Akustik im Proberaum - oder wie bekomme ich mein Set mit Raumdämmung leiser?

  • Hallo allerseits,


    manchmal macht mich dieses Forum fertig. Ich habe gesucht und einige Antworten auf meine Fragen gefunden, musste aber feststellen, dass nahezu alle Treads zu diesem Thema in die ein oder andere Richtung abgedriftet sind.


    Das Problem: Meine Jazzband probt in einem neuen, knapp 20m² großen Proberaum mit Holzwänden und Holzdecke. Gemütlich ist es, allerdings ist der Schlagzeuger (und damit ich) zu laut.


    Band- und Auftrittssituation: Gesang, Saxophon/Keyboard, Gitarre, Kontrabass, Schlagzeug. Wir haben eine Nische gefunden, in der wir uns wohl fühlen. Musikalische Untermalung während des Essen bei Geburstagen und der ein oder anderen Hochzeit, vor allem aber Vernissagen. Allen ist gemein, dass sich die Gäste während unseren Gigs unterhalten. Dazu spielen oft in relativ kleinen Räumen. D.h. wir spielen vor allem leise. Ich finde zwar, dass man bei leisem Spielen auf Gigs nicht unbedingt laut proben sollte, damit die Auftrittssituation nicht unnatürlich wird; allerdings möchte ich im Proberaum auch einfach mal jammen und die Dynamik so wechseln, wie es live oft kaum möglich ist. Die Band stimmt mir zu, das Problem aber bleibt.


    Ähnliche Fragen wurden hier schon oft diskutiert, ich möchte aber lediglich nach den Möglichkeiten fragen, mit Dämmungsmöglichkeiten dagegen vorzugehen. Daher folgende Statements:


    1. Nicht alle in der Band tragen einen Gehörschutz. Das erklärt sich dadurch, dass Dynamik wirklich nicht bedeutet, dass wir im Proberaum sehr viel lauter spielen, als live. Vor allem aber der Gitarrist, der einen Gehörschutz trägt, beschwert sich. Es geht dabei nicht um irgendwelche Schmerzbereiche, sondern nur um die Akustik im Raum.


    2. Ich spiele mit den Vic Firth AJ6. Etwas Dünneres als diese Sticks habe ich bisher nicht gefunden und ein wenig Rebound wäre doch noch ganz nett - dazu mit Besen. Rods sind für mich keine Alternative, weil ich nicht auf Presswirbel etc. verzichten möchte. Außerdem halte ich den Klang auf den Rides für schrecklich.


    3. A propos Rides: Ich spiele mit einem Istanbul 25th Anniversary, einem Manhattan Jazz Ride und einer AAX Studio Hi-Hat. Ansonsten habe ich Remo Ambassador Felle. Ich stimme nicht allzu hoch und etwas in die warme Zone. Sehr viel mehr kann ich da soundtechnisch nicht wegnehmen, glaube ich. Vor allem die Snare ist aber zu laut, ebenso die Rides, wenn ich sie crashe.


    Oben schreib ich, dass die meisten Threads dahin abgedriftet sind. Ich meinte dahin, Tipps zu meinen Statements zu geben oder eben festzustellen, dass Drumsets eben eine gewisse Lautstärke haben. Das ist mir klar, mein Gitarrist und mein Bassist haben aber u. a. schon vorgeschlagen, ich könnte ja auch mal mit einem Cajon spielen. Das verweigere ich vehement und es gab bei keinem Gig bisher eine Beschwerde darüber, dass das Schlagzeug zu laut gewesen wäre. Viellleicht waren das da ja auch die richtigen Antworten...


    Ich wünsche mir jedenfalls eine angenehme Probesituation für alle. Also: Was kann man machen? Meine Ideen:


    a) Ein Flatride und die Snare runterstimmen? Ein solches Ride wollte ich mir ohnehin mal zulegen, die Snare wird dann aber mehr nach Eimer als nach Instrument...


    b) Ein Aquarium, also einen Halbkreis aus Plexiglasscheiben um das Set. Das das wahnsinnig teuer ist und ich keine Zeit habe, mir selbst was zu basteln. Wie viel bringt das tatsächlich? Wirkt das in einem so kleinen Raum? Werde ich dann nicht zum potentiellen Mobbingopfer?


    c) Ich bin relativ groß, sodass ich gut über mein Set blicken kann. Bringt es auch schon Vorteile, anstatt einer Plaxiglasscheibe eine mit Noppenschaum bestückte Holzwand vor das Set zu stellen und die Wand hinter dem Schlagzeug ebenfalls mit Noppenschaum abzudecken? Meine Becken hängen einigermaßen niedrig und ich würde es wohl schaffen, über eine Holzwand blicken zu können, die so hoch ist, wie meine Becken hängen. Oder bringt das gar nichts? Das Set steht in einer Ecke, falls das interessant sein sollte.


    Ich danke Euch für das lange lesen und natürlich für Antworten!


    Grüße, BlaBlubbOr

  • Moin, ein sehr interessanter Thread,


    da ich selber Dinner-Jazz Gigs mache, würde ich mal versuchen auf Deine Fragen einzugehen. Generell spiele ich bei diesen Gigs und auch bei Proben nie mit Gehörschutz. Das hat einfach den Effekt, dass ich ganz feine Frequenzen und Dynamik-Bereiche mit eingesetztem Gehörschutz schwerer oder gar nicht gut orten kann. Zu dem ist der Wechsel auf Besen problematisch.
    Das blöde am Gehörschutz, so nützlich er auch ohne Frage ist, dass man beim Spielen ohne, nach langer Zeit des stetigen Tragens quasi überempfindlich wird. (Schreiende Kleinkinder oder des öfteren mal ohne Gehörschutz Spielen, sind aber da gute Gegensteuerungsmaßnahmen :) )
    Ich spiele auch vor allem Besen in leiseren Settings oder ein Mischung, Ride-Hand: Stick, andere Hand Besen.
    Mit dem AJ6 bist du eigentlich sehr gut ausgerichtet, deine Becken klingen auch eher zahm. Euer Raum klingt nach Deiner Beschreibung so, als ob sich vor allem die hohen Frequenzen der Bleche und der Snaredrum sehr gut durchsetzen. (Eventuell wäre es da sinnvoll, in Raumakustik-Maßnahmen zu investieren) Ich weiß natürlich nicht, wie doll du insgesamt beim Spielen mit Sticks reinhaust. Bei uns ist eigentlich immer das Saxophon am lautesten.


    Schöne Grüße
    Chris

  • als erstes würde ich mal versuchen rund ums Schlagzeug die Wand und die Decke direkt drüber zu dämpfen, entweder mit Noppenschaumstoff oder mit in ca, 20cm zur Wand abgehäntem schwerem Molton. Wenn das nicht reicht ev. mal ein Sofa oder Sessel in den Raum stellen...

  • Aus der Ferne natürlich schwierig zu beurteilen und es kann sicher auch helfen, den Raum insgesamt akustisch zu optimieren.
    Irgendwie lese ich aus dem Anliegen jedenfalls heraus, dass Du dich durch das Bandkonzept bedingte leise-spielen-müssen insgesamt etwas gehemmt fühlst und gelegentlich gerne einfach mal ein bisschen freier agieren würdest, was dann aber automatisch mit mehr Lautstärke verbunden ist.
    Schlagzeug ist da eben ein besonders gefährliches Instrument wegen dem enormen Dynamikumfang und man kann eigentlich nicht genug daran üben, die Kontrolle über die Dynamik zu perfektionieren. Insofern mag man sich vielleicht mal ein paar Leute aus dem Bereich ansehen/-hören. Spontan fällt mir dieses Beispiel ein. Hier SIEHT man schon, dass der Typ in dem Bereich sicher ziemlich fit ist
    http://www.youtube.com/watch?v=HVPEDzwNTL0
    Üben könnte man daran z.B., indem man Musik über Lautsprechern begleitet und eben versucht, virtuos aber kontrolliert zu spielen und nach und nach immer geringere Lautstärke auf den Boxen benötigt.

  • Tja BlaBlubbOr,


    was Du hast, hab ich zu wenig: Resonanz! Ich werd' wohl in Kürze ein dünnes Holzpodest bauen, bei Euch im Raum hingegen muss sich der Schall wohl ein wenig "abarbeiten". Von daher würde auch ich mit schweren Textilien experimentieren. Die Idee, des flauschigen Teppichs finde ich auch ausprobierenswert. Insgesamt erstaunlich, dass ihr bei 20qm und Jazz solche Probleme bekommt.

    Viel Erfolg,
    Hajo K

  • Vielen Dank für alle Tipps. Ich werde versuchen, allen gerecht zu werden.


    Stick-Besen-Kombinationen spiele ich bereits bei viel Latin-Stücken - teiwleise sogar ohne angelegten Snareteppich. Leise zu spielen beherrsche ich, ansonsten wären viele unserer Gigs gar nicht spielbar. Ich fühle mich beim Proben aber tatsächlich manchmal etwas gehemmt und möchte stattdessen einfach Musik machen. Ich spiele dabei nicht laut, allerdings spiele ich einige Fills auch mal gerne am Rand der Snare. Da entstehen sicher viele scharf klingende Obertöne. Das habe ich aber bereits eingeschränkt. Insgesamt muss ich aber zugeben, dass ich technisch einiges im extrem leisen Bereich nicht so umsetzen kann, als wenn ich lauter spiele. Da sind sicher Verbesserungsmöglichkeiten vorhanden - aber letztlich sind sie das immer...


    Zum Raum: Das Set steht bereits auf einem Teppich, dieser ist nicht flauschig aber relativ dick. Ich werde aber Ausschau nach möglichen Alternativen halten. Eine Verbesserung der Raumakustik ist zudem das Ziel, wobei ich nichts über das Schlagzeug hängen kann, da dort eine Lampe ist. Damit es einfach wird, eine äußerst professionelle Skizze:



    Dem Set steht eine Schrankwand aus Holz gegenüber. Daran ist auch nicht zu rütteln. Die Idee ist jetzt, vor dem Set eine Wand mit Noppenschaum aufzustellen und gleichzeitig die Wandteile rechts von und hinter dem Schlagzeug ebenfalls mit Noppenschaum zu bestücken. Dabei bin ich mir aber nicht sicher, ob das tatsächlich viel bringt, vor allem, weil ich noch drübersehen sollte. Große Teppiche etc. können wir auch nicht von der Decke runterhängen, da an jeder Seite Türen sind und an der Wand, wo die Keys stehen, noch ein Heizkörper angebracht ist.


    Zuletzt: Danke für den YouTube-Link! Der beherrscht das zweifelsohne und ich freue mich, ein neues Trio kennengelernt zu haben.

  • "leise spielen" ist ein Mysterium mit dem ich mich schon seit vielen Jahren befasse!


    Leise spielen ist eine subjektive Wahrnehmung
    Leise spielen ist deutlich Publikums- stimmungsabhängig
    Leise spielen ist natürlich auch -wie bei Dir- Raum und-Umgebungsabhängig
    Leise spielen geht -meiner Meinung nach- nur mit gebrochenen Sticks =Rods!


    Sogar die dünnsten und leichtesten Sticks knallen noch mehr als die dicksten Rods! Dabei habe ich schon alle Holzsorten durch und kann Dir von keinen positiven Ergebnissen berichten.


    Verzichte auf Deine geliebten Presswirbel! Mit Rods kann man auch schöne Ghostnotes und sogar doublestrokes spielen, aber Du wirst einfach deutlich leiser!


    Ich habe nach mehreren Jahren Test, Auswahl und Expierience heute zwei Typen Rods im Einsatz.


    1. Schnelle Spielweise, Doubles und Ghostnotes: Cool Rods von Pro Mark (Zusatztipp: dünne Gummiringe aus dem Sanitärhandel zur Versteifung und Stabilisierung)
    2. Balladen, lautere Snare und intensivere Becken: Schlagwerk RO 2 Maple Rods


    Viel Spaß noch!


    Daniel

  • Ich kann aus meiner Erfahrung wirklich nur sagen, Holzwände reflektieren übel. Gegen die musst du vorgehen.
    Das Set selbst kriegst du nur leiser in dem du leiser spielst oder wie erwähnt doch noch auf Rods umsteigst (würde ich PERSÖNLICH jetzt aber auch nicht wollen...!)


    Letztendlich musst du deinen Raum optimieren.


    Was ist denn zu laut? Snare und Becken? Dann hast du Basstechnisch schonmal ein geringeres Problem.
    Die ein oder andere Bassfalle oder ne Couch (ist auch eine Bassfalle) schaden aber sicher trotzdem nicht.


    Ein Plexiglasaquarium nimmt sehr viel Platz weg und wenn du sonst nichts machst, reflektiert der Schall über Rückwand und Decke und das wars. Erfolg gleich null.


    Was du unbedingt machen musst ist den Boden. Nicht nur einen Teppich unterm Set, legt ein paar mehr Teppiche rein. Ist eh gemütlicher!


    Dämme die Decke. Und das möglichst unstrukturiert. Also keinen gespannten Stoff. Ich habe bei mir eine Wäscheleine gespannt und dann dicken Molton Wellenförmig aufgehängt.
    Siehe hier: 2xuage Vorstellung und Ausrüstung - ALLNEWROOM Dez. 13


    Und häng die Wände ab. Ebenfalls mit Molton oder einer dicken, schweren Gardine! Am besten mit Luft dahinter. Ich finde aber, ~5cm reichen da auch schon. Nur nicht plan an der Wand anliegen lassen!


    Noppenschaumstoff bringt dir was für deine Becken, die Snare aber wird weiterknallen.


    Nachdem deine Gegenüberliegende Wand ein fixer Schrank ist, bekleb den mit Noppenschaum wenn du kannst/darfst. Oder häng da auch Stoff davor.


    Am Ende wird dein Raum dann zwar ziemlich tot sein, aber auch leise!


    Eine letzte (aufwändige) Möglichkeit wäre dann, für alle möglichen Frequenzen berechnete Diffusoren aufzuhängen.
    Wenn du es lange genug übertreibst landest du da: :thumbup:
    http://www.youtube.com/watch?v=GMfcIG4rA38



    Recht viele Möglichkeiten gibt es nicht. Auch in deinem Thread werde ich es posten: Ein Schlagzeug ist nunmal laut! :rolleyes: :D
    Aber du hast ja jetzt von mir und den anderen Tips, dennoch dagegen vorzugehen!

    21 is only half the truth!

  • Ich probe in einem Bunkerraum. Ohne Teppichboden und Molton an den Wänden wäre der Sound grausam laut.


    Molton kostet nicht die Welt (oft bekommt man verbilligte Reste) und man kann damit wunderbar experimentieren.
    Auf jeden Fall muss man am Raum etwas machen.
    In einem wohlklingenden Raum ist Lautstärke viel besser zu ertragen (auch für die Mitspieler).


    Rods sind da keine Alternative, wie Du ja auch selbst schriebst.


    So sieht es bei mir aus und ich bin begeistert über den Sound, wobei mein Set wahrlich nicht zu leise ist...


    Schöne Grüße - Rainer K. aus B. an der W.

  • Nochmals danke für alle Ratschläge!


    Rods sind wirklich keine Alternative. Allein schon, weil ich bei Gigs mit Sticks in einer solch angepassten Lautstärke spielen kann, dass das Set aben nicht zu laut ist. Das wäre sie Probe- unnatürlicher als die Auftrittssituation.


    Es ist also der Raum und ich habe eine Idee. Neben der Schrankwand stehen ohnehin meine Drumsettaschen und die Taschen für die Anlage etc. Nun sollte es aber möglich sein, vor die Schrankwand eine Vorhangsschiene an die Decke zu machen und einen schiebbaren Moltonvorhang zu befestigen. So habe ich Luft hinter dem Vorhang, die Taschen sind verdeckt und man kommt an den Schrank, wenn man muss.


    Zusätzlich werde ich die Schlagzeugecke mit Noppenschaum bestücken und eine holzwand auf Rädern vor dem Set platzieren, sodass ich natürlich noch darüber hinweg sehen. Diese Aquarien sind ja auch einfach mal ultrahässlich, um das mal anzusprechen.


    Die Türen links vorne und rechts kann ich ebenfalls mit Noppenschaum bestücken. Auch einen zusätzlichen Teppich auszulegen ist möglich.


    An der Decke sind mehrere Lampen Molton an anderen Wänden wird auch nicht möglich sein. Nichtsdestoweniger werde ich erstmal das machen.


    Vielen Dank für alle Ratschläge. Ich nehme aber gerne noch Änderungsvorschläge oder Tipps zu Umsetzung an ;)

  • Hallo BlaBlubbOr,


    Sehr interessanter Treat, hat mir für unseren Proberaum ebenfalls sehr geholfen.
    Auch wenn das Thema schon sehr alt ist hätte ich noch einen Vorschlag für die snare den du mal ausprobieren könntest:


    Ein Fell verkehrt herum auf das bestehende legen -> weniger Lautstärke, etwas dunklerer sound bei gleichem Rebound und Bespielbarkeit.


    Gruß


    Elias_based

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