Niveau und Übungszeit

  • Laut einem wissenschaftlichen Artikel meistert man ein Instrument nach ca. 10000 Stunden Spielzeit. (bei normalem Talent etc. )
    Daher meine Frage, in welcher Liga habt ihr nach wie vielen Stunden gespielt? Am Bass habe ich 2500 - 3000 und könnte vielleicht sub im Musical spielen. Mehr aber auch nicht.

  • Am Bass habe ich 2500 - 3000 und könnte vielleicht sub im Musical spielen. Mehr aber auch nicht.


    Oho, ein Sub im Musical sollte sein Handwerkszeug aber schon beherrschen, schließlich fehlt ihm im Vergleich zum Principal die ganze Probenzeit. Das ganze qualitativ zu beurteilen, ist dünnes Eis. Zumal es sicher einen Unterschied macht, ob du Mamma Mia spielst oder Miss Saigon mit ungeraden Metren, Quintolen und anderen Grausamkeiten.


    Für mich klingt die Behauptung nach ziemlichem Schwachsinn (nicht von deiner Seite natürlich, du gibts es ja nur wieder), solange nicht definiert ist, was für Kriterien "meistern" definieren. Ich behaupte mal, dass man nicht behaupten kann, Phil Rudd hätte sein Instrument nicht "gemeistert", schließlich stand er jahrzehntelang auf Stadionbühnen und hat mit ACDC Musikgeschichte geschrieben.


    Zeitaufwand als alleinige Aspekt zu betrachten, greift viel zu kurz. Wie struktuiere ich meine Probenzeit? Welche Art von Musik spiele ich überwiegend? Unter welchen Rahmenbedingungen spiele ich (freie Improvisation, Noten, live, Studio etc.), mit WEM spiele ich? Gerade die Qualität der Mitmusiker hat entscheidenden Einfluss auf die musikalische Entwicklung.


    Es fördert und formt dich einfach ganz anders, mit Profis zu spielen als mit Feierabendmuckern, und du wirst nach einer bestimmten Zeit ganz woanders stehen.


    Verlink doch den Artikel mal, dann macht die Fragestellung vielleicht mehr Sinn.

  • Ich behaupte mal, dass man nicht behaupten kann, Phil Rudd hätte sein Instrument nicht "gemeistert", schließlich stand er jahrzehntelang auf Stadionbühnen und hat mit ACDC Musikgeschichte geschrieben.


    Popularität und Fähigkeit am Instrument sind doch zwei paar Schuhe.


    Natürlich, was Rudd da macht funktioniert grandios. Wenn Man ihn dann aber einem "Technik-Check" unterzieht und zB. die Liste der Rudiments abklopft wird der wahrscheinlich alt aussehen.


    Und Jemanden, der zB. gewisse Rudiments nicht über ein Fuß- Ostinato spielen kann, würde ich keinen Meister nennen. Da gehört für mich der technische Aspekt genauso dazu wie der musikalische.


    Zur eigentlichen Frage: Das mit den 10k Stunden stimmt nur, wenn diese effektive Praxis sind. Man kann (was ich bei sehr vielen Musikern sehe) ziemlich schnell in einen Modus verfallen, in dem das, was man bis jetzt erreicht hat, langt, und man ab da auf der Stelle tritt und meint, nicht mehr üben zu müssen. Wenn man ab da Tag für Tag sein Repertoire durchzieht dient das mehr der Beibehaltung des aktuellen Levels aus des Ausbaus.


    Um Meister zu werden muss man sich laufend im Grenzbereich bewegen und sich mit Sachen konfrontieren, die man noch nicht kann.
    Insofern hört das "Meister sein" aber nie auf: Auch Herr Weckl oder Donati werden hier und da Musik finden, die ihren Horizont erweitert. Sonst wäre es ja Irgendwann langweilig.


    Das ganze in Kategorien zu unterteilen ist allerdings schwierig und unnötig, darüber hinaus höchst subjektiv.
    Subkategorien gibt es ja auch noch: Ist ein Jazz- Master gleichzeitig Drum- Master per se oder muss er dafür Metal können?


    Die 10000 habe ich wohl hinter mir, the Black Page wollte ich mir trotzdem erstmal nicht antun.


    Mein Meister bleibt jedenfalls Buddy.

  • Und Jemand, der zB. gewisse Rudiments nicht über ein Fuß- Ostinato spielen kann, würde ich keinen Meister nennen.


    Deshalb habe ich Rudd als provokatives Beispiel genannt. Musik rein über die technische Seite zu begreifen, vereinfacht die Frage für mein Empfinden zu sehr. Man kann auch Meister des Weglassens, Meister der Einfachheit etc. sein, immer eine Frage des Blickwinkels, unter dem man sich der Musik nähert.


    Und "sein Instrument meistern" bedeutet rein sprachlich etwas anderes als, als ein "Meister" auf seinem Instrument zu sein. Jeder Mensch meistert viele Dinge im Leben ohne nennenswerte Schwierigkeiten, ohne jeweils ein Meister zu sein. Zumal der Artikel von durchschnittlicher Begabung auszugehen scheint. Auch das ein Indiz, dass nicht Dave Weckl, Virgil Donati oder Buddy Rich gemeint waren.


    Edit. Um die 10000 Stunden zu erreichen, müsste man ca. dreieinhalb Jahre jeden Tag 8 Stunden spielen, sieben Tage die Woche.

  • Das mit den 10000 Stunden ist nicht auf Musikmachen beschränkt, das ist so eine generelle These, die in der Coachingszene zu verschiedenen Themen immer mal ausgepackt wird. Hört sich gut an, ist griffig, das war´s aber auch schon. Eine m. E. oberflächliche These, die sich zumindest bezogen auf das "Meistern" eines Musikinstruments schnell pulverisiert, sobald man auch nur kurz etwas tiefer drüber nachdenkt.


  • Daher meine Frage, in welcher Liga habt ihr nach wie vielen Stunden gespielt?


    Nach 798 Stunden war ich in der Bundesliga, 386,55554 Stunden später in der Champions League. Die Weltmeisterschaft hab ich auch schon gewonnen.


    Ein Hoch auf die Wissenschaft!

  • Auch wenn ich jetzt 10.000 Stunden lang Back in Black von ACDC spiele, kann ich deswegen noch lange nicht alles von Snarky Puppy, Protocol oder Dave Brubeck spielen, gell? Wenn ich 10.000 Stunden lang Billy Jean gespielt habe, kann ich immer noch nicht 'nen Bonham'schen Halftime Shuffle perfekt runterspielen oder wie Zigaboo Modeliste die Drums bedienen. Verallgemeinerungen wie obig beschrieben funktionieren in den allerseltensten Fällen, ohne dass man auf die Nase fällt.

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • Es gibt talentierte Leute, die sich sehr schnell weiter entwickeln und es gibt weniger talentierte Leute, die nur langsam voran kommen und oft auf der Stelle treten.


    Wie schon erwähnt wurde ist auch wichtig, wie und was man spielt.


    Bei der These geht's außerdem um reine Spielzeit. Klar, Spielzeit ist auch immer Übungszeit. Aber Üben heißt eigentlich, Dinge spielen zu lernen, die man noch nicht perfekt kann. Also z.B. definitiv nicht, 4h Coverauftritte mit dem halben Arsch und 50% Bum-Tschak runter zu spielen ...


    Einfach mal durch gerechnet: Kommt man pro Woche auf insgesamt 10h halbwegs produktive Spielzeit, bräuchte man bei 50 Spielwochen pro Jahr satte 20 Jahre, um die 10.000h zu erreichen.


    Wo wir übrigens gerade beim Thema Talent, Begabung etc. sind. Diese Links hier sind evtl. für den ein oder anderen interessant:


    https://musikdidaktik.net/2017…nsibilitaet-bei-musikern/


    https://de.wikipedia.org/wiki/Hochsensibilit%C3%A4t

  • Also z.B. definitiv nicht, 4h Coverauftritte mit dem halben Arsch und 50% Bum-Tschak runter zu spielen ...


    Doch, selbst das gehört dazu. Meistern des Instruments (sorry dass ich auf der Begrifflichkeit rumreite) heißt, den Anforderungen gerecht zu werden, nicht irrwitzige solistische Einlagen mit einem Grinsen im Gesicht abliefern zu können und dabei noch lustige Kommentare von sich zu geben.


    Also gehören auch Kondition/Ausdauer und schnelle Reaktionsfähigkeit dazu, die man mit - manchmal brutalen - Coverjobs durchaus verbessert. Wenn jemand in einer Minute über Tausend Schläge auf die Snare knallt, hat derjenige sicher viel geübt, im Bandzusammenhang stellt das jedoch kaum einen relevanten Gewinn dar.


    Musik ist eben doch kein Leistungssport, wo am Ende eine Zeit oder ein Ergebnis steht, das wäre zu einfach.

  • Ich hatte jetzt schon vorausgesetzt, dass man systematisch und zielorientiert übt, so wie ein Lehrer das aufbauen und begleiten würde. Ist schon logisch, dass reines Hämmern über tausende Stunden wenig zielführend ist. Insofern finde ich den Versuch, Übungszeit mit Niveau zu vergleichen besser und informativer als gar nicht darüber nachzudenken.


  • Doch, selbst das gehört dazu. Meistern des Instruments (sorry dass ich auf der Begrifflichkeit rumreite) heißt, den Anforderungen gerecht zu werden, nicht irrwitzige solistische Einlagen mit einem Grinsen im Gesicht abliefern zu können und dabei noch lustige Kommentare von sich zu geben.


    Also gehören auch Kondition/Ausdauer und schnelle Reaktionsfähigkeit dazu, die man mit - manchmal brutalen - Coverjobs durchaus verbessert. Wenn jemand in einer Minute über Tausend Schläge auf die Snare knallt, hat derjenige sicher viel geübt, im Bandzusammenhang stellt das jedoch kaum einen relevanten Gewinn dar.


    Musik ist eben doch kein Leistungssport, wo am Ende eine Zeit oder ein Ergebnis steht, das wäre zu einfach.


    Band- und Songdienliches Spiel ist das Ziel, jo. Hatte nichts anderes behauptet und auch nicht von irrwitzigen solistischen Einlagen und Show geredet (Sticks drehen kann ich übrigens immer noch nicht :) ). Auch nichts von Geschwindigkeits Rekorden.


    Ich spreche von einer ganz bestimmten, sehr weit verbreiteten Sorte von Covermusik. Bei der der Schlagzeuger häufig so gut wie nichts wie im Original hinkriegt. Es ist nämlich ein Unterschied, ob man etwas spielen kann und bewusst ändert oder ob man alles hin rotzt, weil man es nicht besser kann.
    Dass man auch durch lange Covergigs was lernt, ist klar. Aber das hält sich in Grenzen.


    Was man bei dem Thema auch nicht vergessen darf, ist das Alter. Je früher man anfängt (Kindheit / Jugend), desto weiter kann man sich theoretisch entwickeln. Nicht nur, weil man insgesamt mehr Zeit hat, sondern weil man in jüngeren Jahren viel lern- und aufnahmefähiger ist als in älteren.

  • Was man bei dem Thema auch nicht vergessen darf, ist das Alter. Je früher man anfängt (Kindheit / Jugend), desto weiter kann man sich theoretisch entwickeln. Nicht nur, weil man insgesamt mehr Zeit hat, sondern weil man in jüngeren Jahren viel lern- und aufnahmefähiger ist als in älteren.


    In diesem Zusammenhang sei Ryo Fukui genannt, der Mann hat mit 22 Jahren angefangen Klavier zu spielen und 6 Jahre später dieses Meisterwerk hervorgebracht:


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    Talent und Alter sind Nebensache. Wenn man mit Herz dabei ist kann man alles erreichen.

  • Laut einem wissenschaftlichen Artikel meistert man ein Instrument nach ca. 10000 Stunden Spielzeit. (bei normalem Talent etc. )

    Übung macht den Meister. Betrachten wir es einmal nüchtern:


    * übt man 2 h / Tag, reden wir über ca. 14 Jahre
    * übt man 4 h / Tag, reden wir über fast 7 Jahre
    * übt man 8 h / Tag, reden wir über ca. 3.5 Jahre
    * übt man 12 h / Tag, reden wir über ca. 2-3 Jahre


    Vergleichen wir das mit üblichen Ausbildungen, wie einem Musikstudium, einer Lehre mit anschließender Meisterprüfung oder dem berühmten "siehe zu und lerne stumm von mir, dem Meister"-Ansatz der Japaner, dann beschreiben die 10.000 h recht gut das, was man durch kontinuierliches Einüben und Verbessern hinbekommt.


    Dazu passt auch dieser Spruch:


    "Was ist der Unterschied zwischen einem Amateur und einem Profi?"
    * der Amateur übt so lange, bis er etwas kann
    * der Profi übt solange, bis er es nicht mehr falsch machen kann.


    ^^ ;)

    "Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie." (Wird Kurt Lewin zugeschrieben) // Was schlechte Theorien unbrauchbar macht ... //

  • Deine Antwort auf diese Frage:


    Übezeit ca. 2500 Stunden.


    Niveau: Mehr als Feierabendmusik ist nicht drin ;)


    Achja, und danke für den Atikel!!

    Neid ist die aufrichtigste Form von Anerkennung!

    Einmal editiert, zuletzt von st4rr ()



  • Wobei man auch ganz klar machen muss, dass Üben nicht gleich Üben ist.
    Es ist eine Frage des Lernsystems. In meinem Studiengang sitzen zig Leute in der Bibliothek, die draußen erzählen, sie würden 6 - 10 h in der Bibliothek lernen, aber tatsächlich stundenlang in den Social Medias, Amazon, Netflix(!) rumhängen und so ihre Zeit verschwenden.
    Das gleiche gilt am Set: Meines Erachtens ist es schon hinsichtlich der Qualität etwas anderes, ob man nur "Zeit absitzt/-spielt" oder sich eben 6 - 10 h konzentriert mit dem Stoffgebiet Schlagzeug, bspw. mit Charley Wilcoxons "All American Drummer", reiner Hand-/ Fußtechnik oder ähnlichem, auseinandersetzt.

    Einmal editiert, zuletzt von greb ()

  • Laut einem wissenschaftlichen Artikel meistert man ein Instrument nach ca. 10000 Stunden Spielzeit. (bei normalem Talent etc. )


    Chuck Boom hat recht, dieses Zitat kommt aus dem Coaching und beschreibt grob einen Rahmen für die Erlangung irgend einer Fähigkeit, geistig, praktisch, oder wie meist die Kombi. Allerdings sagt die 10.000 alleine nichts aus. Der Zeitrahmen fehlt.


    Hier wurde ja schon einiges gerechnet, die generelle Aussage lautet: 10.000h in 10 Jahren (ist dann noch griffiger ;) durchschnittliche Beschäftigung mit dem Thema also 2,7h/Tag. Jeden Tag. Sonst wird nichts ausgesagt. Auch nichts über die Definition eines "Meisters".


    Es wird auch ausgeklammert, um welches Lernfeld es sich handelt, wohl wissend, daß es hier gravierende Unterschiede bei den Details gibt.


    Eigentlich eine Binse, eher "Wissenschaft Light".

    Hätt' ich im Leben mehr geübt, könnt' ich jetzt mehr. :D

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