Hat Sonor an der Preisschraube gedreht?

  • drumdidi: Danke für den Beitrag. Sehr viel Wahres gut zusammengefasst.


    Ist ja eigentlich auch schon fast pervers, wie insbesondere Schlagzeuge in den letzten 25/30 Jahren vom Preis immer weiter nach unten "geschubbst" wurden. Früher war man froh, sich ein Pearl Export leisten zu können. Für selbiges Geld in Relation zur Kaufkraft bekommt man heutzutage ein sehr viel besseres Set.


    Im Grunde sind alle Drumsets viel zu billig. Aber das ist dann wieder 'ne andere Diskussion...

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • drumdidi: Danke für den Beitrag. Sehr viel Wahres gut zusammengefasst.


    Ist ja eigentlich auch schon fast pervers, wie insbesondere Schlagzeuge in den letzten 25/30 Jahren vom Preis immer weiter nach unten "geschubbst" wurden. Früher war man froh, sich ein Pearl Export leisten zu können. Für selbiges Geld in Relation zur Kaufkraft bekommt man heutzutage ein sehr viel besseres Set.


    Im Grunde sind alle Drumsets viel zu billig. Aber das ist dann wieder 'ne andere Diskussion...


    Nur mal so zur Erinnerung. Als ich in den 80igern mit dem Trommeln begann, kostete z.B. das klassische Einsteigerset Pörl Export 2000DM.
    Das hatte Sperrholzkessel aus nicht definiertem Material mit nem grauen irgendwas als Innenbeschichtung und ner Folie aussen in schwar oder rot.
    Das sogar schon höherwertigere Smart Force von Sonor kostet heute 600€...
    Ich hatte damals als erstes Set ein Maxwin by Pörl, eine absolute Schlagzeugruine und Zumutung mit Meinl Sterling Becken, die noch nicht mal als Topfdeckel taugten, so scheisse waren die. Das Set kostete mit besagter Sterling HiHat 1300 DM, also mehr als heute ein Smart Force mit ner Fame, Müllenium HiHat, die tatsächlich sogar besser als diese Meinl Sterling Becken sind...
    Insofern hat sich da gewaltig was geändert.
    Ach ja, ich stand als junger Hüpfer vor dem Schaufenster des lokalen Musikgeschäftes (für digital natives: das ist so ein Gebäude, wo man reingeht und physisch Waren anfassen und einkaufen kann, ganz ohne Klick und Warenkorb) und bewunderte das unerreichbare Sonor Set, dass damals als 5 Piece Set mit 4800 DM ausgezeichnet war. Die Serie weiß ich leider nicht mehr, aber da das rund 30 Jahre her ist, stellt man fest, dass Hi-End Sonor Sets über 3O Jahre gesehen gar nicht so viel teurer geworden sind...

  • Das hatte Sperrholzkessel


    So sind unsere Trommeln auch heute noch aufgebaut (abgesehen von Stave- oder Solid-Shell-Kesseln)


    Ich hab mal kurz recherchiert:
    Pearl Export 1983/83: 9-schichtige Holzkessel (Holzart nicht näher benannt)
    Pearl Export ELX 1983: 8-schichtige Kessel (6x Mahagony) innere uns äußere Lage aus Birke.


    Also malt mal nicht ganz so schwarz ;)

  • Ich denke er meinte Pressspan...


    Auch wenn sich das Gerücht hartnäckig hält: Es gab und gibt keine Trommeln aus Pressspan! Nicht einmal bei IKEA ;) ...
    Einige Tama-Sets aus den 70ern oder 80ern hatte eine Innenbeschichtung der Kessel, die sehr nach Spanplatte aussah. Die Kessel waren aber ganz normal aus kreuzverleimten Schälfurnieren aufgebaut.


    Pressspan wäre aufgrund des Leims unglaublich schwer und würde wahrscheinlich bei seitlichem Druck auf den Kessel sofort brechen.


    Grüße

  • Hab gerade mal wieder die Sonor-Preisliste von 1995 durchgeschmökert. Eigentlich sollten wir ja gar nicht rumjammern... ^^


    Signature Shellset 22, 12, 13, 16 ohne Snare: 6852 DM


    14"x8" Signature Snare (Glockenbronze): 2716 DM
    14"x8" Signature Snare (Holz): 1610 DM
    14"x7 1/2" Symphony Snare (Messing): 1878 DM
    14"x6 1/2" Phonic D 506 Stahlsnare: 1176 DM


    Signature Hardware:
    Beckenständer (gerade): 579 DM
    Snare-Ständer: 634 DM
    Hi-Hat-Ständer: 780 DM
    Single-Pedal: 664 DM
    Doppel-Pedal: 1829 DM


    :rolleyes:

    Das ist fein beobachtet!


  • So sind unsere Trommeln auch heute noch aufgebaut (abgesehen von Stave- oder Solid-Shell-Kesseln)


    Ich hab mal kurz recherchiert:
    Pearl Export 1983/83: 9-schichtige Holzkessel (Holzart nicht näher benannt)
    Pearl Export ELX 1983: 8-schichtige Kessel (6x Mahagony) innere uns äußere Lage aus Birke.


    Also malt mal nicht ganz so schwarz ;)


    Ich meinte mit Sperrholz nicht definierte Holzsorten.
    Und hier in Deutschland wurde in den frühen 80igern das Export mit der Angabe "selected Hardwood with acoustic coat inside", ner nicht genauer definierten Innenbeschichtung verkauft.
    Mahagony/Birke war definitiv später oder nicht in Deutschland...
    Ich weiß das noch sehr genau, weil ich damals Drumkataloge täglich studiert habe!

  • Ein wirklich sehr spannendes Thema!
    Aus Markt Sicht wurde schon viel gesagt und außer Mutmaßungen könnte ich nichts weiter hinzufügen.


    Prinzipiell begrüße ich es wenn Sonor sich auf die deutsche Produktion fokussieren möchte. Ich war und bin auch immer noch bereit mehr Geld für Made in Germany zu zahlen.


    Bei allerdings 40 Rock'N'Roll Gigs im Jahr (für manchen hier mag das noch wenig sein) ist das Equipment aber nüchtern betrachtet auch "nur" Werkzeug. Der Verschleiß/Abnutzung ist somit normal und muss einkalkuliert werden. Seit ich 2012 mein S-Classix zu guten Konditionen ergattern konnte, spiele ich meine SQ2 nur noch sehr selten Live. Zum einen ist das matte Holzfunier vom S-Classix deutlich unempfindlicher als die SQ2 Kessel mit Hochglanz Sparkle Lack und schwarzer Kesselhardware und zum anderen war das SQ2 eine wirklich große Investition. Mir tat der Gedanke an Abnutzung und Kratzer schon sehr weh. Ich hatte damals die Illusion, dass das SQ2 eine Investition fürs Leben ist.


    Nun war während meiner "Babygigpause" die Idee gekommen, wieder das SQ2 mit auf Tour zu nehmen. Aufgrund dieser neuen Preisentwicklung komme ich allerdings zu dem Endschluß, dass ich auch bei meinem Equipment wieder deutlich zwischen Luxusgut und vernünftigem Werkzeug unterscheiden muss.
    Ansonsten landet wirklich 100% der Gagen bei der Wartung und Anschaffung von Equipment... :-/



    Meine Giant Step wird nun seit 13Jahren mindestens 40 mal im Jahr auf und abgebaut. Die Maschine hat außer neue Federn, Klöppel und etwas Austausch-Klettband eine Wartung erhalten. Die Welle quietscht leicht... ansonsten läuft die aber immer noch super...
    Damals 580,- Euro Neupreis und hat sich auch voll und ganz gelohnt... Qualität hat ihren Preis... heute 1100,- Euro... schon krass viel Geld... hab halt keine Erfahrung mit Konkurrenz Produkten...


    Die Preiserhöhung macht trotzdem nachdenklich.

  • oder nicht in Deutschland...


    Kann sein, weiß ich nicht.
    Die ELX Kessel hatten wahrscheinlich auch nur eine Außenlage aus Birke, weil sie durchscheinend lackiert waren (meine Vermutung).


    Der springende Punkt ist für mich ein anderer: Auch die 9-lagigen Export-Kessel aus ausgesuchtem (aber nicht näher spezifiziertem) Hartholz hatten eine gute Qualität. Man hat zu der Zeit halt alle möglichen verfügbaren Tropenhölzer verbaut. Das "Mahagony" (wenn die Timeline, die ich eingesehen habe, stimmt) ist wahrscheinlich auch philippinisch. Manche glauben ja, dass es "automatisch" Luan sein müsse, es gibt aber auch hier eine Anzahl verschiedener in Frage kommender Holzarten im oberen 2-stelligen Bereich.
    Die Hölzer sind aber allesamt hart und müssen sich hinter europäischen Laubhölzern nicht unbedingt verstecken. Sie sind halt billiger und waren in den 80gern, als das Bewusstsein für die Wichtigkeit des Erhalts des Regenwalds gerade erst wuchs, in rauhen Mengen verfügbar. Möglicherweise hat Pearl auch im Laufe eines Produktionszyklus verschiedene Arten, je nach Angebot, miteinander kombiniert. Deshalb muss die Qualität der Kessel aber nicht schlechter sein. Beim aktuellen Einsteiger-Sonor geschieht wahrscheinlich haargenau das Gleiche.
    Insofern finde ich "Sperrholzkessel aus nicht definiertem Material" einfach zu schwarz gemalt!


    Solche Negativ-Attribute führen ebenso wie ihre positiven Kollegen direkt in die Marketingfalle. Wir sprechen hier über High End, Oberklasse, sortenreine Kessel, made in Germany, skandinavische Birke (nicht etwa so eine chinesische...) usw., rechtfertigen damit solch exorbitante Preise und wecken Bedürfnisse bei (uns) Hobbydrummern, für die diese Instrumente gar nicht gemacht werden, es sei denn als klassisches Luxusobjekt.


    Wer sich das leisten kann und möchte, der muss jetzt halt ein wenig tiefer in die Tasche greifen.
    Wer nur ein gutes oder auch sehr gutes Instrument sucht, um Musik zu machen, hat zum Glück unendlich viele Alternativen.


    Grüße

  • Brauchen wir aber auch nicht drüber streiten.
    Das Export war damals so ziemlich das günstigste ordentliche Drumset. Das kostete eben in besagter Basisversion 2000 DM.
    Heutzutage bekommt man für 1000€ besseres geboten, auf keinen Fall weniger.
    Und das über 30 Jahre später, wo so ziemlich alles deutlich teurer geworden ist.
    Bei Hardware gilt das allerdings nicht unbedingt. Da wurde hier und da imho etwas die Preisschraube überdreht...
    Interessanterweise ust für das Produkt, das mit Hilfe solcher Trommeln erstellt wird, sogar ein massiver Preisverfall festzustellen.
    Musik ist nicht nur nicht teurer sondern vieeel billiger geworden als vor 30 Jahren.
    Heute kann man haufenweise CDs für unter 10€ kaufen, selbst teure Neuerscheinungen mit DigiPack und Schnick Schnack liegen noch auf dem gleichen Preisniveau wie zur Einführung der CD Mitte/Ende der 80iger.
    Auf meinen ersten CD Käufen prangt heute noch auf der einen oder anderen der Aufkleber mit dem Preis 32,99DM...
    Insofern kann man sich durchaus mal fragen, warum in der Musikbranche so viel anders läuft...
    Vielleicht ist da doch sehr viel dran, dass die Musikbranche ein Hort der permanenten Selbstausbeutung ist...

  • Ich zitiere einfach aus dem Geschäftsbericht 2014 der Matth. Hohner GmbH als Konzernmutter:


    "Die Produkte werden auf Grundlage der Art der Tonerzeugung folgenden vier Produktbereichen zugeordnet:
    1.) Schlaginstrumente Schlagzeuge, Glockenspiele, Xylophone, Pauken, Becken usw."


    Damit macht Sonor insgesamt einen Umsatz von rund 13 Mio Euro p.a. - Das zeigt, wei klein der Markt ist. Immerhin sind schon Orff etc. inklusive.


    "Im Rumpfgeschäftsjahr 2014 konnte die Hohner S.A.S. ein leicht positives Ergebnis erzielen, während die SONOR GmbH & Co. KG ein positives Ergebnis knapp verfehlte. "


    "Sofern sich die gesamtwirtschaftlichen und branchenspezifischen Rahmenbedingungen besser als prognostiziert entwickeln, hat die HOHNER-Gruppe grundsätzlich die Chance auf einen ebenfalls über Erwarten guten Geschäftsverlauf. Besonders gute Wachstumsmöglichkeiten sehen wir im lateinamerikanischen Markt, sowie im Bereich Mundharmonika, wo 2014 ein innovatives Konzept mit neuen Verpackungen und Displays für den Point of Purchase eingeführt wurde. Im Bereich Schlaginstrumente sehen wir vor allem in der Zusammenarbeit mit dem neuen Vertriebspartner in den USA sowie in der Steigerung des Exportanteiles zukünftige Wachstumschancen."


    Bei allem Gerede in der Öffentlichkeit über Neoliberalismus, Gewinnmaximierung...damit im Durchschnitt von 100 Euro Einnahmen ein paar Euros als otwendiger Gewinn bleiben, müssen sich die allermeisten Unternehmen tagtäglich sehr viel einfallen lassen. Und Sonor steht als kleine Firma (trotz Hohner, KHS etc.) in einem weltweiten Wettbewerb, in einem wohl schrumpfenden Markt, mit wenig Chance zur Automatisierung etc.


    Hoffen wir, dass sie die richtigen Schlüsse daraus ziehen.


  • Hey,


    ich würde auch nicht jammern, jedoch wurde mein Gehalt damals, bei der Umstellung auf Euro, numerisch halbiert.
    Diese Sonorpreise heute sind aber schon über dem numerischen DM-Niveau der 90er. Andere Güter hatten sich, nach der Euroumstellung, auch recht schnell an das "alte Niveau" angepasst.
    Ich hatte es neulich auch mit den Arbeitskollegen, dass man sich Mitte der 90er von seinem Geld "gefühlt" mehr leisten konnte.
    Ändern kann man es freilich nicht. Aufregen bringt auch nichts.


    Grüße
    André


    Edith gibt aber drumdidi vollen Zuspruch

    Wenn bei Stiftung Wahrentest ein Dildo mit Befriedigend bewertet wird, ist das dann Sehr Gut?



    Suche 24"x16" BD Tama Granstar II mit Rosette

  • Hi,
    sehr schönes Thema und dann noch so sachlich und kompetent diskutiert :thumbup:


    Wird mal Zeit etwas Öl ins Feuer zu gießen. :whistling:


    Ich baue Trommeln, Sonor auch.


    Und:


    Alleine in Deutschland bauen noch mindestens 20 andere, meist kleinere/kleinst Firmen (wie man gerade auf der Crashit feststellen konnte) durchweg sehr gute, innovative und toll verarbeitete Drums zu absolut moderaten Preisen.


    Für mich gab es auf der Messe, beim Rundgang durch die Halle, mehr Neues mit Aha-Effekt zu sehen, als auf der großen Messe von allen großen Marken zusammen.


    Von gefederten Tomaufhängungen (okay der war aus den Niederlanden ;) ) ) bis hin zu dem kompaktesten Travel-Kit was ich je gesehen hab.
    Von genial klingenden und perfekt gearbeiteten Kesselkonstruktionen bis zu Martos völlig neuen Instrumenten und deren außergewöhnlichen aber sehr überzeugenden Sounds hat mich das Angebot echt sehr positiv überrascht.


    Hinter den Ständen kein Verkaufspersonal, sondern die Typen, welche die Drums mit ihren eigenen Händen gebaut haben und wirklich jedes Detail und jede Schraube an ihren Sets kannten, da blieb keine Frage unbeantwortet.


    Es mag sein, dass sich der ein oder andere, potentielle Drumkäufer lieber auf gewohnten Pfaden bewegt, für mich jedenfalls war der (gefühlte) Stillstand bei der Fortentwicklung von Drums über die letzten Jahre der Auslöser dafür, kaum noch etwas zu kaufen, das scheint sich gerade zu ändern. 8o


    Ich tue mir schwer damit, die großen Marken zu bedauern wegen dem harten Preiskampf.
    Genau so eine Situation wurde durch die Marketingstrategien der Firmen selbst heraufbeschworen, als auch durch das daraus resultierende Konsumverhalten verstärkt.


    Für mich haben Schlagzeuge im Preisbereich von 500€ für ein Komplettes Set!!!... einfach keine Existenzberechtigung, ebenso wenig wie ein Kleiderschrank für 99€, basta!!


    Da wird in einer Zeit, wo alle über Ressoursen schohnen sprechen gezielt Müll produziert, X( da will ich die Arbeitsbedingungen im Herstellungsland lieber nicht wissen. :S



    Jetzt kommt Sonor, kappt die Produktlinie unten ab, hebt die Preise an und besinnt sich auf das Hochpreissegment und die Produktion in Deutschland...danke Sonor. :thumbup:


    Für mich klingt das sehr vernünftig.


    Auch ich hatte in den 80ern für mein erstes Set, ein gebrauchtes Tama, 1200DM gelatzt.
    Das war viel Geld, hatte lange dafür gespart, war stolz wie Oskar und habe das Set und die Möglichkeit damit Musik machen zu können sehr wertgeschätzt.


    Wenn ich mir heute den mit Billigsets überschwemmten Gebrauchtmarkt ansehe, beschleicht mich das Gefühl, dass sich der ein oder andere die Anschaffung eines Schlagzeugs besser überlegt hätte, wenn die finanzielle Hürde etwas höher gewesen wäre.


    Alles subjektiv von einem, der gerne ein paar Euro mehr ausgibt und lieber auf Qualität achtet wenn er sich was anschafft, das ist ein bischen altmodisch, macht aber auf dauer mehr Spass.


    Lieben Gruß
    Bruzzi

    Der höchste Lohn für unsere Bemühungen ist nicht das, was wir dafür bekommen, sondern das, was wir dadurch werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Bruzzi ()

  • Wird mal Zeit etwas Öl ins Feuer zu gießen.

    Aber bitte nur Raps- kein Mineralöl wegen der Klimabilanz. ;)

    sehr schönes Thema und dann noch so sachlich und kompetent diskutiert



    Ich find's auch interessant und lustig, vor allem, weil niemand weiß, wo uns der nächste Beitrag hinführt... ^^


    Nachdem wir so viel über die Hersteller philosophiert haben, könnte man ja mal die Gegenseite, den Konsumenten in Augenschein nehmen. Ein Merkmal unserer zum Fluch oder Segen globalisierten Welt ist doch, dass so gut wie jeder (liquide) Konsument (der westlichen Welt) alles bekommen kann, was man für Geld kaufen kann. Bei den heutigen Möglichkeiten, Instrumente auf dem Gebrauchtmarkt zu ergattern, muss man sich ja gelegentlich noch wundern, dass überhaupt noch Neuware verkauft wird...


    An den Herstellern haben wir uns mit Attributen von "gierig" bis "ums Überleben kämpfend" versucht. Aber wie sieht eigentlich die Zielgruppe, wie sehen "wir" Käufer eigentlich aus?
    Hier ein Versuch: ;)



    Der Vintage-Liebhaber kauft nur Sets, die mindestens 40 Jahre alt sind, denn früher war alles besser, obwohl man ja nach dem Krieg nichts hatte.
    Das kann sich die Jugend von heute ja gar nicht mehr vorstellen...


    Der Made-in-Germany-Fetischist kauft grundsätzlich nur Produkte aus deutschen Landen, um die heimische Wirtschaft zu stärken und natürlich, weil kein anderes Land der Erde qualitativ an die teutonische Produktion heranreicht.
    Es ärgert ihn jedoch, dass telefonische Anfragen nach dem prozentualen Anteil chinesischer Arbeitnehmer in der Bad-Berleburger Produktion nicht beantwortet werden.


    Der Schnäppchenjäger kauft am liebsten von Menschen, die er übervorteilen kann. Da wird dann der Witwe, deren Mann sich gerade ins Grab getrommelt hat, großzügig 150 Euro für das komplette Horst-Link-Signature-Set geboten, denn
    „so alte Schlagzeuge will ja heute niemand mehr“.


    Der Preisbewusste kauft ordentliches gebrauchtes Material, das drei oder vier Jahre lang in deutschen Kinderzimmern nicht benutzt wurde, z.T. für 50-60% des Neupreises. Die Eltern davon zu überzeugen, dass sie nicht 80-90 % verlangen
    können, ist manchmal jedoch ein hartes Stück Arbeit.


    Der Snob kauft nur das Beste, denn das ist gerade gut genug. Er betont gerne die Nachhaltigkeit seiner Käufe, weil qualitativ Hochwertiges selten kaputt geht, kauft aber im Gegenzug dafür z.B. vier verschiedene Beckensätze, um jede
    Musikrichtung optimal bedienen zu können. Da das kostbare Material bei den zwei oder drei Auftritten pro Jahr nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden soll, kauft man natürlich ein Zweitset für die Bühne, vielleicht ein Stage-Custom oder ein
    Superstar oder ein Force 3007... „Obwohl... ach komm! Wer billig kauft, kauft zweimal! Lass mal ein zweites SQ2 nehmen...“


    Der Insider kauft nur das, was seinem Branchenkennerblick standhält. Er weiß genau, in welchem Jahr der nordamerikanische Ahorn aufgrund des Klimawandels zu schnell gewachsen ist, welcher Zulieferer in welchem Jahr an der Verchromung
    gespart hat und welche Snareabhebung dysfunktional ist, weil sie (heimlich) aus alten Joghurtbechern hergestellt wurde.


    Der GAS-Kranke kauft alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Er hat zwar schon drei Messingsnares, aber die neue hat ein Achtel Zoll mehr Untermaß, das gibt deutlich mehr Sustain und Durchsetzungskraft. Wenn er doch damals schon so klug
    gewesen wäre, als es dieses Glockenbronze-Teil zu kaufen gab...


    Der Gründliche kauft nur, nachdem er monatelang in Fachzeitschriften, Foren und auf Messen recherchiert hat, um den bestens Gegenwert für sein Geld zu erhalten. „Welche Bassdrum ist denn jetzt besser, die 9-lagige mit dem Birke-Walnuss-Mix
    oder die 10-lagige aus Ahorn? Und warum hat die eine nur 8 und nicht 10 Stimmschrauben? Ich glaube, ich warte doch noch ein wenig mit dem Kauf...“


    Der Jungspund, im DF gelegentlich etwas altväterlich als „mein junger Freund“ angesprochen, kauft alles, was ihm die Eltern und/oder Großeltern bezahlen...


    Der DIYler kauft fast nichts, sondern baut alles mit großer Kunstfertigkeit selbst. Allerdings ist er ständig auf der Suche nach Material, was im Familienkreis zu Irritationen führen kann: „Sag' mal, hatten wir früher nicht Türen an der Schrankwand?“
    ;)



    Da kann man als Hersteller doch schon ins Grübeln kommen, wem man wie das Geld aus der Tasche ziehen kann...


    Grüße

    Einmal editiert, zuletzt von Blue Note ()

  • Sehr lustig (und treffend) beschrieben. :thumbup:


    ... Aber ich bin da nicht in der Auflistung zu finden. :S Ich schwebe da zwischen diversen Typen (welche, das darf sich jeder selber zusammen reimen). :whistling:

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

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