Ich hätte erwartet, dass man, wenn man schon ein großes Restaurant baut und ein Mega Versandzentrum, den Laden auch entsprechend konzipiert.
Manchmal muss man sich schon fragen, mit welchen Erwartungen man in das kleine Dorf kommt. Anscheinend wird erwartet, einen entsprechend großen Laden ala Musicstore/Session Waldorf zu betreten. Nur die Frage bleibt unbeantwortet, warum ein riesengroßer Online Händler ein solches Prestigegebäude betreiben soll. Die Mehrheit der über 10.000.000 Kunden werden den Laden kaum zu Gesicht bekommen. Alleine die Tatsache, dass fast alle Mitarbeiter englisch-chinesische Visitenkarten haben, lässt die globale Tragweite erahnen.
Es ist die alte Frage, ob das Ei oder das Huhn zuerst da war. Vielleicht lohnt ein Blick in die Firmenhistorie und die Firmenphilosophie um zu verstehen, dass der Laden weitaus früher vorhanden war als alle anderen Gebäude der Firma und auch früher als das Onlinegeschäft, zudem auf einem so kleinen Dorf sämtliche Chancen genutzt wurden, Grund und Boden zu erwerben und viele Grundstücke bereits bebaut und anderen Eigentümern zu stehen. Beispielsweise war die rechte Ladenseite (PA, Drums, Studio, Licht) erst 1998 nach einem Grundstückskauf und Umzug der Nachbarn an Thomann gefallen. Das erste Versandzentrum folgte 2003 (4.800 qm; 5400 Pakete pro Schicht), das zweite im Jahr 2005 (7.700 qm), das dritte im Jahr 2006 (Hier war man bereits 5x größer als der größte Lieferant) und das vierte im Jahr 2017 mit 40.000 qm Lagerfläche. Die T.Kitchen ist kein Restaurant, sondern schon immer eine Kantine, für die 1500 Mitarbeiter und eben auch Kunden, da es umliegend auf dem Land kaum Möglichkeiten für eine betriebsnahe Versorgung gibt - mal abgesehen des Italieners neben dem Laden.
Wer einen kompletten Neubau (bspw. Session Waldorf) oder eine Konzeption wie andere große Musikhäuser erwartet, dem muss schon alleine aus geografischer Sicht klar sein, dass er das nicht vorfinden kann. Dafür ist der Platz schlicht nicht gegeben.
Letztendlich muss man einfach sagen, dass Thomann den Hauptteil des Umsatzes über den Versandhandel macht, das Ladengeschäft ist da in meinen Augen mehr "Beiwerk" bzw. eben Tradition. Man kann aber meiner Meinung nach auch nicht erwarten, dass das komplette Online-Sortiment im Laden verfügbar ist, somit ist klar, dass irgendwo eine Auswahl getroffen werden muss, was in den Laden kommt und was nicht. Die Mitarbeiter sind in jedem Fall sehr freundlich und nehmen sich auch Zeit, sofern dies möglich ist. Entsprechend kann man sich auch mal Teile zum Probieren holen lassen, auch wenn sie normalerweise nicht im Laden sind.
Grundlegend sollte man Ferienzeit oder Samstage meiden, dann steht einem entspannten Einkauf nichts im Wege.
Hinzuzufügen ist lediglich, dass die Zeit vor und nach Weihnachten, Flohmarkt und Sommerfest generell wohl die ungünstigsten Besuchszeiten des Ladens sind. Das ist einfach unzumutbar - für Mitarbeiter und Besucher. So "schlimm" wie dieses Jahr war es nach Aussagen von Angestellten noch nie. Ich selbst war vor einigen Tagen nach Weihnachten auch dort und kann nur den Hut vor der Leistung der Mitarbeiter ziehen: Der Laden war völligst überlaufen, der Lärmpegel enorm, das Stressbarometer bei jedem auf Vollanschlag und dennoch war man freundlich und hilfsbereit, die Leute dort lieben ihren Job - und das merkt man auch, im Gegensatz zu so vielen anderen Musikläden.
Und für einen kurzen Plausch mit Hans himself hats auch gereicht, der sich trotz sichtlichem vollem Terminplan und Telefondauerklingeln ein paar Minuten Zeit genommen hat, um die Stimmung vor Ort mitzubekommen.