9:36 Uhr: Der Fahrstuhl hält in der dritten Etage, in der ich mein Büro habe. Trotz des Wochenanfangs bin ich guter Dinge.
9:37 Uhr: Die Sekretärin ranzt mich an, wo denn bitteschön mein Reisepass für das Chinavisum sei, so ginge das ja gar nicht und überhaupt, wie ich mir das denn vorstellen würde. Ich zu ihr: "Guten Morgen! Der Pass müsste eigentlich heute von der russischen Botschaft zurückkommen..."
Sie zu mir: "Du hast aber als Reisedatum Januar angegeben, der kommt frühestens nächste Woche. Du brauchst einen zweiten Pass!"
9:45 Uhr: Die Heimseite meines zuständigen Einwohnermeldeamtes informiert mich über die Möglichkeit, einen vorläufigen Reisepass bei Bedarf am Beantragungstag ausgestellt zu bekommen.
10:55 Uhr, 26 km nordöstlich meines Büros: Ich bekomme am Empfang meines zuständigen Einwohnermeldeamtes die Nummer 112. Der Monitor an der Wand informiert mich darüber, dass noch 39 Nummern vor mir dran sind. Ich sehe das Positiv: 39 Möglichkeiten, meinen Stehplatz gegen einen Sitzplatz im Wartebereich zu tauschen.
11:32 Uhr: Die Sitzplatztheorie entpuppt sich als totaler Schwachsinn und das übrige wartende Publikum als Hydra: Für jeden der aufsteht, werden zwei Plätze besetzt. Wie das geht? Keine Ahnung...
12:14 Uhr: Der freundliche und sehr bemüht wirkende Sachbearbeiter unterrichtet mich darüber, das der vorläufige Reisepass an irgendeinem November irgendeines Jahres abgeschafft wurde. Wie, der steht noch im Internet? Muss ein Irrtum sein! Statt dessen bietet man mir einen so teuren wie nutzlosen Expresspass an. Der wäre so spät verfügbar, dass ich für die notwendigen Visa-Formalitäten in der Zeit rückwärts reisen müsste.
12:19 Uhr: Auf mein drängendes Nachfragen und meinen Verweis auf die Informationen der Heimseite ebendieses Amtes einerseits und die Dokumentation der Dringlichkeit dieser Angelegenheit per Schreiben meines Arbeitgebers andererseits, telefoniert der freundliche und sehr bemüht wirkende Sachbearbeiter mit dem Ressortchef Passangelegenheiten. Ergebnis: Den vorläufigen Reisepass gibt es nicht mehr, statt dessen bietet man mir besagten Express-Pass an, der jetzt allerdings noch einen Tag später verfügbar ist, weil es ist ja schon 12:00 Uhr durch...
13:10 Uhr, Flughafen zwischen Büro und Einwohnermeldeamt: Der BGS-Beamte erklärt mir, dass die dort ausgestellten Not-Pässe nur für Reisen innerhalb der EU gültig seien.
13:45 Uhr: Zurück im Büro sehe ich, dass die Heimseite meines zuständigen Einwohnermeldeamtes noch geöffnet ist. Sie informiert mich darüber, dass wenn der Bedarf für einen Express-Pass zu eilig ist, ein vorläufiger Reisepass ausgestellt werden kann. Etwas Ungutes in mir veranlasst mich, bei meinem zuständigen Einwohnermeldeamt anzurufen und mich zum Ressortleiter Passangelegenheiten durchstellen zu lassen.
13:47 Uhr: Der Ressortleiter meldet sich. Ich: "Gibt es eigentlich den vorläufigen Reisepass noch?" Er: "Kommt drauf an." Ich: "Wie jetzt?" Er: "Nur in ganz eiligen Fällen." Der Werbekugelschreiber in meiner Hand zerbröselt schlagartig in seine Einzelteile...
13:53 Uhr: Ich finde langsam vom hysterischen Kreischen wieder in meine normale Tonlage zurück. Der Ressortleiter bietet mir an, morgen früh direkt in seinem Büro den gewünschten vorläufigen Reisepass auszustellen...
t.b.c.