Beiträge von pbu

    Als ich da die Tage etwas drüber las, glaubte ich an Satire:
    Piraten fordern Wahlrecht ab zwölf
    Edit: Erwägungen dazu: http://piratenpad.de/Wahlrecht-ab-12


    Zitat

    Während des 18. Jh. wurde Jugendlichkeit verstärkt an der Pubertät festgemacht. Diese hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte zunehmend vorverlagert, sodass Mädchen ihre Menarche (Regel) heutzutage durchschnittlich mit etwa 10 oder 11 Jahren und Jungen ihre erste Ejakulation (Samenerguss) mit durchschnittlich 12 Jahren bekommen.


    Doch, das überzeugt.


    Wer den Link als Urheberrechts-Kundiger durchliest, merkt schnell, dass die Piraten von ihrem aufsehenerregendsten und wählerträchtigsten Thema selbst entweder überhaupt keine Ahnung haben, oder ihre breite potenzielle Kundschaft wider besseren Wissens fehlinformieren.


    Zitat

    In Deutschland, anders als beispielsweise in den USA, wird zwischen dem Urheberpersönlichkeitsrecht und den Verwertungsrechten unterschieden. Erstere umfassen die persönlichen Rechte des Urhebers an seinem Werk, sie sind unveräußerlich. Die Verwertungsrechte sind hingegen handelbar.
    [...]
    Die Piraten erkennen die Urheberpersönlichkeitsrechte vollumfänglich an. Diese umfassen die korrekte Angabe des Urhebers, das Recht auf Erstveröffentlichung und den Schutz vor Entstellung. Die korrekte Angabe des Urhebers ist die Grundlage für Respekt und finanzielle Wertschätzung. Sich mit fremden Federn zu schmücken ist glatter Betrug, den wir scharf verurteilen.
    Piratenpartei (CC-BY-SA)


    Das hat mich herzlich zum Lachen gebracht. Erstens sind Urheberpersönlichkeitsrechte und Verwertungsrechte nicht voneinander zu trennen. Das deutsche Urheberrecht ist nicht das US-Recht (Vermögensinteressen) plus Urheberpersönlichkeitsrechte (ideelle Interessen), sondern ein vollkommen eigenständiges System. Das Urheberpersönlichkeitsrecht betrifft das „geistige Band” zwischen dem Urheber und seinem Werk, welches sich nicht auf die gnädigerweise anerkannten Nichtigkeiten der §§ 12-14 UrhG beschränkt, sondern explizit die eigenen Abwehransprüche des Urhebers bedingt. Ein Blick auf den ersten Satz zum Thema bei der freien und imho zu Recht hochgelobten Enzyklopädie Wikipedia erhellt bereits:


    Zitat

    Das Urheberpersönlichkeitsrecht ist besonders in den §§ 12 bis 14 UrhG geregelt, strahlt jedoch darüber hinaus auch auf weitere Normen des Urheberrechts (so z. B. auf die Schadensersatzansprüche der §§ 97 ff.) aus.
    Wikipedia (CC-BY-SA)


    Zweitens versäumen die Piraten, mitzuteilen, was sie sich denn für den Fall von inkorrekten Urheberangaben so ausgedacht haben. Abmahnungen? Betrugsanzeigen? Hihi, lustige Mythenaufklärung: Bei "Diebstahl" wird sich ins Hemd gemacht, ersatzweise werden falsche ID3-Tags als "Betrug" gewertet. Jetzt mal bloß nicht spitzfindig werden.


    Drittens, vor dem Hintergrund wachsenden Gegenwinds Kulturbefasster, stellt man sich weiterhin als Anwalt der Urheber dar, wie es zynischer kaum geht:


    Zitat

    Die derzeitigen Regelungen führen trotz eines stetig wachsenden Kulturgütermarktes bisher noch selten dazu, dass die Urheber angemessen an den daraus entstehenden Einnahmen beteiligt werden. Daher setzen wir uns für eine Stärkung der Urheber gegenüber Rechteverwertern in Form eines Urhebervertragsrechtes ein.
    Piratenpartei (CC-BY-SA)


    Das macht neugierig. Die armen Urheber sollen von den bösen Vertragspartnern geschützt werden. Schließlich sind die Urheber heute ja quasi fernab jeglicher Vertragsfreiheit alternativlos gezwungen, sich von bösen Verwertern übers Ohr hauen zu lassen. Daher wohl die revolutionäre Forderung:


    Zitat

    Jeder darf selbst entscheiden, ob und wie er seine Arbeit vermarktet, er kann dabei aber nicht verlangen, dass das Gesetz nur nach seinem Geschäftsmodell ausgerichtet wird.
    Piratenpartei (CC-BY-SA)


    Wie wir alle wissen, ist das Veröffentlichen eines Werkes in eigener Sache (z.B. bei Youtube) oder das Verwerten im eigenen Vertrieb bekanntlich völlig unmöglich ;)
    Statt dieser Entscheidungsfreiheit, wie er sein Werk verwertet, soll der Urheber gezwungen werden, sein Geschäftsmodell an der Sammelgier der Umsonst-Downloader auszurichten.


    Viertens beschränkt man sich bei diesen Alternativmodellen mal wieder auf Schlagworte:


    Zitat

    Niemand verlangt, dass alle Urheber kostenlos Werke schaffen. Die Nutzer sind in der deutlichen Mehrheit bereit, Geld für Kulturgüter auszugeben. Aus diesem Grund funktionieren die meisten derzeitigen Geschäftsmodelle immer noch sehr gut. Weiterhin gibt es viele neue Geschäftsmodelle, wie Crowdfunding, Social Payment, Werbefinanzierung und den Verkauf nicht digital kopierbarer Dinge, wie Sammlerstücke, handsignierte Exemplare, Merchandiseartikel, Auftritte usw. Alle Geschäftsmodelle, welche die nichtkommerzielle Vervielfältigung unbeschränkt lassen möchten, werden von den Piraten als unterstützenswert betrachtet.
    Piratenpartei (CC-BY-SA)


    Das ist mal wirklich durchdacht. Die Urheberpersönlichkeiten sollen halt etwas herstellen, was man nicht kopieren kann, dann gibt es auch das Problem mit dem Kopieren nicht mehr. Besonders werden sich die Studiomusiker freuen, zuzüglich über die immensen Einnahmen aus Crowdfunding, Social Payment und Werbefinanzierung (warum nicht Ad-Financing?). Das überzeugt doch sofort!
    Crowdfunding bedeutet wohl, den Web-Pro-Nerds viel Geld zu bezahlen, damit sie ein Projekt bekannt und somit crowdfundisierbar machen. Social Payment wurde wohl in englisch gewählt, um den Ausdruck "um Spenden betteln" zu vermeiden. Werbefinanzierung - die Urheber sollen dem Konsumenten Werbung aufzwingen ... Es scheint unendlich viel Werbe-Potenzial zu geben, und davon haben die Konsumenten ja auch alles andere als die Schnauze bereits lange voll, wie die mangelnde Popularität von AdBlock-Software dokumentiert.


    Diese Ideen sind völlig ohne Rechtsreformen ohne weiteres heute realisierbar, jedoch dermaßen ungeeignet, dem Nichtprominenten ein Auskommen zu sichern, dass sich der Kulturschaffende bereits jetzt auf die Anrechnung zur Sozialhilfe, demnächst dann anrechnungsbefreit aufs "Grundeinkommen" freuen kann, geht es nach der Piratenpartei.


    Es bleibt dabei: Bei den Piraten herrscht im Gegensatz zum status quo und im Gegensatz zu gegnerischen Extrembemühungen weiterhin völlige Konzeptlosigkeit, abgesehen von dem Konzept, sich eine naive Wählerschaft zu sichern. Oder habe ich wieder alles falsch verstanden?

    Es pushen sich hier eh immer die gleichen Leute an irgendwelchen obskuren Links hoch -
    Drumdidi, Xian, Fwdrums, Pbu -
    wo seht ihr die Lösung?
    Bisher erkenne ich nur, daß ihr für die Beibehaltung des Status Quo inklusive totalitärer Überwachung seid.


    :?:
    Ausgerechnet denjenigen, die hier inhaltlich mühevoll persönlich beitragen und ihre thematisch-professionellen Kenntnisse und Erfahrungen teilen, wird vorgeworfen, dass sie sich lediglich an "irgendwelchen obskuren Links hochpushen"?


    Eine konstruktive Diskussion ist so wohl kaum möglich.
    Ich kriege in letzter Zeit vermehrt gesagt: "Was hängst du dich da so rein? Lass die Naivchen doch ihren Zwergenaufstand machen, die kapieren das sowieso nicht und du hast anderes zu tun."
    Dem stimme ich aber nicht zu, sondern beobachte manche erstmalige ernsthafte innere politische Auseinandersetzung sehr wohlwollend. Sogar, wenn's erst mal holpert, das ist wie beim Trommeln.


    Am status quo habe ich auszusetzen, dass grundsätzlich sofort mit deutlicher Kostenfolge abgemahnt und angezeigt wird. Eine Vorwarnung würde ich begrüßen. Ich weiß von (z.T. inzwischen arbeitslosen) Verlagsprofis, dass es über entsprechende private Aufforderungen teilweise auch so praktiziert wird.


    An der Idee der kompletten Datenauswertung habe ich auszusetzen, dass auf diese Weise die Informationsfreiheit eines jeden dadurch gefährdet würde, dass einzelne die einfachsten Spielregeln der Aufrichtigkeit und Wertschätzung nicht beherrschen.


    Gegen den status quo inklusive Einzelfall-Ermittlung, ohne generelle Überwachung, plus Vorwarnung bei Erst-Verstößen gegen geringe Gebühren, bei Wahrung der Möglichkeit des Rechtswegs, hätte ich wenig Bedenken.
    Du wolltest unter Berücksichtigung dieser "Lösung" sicher auch dein Konzept erklären, stimmt's?

    Edit
    , eventuell zuvorkommend:


    An der Idee einer behördlich gesteuerten "Kulturflatrate" habe ich auszusetzen, dass die Behörde dann wohl bestimmen müsste, was begünstigenswerte Kunst darstellt. Ich würde Künstler der Gefahr einer behördlichen Zensur ausgesetzt sehen oder mich der Gefahr, z.B. für flat berücksichtigte Rechtsrock- und Pornographie-Kultur zu bezahlen.


    An der Idee eines Grundeinkommens für Künstler habe ich über das obige hinaus auszusetzen, dass dabei für ein Konzept, das allgemein diskussionswürdig ist, scheinbar Kulturschaffende, deren Arbeit im Zweifel einen höheren Marktwert hat, als Crashtestdummies herhalten sollen.

    Dieser Semper-Mann ...


    Die ersten beiden Teile hab ich durch, die anderen werde ich heute Nacht auch noch aushalten. Als Themeninteressent lese und höre ich hier alles mit, das tun doch alle, die mitdiskutieren wollen, oder?


    Die argumentative Schwäche der Digital-Professionellen besteht oft darin, dass sie in Nullen und Einsen denken, nicht differenzieren. Schwarz oder weiß, an oder aus, pro oder contra, gut oder böse.


    Weil es Eigentum an körperlichen Dingen gibt, soll es kein geistiges Eigentum geben.
    Weil es Sachdiebstahl gibt, soll es rechtswidriges Sich-Einverleiben von Unverkörpertem nicht geben.
    Weil bestimmte Tonfolgen, Wortfolgen, dramaturgische Aufbauten usw. schon einmal da waren, soll es keine schützenswerte Kreativität geben.


    Fakt ist: Programmierer sind gewohnt, dass ihre Arbeit mit Patenten kollidiert. Wenn sich die Großen jeden Kleinscheiß (Stichwort "One-Click-Buy") patentieren lassen können, läuft man als Erdenker von Ähnlichem stets Gefahr, verbriefte Ideenrechte zu verletzen. Das stinkt vielen, die damit zu tun haben, zu Recht.


    Bei den daraus folgenden Abschaffungs-/Aufweichungsideen den gewerblichen Rechtsschutz betreffend, wird aber die Differenzierungsschwäche besonders deutlich.
    Dramaturgisten erfinden das Drama nicht neu, deshalb soll ihr konkretes Werk seinen Vermarktungswert nicht besitzen.
    Musikalische Arbeit wird mit derselben Folge auf die Komposition bereits dagewesener Notenfolgen reduziert.


    Programmierer scheinen Lösungen für ihre Existenzerhaltung gefunden zu haben, deshalb soll dies auch sonstigen Urhebern aufgezwungen werden mit der Folge einer Public-Domain-Kultur, die nicht berücksichtigt, dass man viele Werke nicht mal eben modular eintippt.


    Natürlich gibt es Literaturwerke, deren Erfolg nicht wesentlich auf ihre einzigartige Schöpfungshöhe zurückzuführen ist.
    Natürlich gibt es vermarktete Musikwerke, die in unseren Wieso berührt musik die seele ? -Thread nicht hineingehören.
    Was mit den Werken geschehen soll, ist aber die freie Entscheidung des Urhebers selbst. Die An- oder Aberkennung des kreativen Wertes obliegt nicht einer politischen Partei.


    Resultate kreativer Tätigkeit sind zuweilen als Auskehrung des tiefsten, persönlichen Inneren zu sehen und nicht als fraunhoferische Aneinanderreihung von Bits und Bytes. Wenn man dies als Leser kritikfähiger Romane anstatt ausschließlich von Gebrauchsanweisungen erkannt hat, heißt das nicht, dass man Handelsblatt- oder CDU-Fan ist!


    Zitat

    Scholl: Wie stellen Sie sich denn ein modernes Vergütungsmodell vor, das beiden Seiten, Produzenten wie Nutzern, gerecht wird?


    Hufgard: Also wir haben in Offenbach ein relativ umfangreiches Programm beschlossen, das also sehr viele Einschnitte an vielen Stellen vornimmt. Was ganz klar eine Grundbedingung für uns ist, ist, dass das Kopieren zu nicht gewerblichen Zwecken legalisiert wird, das heißt, so wie halt früher die Privatkopie aus dem Radio, von Schallplatten, Kassetten, CDs legal war, verlangen wir, dass also auch das Kopieren aus dem Internet von nicht gewerblichen Seiten zu nicht gewerblichen Zwecken vollkommen legalisiert wird. Auf der anderen Seite sagen wir halt, dass Urheber in vielen Fällen sehr stark von Verwertern in Verträgen gebunden sind, die also sehr ungünstig für sie sind, und da haben wir auch einige Punkte angesetzt, dass zum Beispiel Rechte bei Nichtausübung schneller zurückfallen, dass Buy-out-Verträge eingeschränkt werden, dass Rechte schneller an die Urheber zurückfallen, dass also auch die Urheber selber deutlich mehr Verwertungsspielraum und Verhandlungsmacht gegenüber den Verwertern wieder haben.


    Verstehe ich da etwas falsch oder wurde diese zentrale Frage _mal wieder nicht_ beantwortet? Unerträglich ...


    Edit: Unerträglich übrigens auch, dass (auch, sogar) beim Deutschlandradio nicht darauf bestanden wird, dass Fragen beantwortet werden, sondern Fragenkataloge einfach nach RTL-Manier abgearbeitet zu werden scheinen.

    Widersprüchliche Pressaussagen zur EUGH-Frage


    Financial Times 5.4.:
    http://www.ftd.de/politik/euro…s-fuer-acta/70019077.html

    Zitat

    Das Europarlament wird im Juni entscheiden, ob es Acta zustimmt oder nicht. Stimmen die Abgeordneten dagegen, ist das Abkommen tot. Die Idee, vorher den Europäischen Gerichtshof zu dem Abkommen zu befragen, soll nun doch nicht verwirklicht werden.


    Welt Online, 5.4.:
    http://www.welt.de/print/welt_…-Abstimmung-moeglich.html

    Zitat

    Die EU-Parlamentarier sollten erst die Bewertung des EuGH abwarten und sich dann auf eine eigene Position festlegen, erklärte EU-Handelskommissar Karel De Gucht am Mittwoch in Brüssel. Das Urteil der Richter werde einen "wichtigen Beitrag zur öffentlichen und demokratischen Debatte in Europa" darstellen.


    Watt'n'nu? Bleibt noch spannend ...

    Zitat

    Remo coated Emperors on tops of toms, coated
    Ambassadors on bottoms, coated Ambassadors on
    snares, clear Powerstroke 3 on bass drum batter, custom
    front head by Drumsigns.com


    Bei allen Trommeln außer den Snares sind die Resos angegeben. Watt soll's, einfach mal ausprobieren, tüfteln, gut oder schlecht finden.

    [video]

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