Uli Frost - Drumrecording - Klang als Perfektion

  • Kompromisslos bis in das letzte Detail - Teil 1
    Der Besuch bei Uli Frost - im Forum unterwegs als Drumrecording - hat nachhaltige Spuren hinterlassen. Weit über 300 Paiste Formula 602 Becken sieht man nicht allzu häufig. Doch neben seiner Beckensammlung befasst sich Uli ausführlich mit der Restauration von Trommeln. In seinem eigenen Studio ist er immer auf der Suche nach den perfekten Klang.
    Einen Einblick in diese Suche zu bekommen war ein faszinierdendes Erlebnis und ich brauchte Tage um die gewonnenen Informationen zu verarbeiten. Uli ist zudem ein auskunftsfreudiger Zeitgenosse, der es versteht, seine Erkenntnisse zu vermitteln. Vielen Dank für das tolle Interview sowie dessen Korrektur, das den bisherigen Rahmen sprengt und deswegen unterteilt ist. Auch möchte ich mich bei Wahan bedanken, ohne ihn hätte ich Uli nicht kennen und schätzen gelernt.



    DF: Seit wann spielst du Schlagzeug und warum ausgerechnet dieses Instrument?


    UF:Ich lerne Schlagzeug seit meinem dritten Lebensjahr. Warum Schlagzeug? Es kam einfach so.


    DF: Was bedeutet das Instrument für dich?


    UF: In menschlicher Hinsicht kann ich mir ein Leben ohne Schlagzeug schwer vorstellen. Das Schlagzeug und auch die Musik insgesamt bedeuten mir sehr viel. Ich bin damit aufgewachsen und das lässt sich auch nicht mehr wegdenken. Selbst, wenn ich nicht mehr so "intensiv" die Sache betreiben würde, werde ich wohl irgendwo Stöcke und zumindest eine Trommel stehen haben. Ganz ohne kann ich es mir derzeitig nicht vorstellen.


    In musikalischer Hinsicht freue ich mich, dass wieder mehr akustische Sets bei den Aufnahmen zum Einsatz kommen. Insofern freue ich mich über Bands wie Juli, Silbermond und viele andere. Besonders im Nachwuchssektor tummeln sich unzählige Bands, die endlich wieder das Schlagzeug als "sichtbares" Instrument zulassen und nicht irgendwelche Standardsamples benutzten und alles gleich klingen lassen. Das beste Beispiel ist für mich ist hierfür der SchoolJam-Wettbewerb.


    Aber ich muss zugeben, dass ich vor einigen Jahren noch die Befürchtung hatte, dass das "echte Schlagzeug" an Boden mehr und mehr verliert und somit auch nicht mehr aufgenommen wird und nur noch Programmierer Jobs bekommen.
    Ich hatte mir Sorgen gemacht, dass da eine Generation heranwächst, die nur noch Computermusik macht und diese auch nur noch kennt. Mit der Folge, dass diese Generation keine Ahnung von den Ursprüngen der Instrumente hat. Wie eine so genannte "Lost Generation".



    DF: Warum hattest Du diese Befürchtung und Sorgen?


    UF: Naja! Wenn eine Generation aufwächst und nur noch Sounds aus der Konserve hört und darüber hinaus das Instrument bei Live-Gigs und in TV-Show fast gar nicht mehr sieht, dann ist das schon ziemlich bedenklich.
    Bedenklich dahingehend, dass dadurch das "Bedürfnis" Schlagzeug zu spielen erst gar nicht geweckt werden kann. Frage dich doch mal selbst, warum du in deinem Leben Milch zu Dir genommen hast? Weil Du die Milch als Baby irgendwann erstmalig bekommen hast und danach immer wieder Milch abgefragt bzw. getrunken hast. Wenn du etwas nicht kennst, dann weckt es auch kein Bedürfnis in dir.


    DF: Klar, wenn du dich als Kind nicht mehr für ein Instrument begeistern kannst, weil du es nirgends live mehr siehst, dann kaufst du es auch nicht. Dir fehlt also das Erlebnis, das den Wunsch wachsen lässt, auch so ein Teil haben zu wollen.


    UF: Richtig! Und ich gehe noch einen Schritt weiter!
    Das Instrument Schlagzeug in Form des "echten" Schlagzeuges hat in den letzten Jahren klar an Boden verloren und kommt jetzt erst langsam wieder. Die Hersteller haben es zwar immer noch schwer, weil einfach - meines Erachtens - viel zu viele Anbieter auf dem Markt sind und die Händler doch gar nicht mehr wissen, was sie verkaufen bzw. zuvor einkaufen sollen. Die Flut ist riesig und die Geiz-ist-geil-Mentalität auf der Kundenseite hat dazu geführt, dass hochwertige und langlebige Instrumente nicht mehr so abgefragt werden wie früher. Meine Generation ist in den 80ern mit den Drum Sets groß geworden und da haben sich die Firmen ein regelrechtes Wettrüsten um die Qualität geliefert. Vergleiche mal die Verchromungen von damals und vergleiche das mit den Verchromungen von heute. Mein Sonor Signature Ständer von 1982 ist immer noch top in Schuss. Das gleiche gilt aber auch für mein Pearl DR 2 Rack und den dazugehörigen PC 3 Klemmen. Ingo! Um was sollen wir wetten, dass Deine Ständer nach 24 Jahren nicht mehr so aussehen oder schon längst wieder eingeschmolzen wurden?



    DF: Die Wette gehe ich lieber nicht ein!!!


    UF: Die Hersteller sind der "Geiz-ist-geil-Mentalität" der Kunden regelrecht ausgeliefert. Meine Generation schaut dann eher auf die Customhersteller und gibt dann da das Geld aus oder restauriert die alten Drums, was natürlich auch eine Möglichkeit geworden ist.


    DF: Wie bist Du mit Schlagzeug angefangen?


    UF: Bei mir war der Auslöser der Drummer meines Vaters, der bei uns im Keller sein Set aufgebaut hatte. Das ist der Keller, wo heute mein Schlagzeug steht und ich die Aufnahmen mache. Bei einer Probe der Band meines Vaters sah ich den Drummer, wie er auf dem Standtom etwas spielte und ging in den Waschkeller, um mir aus einem Dasch-Eimer eine Trommel zu basteln. Als Sticks dienten mir blaue Lego-Schienen von der Eisenbahn meines Bruders J. Da das nicht gerade effektiv war, ging ich in die Küche meiner Oma und holte mir die alt bekannten Sachen aus dem Schrank.
    Jedenfalls spielte ich immer in der Küche meiner Oma mit, wenn mein Vater eine Probe mit seiner Band hatte. Meine Oma hörte dieses und sie konnte dann in ihrer Küche keine Kreuzworträtsel lösen. Das war bei ihr ein tägliches Ritual und da sie wieder Normalität herstellen wollte, holte sie - ohne das ich es merkte - meinen Vater und so stand er eines Tages in der Küche, obwohl ich doch die Musik der Band aus dem Keller hörte. Tja! Die haben sich einen Spaß erlaubt! Sie hatten die Band bei einer Probe zuvor aufgenommen und dann das Tonband über die PA ablaufen lassen. So bemerkte ich nicht, dass die Band gar nicht live spielte. Ein Tag später war die erste "Papiertrommel" da. Dann bekam ich mehrere Papiertrommeln, die natürlich alle nicht lange hielten. Da das auf Dauer zu teuer wurde, schenkten mir meine Eltern eine richtige Snare. Das war eine Sonor Action. Zudem bekam ich ein paar Stunden Unterricht von dem Schlagzeuger meines Vaters. Parallel dazu lernten meine Geschwister auch Instrumente. So ergab es sich, dass ich mit acht Jahren meinen ersten Auftritt hatte und der Erfolg kam schneller als wir dachten. Preise beim WDR, Einladungen von der damaligen Bundesregierung, Touren durch Kanada und Tunesien sowie Touren in der Schweiz, Frankreich, Österreich und in den Benelux-Staaten usw.
    Anfang der 1990er Jahre wollten meine Geschwister dann aber was anderes machen. Ich habe dann auch meine Ausbildung begonnen und nebenbei spielte ich in verschiedenen anderen Bands und flog Mitte der 1990er in die USA um bei Joe Procaro Unterricht zu nehmen.


    DF: Hattest Du also bis dahin kein regelmäßigen Unterricht gehabt?


    UF: Bis 1985 hatte ich keinen regelmäßigen Unterricht. Ich hatte aus anderen Gründen heraus nicht die Möglichkeit, regelmäßig Unterricht zu nehmen und außerdem hatte ich mir fast alles selber aus den Platten rausgehört. Zudem hatten meine Eltern immer das Problem überhaupt einen geeigneten Lehrer für mich zu finden. Ihnen wurde immer mitgeteilt, dass ich alles könnte und daher keinen Unterricht mehr bräuchte. Und damals war in unserer Umgebung kaum eine Auswahl an Schlagzeuglehrern Es gab zwar hier und da mal Unterrichtsabschnitte mit 4 bis 5 Monaten regelmäßigen Unterricht, aber es war bis 1992 nichts Regelmäßiges. Vielleicht war ich damals auch nicht offen genug für den Unterricht.



    DF: Was hatte sich geändert?


    UF: Der Wunsch nach qualifiziertem Unterricht entstand durch das Zusammenspielen mit anderen Musikern. Ich musste feststellen, dass ich zwar gut mit meinen Geschwistern spielen konnte, aber mit anderen Musikern meine Probleme hatte. Ungewohnt war für mich z.B. die Studiosituation. Als wir 1992 mit der Deutschrock-Gruppe "Spunk" im Studio waren und im Mehrspurverfahren die einzelnen Tracks einspielten, hörte ich meine Fehler gnadenlos raus. Ich war vorher mit meinen Geschwistern in Studios, aber wir haben nie die Spuren einzeln eingespielt. Das war natürlich eine harte Erfahrung. Denn ich spielte schon seit Jahren Schlagzeug, aber mir wurde gerade gnadenlos der Spiegel vorgehalten. Deswegen sage ich noch heute, dass ich Schlagzeug lerne und nicht "spiele".
    Jedenfalls stand ganz schnell die Frage im Raum, was ich falsch gemacht habe. Ich fragte mich, ob ich weitermachen oder aufhören sollte, zumal auch in der Band ein tierischer Zoff entstanden war.


    Tja, ich war mehr Autodidakt und hatte kaum regelmäßigen Unterricht gehabt. Ich brauchte also jemanden, der mir die Technik und zeigte. In den 80er hattest du eben noch nicht die Angebote wie Videos, DVD´s oder virtuelle Schulen wie heute. Es gab zwar Bücher, aber die waren absolut trocken. Heute bekommst Du die Lerneinheiten auf einem silbernen Tablett serviert. Das gab es früher so nicht.
    Naja, ich habe mir dann ein paar Drummerzeitschriften im Bahnhofskiosk angeschaut und ganz einfach Manni von Bohr angerufen und ihm meine Probleme erzählt. Vor allem war die Problematik, dass alle Lehrer hier im Umkreis sagten, dass sie mir nichts mehr beibringen könnten.
    M.v.B. erzählte mir am Telefon von der Modern Drum School. Die nächste für mich lag in Gießen. Das war von Paderborn nun nicht gerade um die Ecke, aber warum sollte ich nicht den "Schnuppertermin" bei Dirk Rosenbaum wahrnehmen. Also fuhr ich nach Gießen. Nach diesem Termin fuhr ich alle 14 Tage mit dem Zug nach Gießen und bekam dort jeweils 90 Minuten Unterricht. Ich höre noch heute Hans-Peter Becker in meinen Ohren sagen:
    "Du kannst doch nicht insgesamt 13 Stunden mit dem Zug und Bus für 90 Minuten Unterricht unterwegs sein."
    Zugegeben! Es war schon etwas verrückt. Aber da es sich auf alle 14 Tage beschränkte und ich sonst keine anderen Sachen neben meiner Ausbildung machte, war ich zu diesem Opfer bereit.
    Der erste reguläre Unterricht im November 1992 war schon wirklich bezeichnend. Diese 90 Minuten hatten es in sich und ich erinnere mich noch genau, wie Dirk Rosenbaum mir das Lied "Lido Shuffle" von Boz Scaggs (gespielt von Jeff Porcaro) präsentierte und mich spielen ließ. Nach der Unterrichtsstunde fand ich in der Bahnhofsbuchhandlung in Gießen das Special von Jeff Porcaro. Das gesamte Sticks-Magazin war aufgrund seines Todes ihm gewidmet und ich sah die Discographie und musste feststellen, dass von meinen damals 80CD´s über die Hälfte von Jeff Porcaro eingetrommelt waren. Ich muss zugeben, dass ich bis dato nicht einmal in die Booklet´s meiner CD´s geschaut habe und erst durch diese besagte Discographie im Sticks-Magazin die ganze Sache in einem ganz anderen Blickwinkel sah. Somit hatte sich der ganze Aufwand schon deshalb "gelohnt".



    Im Bezug auf mein Schlagzeug spielen stand zwar das Haus, aber das Fundament war doch sehr brüchig. Letztendlich brach ich das Haus ab und fing bei der Modern Drum School von Null an. Und das war richtig so.
    Dirk Rosenbaum zeigte mir die Grundlagen und besonders die Technik und ab Sommer 1993 hatte dann die Modern Drum School eine Filiale in Oelde. Das war natürlich näher als Gießen und somit übernahm Dirk Brand den Unterricht. Es öffnete sich seit der MDS-Zeit eine Tür nach der anderen mit völlig neuen Möglichkeiten. Ich kann an dieser Stelle meinen Dank an Manni von Bohr, Dirk Rosenbaum und Dirk Brand nur bekräftigen und bin im Nachhinein froh über die negative Erfahrung im Studio.


    1994 lernte ich auf der Musikmesse durch Manni von Bohr Simon Phillips kennen. Wir unterhielten uns über Mikros, weil ich damals in eine neue Band eingestiegen bin und erstmalig Mikrofone kaufen musste. Simon hatte mir einige Top-Grundlagen erklärt, für die ich heute noch dankbar bin. Wir haben uns dann 1995 beim Zeltmusikfestival in Freiburg wieder getroffen. Ein Bekannter hatte Backstagekarten für Toto. Wie es der Zufall wollte, hatte ich zeitgleich über Hans-Peter Becker Kontakt zu Joe Porcaro aufgenommen, da ich mir Unterricht bei Joe Porcaro organisieren wollte. Ich hatte die Zusage ein paar Tage vor dem Toto-Konzert in Freiburg erhalten und als wir im Backstagebereich waren und wir uns mit Simon Phillips unterhielten, kam Mike Porcaro dazu und ich erzählte, dass ich bei seinem Vater in drei Wochen Unterricht erhalten kann. Mike freute sich über den Besuch in Los Angeles und lud mich ins Studio ein. Er sagte, dass sie zu dem Zeitpunkt die "Tambu" bei Capitol Records abmischen und ich sollte vorbei kommen. Wir tauschten unsere Daten aus und das war es für den Moment. Ich konnte das nicht so ganz fassen, was da gerade passiert war.


    Ich flog ohne Erwartungen nach L.A., denn ich rechnete nicht wirklich damit, dass das mit der Einladung klappen würde. Mein Motto bei solchen Geschichten war und ist:
    Erwarte nichts, dann kannst du auch nicht enttäuscht werden.
    So war ich dann auch nicht überrascht, dass der erste Termin mit Joe nicht klappte, weil er eine Studiosession hatte. Man muss immer daran denken, dass man es mit Profis zu tun hat und da gehen Studiojobs nun mal vor. Zum Glück rief er mich dann später an und ich bekam eine Stunde bei ihm zuhause.
    Das mit dem Studiobesuch klappte auch, außerdem half Joe mir beim Kauf einer Black Beauty. Dadurch kam auch der Kontakt zu den Drumtech´s Ross Garfield (Drum Doctors) und Paul Jamieson (Der Erfinder des Pearl DR 1 Racks und Drumtech von Jeff Porcaro). Schließlich lernte ich durch Joe noch andere Musiker kennen. So war mein dreiwöchiger Urlaub mit mehreren Studiobesuchen, Unterrichtseinheiten und Konzertbesuchen komplett durchgeplant. Da bekam ich dann die schönen Seiten des Business mit. Aber, die Schattenseiten lernte ich auch kennen. Das Business ist knallhart. Joe fragte mich, ob ich für ein Jahr nach L.A. an das PIT gehen möchte. Ich entschied mich dagegen und flog dann lieber jedes Jahr nach Los Angeles um bei Joe und auch vielen anderen Drummern wie zum Beispiel Mark Schulman, Tal Bergman, Myron Grombacher, Gregg Bissionette usw. Unterricht zu nehmen. So blieb das Schlagzeug mein Hobby und mein Geld verdiene ich mit etwas anderem. Einige sagen bestimmt, wie kann man so ein Angebot ausschlagen? Ganz einfach! Erstens hatte ich einen festen Job, zweitens musste ich sehen, dass das PIT damals zwar mit vielen Namen geworben hat, aber diese Lehrer nur ab und zu da waren. Daher wollte ich mir lieber den Unterricht direkt privat buchen und nicht ein Jahr lang in die U.S.A. gehen.
    Vor allem gab es aber noch ein viel wichtigeren Aspekt:
    Es war damals schon absehbar, dass ProTools, Logic, Cubase, Samples und viele andere Faktoren Jobs im Musiksektor vernichten werden. Ich hatte bei meinem ersten Aufenthalt in Los Angeles das Glück, an die Firma West Lake Audio zu geraten, die für Ihre Tonstudios bekannt sind, die aber auch Studioequipment verkaufen (ich brauchte mal wieder ein paar Mikrofone J). Bei West Lake Audio war gerade eine Vorführung von ProTools bzw. von der Firma Digidesign und der Rationalisierungseffekt war für mich damals schon absehbar. Natürlich muss jemand die Geräte bedienen, aber im Kontrollraum der Studio´s saßen schon genug Leute und somit war es klar, dass durch diese Systeme nicht unbedingt mehr Jobs entstehen. Ich habe nach 1995 viele Profis kennen gelernt, aber auch deren Nöte und wirtschaftlichen Ängste. Und das was ich damals bei Westlake Audio gedacht habe, traf dann auch zu. Wie oft mussten dann die Profis - und da spreche ich nicht nur über Drummer und Percussionisten - alle möglichen Angebote annehmen, damit sie ihre Miete für die Wohnung bezahlen konnten. Gott sei dank habe ich mich damals dagegen entschieden, weil ich ohne großen wirtschaftlichen Druck Musik machen wollte und von der Position aus freier im Kopf agieren kann.

  • Kompromisslos bis in das letzte Detail - Teil 2



    DF: Das merkt man. Wenn ich sehe was Du hier Deiner Kundschaft zur Verfügung stellen kannst, ist das bestimmt weit aus mehr als andere professionelle Drummer. Ich schaue nur immer wieder auf Deine Becken!
    Wie ist das mit deiner Beckensammlung entstanden?


    UF: Paiste Formula 602 Becken spiele ich schon seit meinen ersten Anfängen. Auch wenn es witzig klingen mag, ich habe praktisch mit den 602er angefangen und meine erste Hi Hat war aus dieser Serie. Natürlich hatte ich zu Anfang auch Becken anderer Firmen. Aber, diese Hi Hat war irgendwie anders. Das Musikgeschäft, in dem meine Eltern die Instrumente gekauft haben, war ein reiner Paiste-Laden. Zudem hatten wir 1981 bei einer Konzertreise durch die Schweiz das Glück gehabt, eine Betriebsbesichtigung bei Paiste machen zu dürfen. Später habe ich mich mehr und mehr für die Becken interessiert und dann kamen mehr und mehr die Musikerflohmärkte auf. Becken, die 10 oder 20 Jahre alt waren, wurden quasi als Altmetall angesehen und dementsprechend auch angeboten. Da konnte ich das eine oder andere 602-Cymbal für einen "guten Kurs" ergattern. Das war Ende der 80er Jahre.
    Deswegen besaß ich so um 1993 zirka 60 Becken. Nach meinem Besuch in L.A. wurde mir dann - auch dank Joe Porcaro - erst so richtig klar, was für tolle Schätze ich da eigentlich habe.
    Tja, so um 1996 zogen dann die Preise an. Mit dem Aufkommen der Vintage-Welle musstest du für ein 602er dasselbe zahlen, wie für ein neues 2002 in derselben Größe. Dann kam Ebay und dann ging es richtig zur Sache. Und noch heute sind die Preise sehr hoch, auch wenn die Firma Paiste nun mit der Twenty Serie auf den Markt gekommen ist.
    Seit einigen Jahren trage ich Informationen, Interviews, 602er Cymbal Set Ups von Studiomusikern zusammen, um auch die Historie der ehemaligen Herstellung der Legierung, der Produktentwicklung und der damit verbundenen Soundentwicklung in der Musik Rechnung zu tragen. Unter anderem ist dabei der Aspekt sehr interessant, dass fast alle Modellneuentwicklungen wie zum Beispiel damals das FlatRide, die SoundEdge Hi Hat in der Paiste Formula 602 Serie entstanden sind und aus der Sicht der Firma Paiste die Paiste Formula 602 Serie die innovativste Serie war.
    Ich habe jede Menge Prototypen - und auch aus Anfang der 90er Jahre - wo selbst noch Entwicklungen mit dieser Legierung vorgenommen wurden. Es muss auch klargestellt werden, dass die Legierung, die für die 602er hergestellt wurde, in der Art und Weise und vor allem in der Güte nicht mehr reproduzierbar ist. Sicherlich kann man alle möglichen B20-Legierungen verwenden, aber das damalige Verfahren, wie diese B20 gemacht wurde, war einfach super speziell.


    DF: Spielst du also überhaupt keine anderen Becken?


    UF: Ich kann mir keine anderen Cymbals derzeitig vorstellen. Natürlich bauen viele Firmen tolle Becken, aber ich suche immer noch nach ein Live-Set Up, um meine 602er zu schonen. Aber schon beim antesten einer Hi Hat und dem Ride scheitere ich bei dem heutigen Angebot. Nicht das die heutigen Becken schlecht sind. Ganz und gar nicht! Aber meine Ohren sind besonders auf den Sound der Hi Hat und der Rides der Paiste Formula 602 Serie fixiert. Das tut mir schon immer leid, wenn ich auf den Musikmessen zu den Ständen der Cymbalhersteller gehe und sagen muss: "Ja, die Becken klingen gut, aber es ist kein Ersatz für meine 602er."
    Und vor allem kann und darf ich beim antesten einen Aspekt nicht außer Acht lassen:
    Gerade bei Aufnahmen sind die Paiste Formula 602 sehr dankbar. Nicht nur in spielerischer Hinsicht, sondern vielmehr in Ihrer Art und Weise, wie sie den Sound über das Mikro auf die Aufnahme übertragen. Spätestens beim Mix sagt jeder Tonmann DANKE!!! Und diese Anforderung stelle ich auch an ein Live-Set Up.



    DF: Deine Snare-Sammlung ist aber auch nicht gerade ohne. Welche Snare spielst Du am meisten?


    UF: Im Metallbereich die Ludwig Black Beauty´s und im Holzbereich die Lake Superoirs.


    DF: Lake Superior sind doch Craviotto Snare Drums!? - Nun musste ich mir ein breites Grinsen von Uli ansehen!


    UF: Also es ist so, dass ich das optimale aus einem Instrument herausholen will und ich mag den fetten Klang von Craviotto, aber ich mag halt die alten Sonor Böckchen von der Signature Serie und wollte nicht mit zwei verschiedenen Stimmschlüsseln hantieren. Ich hatte im August 1998 gerade mein Set bei Sonor in der Produktion zusammengeschraubt. Das war der Vorläufer des DeLites und im Prinzip auch der Prototype des DeLites.


    DF: Ich wunderte mich schon über die Badges auf den weißen Kesseln und vor allem schaue ich auch immer wieder auf den Subwoofer.


    UF: Ja! Wir haben im Sommer 1998 so einiges in der Produktion bei Sonor "gebastelt" und ich hatte viel Spaß dabei, zumal ich viele von den Mitarbeitern schon seit den 80er Jahren kenne. Was wir aber nicht geschafft hatten, war eine passende Snare zu bauen. Dann kam aber ein Artikel über Craviotto von Heinz Kronberger in der November/Dezember 1998 Ausgabe des drums & percussion Magazines und ich lass dann über die Lake Superior Kessel. Ich lass aber auch den Preis von 6666 DM, den damals der Kunde in Deutschland zahlen sollte. Nun ja! Ich wusste, dass Johnny Craviotto über Jim Keltner damals an DW herangeführt wurde und das Jim Keltner seine Drums bei Ross Garfield hatte und Ross so einige Spezialsachen gebaut hat. So bemühte ich mein damaliges Netzwerk, um an Craviotto heranzukommen. Wie es der Zufall wollte lernte ich auf der NAMM im Januar 1999 auf dem damaligen Stand von Joe Porcaro (Porcaro Covers) Chester Thompson und 5 Minuten später Johnny Craviotto kennen. Zur Musikmesse Frankfurt 1999 hatte ich dann die ersten 4 Kessel Rohkessel und es folgten dann noch so einige. Ich wollte sie erst in weiß lackieren lassen - wie mein Schlagzeug. Aber die Freunde des Holzes bei Sonor haben mich vor diesem Fehler bewahrt. So kamen dann Sonorteile an Craviotto-Kessel und das war auch für die Mitarbeiter in der Produktion bei Sonor eine schöne Sache.



    DF: Meine Güte! Kompromisslos bis in das letzte Detail. Wie kam es dann zur Restauration?


    UF: Ich hatte 1999 bei einer Bluesband angefangen und brauchte für den Proberaum noch ein Schlagzeug. So kaufte ich ein altes Sonor Phonic Rosewood. Das Teil stand in einer Tischlerei und war total verdreckt. Der Staub hing regelrecht an allen Ecken und Kanten. Wir haben dann das Set komplett zerlegt und gereinigt. Dann hat man mir bei Sonor die Holzpflege gezeigt und ich durfte die Kessel graten lassen. Dann habe ich noch ein paar logische Modifikationen vorgenommen, die ich noch von meiner Metallschule her kannte und siehe da es klang besser als vorher. Ich hatte schon nach meinem ersten Urlaub in Los Angeles mein Force Maple auseinander genommen und entsprechend der Hinweise von Ross Garfield und Paul Jamieson bearbeitet. Aber die neue Kesselgratung auf dem Sonor Phonic Rosewood hat das Set um längen verbessert. Dann war ich im Frühjahr 2000 in New York und hatte Bernard Purdie besucht und habe sein Sonor Signature bearbeitet.
    Das war das erste fremde Schlagzeug, was ich gemacht habe.


    DF: Und das gleich bei so einem fetten Namen.


    UF: Stimmt! Aber die Gedanken habe ich mir damals nicht gemacht. Es kam dann wie es kommen musste und Beate und ich schrauben seither an den Trommeln von anderen Drummern und versuchen das best mögliche Ergebnis herauszuholen. Vor allem tun sich mehr und mehr die Drummer zusammen und kommen ein Wochenende zu mir und legen mir ihre Trommeln auf den Tisch und das ganze verwandelt sich dann in einen Workshop. Und der AHA-Effekt ist dann spätestens da, wenn wir die Trommeln im Studio aufnehmen.



    DF: Das heißt, dass auch dein Recording-Studio eine logische Folge aus der ganzen Sache ist?


    UF: Ja! Sowohl die Beckensammlung, die Restauration von Trommeln und das Aufnehmen hängen letztendlich zusammen.
    Die Grundthematik ist, dass viele für einen guten Sound erst sensibilisiert werden müssen. Es wird viel zu wenig auf einen guten Sound geachtet. Wenn du dein akustisches Schlagzeug nicht im Griff hast, dann musst du dich auch nicht wundern, wenn beim Studiojob oder beim Live-Gig vorne aus den Boxen nur Schrott rauskommt. Der Tontechniker ist kein Zauberer. Wie soll er den Sound von "Mr. Drummer X" aus dem Instrument heraus zaubern, wenn das Instrument nicht annähernd in dieser Richtung gestimmt ist oder am besten gar nicht gestimmt ist. Nach dem Motto: "Ich will so klingen wie.....". Das geht rein technisch gesehen nur, wenn Du a) so spielst wie "Mr Drummer X" und b) Dein Set auch so entsprechend klingt, dass der Tontechniker mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln auch den Klang erreicht. Du darfst dem Tontechniker nicht die Schuld geben, wenn es nicht klingt. Schuld ist meistens die Quelle und hier kommt auch noch der Faktor Mensch ins Spiel.
    Sehe es auch mal von der Seite:
    Gitarristen stimmen auch ihr Instrument und bekommen das von Anfang an beigebracht. Warum ist es dann beim Schlagzeug nicht Gang und Gebe, dass im Unterricht auch das Stimmen gelehrt wird? Alle anderen Musiker können Ihr Instrument stimmen. Nur der Schlagzeuger nicht. Wenn der Sound, den du anbietest gut ist, braucht der Tontechniker sowohl im Studio als auch beim Live-Gig nicht mehr viel machen. Vorausgesetzt er hat die richtigen Mikros auch an der richtigen Stelle und Winkel positioniert und die nachfolgende Kette in seinem SetUp ist entsprechende gut!
    Aber ich gewinne immer wieder den Eindruck, dass sowohl Tontechniker als auch Drummer das mehr und mehr abtun nach dem Motto: "Wer hört das denn schon?"
    So etwas ähnliches sagte auch mal ein Hersteller von Schlagzeugen zu mir, als es um seine Spannreifen ging, die so fürchterlich klangen, dass der Oberton nicht im Griff zu kriegen war und Du das bei der Aufnahme ständig hörtest. Mir wurde dann gesagt: "Uli! Du hörst einfach zu gut und somit hörst Du die Flöhe husten"
    Hallo!? Man kann zwar meinen, dass der Zuhörer dieses oder das nicht hört, aber ist es eigentlich bekannt, dass auch der noch so unmusikalische Hörer von Musik schon intuitiv merkt, wenn da etwas nicht gut klingt? Er oder sie wissen zwar als Konsument nicht warum, aber sie fühlen es, dass da etwas falsch ist.



    So ist es auch nicht erstaunlich, dass viele Produzenten von Livedrummern Abstand genommen haben und auf elektronische Sounds wie Samples oder E-Drums zurückgreifen. Aber E-Drums sind für mich eine andere Welt. Es ist ja auch ein Unterschied zwischen einer akustischen und einer elektrischen Gitarre. Nur, bei den E-Drums kannst du nicht mal eben noch zwei Raummikros aufstellen, um einen anderen Sound zu bekommen. Das geht zwar auch auf anderen Wegen, aber ich bin etwas geheilt von der heutigen Generation von E-Drums. Klar! Da wird eine Vielzahl an Sounds und Möglichkeiten angeboten und ich habe bei mir hier noch ein altes Simmons SDS 5, dass in den heutigen E-Drumsystem 100 mal reinpasst, aber ich wunderte mich bei den letzten Aufnahmen, warum die Teile so "dünn" geklungen haben. Ich tauschte einige Sachen in der Verkabelung und in der Zuleitung aus und siehe da es klang gleich weit aus besser. Trotzdem bleibt es für mich eine andere Welt, die das akustische Set nicht ersetzen kann, sondern vielmehr seine gleichberechtigte Rolle neben dem Akustikset hat.
    Das merken mehr und mehr die Produzenten, dass die E-Drumsysteme kein Ersatz sind und der Konsument keinen Einheitsbrei von den Samplers mehr hören will und die Musik auch im Bereich des Schlagzeuges von Abwechselung lebt. Wie sagte schon Elliot Scheiner (Recording Artist für Steely Dan, TOTO, Sheryl Crowe, B.B. King usw.): Der Drummix ist ein Mix im Mix.
    Nur das ganze fängt schon beim Set an. Leider haben viele Produzenten und Studios das Problem, dass in den letzten 20 Jahren unheimlich viel Wissen über das Aufnehmen von einem Schlagzeug und den dazu gehörenden Zutaten verloren gegangen sind. Andere Studios würden zwar gerne mit Akustikdrums aufnehmen, sind aber nicht scharf darauf und geben diese Jobs dann an Spezialisten ab. Da ich in den letzten 15 Jahren in der Hinsicht gegen den Trend gegangen bin, kann ich heute viele Informationsverluste kompensieren und so kommen die Anfragen der Studios nach und nach, dass ich die Drumaufnahmen für sie machen soll und in der Zeit können Sie schon andere Instrumente in Ihrem Studio aufnehmen und weitere Tracks wieder einspielen.



    DF: Spielst du selbst ein oder kommen auch andere Drummer?


    UF: Beides! Drummer und Produzenten kommen zu mir und ich sitze im Regieraum oder ich spiele ein und im Regieraum sitzt dann Beate oder mein Lieblings-Ton-Ing Christoph Simon. Er hat mir in den letzten Jahren ProTools-Stunden gegeben und wir haben beide festgestellt, dass wir uns im Wissen super ergänzen. Er macht nicht ohne Grund in Luxemburg Aufnahmen für George Duke oder den Scorpions. Er ist einfach klasse und suchte auch nach Leuten, die die Qualität bewahren wollen und vor allem auch abfragen. Als Christoph erstmalig hier war, war er natürlich auch von den bestehenden Möglichkeiten erschlagen.


    DF: Kein Wunder! Ist so ein Studio nicht teuer?


    UF: Wenn Du es am Tag mit Mann und Maus mietest, ist es günstiger als ein Studio, dass alle Instrumente aufnimmt, wo Du natürlich Deine eigenen Instrumente mitbringen musst. Hier steht alles bereit und Du kannst sofort starten und musst nicht mehr den super langen Soundcheck über dich und über den Produzenten ergehen lassen. Du bist schneller mit der Produktion durch und sparst unterm Strich! Die Produktivität ist sehr hoch und das zu einem bezahlbaren Kurs!


    DF: Klar! Hier kann man wirklich jede Trommel anspielen und sie klingt einfach nur geil! Die Zeitersparnis ist bestimmt hoch.


    UF: Na klar. Was brauchst Du für einen Sound und schon ist er in echt da!
    Was die Auswahl der Trommeln anbelangt, habe ich beim Aufnehmen zum Glück eine große Auswahl, ähnlich wie bei den Becken. Ich kann zwischen Buche, Birke, Kirsche, Esche, Ahorn usw. wählen und auch bei den Größen habe ich einiges da. Da brauche ich im Studio nicht großartig umstimmen für einen anderen Sound. Man könnte behaupten, dass ich einen analogen Sampler in Hardwareform habe. J


    DF: Gilt das auch für die Mikros?


    UF: Ich habe meine Vorlieben. Aber Du findest hier Mikros vor allem von AKG, aber legendäre Neumann- und Schoeps-Mikros sind nicht wegzudenken. Hier und da noch ein paar alte Mikros von den anderen Firmen, die auch noch aus den 80er Jahren stammen.

  • Kompromisslos bis in das letzte Detail - Teil 3



    DF: Wie entscheidest Du Dich für ein Mikrofon?


    UF: Es muss einfach im Kontext passen. Was die Mikrophonie anbelangt, ist es für mich selbstverständlich, dass ein Drummer sich damit auskennt und sich auch in die Lage des Tontechnikers versetzen kann. Das gehört auch dazu, um einen guten Sound anbieten zu können. Das fängt schon bei der Auswahl der Mikros an und geht bei deren Positionierung weiter.
    Ingo! Sei ehrlich! Wann hast du dir mal ausgiebig einen Mikrokatalog angeschaut oder gar ein Grundlagenbuch gelesen? Wann hast Du das letzte Mal ein Physikbuch nach Schallakustik durchsucht? Verstehst Du die Frequenzkurven und die Bilder mit den Richtcharakteristiken? Ich verstand es 1992 auch nicht!
    Das hat Jahre bei mir gedauert und ich habe diese Akribie für diese Details entwickelt, weil ich im Studio damals so enttäuscht wurde und mein Sparvertrag auch noch flöten ging. Mein Schlüsselerlebnis war eben dieser Studiotermin in 1992.


    Wenn du begreifst, welche Mikros du wie einsetzt, dann bist du auch in der Lage, dass richtige Mikrofon zu kaufen und sowohl im Studio als auch Live die Mikros bestmöglich zu positionieren. Denn nicht immer kommt der Tontechniker die 50 Meter vom FOH auf die Bühne gelaufen, um die Mikros vernünftig hinzustellen und auszurichten. So erklärt sich auch, warum Simon Philipps sein eigenes Mischpult auf der Bühne hat. Er gibt die Signale vor und alle sagen, dass er einen Supersound hat. Er ist eben nicht nur ein super Drummer, sondern er kennt seine Trommeln und Mikros ganz genau. Er kennt sich auch mit der Aufnahmetechnik aus. So hat er damals mit Mike Oldfield produziert und ich war auch super froh, als er mir einige super Tipps bei meinem Studio gegeben hat. Aber ich muss sagen, dass Simon einfach das ganze Schlagzeug an sich lebt und wenn Du siehst, wie sein Drumtech seine Sachen wartet, dann verstehst Du auch, warum ich auch meine Sachen so in Ordnung halte und die Frage der Restauration ein Teil der ganzen Kette ist.
    Sie ergibt sich aus dem Versuch, nicht nur spieltechnisch sondern auch soundtechnisch das Beste aus deinem Instrument rauszuholen. Du kannst aus allen Sets, egal welcher Preisklasse, einen im Qualitätsverhältnis "guten" Sound rausholen. Aber genauso kannst du den Klang auch verdrehen. Meine Schüler müssen nicht nur Stimmen lernen, sondern sie lernen auch, wie sie die Trommeln zerlegen und pflegen und müssen sie wieder zusammen bauen. Dann lernen sie Mikrofontechnik und werden auch noch aufgenommen und setzen sich mit der Recordingtechnologie auseinander. Das müssen sie können und ich kann es nur jedem empfehlen.
    Natürlich gibt es professionelle Drumtechs und diese haben auch Ihre Berechtigung und ich schätze auch viele von diesen Kollegen. Aber die stehen nicht in jedem Tonstudio zur Verfügung oder Du musst sie zusätzlich buchen, was natürlich auf das Budget geht. Wie gesagt! Das ganze hat dann ein Ende, wenn man im Studio ist und es kein spezielles Studio für Drumrecording ist.



    Ich weiß mittlerweile, wie meine Trommeln mit welchen Fellen und Stimmung einen gewissen Klang erzeugen. Ich habe alles durchprobiert und bestimmt über 400 Felle 1998 aufgezogen und 1999 unzählige Snareteppiche ausprobiert.
    Klar, nicht jeder hat so ein Budget zur Verfügung. Ich übrigens auch nicht und was meinst du, warum ich so viele alte Felle bei Ebay verkauft habe? J Wir haben hier reichlich gearbeitet, bis wir das hier stehen hatten. Aber vieles in Eigenarbeit ausgetüftelt. Keine meiner Trommeln ist mehr so, wie sie mal das Produktionswerk verlassen haben.
    Aber es ist schön, wenn die Musiker hier in das Studio kommen und sie schneller mit den Drumaufnahmen fertig sind, als in herkömmlichen Studios, weil hier einfach alles steht und sofort einsetzbar ist ohne großen Aufwand und wenn sie dann noch unter dem Strich merken, dass es günstiger war als wenn sie im normalen Studio geblieben wären und der Produzent ggf. Samples benutzt hätte, freut es mich, dass der eine oder andere Produzent oder Bandleader die Produktivitätssteigerung erkannt hat. Und das gleiche gilt natürlich auch für den Personenkreis, der für seine Trommel die richtige Fellkombination sucht und nicht mehr immer wieder auf das neue Taschengeld warten will. Die richtige Beratung kann halt auch Geld sparen.


    DF: Ich muss nochmals wegen den Mikros nachfragen, hat ein Mikro auch noch so viel Einfluss auf den Klang?


    UF: Je nach Frequenzkurve und Aufbau des Mikros ja! Man muss sich darüber Gedanken machen, welche Mikros was übertragen sollen und wie man sie im Raum oder direkt am Set einsetzt. Und ich muss es nochmals sagen, dass man auch Kataloge wälzen muss und sich mit Frequenzkurven und ähnliches auseinandersetzen muss. Manchmal sollte man sich auch Bilder von bestimmten Drummergrößen ansehen. Und zwar nicht nur die aktuellen, sondern auch die des gleichen Künstlers vor 20 Jahren. Selbst da kannst du erkennen, was der Künstler X entsprechend der Musik jeweils verändert hat. Am besten du nimmst Fotos aus Tonstudios.
    Es geht mir eben nicht nur darum, den besten Klang aus der Trommel rauszuholen, sondern auch in der Lage zu sein, diesen Klang vernünftig zu konservieren, sprich aufnehmen zu können. Mein Wissen gebe ich gerne weiter und deswegen berate ich auch Produzenten und andere Klangverantwortliche. Das hört aber nicht mit der Mikrophonie auf, es geht weiter mit Mikrovorverstärkern und die Frage, wo fängst du den Kompromiss in Sachen Klang an. Wenn du zu früh diesen Kompromiss machst, musst du dich nicht wundern, wenn das Endergebnis nicht gut klingt. Und was Du am Anfang nicht beachtest, kannst Du am Ende im Klang nicht aufholen!
    Du siehst hier sowohl Analogtechnik von Studer als auch die neuste ProTools HD-Technologie, Logic sowie vor allem die super Kabel und die schönen MicPreAmps. Warum gerade diese Sachen? Weil ich mich nach langen hin und her für die hochwertigen Komponenten entschieden habe und weil es betriebswirtschaftlich auch richtig ist, hochwertigere Sachen zu kaufen. Wer billigt kauft, kauft teuer! Und das billige Zeug verliert unheimlich an Wert und für hochwertige Komponenten kriegst Du immer wieder Geld und vor allem hörst Du im elektronischen Sektor die billigen Komponenten. Nicht nur also beim Schlagzeug, sondern auch beim Tontechnikmaterial. Natürlich hat hier der Faktor Mensch auch wieder einen Einfluss und natürlich gibt es auch unfähige Tonleute, aber man sollte sich schon ehrlich die Frage stellen, ob man auch einen guten Sound angeboten hat. Es gibt eben das Klischee, dass Drummer keine Ahnung vom Sound haben. Leider kommt das nicht von Ungefähr und deshalb war es für mich logisch, dass ich die Frage der Restauration, der Modifikation von Trommeln und der Tontechnikkette danach beleuchten musste.



    Ein wichtiger Punkt ist aber, auch spieltechnisch einen guten Klang anbieten zu können. Dazu gehört Dynamik und die Fähigkeit auch die Mitte der Trommel zu treffen, bzw. andere Sounds mehr zum Rand hin gespielt anbieten zu können. Wobei rein physikalisch klar ist, dass der beste Klang in der Fellmitte entsteht.
    Mir ist allerdings schon klar, dass meine Ansprüche an den Klang hoch sind. Aber ich bin der Überzeugung, dass sich Qualität durchsetzt und ich mache auch die Drumaufnahmen für andere Drummer und Produzenten, weil ich das was ich 1992 im Studio erlebt habe, keinem anderen zumuten möchte.


    Mein Studioerlebnis war eben so prägend. Ich dachte, ich hätte das Set ordentlich gestimmt, aber das Ergebnis war eben totaler Frust. Dazu muss ich aber noch an die alten Fotos und das alte Video von damals denken, auf denen zu sehen ist, wie damals die Mikros positioniert wurden. Auch das würde ich heute anders machen. Der entscheidende Faktor war aber natürlich ich selbst! Es ist wie mit dem Haus, das kein vernünftiges Fundament hat. Irgendwann kracht es ein! Ich hatte bestimmte Sachen einfach nicht drauf und da fehlte bei mir und auch beim Tontechniker die Erfahrung.
    Darüber und über anderes habe ich mir sehr viele Gedanken gemacht. Klar, es ist nur ein Nebenjob für mich, aber er macht mir sehr viel Spaß und ich bin froh, dass ich nicht davon lebe!


    DF: Wie wichtig ist für dich der Austausch mit anderen über das Thema Schlagzeug?


    UF: Das ist ein toller Aspekt. Deswegen gebe ich ja Unterricht und nehme für andere die Trommeln auseinander und bearbeite sie und nehme andere Drummer und Percussionisten auf und mische auch deren Produktionen ab.
    Es ist schön zu sehen, wenn dann der AHA-Effekt kommt. Die vorausgehende Erkenntnis, dass irgendetwas nicht stimmt und sich der oder die sich bei mir meldet, ist schon die halbe Miete.
    Es sind manchmal nur die kleinen Dinge, die den Unterschied machen. Aber in der Summe sind es viele kleine Dinge, die den Klang positiv oder negativ beeinflussen. Wenn der Drummer, der Percussionist oder der Produzent und wer auch immer eine Bereitschaft hat, an einem guten Sound zu arbeiten, dann ist doch alles gut. Dafür bin ich da. Mein Motto ist, dass es keine dummen Menschen gibt, sondern nur unwissende Menschen. Ich bin natürlich auch irgendwie unwissend, deswegen sagte ich ja, dass ich Schlagzeug lerne und nicht "spiele".
    Nichtsdestotrotz glaube ich, dass älteres Wissen zuwenig in die Gegenwart transferiert und kommuniziert wird. Warum gibt es Produzenten, die den Sound von gestern haben wollen, aber nicht so richtig wissen, wie sie ihn hinbekommen? Ich sehe darin auch einen Gegentrend zu der jüngsten Vergangenheit, es klang eine Zeit lang doch alles ziemlich gleich.



    DF: Wie siehst du die Zukunft der Musikindustrie?


    UF: Da gibt es zwei Aspekte:
    Erstens ist da die Musikindustrie.
    Ich habe die Hoffnung, dass es noch viel mehr handgemachte Musik gerade auf der Bühne geben wird und das die Musikindustrie das mehr und mehr fördert. Ein Trend in dieser Richtung ist da, aber mir reicht das nicht. Früher gab es viel mehr Livemusik und auch Clubs, in denen live gespielt wurde. Ich denke, die Plattenindustrie wäre gut beraten, wenn sie Musik für die Generation anbieten würde, die in den 1980er Jahren aufgewachsen ist. Da fehlt mir was. Seien wir ehrlich, die Kids von heute laden sich alles runter. Wir aber, die so um die Mitte 30 sind, haben das Geld, uns CDs und DVDs zu kaufen. Außerdem hängen wir ja noch nostalgisch vielleicht an der guten alten Schallplatte.


    Dann sind da zweitens noch die Hersteller.
    Es wäre schön, wenn die Bereitschaft steigen würde, sich ein teureres und vor allem klanglich besseres Instrument zu kaufen. Geiz ist überhaupt nicht geil und die Mentalität schadet diesen Instrumentenherstellern und somit auch den Mikrofonherstellern.
    Es klingt jetzt vielleicht hart! Aber ich habe den Eindruck, dass die Leute sich nicht nur als Musikkonsument an Schrott im klanglichen Sinne gewöhnen, sondern auch als Instrumentenkäufer an die zwangsläufig rückläufige Qualität gewöhnt haben.


    Als Beispiel fällt mir da die MP3-Version von "Eye of the Tiger" ein, die eine Schülerin neulich zum Unterricht mitgebracht hat. Die Becken waren kaum noch zu hören. Ich habe den MP-3 Player an mein ProTools angeschlossen und mir es nur optisch als Kurve angeschaut. Viele Frequenzen waren gar nicht da. Dann habe ich die Originalversion von "Eye of the Tiger" von der CD und von der LP aufgenommen und verglichen mit der MP3-Version. Das Gesicht meiner Schülerin hättest du sehen sollen. O-Ton: "Das klingt ja viel geiler!" Warum wohl!?


    Anderes Beispiel:
    Ich habe letztens in einem großen Elektromarkt mir an einer Abspielstation Steely Dan anhören wollen. Ich kannte die Stücke, aber ich wollte mal in eine CD reinhören, die ich in der Zusammenstellung noch nicht hatte. Ich setzte den Kopfhörer auf und ich dachte, mich trifft der Schlag. Auf dem Bildschirm stand oben in der Ecke, dass das, was ich höre, nicht dem Originalklang entsprechen würde.
    Allerdings! Denn zuerst wollte ich meinen Ohren nicht trauen. Es klang einfach nur schrecklich! Bei Aufnahmen von Toto klang die Hi Hat nur noch wie ein Quietscheentchen. Wie sollen die Leute so aber eine tolle CD zu schätzen wissen, wenn sie beim Vorabhören einfach nur schrecklich runtergemischt und komprimiert klingt und das Original nicht bekannt ist?! Man wird regelrecht an Schrott gewöhnt.


    Und es ist nur logisch, wenn du nur noch so eingeschränkt hörst, dass du dann nicht in der Lage bist, gute Instrumente als solches zu hören. Wenn dann auch noch beim Schlagzeugunterricht das Instrument des Schlagzeuglehrers auch noch wie Pappe klingt, dann ist die Ignoranz perfekt.


    Einige Hersteller investieren in die Jugend durch Aktionen wie SchoolJam oder andere gleichartige Projekte und wollen auch unter dem heutigen Kostendruck dem Kunden Qualität bieten. Aber der Kunde muss auch seinen Beitrag dazu leisten, diese Qualität abzufragen. Die Industrie und auch die Customhersteller wie Wahan, Craviotto, Canopus usw. können die Qualität liefern und stellen sie auch schon bereit und bilden ihre Mitarbeiter auch entsprechend aus. Aber der Markt muss auch bereit sein, diese Qualität abzufragen. Es kann nicht sein, dass Bemühungen von Herstellern von den heutigen Kunden ignoriert werden. Diese Bemühungen sind vielfältig von allen Herstellern und ich bin heute noch tief beeindruckt von meiner Betriebsbesichtigung bei der Firma Meinl, wo Herr Meinl mir sagte, dass alle seine Mitarbeiter die Bereitschaft haben müssen, Schlagzeug oder Percussion zu lernen, damit sie sich mit dem Produkt das sie herstellen identifizieren. Richtig so! Dort wird bestimmt keiner sagen: "Das hört doch keiner."


    DF: Dein Tipp fürs Drummerforum bzw. junge Schlagzeuger?


    UF: Tipp Nr. 1:
    Wenn Du ein Schlagzeug kaufen willst, dann kaufe dir lieber weniger Teile aber dafür hochwertige Teile. Weniger ist mehr!


    Tipp Nr. 2:
    Denk immer daran, wenn du am Schlagzeug sitzt, dass du ein Mensch bist und keine Maschine. Setze dich mit deinem Instrument auseinander, denn du bildest eine Einheit mit ihm. Setze dich aber nicht nur spieltechnisch damit auseinander, denn der Klang geht ja bei der Trommel weiter. Du musst die Einheit mit deinem Instrument nicht nur musikalisch sondern auch physikalisch begreifen. Guck über deinen Tellerrand hinaus, denn nach der Trommel kommen noch viele andere Faktoren, die deine Virtuosität negativ beeinflussen können. Versuche die Kette zu verstehen, genau wie Du weißt, dass ein Motorrad auch auf zwei Rädern läuft. Du weißt aber auch, dass du ohne Profil auf dem Reifen nur schlecht fahren kannst. Deshalb lässt Du ihn reparieren bzw. austauschen. Nun übertrage dieses auf Dein Instrument und denke nach.


    Tipp Nr. 3
    Höre dir die Geschichte des Schlagzeuges an. Stilprägende Drummer wie Buddy Rich, Tony Williams, John Bonham, Steve Gadd, Billy Cobham, Steward Copeland, Jack deJohnette, Bernard Purdie oder Jeff Porcaro können dich neu inspirieren. Außerdem sollte man sich mit der Art der Studioproduktion auseinandersetzen.


    Weitere Infos: http://www.drumrecording.biz

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