Das deutsche Schulsystem

  • Wenn ich böse wäre, würde ich sagen, dass du erst mal an deiner Interpunktion und Orthographie arbeiten solltest. Bin ich aber nicht.


    Nein. Ich bin Lehrer und kann mich den meisten Vorrednern nur anschließen. Eine gute Schule kostet Geld, und das wurde in Deutschland zuletzt in den 1970er Jahren investiert.


    Was die Lehrer dir beibringen, unterliegt sehr engen Vorgaben. Es unterscheidet sich aber auch von Bundesland zu Bundesland. Lücken gibt es aber immer. Dabei liegt es am Lehrer und den Schülern, diese sinnvoll zu füllen ;)


    Springsteen hat gesagt: We learned more from a three-minute record than we ever learned in school.
    Wenn du dich also nicht genug aufs Leben vorbereitet fühlen solltest, dann hör' einfach die richtigen Platten. (Max Weinberg ist übrigens auch ein toller Drummer).

  • Wenn ich in der Schule nur das gemacht hätte, was mir Spaß macht, hätte ich den ganzen Tag Englisch gequasselt, gerechnet und Tennis gespielt. Welche Berufschancen hätte ich da wohl gehabt?


    Tennisstar, der die PR im Ausland sowie das Finanzmanagement selber übernimmt. :whistling:

  • Wovon ich in der Schule am meissten fuer's Leben profitiert habe sind Fremdsprachen.


    Der Rest:


    Mathe etc. habe ich spaeter im Studium ohnehin nochmal neu lernen muessen (ich meine jetzt nicht die Grundrechenarten).


    Geschichte ist ohnehin ueberfluessig; denn aus der Geschichte lernt man, dass man nichts aus ihr lernt.


    Religion fuehrt staendig zu Kriegen.


    Sport fand ich immer nervig, ist aber sicher eine gute Sache fuer die Entwicklung des Kindes. Naja, wir sind ohnehin noch
    in Baeume geklettert und haben gebolzt.


    Naturwissenschaften haben mich ohnehin interessiert, da war meisstens nicht viel neues zu erfahren.


    Wirtschaftskunde war was fuer Maedchen und Luschen.



    ... und manchmal gab's obendrein noch Schlaege. :thumbdown:


    - Juergen -

    Gaffatape und Chewing Gum kleben die halbe Welt zusamm'

  • Wenn ich jetzt anfange noch weiter zu kritisieren, bin ich nächste woche noch nicht fertig.
    Über was denn ?:)


    Ich sag ja auch garnich das man das alles abschaffen soll. Von Religion halte ich nix, mal knall hart gesagt. Mathe braucht man immer, zumindest die Grundlagen. Das andere Zeugs braucht man je nach dem was man machen will. Englisch ist auch ein Fach von dem ich was halte, da Englisch Weltsprache ist. Sport sollte meiner Meinung nach ein Wahlfach sein. Denn nicht jeder kanns und hat Lust drauf. Hab auch nich immer Lust auf Sport ^^


    Du hältst nix von Religion? Mal ungeachtet, welchen Religionsunterricht man besucht, letztlich geht es darin um ethische Themen und damit um soziales Verhalten schlechthin! Das ist eines der Hauptaufgaben von Schule. Von Mathematik braucht man recht schnell mehr als nur die Grundlagen. Es muss ja nicht jeder ein Architekt werden können, aber in gewisser Weise ist es immer hilfreich, wenn man die Angaben des Fachmannes auch nachvollziehen kann. Weiterhin ist der Mathematikunterricht nicht nur der Inhalte wegen da, sondern vor allem auch, um gewisse Vorstellungen und Orientierung im Alltag geben zu können: Weißt du, wie hoch der Strompreis (pro kWh) etwa ist? Wie viel sollten Getränke und Essen kosten, wenn man eine Feier o.Ä. veranstaltet? Kann das Ergebnis, das der Taschenrechner angibt stimmen oder muss man sich irgendwo vertippt haben? (Einer meiner Ausbildungslehrer hat mir mal erzählt, dass bei Aufgaben die Lösung "das Auto ist 50m lang" ohne Hinterfragen für bare Münze genommen wurde.) Habe ich ein ausreichendes Verständnis von der Zahlenwelt (wie kann ich Sachverhalte vereinfachen)? Kann ich aus einem Text die wichtigen Informationen herauslesen (im Berufsleben wird man nie wieder Aufgaben wie "40x+4=35x-6" bekommen)?
    Sport als Wahlfach... als ich in der Schule war, war ich auch nicht so der Fan vom Sportunterricht. Als ich dann aber mein Studium begann und fast nur noch am Schreibtisch saß, fehlte mir ganz schnell was - darüber hinaus hat die Schule auch einen Auftrag der Gesellschaft gegenüber ("wir haben immer mehr Kinder mit Übergewicht"...). Vielleicht findet man ja im Unterricht tatsächlich eine Sportart, die einem zusagt.



    Erziehung ist nicht nur Ursprungsziel von Schule, es ist in den vergangenen Jahren auch immer wichtiger geworden (weil unterm Strich leider immer mehr Eltern ihrer eigenen Erziehungspflicht nicht mehr nachkommen können). Die Bildungspläne sind inzwischen längst nicht mehr so mit fachlichen Inhalten zugepflastert, wie sie es vor 2004 noch waren. Inzwischen geht es fachlich sehr viel mehr in die Breite, dafür aber kaum noch richtig in die Tiefe - eigentlich (das hängt wieder von den einzelnen Lehrern ab; diejenigen, die schon 20, 30
    Jahre im Dienst stehen, tun sich vielleicht schwerer als die "neuen"). An unserem Schulsystem kann man noch einiges verbessern, das stimmt - Problem ist leider wie so oft das elendige Geld. Nicht selten müssen Lehrkräfte zu einem "langweiligeren" Unterricht zurückgreifen, weil schlicht die nötigen Dinge nicht vorhanden sind. Meine Freundin unterrichtet an einer Grundschule. Trotz der Tatsache, dass im Bildungsplan in den Klassen 1-4 drin steht, dass man die Kinder an den PC heranführen soll (Stichwort "Medienkompetenz"), hat diese Schule keinen einzigen Computer (nur den einen im Lehrerzimmer).
    Was in den Schulen an Themen behandelt wird, bestimmt zu einem nicht unwesentlichen Teil auch die Wirtschaft. In Baden-Württemberg gibt es ja seit 2004 einige Fächerverbünde, das heißt, z.B. die drei Fächer Biologie, Physik und Chemie bekommen im Zeugnis eine einzelne Note (die dann logischerweise der Durchschnitt aus allen dreien bildet). Viele Unternehmen wollen aber die jeweilige Fachnote haben, weil ein Pharmakonzern mit einem Durchschnitt nun einmal kaum etwas anfangen kann. Der nächste Bildungsplan wird voraussichtlich ab der 8. Klasse wieder für alle drei Fächer eine einzelne Note verfügbar machen.
    Ad absurdum wird die Idee mit den Fächerverbünden ja mit folgendem Verbund geführt: Bildende Kunst, Musik und Sport (was haben die drei Fächer gemeinsam?) Man bekommt auf diese Weise schlecht ein Stipendium an einer Musikhochschule, wenn man in Sport und BK nicht so gut drauf ist, oder? ;)



    Vorsicht! Da geht einiges gerade falsch!
    Richtig, Deutschland hat ein mehrgliedriges Schulsystem (je nach Bundesland). Dass immer früher selektiert wird, stimmt so nicht. Einige Bundesländer haben die Grundschulzeit schon auf 6 Jahre ergänzt. Auch ein Wechsel nach dieser Zeit ist möglich, wenn auch nicht so leicht.
    Dass die Noten nach der Normalverteilung vergeben werden, ist schlicht Unsinn. Die Normalverteilung ist statistisch eine Tendenz, die insgesamt herauskommen "sollte". Da aber jede Klassengemeinschaft unterschiedlich ist, trifft diese Normalverteilung seltener zu. Wir Lehrer sind nämlich verpflichtet, die Notenskala jeder Prüfungsleistung linear zu erstellen - sicher können wir diese lineare Skala nach oben oder unten abändern (gebe ich bei 50% der Punkten eine 3,5 oder schon eine 4? Vergebe ich bei 95% der Punkte schon eine 1?...) Stimmt die Notenverteilung nicht mit der Normalverteilung überein, kann man als Lehrkraft lediglich ablesen und deuten, ob man insgesamt leistungsstärkere Schüler hat oder eben nicht; oder war der Schwierigkeitsgrad zu hoch oder zu niedrig (welche Fragen gestellt werden sollen, steht nirgends - das muss jede Lehrperson selbst entscheiden und da sind die Ansprüche eben verschieden).
    Die Abhängigkeit von Migrationshintergrund und Schulart ist wirklich traurig. Oft ist aber fehlende Sprachkenntnis die Ursache. In unserem Land wird leider nunmal auf deutsch unterrichtet und das ist für viele, deren Muttersprache eine andere ist, nunmal eine zusätzliche Hürde. Wie groß diese Hürde ist, hängt aber wieder von jedem einzelnen ab. Ich hatte mal ein Praktikum in einer Schulklasse, die ausschließlich aus Schülern bestand, die kaum bis kein Deutsch sprechen konnten - einige davon hatten vom kognitiven gut das Zeug für's Gymnasium. Was bringt's aber, wenn man im Unterricht und in Prüfungen die Fragen nicht verstehen kann? Wichtig ist es dann natürlich, den Leuten den Weg offen zu halten und bewusst zu machen, dass sie mit einem Hauptschulabschluss noch lange nicht auf ein bestimmtes Gleis geführt wurden. Ein Kollege von mir war auch zuerst an einer Hauptschule. Danach hat er eine Ausbildung abgeschlossen, die Mittlere Reife und das Fachabitur gemacht und ist zum Studieren gegangen. Gerade solche Lehrer brauchen Hauptschulen auch (einige waren richtig erstaunt, "weil so etwas möglich ist").

  • Jo, ich denke auch, dass das doch deutlich die Sicht eines Schülers ist, der da das Schulsystem kritisiert... Natürlich wird sich auch mit dem Durchziehen von Mathe, Sport, Englisch, Physik etc. bis zum Ende der Schulzeit, nicht bei jedem später die ganz große Karriere verwirklichen lassen und allerlei Träume wie ein schönes Haus, ein Auto, die schicke Maurice Lacroix von Chrono24 und vielleicht ein kleines Boot in irgendeinem Hafen Wirklichkeit werden, aber immerhin hat man nach der Schule alle Chancen offen und - je nach Abschluss - eine relativ freie Berufswahl. Diese schon vorher zu Schulzeiten einzuschränken halte ich für fatal, da die Meisten wohl selbst nach dem Abitur noch nicht so richtig wissen, was sie eigentlich mit ihrem Leben anfangen wollen.

  • Also ich hab auch Bayrisches Abitur gemacht, sogar extern, natürlich ist es ätzend aber man muss da eben durch auch wenn einige Sachen völlig unnötig sind, sind wiederrum andere Sachen sehr hiflreich für das spätere Leben und vor allem wenn du eine akademische Karriere anstreben solltest , brauchst du Biologie beispielsweise immer wieder wenn es um Verhalten geht etc...naja im großen und ganzen hast du nicht so unrecht dennoch ist ABITUR das nötigste übel überhaupt also streng dich noch ein bisschen an und dein späteres Leben wirds dir DANKEN ! :thumbup:

  • Ich denke, jeder hat in seiner Schulzeit darüber geschimpft, wie sinnlos einige Fächer für ihn waren. Natürlich fragt man sich, wofür man Gedichte interpretieren muss, wenn man einen technischen Beruf ergreifen möchte. Aber (und diese Meinung kann man wahrscheinlich erst vertreten, wenn man die Schulzeit hinter sich gebracht hat) auf eine gute Allgemeinbildung kann man eigentlich in keinem Berufsfeld verzichten und in vielen scheinbar sinnlosen Lerninhalten, steckt doch etwas, das einem später noch nützen kann. Sicher wird man nicht hauptberuflich Gedichte interpretieren aber man muss immer wieder Texte genau lesen, den Inhalt verstehen und richtig wiedergeben können. In der Schule lernt man das nicht zuletzt im Deutschunterricht. Ähnlich siehr es mit anderen Fächern aus.
    Ein Problem des heutigen Schulsystems ist für mich, dass immer mehr Druck aufgebaut wird, angeblich um durch Tests wie PISA ein höheres Bildungsniveau und bessere Vergleichbarkeit zu erreichen. Schon die Kleinsten müssen bis in den Nachmittag hinein in der Schule bleiben. Wo bleibt denn da noch Zeit, um sich auszuprobieren und verschiedenen Hobbys, wie zum Beispiel der Musik, nachzugehen?

  • Das größte Problem des deutschen Schulsystems ist ja wohl der Unterrichtsbeginn um 8 Uhr; wer fängt denn heute noch um diese Zeit zu arbeiten an? Und nachmittags muss man sich dann eh hinlegen, weil man zu früh aufgestanden ist, alles scheiße.

    Hier schwankt nicht nur das Tempo.

  • Schule ist im Prinzip dazu da, das lebenslange Lernen zu lernen. [...] Eine überaus wichtige Gabe. [...] Ähnlich ist es mit Kunst und Musik. Es wäre ein Verbrechen an der Menschheit, wenn man solche Dinge Kindern vorenthält.


    woher kommt überhaupt die irrige annahme, man solle in der schule inhalte lernen, die man "später im leben braucht"? darum geht es gar nicht. das lernen lernt man, wobei das gehirn so trainiert wird wie der bewegungsapparat beim krafttraining. man stemmt die hanteln ja auch nicht, weil man im echten leben schwere gegenstände aus metall in hochregale räumen können will, sondern um die muskeln zu kräftigen. was man dann mit den muskeln - und analog mit dem gehirn - anstellt, bleibt dem individuum selbst überlassen.


    (ich gebe aber gerne zu, dass es hilfreich wäre, wenn die lehrkräfte das auch mal so kommunizieren würden.)

  • Ich hab schon meinem Opa nicht geglaubt, wie toll es im Krieg war, und ich erinnere mich heute mit Schaudern an meine Kämpfe mit der Schule zurück... nein, das Meiste war entbehrlich. Das aus mir trotzdem irgendwie was geworden ist, hängt in erster Linie mit meinem hessischen Sturkopf zusammen, der sich einfach nicht unterkriegen lassen wollte - keinesfalls mit der Schule. Ich war noch nie so erleichtert in meinem Leben, als dieser Krampf endlich vorbei war, ich war auf vielen Schulen und die wirklich guten Lehrer kann ich heute an einer Hand abzählen.

    “If you end up with a boring miserable life because you listened to your mom, your dad, your teacher, your priest, or some guy on television telling you how to do your shit, then you deserve it.”
    Frank Zappa (1940-1993)

  • Also wenigstens scheint man beim Durchlaufen unseres Schulsystems umfassendste pädagogische Kenntnisse
    mitzubekommen; wie viele Leute alleine in diesem Thread genau erkannt haben, was für sie in welcher Weise wichtig war
    und genau welche Lehrer gute Lehrer waren, das ist doch auch ein Erfolg! Das muss so sein wie Fußballgucken, danach
    wird man ja auch Bundestrainer...


    Man Man Man, hier...!

    ...mh.

  • Mit Frustrationen, Ungerechtigkeiten und unbelohnten Anstrengungen umgehen zu lernen, ist sicherlich auch sehr nützlich für das spätere Leben.
    Und Wagner ist halt nicht immer der Pizzabäcker... ;)

  • Mit Frustrationen, Ungerechtigkeiten und unbelohnten Anstrengungen umgehen zu lernen, ist sicherlich auch sehr nützlich für das spätere Leben.

    Auch und vorallem, sollte man sein späteres Leben wieder an der Schule bestreiten, diesmal auf der "anderen Seite"...

    ...mh.

  • Ich finde das System so weit in Ordnung mit Unterteilung in Gymnasium, Real- und Hauptschule.
    Was bei uns jetzt in BW aber neu ist und ich ziemlich beschissen finde, dass man ab nächsten Schuljahr keine Gymnasialempfehlung mehr braucht - der größte Schwachsinn.
    Gymnasien sind zur Zeit eh schon überfüllt mit Leuten die eigentlich auf die Realschule gehören...

  • Da ich momentan einiges im Bezug auf Grundschulempfehlung mitbekomme, kann ich dir sagen, dass der größte Andrang auf die Realschulen zukommt: Gut 66% der Schülerinnen und Schüler, die in der Empfehlung "nur" Haupt-/Werkrealschule bekommen haben, werden von ihren Eltern trotzdem auf die Realschule geschickt (mir bekanntes Fallbeispiel!). Gleichzeitig schicken einige Eltern ihre Kinder auf die Realschule trotz der Möglichkeit aufs Gynmasium zu gehen, ihnen dort mit G8 und allem anderen zu viel experimentiert wird (was mittlerweile aber zum Glück schon ziemlich gut geregelt werden konnte) - man kann ja nach der mittleren Reife immer noch die gymnasiale Oberstufe dranhängen.

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