Also ich kann aus meiner Erfahrung sagen, dass es ganz auf den Gig und die äußeren Umstände ankommt.
Ganz grundsätzlich ist es ja auch eine Frage der Musik an sich, wie schwer man sich ins Zeug legen muss. Da macht es ja schon einen Unterschied, ob ich jetzt z.B. seichten Classic-Rock spiele, oder Technical Death Metal.
Aber grundsätzlich ist es - zumindest bei mir - so:
Wenn ich z.B. mit meiner eigenen Band spiele, mit der ich seit langem regelmäßig probe, wo ich ggf. die Songs mitgeschrieben und arrangiert habe etc., dann fällt mir auch der Gig leichter und ich kann mich eher gehen lassen weil ich die Strukturen und Abläufe verinnerlicht habe.
Ich denke, in dieser Hinsicht ist es dann einfach reine Übungssache, dass man relativ blind durchs Set kommt.
Wenn ich hingegen als Sub oder für einzelne Sessions gebucht werde, oft auch sehr kurzfristig, sieht die Situation in der Regel so aus, dass ich mir die Songs vorab selber draufschaffen muss und man vorher ggf. nicht mal eine Probe hat, manchmal nicht mal die Leute kennt mit denen man da auftritt. Bei Coverbandgeschichten sind das dann teils auch mal 3-4 Stunden Nettospielzeit nach Sheets und/oder mit Talkback (also kurze Cues aufs Ohr).
Da ist es inhaltlich dann in der Regel einfacher, man muss aber viel mehr auf die Abläufe, besondere Arrangements oder spontane Mitmachteile aufpassen und dabei die Konzentration hochhalten, die über den Abend schon allein aufgrund der schieren Menge an Material sehr belastet wird.
Ein Beispiel vom letzten Monat, wie das dann in etwa aussieht: Ein Freund und Kollege (Gesangslehrer), hat ein Klassenvorspiel organisiert. Liveclub angemietet, Band (Dr., Bass, Keys, Gtr.) gebucht und wir sollten als Band seine Schüler:innen begleiten, das waren insgesamt knapp 25 Stücke, querbeet von Rock, über Pop, zu Soul, Funk, Metal und Jazz, verteilt auf zwei Sets, zusätzlich noch ein paar Ensemble-Stücke. Ca. 90 Minuten Programm.
Leadsheets und Setlist gabs nen Monat vorher, am Tag selber war dann mit allen nach dem Aufbau und Soundcheck eine Durchlaufprobe (also jedes Stück angespielt, Problemstellen besprochen, und weiter zum nächsten) und nach einer kurzen Pause wurde das Programm gespielt.
Dazu muss man sagen, dass wir als "Band" so auch sonst nicht zusammen spielen, wir mussten also erstmal unseren Sound finden, uns abstimmen und Arrangementfragen klären, bzw. on the fly überlegen wie wir z.B. umsetzen, dass eine Schülerin halt ein Bigband-Arrangement samt Streichermelodien aufführen wollte.
Und dann hat man es ja nicht Profi-Vocalisten zu tun, sondern teils mit Kindern, und die meisten sind natürlich schrecklich nervös, haben teilweise noch nie auf einer Bühne gestanden, erst recht nicht mit einer Band - da muss man zualledem also auch manchmal jemanden einfangen (Ablauf/Tempo/Einsätze geben) zu Stücken, die man eben selber erst das erste mal gespielt hat.
Am Ende hat alles gut geklappt und vorne hat sicher niemand gemerkt, wenn wir uns mal verdaddelt haben, aber um auf den Punkt zu kommen: Das sind dann die Jobs, die schon eher an die Substanz gehen (Aufbau 12h, Probe 14:00, Konzert 18:00-20:00) als ne schnelle 30-45 Minuten Rutsche z.B. auf einem Festival oder im Club mit der eigenen Band.
Generell gibt es, ob Profi oder nicht, ganz elementare Skills die einem helfen durch den Gig zu kommen - und das wären in meinen Augen: Routine, Entspanntheit und Kommunikation, nicht zuletzt aber natürlich eine hohe Sicherheit am eigenen Instrument.
Sobald ich in der Lage bin, auf der Bühne mit den anderen Kontakt aufzunehmen und Unsicherheiten zu klären oder Einsätze abzuchecken, nimmt man viel Luft raus. Schaut mal Livekonzerte an, in denen z.B. viel soliert wird und achtet kurz vorm Ende mal auf die Gitarristen. Das is meistens ein kurzer Blick über die Schulter, manchmal nur ein kurzes Heben der Gitarre - aber dann ist die Sache für die Band klar.
Und wenn ich die Routine habe, locker zu bleiben und nicht gleich die Krise zu kriegen wenn ich mich mal verspielt habe, finde ich vermutlich auch schnell wieder rein und kann meinen Murks überspielen, so dass es vorne gar nicht auffällt. Frei nach dem Motto "Lächeln und Winken" (da wären wir dann auch wieder bei Lars Ulrich :)).
Hilfreich ist dann natürlich, wenn man sich nicht übernimmt und - das hat jemand weiter oben schon sehr gut gesagt - die Songs im Proberaum schon nur hart an der Grenze fehlerfrei spielen kann. Hier hilft z.B., die Songs mal von vorne bis hinten ohne Band aus dem Kopf zu spielen (also nur Drums, samt mitsingen) oder als Band (oder allein) mal 10-15% schneller zu lernen. Beides trägt dazu bei, dass man dann auf der Bühne, wenn man sich oder andere nicht gut hört und ggf. nervös ist, sicherer wird.
Hoffe das hilft 