2. Widersprüche innerhalb der Bibel
Es gibt in der Bibel und ebenso in den anderen "heiligen Büchern etliche Widersprüche. Allerdings ist fraglich welche Signifikanz sie hinsichtlich des (ursprünglich) vorgestellten unvorstellbaren (weil verborgenen) Gottes besitzen. (Man sieht: der Widerspruch bzw. die Paradoxie liegt schon im Ursprung.) Ich meine: eigentlich gar keine. Sie sind nur wesentlich für die Einschätzung von Glaubensgemeinschaften, deren Grundlage die jeweiligen "Heiligen Schriften" bilden. Also deren Auslegung und Umgang mit den Inhalten dieser Schriften. Ob sie z.B. als wortwörtlich wahr oder allegorisch aufgefasst werden sollen.
Was ist denn die Bibel? Das alte Testament ist eine Sammlung von Mythen, Legenden und Berichten über möglicherweise tatsächlich sich ereignet habende Geschehnisse, die zum Teil über Jahrtausende mündlich überliefert wurden, dabei quer durch die verschiedendsten Völker und Kulturen wanderten und endlich so um das Jahr -600 aufgezeichnet wurden.
Schon die Sumerer glaubten, der Mensch sei aus Erde geschaffen (weil die Götter dringend Personal brauchten), bei den Ägyptern war es ähnlich und so ganz von der Hand zu weisen ist es ja auch nicht, denn letztlich stammen alle unsere Bestandteile aus der der Erde, nur dass der Weg zur menschlichen Gestalt eben ein wesentlich längerer war, als der in den Mythen beschriebene. Die Sintflutgeschichte findet sich bereits im Gilgamesch-Epos und (wenn man so will) auch der Sündenfall (als Verführung des Enkidu durch die Tempelhure). Es ist klar, dass diese Geschichten auf ihrem langen Weg von Mund zu Mund und Volk zu Volk sich veränderten und am Ende etliche Versionen von ihnen existiert haben werden, deren gleicher Ursprung mitunter vielleicht kaum noch zu erkennen war. Alles in allem erfahren wir aber auch hier nichts über die Beschaffenheit des (mal als existent vorausgesetzten) Gottes, denn das wäre angesichts seiner einzigen "erkennbaren" Eigenschaft, der Verborgenheit auch gar nicht möglich. Wenn also der eine Prophet behauptet Gott sei soundso und der andere das genaue Gegenteil, dann sagt das zwar etwas über die Erzähler, nichts aber über den Gott.
Mit dem neuen Testament verhält es sich ganz ähnlich, denn es sind ja keine Zeitzeugen, die hier berichten und die Existenz des Jesus Christus ist historisch bis heute nicht eindeutig nachgewiesen. Was man aber weiß, ist, dass es eine ganze Reihe von Predigern seines Typs in der fraglichen Zeit gegeben hat. Und ganz offensichtlich gab es (mit einiger Verspätung und aus welchen Gründen auch immer) einen Bedarf nach der "Message". Clevere Kerlchen, die sogenannten Apostel, erkannten die Marktlücke und mixten aus möglicherweise ganz unterschiedlichen Personen und Ereignissen den Jesus-Cocktail - Wohl bekomms! Man sollte also nicht alles, was man dort liest, für bare Münze nehmen, andererseits aber auch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.
Mit der eigentlichen Message war es sowieso längst vorbei, als das Christentum sich (endlich?) etablierte. Erstens hatte es - angefangen spätestens mit Paulus, da bereits etliche Transformationen hinter sich und zweitens hätte es nie einen reichen Christen geben dürfen und schon gar keinen christlichen Kaiser, denn wie steht es geschrieben: "Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Himmelreich kommt."
3. Widersprüche zwischen Bibeltexten und naturwissenschaftlichen Erkenntnissen
Mal ganz abgesehen davon, dass die Mythenschöpfer, zu unseren naturwissenschaftlichen Erkenntnissen gar nicht gelangen konnten, finde ich die Genesis erstaunlich treffsicher, zumindest was die chronologische Entstehung der Welt und ihrer Wesen angeht. Dass die Lücken zwischen den einzelnen Stufen der Evolution kurzerhand mit "Gott" gefüllt wurden, ist doch eigentlich ein genialer Trick - man ersetzt etwas Unerklärliches durch etwas Unerklärliches und erklärt, dass genau das die Erklärung sei.
Langer Rede Kurt'ser Sinn: Weder lässt sich beweisen, dass es einen Gott gibt, noch dass es ihn nicht gibt. Sowohl These als auch Antithese sind und bleiben eine reine (Un-/Aber-)Glaubensfrage (Alles ist Eins). Was es ganz gewiss gibt, sind Grenzen menschlicher Erkenntnis und damit ein "Jenseits" dieser Erkenntnis. Dessen unerkennbaren Inhalt kann man nun nennen wie man will, weil man ihn ohnehin nicht beschreiben und nicht begreifen kann, am wenigsten wahrscheinlich durch Begriffe. Man kann auch von ihm glauben was man will, und ihm alle möglichen Eigenschaften zuschreiben, sofern man anderen damit nicht auf die Nerven geht, denn ein solcher Glaube kann zwar freiwillig geteilt werden, nie aber einen Anspruch auf intersubjektiv gültige Wahrhaftigkeit erheben. Strengstens verboten ist das Erheben jedweder Exclusivansprüche, sowohl bezüglich der Idee, als auch der Wahrhaftigkeit, der ihr zugeschriebenen Eigenschaften. Christlich, jüdisch, muslimisch, atheistisch, pantheistisch sein zu können ist eine rein menschliche aber keinesfalls eine göttliche Eigenschaft. Es gibt also auch keinen "christlichen" Gott, sondern bestenfalls eine christliche Weise der Gottesverehrung.
Fassen wir zusammen:
Es gibt keinen "christlichen" Gott, ebensowenig wie es einen jüdischen, oder einen islamischen Gott gibt. Alles was an einer dieser Religionen, christlich, jüdisch oder islamisch ist, - die spezifische Gottesvorstellung, (obwohl es hier eigentlich keinerlei Unterschiede geben dürfte), die Form der Gottesverehrung und die jeweilige Auslegung eines, diesem Gott unterstellten Willens hinsichtlich des Verhaltens der Gläubigen - ist auf der rein menschlichen Seite der einzelnen Religionen zu verorten, der Gott ist davon nicht betroffen. Menschen gehören Konfessionen an, sie "bekennen" sich, dass irgend ein Gott so etwas je getan hätte wäre mir neu.
Unterschiedliche Vorstellungen dieses Gottes, sind, wenn man die ursprüngliche Idee hinreichend eng fasst, eigentlich komplett ausgeschlossen, weil der monotheistische Gott sich als verborgener ja gerade durch Unvorstellbarkeit auszeichnet und im Grunde genommen gar keine Vorstellung von "sich" zulässt. Offensichtlich ist eine solch abstrakte Gottes(un)"vorstellung" dem Menschen aber nicht zureichend, weil sie ihn vor dem Unfassbaren fassungslos zurück lässt. Der Gott wird also - in unterschiedlichen Graden - vermenschlicht. Er wird zum Gemeindemitglied - "geshanghaied".
Das, was er eigentlich symbolisiert, ist nicht mehr und nicht weniger als Transzendenz. Er ist unsichtbar, unerklärlich, Weltgrund, Ding an Sich, Nous, Nirvana, Weltgeist, whatever. Er ist die axiomatische Antwort auf die Frage nach dem "Warum" der Welt. Der ganze Verehrungsklimbim ergibt sich womöglich aus gekränkter menschlicher Eitelkeit: UNS erschaffen und dann einfach links liegen lassen? So einfach kommen sie uns nicht davon mein lieber Herr-Gott. Vielleicht stört auch der unangenehme Gedanke, dass wir Menschen, als - ach so intelligente Spezies, unseren Ursprung in etwas haben sollten, das blöd ist, wie 'ne Scheibe Toastbrot und an seiner "Schöpfung" vollkommen desinteressiert.
Zu guter letzt: Ein transzendenter Gott kann weder bewiesen noch widerlegt werden. Einen nicht transzendenten könnte man immerhin dann beweisen, wenn man ihn zu fassen bekäme. Oder? Also z.B. Schwänen oder Stieren so lange mit dem Kochtopf drohen, bis endlich einer von ihnen gesteht, dass er Zeus ist.