Gain Staging im Homerecording und Live Einsatz

  • Hallöle,


    Seit Wochen beschäftigt mich das Thema Gain Staging. Hauptsächlich im Homerecording. Ich nehme die Drums auf mit einem Focusrite 18i8 und DAW ist Cakewalk by Bandlab.
    Ich hab schon einiges gelesen und angeschaut. Für mich war dann die Quintessenz, die Peaks bei -10 dbFs und RSM um die -18 dbFs in der DAW zu haben.
    Jetzt gibt es ja so Ansätze mittels VU Meter kalibriert auf -18 dbFs die Pegel anzupassen. Nur, wenn ich das mache clippen meine Signale oder sind dann bei ca. -2 in Cakewalk (Fader sind auf 0).
    Liegt dass dann eher am VU Meter (von TBPro Audio) oder ist es ok, wenn ich die Busse und den Master auch nachregle und nicht clippen lasse? Oder ist es eh egal, weil ich beim Grobmix die Fader dann eher runterregeln werde und dann weniger in der Summe ankommt?
    In dem Zuge habe ich mich gefragt wie ich denn Live mit dem Soundcraft Ui24R die Signale einpegle. Laut Bedienungsanleitung sollten das hier VU Messer sein. Das heißt ich kann mich so im Bereich von -3 bis 0 bewegen. Richtig?
    Vielleicht mache ich mir auch schon wieder zu viele Gedanken bei dem Thema.

  • Den Pegel am Interface solltest du nicht zu heiß fahren. -18 bis -12 ist ein guter Wert um bei Peaks noch Reserven zu haben.
    Der Rauschabstand ist eh bei 24 Bit groß genug das du auch bei -20 noch gut klarkommst.
    Sind die Signale einmal in der DAW gibt es kein clipping mehr, da cakewalk intern mit 64 Bit rechnet.
    Zum besseren Arbeiten sollten alle Kanalfader auf 0 stehen und den Pegel des Signals solltest du ebenfalls maximal auf um die -16dB angleichen.
    Das kannst du dann ja über den Pregain in Cakewalk für jeden Kanal einstellen.
    So bewegst du dich in einem Bereich wo du mit den Fadern in der höchsten Auflösung arbeitest wenn diese in der Ausgangsposition auf Null stehen.
    Wichtig ist nur das auf dem Master hinterher die Pegel stimmen, da darfst du natürlich nicht mehr clippen. Wenn du noch mastern willst, sollte -6dB das absolute Maximum sein.


    Ansonsten -0,3dB sofern du auch noch einen Limiter als letztes Glied in der Summe hast um Peaks abzufangen.Beim Soundcraft solltest du ebenfalls die -16dB im Eingang nicht überschreiten. -3 bis 0 ist viel zu hoch! , da hast du mit Sicherheit clipping auf dem Master.

    don´t panic

  • Beeble hat das meiste schon geschrieben, hier nur noch ein paar Ergänzungen:


    Zur Überwachung des Pegels bei der initialen AD-Wandlung eignet sich nur ein Peakmeter. Ein VU-Meter erfasst keine sehr kurzen Peaks und ist deshalb hier ungeeignet. Das wichtigste Ziel ist es, an dieser Stelle keine Übersteuerung des AD-Wandlers zu bekommen, denn diese lässt sich nachträglich nicht mehr korrigieren.


    Einmal in der digitalen Ebene angekommen rechnen viele DAWs mit so hohen Auflösungen, dass theoretisch bis zum Masterausgang keine internen Verzerrungen mehr auftreten sollten. So macht das z.B. auch das von mir benutzte Samplitude (interne Verarbeitung im 32bit Floating Modus).


    Es gibt aber trotzdem Gelegenheiten, sich auch schon innerhalb der DAW Verzerrungen einzufangen: viele Plugins von Drittanbietern übernehmen die Daten intern mit 24 Bit, fahrt man diese zu heiß an, dann zerren sie. Außerdem haben alle Plugins in Richtung Limiter/Compressor das Potential, dem Signal Verzerrungen hinzuzufügen, insbesondere wenn man sie völlig überfährt.


    Am Ausgang der DAW musst Du Deine Pegel spätestens wieder einfangen, denn dort findet ein Übergang vom Floating Format zurück nach 24 oder sogar 16 Bit statt. Es empfiehlt sich, im Masterausgang einen Limiter mitzufahren, nach Möglichkeit einen TruePeak Limiter, der auch intersample Peaks erkennt und abfängt. Auch diese Limiter kann man ins Zerren fahren und sich damit denMix gehörig versauen. Es ist daher gute Praxis, dieses und andere Kompressor/Limiter Tools im Masterweg stetig auf ihre Pegelreduktion zu überwachen und ggf. den Pegel abzusenken, wenn z.B. der TruePeak-Limiter ständig im Eingriff ist.


    Bei Deinem Pult musst Du mal versuchen, in der Dokumentation herauszufinden, wie die interne Signalverarbeitung erfolgt. Ältere digitale Pulte waren da z.T. ziegig, weil sie auch intern fix mit 24bit gerechnet haben. Da reichte dann manchmal schon eine kleine Anhebung im EQ, um ein Zerren zu produzieren. Neuere Designs (z.B. das sehr verbreitete X32) sind da robuster und dürfen nur am physikalischen Ausgang, also am DA-Wandler nicht übersteuert werden.


    Als Faustregel kannst Du folgendes verwenden: wenn Du Deinen Master- oder einen Busregler auf -20 dB stellen musst, um am Ausgang keine Verzerrungen zu bekommen, ist der interne Pegel zu hoch. Musst Du den Master auf +10 ziehen und hast immer noch keine Vollaussteuerung, dann sind die internen Pegel zu niedrig. Diese Faustregel gilt sowohl für Mischpulte als auch DAWs.

  • Als Faustregel kannst Du folgendes verwenden: wenn Du Deinen Master- oder einen Busregler auf -20 dB stellen musst, um am Ausgang keine Verzerrungen zu bekommen, ist der interne Pegel zu hoch. Musst Du den Master auf +10 ziehen und hast immer noch keine Vollaussteuerung, dann sind die internen Pegel zu niedrig. Diese Faustregel gilt sowohl für Mischpulte als auch DAWs.

    Generell ist es immer besser niedriger zu pegeln als clipping zu riskieren.
    Der Rauschabstand bei 24 Bit liegt mit -144dB weit unterhalb der Hörschwelle, so das man selbst bei Pegeln mit -20dB und darunter
    keine Sorge haben muss.
    Den Masterfader sollte man möglichst gar nicht anfassen und dafür sorgen das die Kanalpegel stimmen.(in der DAW)


    Das ergibt sich dann auch schon fast aus dieser Faustregel.
    Ergänzend sei noch anzumerken das gerade Plugins welche Hardware emulieren sehr Pegelanfällig sind und sich dann anders verhalten.
    Wie zb Röhrenkompressoren wie der La2A oder ein Pultec EQ.

    don´t panic

    Einmal editiert, zuletzt von Beeble ()

  • Den Pegel am Interface solltest du nicht zu heiß fahren. -18 bis -12 ist ein guter Wert um bei Peaks noch Reserven zu haben.

    Handelt es sich hier um die Peaks -18 bis -12? Im Moment bin ich so zwischen -11 und -9. Also dann geh ich noch ein wenig zurück.
    Dann lass ich das mal mit dem VU Meter. Macht vielleicht erst am Ende beim Mastering mehr Sinn und schau, dass ich beim Mix meine Peaks der Einzelkanäle im Auge behalte.

  • wie gesagt, ich sehe zu das ich mich um -16dB RMS bewege, in der DAW als auch auf dem DigitalMixer.


    Ich kenne deine DAW nicht, aber normalerweise hat man doch am Kanal ein Levelmeter was auch die Peaks anzeigt.


    Ebenso im Stereo Out ist ein Meter welches RMS und Peaks anzeigt sinnvoll.

    don´t panic

  • Also in Cakewalk handelt es sich um Peak Meter. Ich kann es auf RSM oder beides stellen. Aber dann seh ich oft noch kein RSM Signal bei -18, obwohl ich schon Peaks bei -6 habe. Das versteh ich eben nicht.
    Genau so verhält es sich, wenn ich mittels VU Meter kalibriert bei -18 dbFS bei -2 ankomme, dass ich schon clippe im Peak Meter. Was läuft hier dann falsch?

  • Dann lass ich das mal mit dem VU Meter.


    Gute Idee :thumbup:


    VU Meter sind im digitalen Bereich heutzutage völlig unnötig und außerdem auch ziemlich ungenau. Ich komme komplett ohne aus. Das ist noch ein Relikt aus der analogen Zeit.


    Gain Staging betrifft vom Einpegeln bis zum Masterkanal jeden Schritt in jedem Effekt bzw. Plugin. D.h., wenn ein Effekt den Pegel stark beeinflusst, z.B. durch starke und breitbandige EQ Eingriffe oder starke Kompression, sollte man Plugin-intern den Pegel wieder anpassen (davon ausgegangen, dass der Eingangspegel schon im gewünschten Bereich liegt). Und dabei gehts hauptsächlich um dBFS Peak. Ein träges dBVU oder auch RMS Meter bringt dir rein gar nichts, wenn du auf der einen Seite Transienten-lastiges Material wie Drums und auf der anderen Seite bereits komprimierten Bass hast. Es ist klar, dass letzterer bei viel niedrigeren Peaks einen viel höheren RMS- und auch dBVU Wert hat.
    Es wird hier und da auch behauptet, dass die Effekte bei bestimmten Pegeln am besten klingen würden. Was in meinen Augen aber völlig vernachlässigbar ist (erst recht im digitalen Bereich), wenn man ein "gesundes" Gain Staging betreibt.


    -10dBFS halte ich für einen guten Richtwert für Peaks. Allerdings sollte man dafür sicherstellen, dass man fürs Einpegeln auch gut ausgesteuerte Kanäle hat. Z.B. bringt es nichts, wenn der Drummer beim Einpegeln das Drumset streichelt und es anschließend prügelt.
    Ein größerer Headroom ist bei 24bit allerdings auch kein Problem, wie Beeble schon sagte. Das Eigenrauschen der Mikros und Wandler liegt noch weit über -144dB FS ...


    Zitat

    Macht vielleicht erst am Ende beim Mastering mehr Sinn und schau, dass ich beim Mix meine Peaks der Einzelkanäle im Auge behalte.


    Ein VU Meter macht auch im Mastering keinen Sinn mehr. Hier gehts um den RMS Wert. Allerdings hat auch dieser nur eine beschränkte Aussagekraft über die Lautstärke. Weil das menschliche Gehör eine Frequenz-abhängige Lautstärkewahrnehmung hat - siehe "Fletcher Munson". Ein Bass-lastiger Track wird bei gleichem RMS Pegel also leiser klingen als ein schriller Track.
    Für die wahrgenommene "Lautheit" gibt es mittlerweile den EBU R128 Standard. Am besten besorgst du dir fürs Mastering ein Meter, das dir LUFS Werte nach EBU R128 anzeigt.
    Beispiel: https://www.meldaproduction.com/MLoudnessAnalyzer


    Das Gain Staging betrifft übrigens auch die Lautstärke der Einzelkanäle hinsichtlich des Masterkanals. Der Masterkanal sollte auf 0dB stehend ausreichend Headroom haben. -10dBFS Peak sind hier auch ein guter Richtwert, m.E.
    Und wie Beeble schon sagte ist es empfehlenswert die Fader um 0dB stehen zu haben, für die größt mögliche Präzision. Ich mache es so, dass ich keinen Fader über 0dB stelle und mich im Bereich bis -10dB bewege. Bei parallelen Delay- oder Halltracks auch mal mehr.
    Reaper z.B. bietet mit Mausbedienung auch die Möglichkeit, die Fader mit dem Scrollrad zu bedienen und mit gleichzeitig gedrückter Strg Taste eine Feineinstellung (0,05dB Schritte pro Scrollrad Raster im 0dB Bereich).


    Eine weitere Überlegung ist dann auch noch, wie man die Lautstärke Automation macht. In Reaper z.B. ist die bei Standard Einstellung ohne Hardware-Schnickschnack unabhängig von den Fadern. Also keine "Riding Faders".


    Mischt man in einen Summenkompressor, merkt man mit der Zeit auch an der Threshold Einstellung, ob man einen gesunden Masterkanal Pegel hat.

  • Alles richtig, was die Kollegen schreiben. Vielleicht noch als Anmerkung: wie RMS und Peak sich unterscheiden liegt an der Natur des Signals. Stark transiente Signale wie eine Snare oder Ridekuppe haben im Verhältnis zum RMS einen sehr hohen Peak, weil die Transiente sehr kurz ist und das RMS-Meter sie mit den benachbarten viel leiseren Signalanteilen mittelt. Je mehr Du die Transienten glättest (durch Limiter, Kompressor, etc.), umso näher kommen sich dann RMS und Peak.

    Nix da.

  • wenn ich mittels VU Meter kalibriert bei -18 dbFS bei -2 ankomme, dass ich schon clippe im Peak Meter. Was läuft hier dann falsch?


    wie m_tree schon sagte. Nix läuft falsch, nur das VU Meter ist zu träge um Peaks zu erkennen bzw. anzuzeigen.
    Du hast neben jedem Kanalfader eine Levelanzeige und die zeigt dir in Echtzeit an was da gerade übern den Kanal geht.


    Bestimmt hat sie auch noch eine Peak hold Funktion, so das immer eine Markierung am höchsten Punkt stehen bleibt.
    Dieser Punkt ist deine Referenz.
    Unter der Skala oder dem Fader hast du auch noch eine Anzeige welche dir den max. Pegel anzeigt der gemessen wurde.


    Mehr brauchst du nicht, schon gar keine VU Meter.
    Und nimm das nicht zu genau mit den Pegeln. es gibt Sounds die schwanken gar nicht und es gibt Sounds die um 50dB schwanken.
    Wichtig ist das der maximale Wert möglichst nicht oder kaum deutlich überschritten wird.


    Wenn du auf der Anzeige nix siehst heißt das nicht das man nix hört.
    Ein hart geschlagenes Chrash hat meinetwegen -10dB auf deiner Anzeige, wenn du es nur mit dem Stock streichelst vielleicht nur
    -30dB. Das siehst du nicht, aber hören kannst du es, eben nur 30dB leiser.


    Ich schaue immer das ich mich so um -10 bis -20dB bewege, also der maximale Peak der am Kanalfader angezeigt wird.
    Vor allem beim livemischen verliert man das schnell aus den Augen und ruckzuck fängt es an zu clippen.
    Weniger ist da (immer) besser als zu viel.

    don´t panic

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