Musik "authentisch" spielen

  • Hallo,


    ich denke darüber nach, wie Beat, Rock, Punk, Blues, Jazz oder Reggae authentisch gespielt sein sollten.

    Auch im Zusammenhang mit Musikunterricht.

    Wenn ich z.B. an authentische Rock-Musik denke, dann denke ich an die 60er Jahre, an Drummer wie Ringo, Charlie Watts, Keith Moon, Bonham, o.ä.

    Das sind zu hohem Anteil Drummer, die nie wirklich Unterricht genommen haben.
    Es sind nicht die "technischsten" Drummer, noch nicht mal die besten Time-Keeper.
    Aber heute feiert man das als den authentischen Sound dieser Jahre. Ringo hat ja meines Empfindens nach erst in den letzten 15 Jahren die Anerkennung gefunden.


    Ich frage halt auch, was ist authentischer Rock?
    Wenn 3 oder vier junge Leute sich mit 16 entscheiden, eine Band zu machen? Und dann ohne Unterricht, oder mit nur wenigen Stunden Unterricht rum proben, auch sub-optimalen Instrumenten und Drum-Kit ungestimmt rum-bedämpft und so "sloppy", ungenau wie sie spielen, einen Auftritt im Jugendclub machen?


    Oder wenn 30-jährige Akademie-Absolventen Rock spielen, mit ausgefeiltem Songwriting, spieltechnischen Skils, hoher Genauigkeit und auf sehr guten Instrumenten ihre Rock-Songs auf guten Studio-Aufnahmen oder auf professionell gemischten Live-Gigs abliefern?

    Gehört nicht das Rumgeeier, das rummpellige Gedrumme im Stil junger unausgebildeter Drummer nicht authentisch zum Rock?

    Ich will das nicht auf Rock begrenzen.


    Skiffel, Beat, Rock, Punk sind wohl diesbezüglich in einer Linie.

    Wie denkt ihr darüber?

    Grüße

    "Es lohnt sich, in unserem Land zu leben. Da muss man für Werte eintreten, und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen." - Walter Lübcke, 22. 8. 53 - 2.6.19, ermordet.

  • Ich denke, Authentizität hängt immer zusammen mit dem direkten Vorbild, das man in dem Fall abbilden möchte. Das kann ganz abstrakt eine Epoche/ein Genre sein, oder ganz konkret eine Band/ein Künstler. Gleichzeitig ist Authentizität ja nicht gleichbedeutend mit einem bestimmten Level an spielerischem Anspruch.


    In dem Zusammenhang fallen mir vor allem Artikulation und Sound ein, um das zu erreichen.

    Du sagst es ja selber: Wenn du Beatles oder Stones spielen willst brauchst du dir keinen Click ins Ohr stecken. Das heißt, zum authentischen Spielen gehört eine Analyse der Spielweise: on time, laid back? Welche Grooves/Fill-Ins sind üblich? Gibt es Besonderheiten? (Sagen wir z.B. bei Metallica: Hihat Top sitzt immer locker auf dem Bottom, kein Ride, oft Crashbecken auf der zwei)

    Das lässt sich denke ich auf die meisten Genres übertragen.

    Dazu kommt dann noch der Sound. Led Zeppelin brauche ich vermutlich nicht mit meinem Gretsch New Classic in 18/12/14 covern, für die Jazzcombo kann ich meine 14x7 Pearl Free Floater daheim lassen, für meine Deathmetalband nehme ich kein Jazzride mit und so weiter.

    Ich würde daher vereinfacht auf diesen drei Ebenen denken:
    1. Das Vorbild verstehen
    2. Inhalte aneignen
    3. Sound entwickeln
    (4. wäre der Vollständigkeit halber noch die Attitude, die man auf der Bühne vermittelt)

    Und ob etwas letztendlich "authentisch" ist, richtet sich wie gesagt daran, was man versucht abzubilden. Gerade für Tribute-Bands natürlich ein spannendes Thema.
    Ist das unbedingt nötig um gute Musik zu machen? Ich denke, am Ende des Tages: Nein :)

  • Meine Erfahrung mit Tribute ist, wenn der Gesang fast wie das Original ist, freut sich der überwiegende Teil des Publikums. Ob jetzt der da an den Acryltrommeln eher wie Jason Cooper oder Boris Williams klingt, war bei PiCtUREs of you zweitrangig, solange erkennbar Robert Smith zu hören ist. Puristen würden natürlich Lol Tolhurst oder Andy Andersson nennen.

    Innerhalb dieser engen Grenzen war es meine Aufgabe, das Fundament zu legen und den Laden zusammen halten. Der größte Lohn war, wenn sichtbar die Menschen vor der Bühne ihren Spaß hatten. Meine Authentizität begrenzte sich darauf, welches Fill ich spiele.

    Umso einfacher ist meine aktuelle Situation mit Filux: Frei von Vorgaben kann ich mir überlegen und vorallem ausprobieren, was ich spiele. Wegen der Samples war ein Klick bisher absolut notwendig. Dank der Verstärkung an den Tasten ist das wohl vorbei und ich freier beim Tempo.

    Da wir über der Basis festgelegter Strukturen und Abläufe improvisieren, denke und fühle ich, dass wir im Augenblick authentisch sind und das macht mir mehr Spaß als Teil einer Reproduktion zu sein.


    Was zeichnet all die oben genannten Schlagweker aus? Ein eigener Stil!

    Wer leichter glaubt, wird schwerer klug!

  • Authentisch spielt man, wenn man sich in der Stilistik auskennt und sie so wiedergeben kann, dass das Publikum das auch hört.

    Ob man an der PopAkademie war, oder mit nicht ist dafür völlig irrelevant.

    Technisch unversierte Spieler bashen halt gerne mal ausgebildete Musiker um sich selbst mehr Relevanz zu verschaffen.

    Fakt ist, auch die Ausbildung macht aus einem Langweiler höchstens einen ausgebildeten Langweiler und es gibt durchaus Leute, die irgendwie durch dieses Musikstudium kommen ohne wirklich gut zu spielen. So wie es auch komplette Autodidakten gibt, die mega gut sind.

    Die Diskussion wurde aber auch schon gefühlt 1000x geführt.

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