• Schönes Thema, danke Seppel.
    DF: Prinzipiell hast du da recht mit dem Folkeinfluss, das macht sich bei den Briten extrem beim Einsatz vom Chorgesang bemerkbar.
    Was m.E. bei den Briten hinzukommt ist die Art der Vorbilder und ihr häufig "dualistisches" Musikbild in denen zwei Formen konkurrierend auftraten. Das fängt bei denen schon in den 40ern an mit einer extremen Lagerbildung im Jazz die sich später weiter durchzieht.
    Am Anfang Traditionals ("Trads") gegen Modernists (Mods" bitte Seppel, da kommt der Begriff im Ursprung her), in den Sechzigern dann das Abziehbild Beatles gegen Stones. Also Mersey-Beat gegen britisches RnB Revival. Der Mersey-Beat verliert dagegen, der britische Rock findet seien Fundamente da eher in der RnB/Blues Kopie, die Beatles haben genialerweise nur früh genug den Absprung geschafft, Gary and the Pacemaker, Dave Dee, Dozy Mick and Tich, Hollies usw. bleiben da eher eine Randnotiz in der Musikgeschichte.
    Auch eine Frage der Vorbilder, so orientierte sich die Londoner Szene Anfang der 60ties mehr in Richtung amerikanischen urbanen Rhythm and Blues und Motown Soul, während die Provinzheinis aus Liverpool und Birmingham usw. eher den RocknRoll der Südstaatenlandeier kopierten. Das sind dagegen eher die Wurzeln amerikanischen Rocks.
    Dazu noch die Art und Weise wie sie kopiert haben, aus völlig zweiter Hand, den bis Mitte der Sechziger hat die britische Musikgewerkschaft es erfolgreich geschafft Konzerte von Ausländer weitgehend zu verhindern. Die einzigen Chancen waren seltene Importplatten, und Weitergabe durch Hörensagen.
    Das hat wahrscheinlich auch ihren Hang zum hemmungslosen Experimentieren erzeugt, die Amis selber waren da wesentlich konservativer im Spielen.
    Als die Briten dann Ende der 60er endlich die Chance hatte richtig viel Musik aus dem gelobten Land des Rocks zu hören waren sie einfach nur enttäuscht. Roger Waters über die Pink Floyd 67er Amerika Tour:"It was a amazing disaster. It was kind of chunka chunka with Janis Joplin singing the Blues. I was expecting something really extraordinary and mind blowing and tripping."

    "Diese Tapete ist scheußlich, einer von uns beiden muß jetzt gehen."

    Einmal editiert, zuletzt von newbeat ()

  • Nicht nur beim Satzgesang, auch in der Art des Gitarrenspiels und in der Melodieführung des Leadgesangs.


    Natürlich gab es auch viele Britbands die Bluesrock spielten und zwar härter als die Amis. Das hat was damit zu tun, dass weiße Amis oft schon aus Gründen der Rassentrennung keine schwarze Musik spielten/kopierten/hörten und die schwarzen Amis nicht auf diese harte, geradlinige Art Blues zu spielen standen, sondern es eher soulig und funky mochten.


    In Kulturangelegenheiten sind und waren die Amis nie sehr progressiv, selbst zeitgenössischen Jazz will doch im eigenen Land keiner hören. Ausnahmeszenen gab es auch immer schon, z.B. in New York. New York ist aber nicht die USA.

    Einmal editiert, zuletzt von DF ()

  • Zitat

    Original von DF
    Natürlich gab es auch viele Britbands die Bluesrock spielten und zwar härter als die Amis.


    Und das ist genau de Punkt, mit ihrem Versuch sowie Muddy Waters oder John Lee Hooker zu klingen erfanden die Briten einfach den Rock. Bands wie Yardbirds, Pretty Things oder Kinks kann man schwerlich als "Beat" bezeichnen, wenn man den Liverpoolsound vor Augen hat. Ich nenne das dann immer "Protorock".
    Bei den Briten spielt, wahrscheinlich gerade wegen der Ferne der Rassenproblematik, auch immer eine Rolle, dass sie damals am liebsten so klingen wollten wie ein Haufen "cooler Neger" aus dem Ghetto. Konnten sie aber nicht weil sie ja eigentlich nur kleine bleiche working class boys waren. Dazu gibt es ein interessantes Buch, Mist Titel vergessen - muss ich mal wieder rauskramen, in dem der Autor die These aufstellt, dass es immer einen starken einseitigen Link zwischen britischer Sub/Jugend/Musikkultur und der zeitgenössischen schwarzen amerikanischen Musik gab.


    Edit: Buch gefunden:
    Hewitt, Paolo (2000): The Soul Stylists. Forty Years of Modernism, London/Edinburgh

    "Diese Tapete ist scheußlich, einer von uns beiden muß jetzt gehen."

    Einmal editiert, zuletzt von newbeat ()

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!