Du beschreibst, klingt für mich eher wie jemand, der nicht wirklich musikalisch ist... Ich erinnere mich selbst noch an meine Schülerzeiten, wo der eine oder andere "Musiker" in dieser Beziehung große Schwierigkeiten hatte und mehr mit dem Kopf beschäftigt war, als im Gefühl zu sein.


    Was aber mal eine konkrete Hilfe sein könnte, um zu checken, ob da überhaupt noch etwas geht:
    Man kann einfach mal ein Metronom benutzen, mit einem klaren und für alle hörbaren Sound auf der "1", so dass wirklich jeder merkt, wenn die "1" verpasst wurde.


    In menschlicher Hinsicht ist es natürlich nicht hilfreich den "Verursachern" Vorwürfe zu machen, sondern eher in der Art: "Ich habe das Gefühl, dass wir nicht immer zusammen auf der "1" sind und würde gerne mal probieren, ob es mit Metronom besser läuft" .... so ungefähr jedenfalls ;)


    Wenn aber alles Probieren nichts bringt, ist das ein echtes Problem: Es gibt Menschen, die kriegen sowas nicht ins Gefühl. Die können vielleicht komplexe Skalen spielen und mächtig ihre Finger biegen, aber sind rhythmisch einfach nicht geerdet und manchmal eben schlicht in dieser Hinsicht talentfrei ;)


    Dann hilft halt nur eine Trennung der musikalischen Wege, weil das als Dauerzustand keinen Spaß macht....

  • Hatte ich ja hierin ähnlicher Weise angesprochen...


    Zumindest war das bei der letzten Combo mein Austrittsgrund, ohne diesen jetzt direkt zu benennen, weil ich einfach keinen Bock hatte, dies dann auch noch näher zu erläutern.
    Wenn von Vornherein das Verständnis nicht da ist, bzw. auch gleich dahingehend zu gemacht wird, wo denn der Fehler liegt.


    Ich habe absolut kein Problem mit Leuten zu musizieren, die nicht auf meinem Level sind, das können auch Anfänger sein - nur muss man eben solche basics draufhaben.
    Man kann eigentlich immer coole Mucke machen, auch wenn das Können der einzelnen unterschiedlich ist, schlecht wirds erst dann, wenn Einzelne "over the top" gehen und dann eben raushauen..
    Lieber etwas reduzierter, dann aber dafür straight im Takt. Man kann ja auch durchaus mit Leuten zusammen spielen, die auf viel höherem Level sind, nur darf man sich nicht hinreissen lassen, die Latte zu hoch zu legen - sonst scheitert man.


    Ist ja auch kein Wettbewerb, wo es Einzelsieger zu küren gilt!


    Spiele selber genau so lange Gitarre wie Schlagzeug, die Trommlerei kommt mir als Gitarrist sogar zu Gute... Manche lernen es halt nie, oder die Abkehr von falsch erlentem fällt dann extrem schwer, vor allem,
    wenn wie gesagt die Bereitschaft fehlt, das Erfordernis nicht mal erkannt wird.


    Das war echt schlimm, wenn jedesmal beim solieren der Gitarre, der Rythmus/Takt total aus dem Ruder läuft. Ich spiele ja gewiss nicht gerne Schlagzeug mit click, aber wenn ich Sachen mit der Gitarre aufnehme, dann
    läuft entweder der Konservendrummer im Hintergrund, oder eben das Metronom.
    Blöd ist dann auch noch, wenn man versucht die Fehler anderer taktlich zu korrigieren, eigentlich tut man da ja niemanden einen Gefallen.


    ...es wurde dann behauptet, dies hätte man exakt so gespielt, wie es Blackmore auf dieser oder jener Platte gespielt hatte. So war es allerdings definitiv nicht :S


    Das Problem hatte ich eigentlich nur einmal, mit einem Gitarristen, der zwar ganz tolle Gitarren hatte, einen guten sound und gewiss auch spielen konnte, jedoch null timing hatte, bzw. hat.


    Ich kämpfe allerdings auch mit dem timing, vor allem bei Aufnahmen (ohne click) merkt man doch immer mal wieder, das das Tempo leicht variiert - was ich jetzt live nicht mal sooo schlimm finde - kann ja auch ein Stilmittel sein :D
    Oft halt langsamer beginnen und im Verlauf schneller zu werden.


    ...schlimmer ist natürlich die "1 gänzlich zu verlieren" und es nicht mal zu merken.
    Dadurch provoziert man natürlich auch, dass die anderen ebenso aus dem Takt fallen. So spiele ich nicht vor Publikum, trete auf..... der Rest der Truppe sah das anders, auch in Bezug auf das Publikum, welches schmerzunempfindlich sei.
    Ich fands peinlich.

    4 Mal editiert, zuletzt von Bbrrahdomm ()


  • Dann b


    Das seh' ich auch so! "b"


    Ich hatte mal das Vergnügen mit einem Gitarristen, der nicht nur beim 4/4 sondern auch bei 7/8, 11/8 und 13/8 noch voll durchblickte, aber leider überhaupt kein Harmonieverständnis hatte.
    Die Soli klangen allesamt zum Davonlaufen - das habe ich dann auch getan. Auch so herum hilft alles nix!


    I.

  • b.


    Man kann ja tonal mal daneben greifen, aber Timing ist das A und O. Wenn das nicht da ist, geht garnix.


    Ich hatte mal eine Probe mit ein paar Leuten, die eine Rock-Covertruppe zum Geldverdienen gründen wollten, also damals, in den 90ern, als man damit noch was verdienen konnte. Alle sollten eine Liste von Nummern vorbereiten und dann sollte die Probe hauptsächlich für den Feinschliff sein. Aber der Gitarrist konnte die Riffs nicht, es klang überhaupt nicht nach dem Original, weder tonal noch rhythmisch. Ich hab dann versucht ihm eins der Riffs zu erklären, dabei kann ich noch nicht mal Gitarre spielen. Kam auch nix bei rum und es gab dann auch keine weitere Probe mit mir und den Jungs.

  • Also in unseren breiten ist ja 4/4, mal gelinde gesagt, "konkurrenzlos"... Wer Mucke macht, dürfte doch keine andere Taktung mehr im Blut haben können, als 4/4... solche Menschen hören doch sicher auch viel Musik.


    Das Nächste ist ja, der hat doch nen Figur zu spielen, bei der ja ja auch was "abschneidet" dann, wenn er da die 4/4 nicht voll ausspielt...


    Da liegt durchaus nahe, dass derjenige da dann also wirklich grosse Schwierigkeiten hat mit allem.


    Was tun? Mei, das kommt auf die Situation an, Olly... ich sag halt mal, eine Band besteht aus Leuten, die alle dasselbe Ziel vor Augen haben. Je nach Zieldefinition gibt´s ein Anforderungsprofil... wenn das jemand nicht erfüllt, kannst nur an ihn glauben, dass des wird... wenn dem nicht so ist... dann wird das nix. ich hab sowas auch durch, dass du da jemanden, der wirklich ein prima Kerl war, aber am Ende es dann doch nicht gepackt hat, sagen musst, dass des so nix wird...

    Wer beim Üben gut klingt, wird nicht besser. - Sinngemäß nach Jojo Mayer



    Meine Spielsachen

  • Hallo,


    das ist ein Paradoxon.


    Entweder ich bin Musiker oder
    ich kann nicht bis Vier zählen.


    Somit ein Fall von b-flat.


    In der Tat kommt es aber auf das
    Gesamtkonzept an, je nachdem, was
    man erreichen will und kann, ist das
    Maß der Dinge.


    Es gibt Hobbykapellen, die sich gerne
    treffen, um mal ein gepflegtes Pils zu
    trinken, andere halten sich für semi-
    pro (was ja irgendwie nix halbes, nix
    ganzes ist) und haben viel schlaue
    Worte und wenig schöne Töne, wieder
    andere wollen halt auftreten und wissen
    auch, wie das geht.


    Grüße
    Jürgen


  • +1
    Das sollten sich mal viele Musiker / Bands hinter die Ohren schreiben.


    +2


    Es gibt halt einfach viel zu viele "Poser".


    Und wenn jemand nicht auf vier zählen kann, dann muss man ihn mit 'nem Metronom das sanft beibringen - oder aber sein Engagement in der Band beenden. Im semiprofessionellen Bereich kann ich mir nicht wirklich vorstellen, dass da jemand unterwegs ist, der nicht einen Viervierteltakt beherrscht. Im Anfängerbereich bzw. Larifari-Hobbybereich mag das vorkommen. Danach? Ich weiß ja nicht...

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • Oh, so viele Antworten, vielen Dank an alle.


    Da bin ich froh, daß ich nicht alleine bin und einige schon ähnlich Erfahrungen gemacht.
    Kurz zur Erklärung: wir (voc., bass, drums) suchen einen Gitarristen. Der "Erwählte" (der, welcher nicht auf 4 kommt) hatte die besten Ideen mitgebracht was Songwriting anbetrifft und war auch der angenehmste Typ. Ist aber vielleicht eher zweitrangig, das mit dem Typ.
    In einer ca. 2,5 - 3 stündigen Probe kommt er im Schnitt 2 - 4 mal nicht auf der 1 raus und entschuldigt sich immer daß er etwas verpeilt sei wegen viel um die Ohren, Job, Kinder. etc. Für mich alles keine Entschuldigung, habe auch Job, Kinder etc.
    Zum Metronom kann er spielen, für mich spricht aber vieles andere dafür, daß ihm einfach das Feeling total abgeht. Dafür gibts noch den ein oder anderen Anhaltspunkt bzgl. Rhythmik, Timing, Grooveverständnis, etc..
    Ich sehe es genauso wie die meisten hier, 4/4 ist ein muss und werde das mit ihm wohl beenden.


    Mit Semipro meinte ich eigentlich nur, daß ich und die anderen 2 Beteiligten seit mehreren Jahrzehnten Musik machen und diese Probleme nicht haben, ja noch nicht mal kennen. Der Gitarrist ist auch schon lange unterwegs, keine Ahnung wie er es bisher hingekriegt hat.


    Vielen Dank nochmal für alle Antworten.

    Wo Dummheit herrscht, ist das Selbstbewußtsein König.


    Mein Krempel

  • Für mich alles keine Entschuldigung, habe auch Job, Kinder etc.


    Ja, aber nicht seine, du bist nicht der allgmeingültige Maßstab. Ich finde, man darf schon individuell verpeilt sein, ohne gesagt zu kriegen "Ich bin's ja auch nicht". Vor allem als angenehmer Typ darf man das.
    Nur sollten Band-Mitglieder musikalisch zueinander passen. Wenn man selbst erkennt, dass man oft hinterherhängt, dürfte man das auch relativ problemlos einsehen. Vor allem als angenehmer Typ. ^^

    -
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  • Och, man bekommt alles irgendwie hin. Meine Band hat auch mit ihrem Ex-Drummer jahrelang geprobt und Konzerte gegeben, obgleich der nach Aussage der Band nicht in der Lage war, einen gescheiten Fill zu spielen, so dass alle auf der 1 wieder einsetzen konnten. Die sind immer mal auf der drei, auf der vier oder zwei rausgekommen, je nachdem. Und der Rest der Band hat das irgendwie wieder aufgefangen. Wie die das bei den Konzerten gewuppt haben, ohne vom Publikum mit Tomaten bombardiert zu werden, frage ich mich immer noch...

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • Wieviele Proben habt Ihr denn mit dem Gitarristen gemacht? Fände ich jetzt schon mal interessant.


    pbu: 100%!!! Des einem viel um die Ohren, ist des anderen vielleicht nicht.


    Man muss alles bedenken. Bringt er super Ideen mit, passt zudem Menschlich, kann man sich überlegen ob man es nicht trotzdem probiert und ihm eine Chance gibt.
    Hatte sowas ähnliches auch mal. Er hat sich hinterher um 180 Grad gedreht. Er fühlte sich sicher und akzeptiert und spielte ganz anders wie in den ersten beiden Proben


    Cheers

  • Meine Band hat auch mit ihrem Ex-Drummer jahrelang geprobt und Konzerte gegeben, obgleich der nach Aussage der Band nicht in der Lage war, einen gescheiten Fill zu spielen, so dass alle auf der 1 wieder einsetzen konnten. Die sind immer mal auf der drei, auf der vier oder zwei rausgekommen, je nachdem.


    Ulkig, genau das erzählen meine Bandkollegen von meinem Vorgänger auch. Die haben das sogar so auf CD gepresst. Ich habe mich beim Hören vorher immer gefragt, wie die das alle zählen, weil sie z.B. zusammen auf ca. 1ue rauskamen. Hab mir den Kopf zermartert, mitgeklatscht und das Tempo laut gesungen. Am Ende hatten sie sich alle einfach an den Drummer gewöhnt und enorm auf ihn geachtet. Das ist erstmal ne Hammerleistung der anderen Musiker (!), wenn der Taktgeber ständig aus der Reihe tanzt.
    ---


    Zum Problem: Man kann beim Vorspielen aufgeregt sein. Und auch einfach keinen guten Tag erwischt haben. Das Fehlen von musikalischem Gefühl kann man mMn aber auch schnell durch andere, kleinere Unstimmigkeiten ausmachen. Wenn das der Fall ist, dann tendiere ich auch zu "b". Am schlimmsten finde ich aber die Aussage, dass der Gute nicht zählen WILL. Wenn er also auf Ansprache des Problems nicht wenigstens versucht mitzuzählen um sich zu qualifizieren, dann hat er sich eben disqualifiziert. Irgendwer oben schrieb, Musik sei kein Wettbewerb und einer meiner Lieblingsmusiker sagte mal, dass man als Bandmitglied sein Ego an der (Proberaum-/Studio-/Eventhallen-) Tür abgeben muss. Wenn das in einer Band nicht geht, wäre es nichts für mich.

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