Wir sind da ja gerade erst am Anfang und ich habe vor 20 Jahren nur selbst Beigebrachtes gespielt. Und wahrscheinlich alles falsch gemacht was geht. Dynamischen spielen war da auch nicht angesagt.
Ich kann Dich in Deiner Frustration absolut verstehen. Wenn ich mir Deine Drummer-Vita so anschaue, gibt es da zwischen uns einige Gemeinsamkeiten. Ich bin jetzt 46, habe früher auch als Autodidakt in einer Rockband geklöppelt. Da hatte ich nicht den Hauch einer Ahnung dass es so etwas wie Rudiments gibt.
20 Jahre war dann Sendepause, da hatte mich die Techno-Welle erwischt:).
Vor 2 Jahren hatte ich mir dann wieder ein Schlagzeug gekauft, mich mittlerweile (zumindest als Höhrer) dem Jazz gewidmet.
Durch Youtube und Konsorten eröffnete sich mir ein ganz neuer Kosmos: Ich hörte erstmals von Rudiments und überhaupt, Grifftechniken! Mir war dann, wie Dir auch, klar, dass ohne einen Lehrer nix geht. Seit einem Jahr nehme ich also Unterricht im Jazz-Drumming. ALs Vollzeit-Arbeitender schaffe ich es etwa auf 2 Stunden alle 2-3 Tage + Bandprobe.
Das letzte Jahr war ein Jahr voller Frustrationsmomente - vor allem wegen meiner linken Hand! Das fühlte sich teilweise an, als wenn sie nicht mir gehören würde, wie ein Alien, das mir einfach nicht gehören will. Mittlerweile gibt es aber Fortschritte, und in diesem Thread sind auch schon viele sehr gute Hinweise gegeben worden, die ich vollsten bestätigen kann. Was mir geholfen hat:
1. Fokus auf Qualität, nicht auf Quantität! Mein Lehrer hatte im ersten halben Jahr mit (fast) nichts anderes gemacht, als meine Bewegungsabläufe in langsamsten (!!!) Tempo zu schulen. Upstrokes, Downstrokes, immer und immer wieder. Dann Fingertechniken, "den Stock einfangen", Kontrolle über Stockhöhe, auch meine Körperhaltung beim Spielen! Das hat absolut keinen Spaß gemacht, aber musste ich ein halbes Jahr durchziehen.
2. Rudiments, und zwar langsam! Man braucht nicht alle zu lernen, für mich waren Single- Double-Strokes, Paradiddls 5- und 6-Stroke-Rolls erstmal ausreichend. Das interessante war: Ich hab in den Bandproben den Effekt nach ca. einem halben Jahr bemerkt. Ich habe die Rudiments nicht unbedingt schneller spielen können, aber LOCKERER! Und das hatte dann dazu geführt, dass ich in den Proben plötzlich die Fills schneller (und präziser) spielen konnte.
3. Jazz am Schlagzeug zu spielen und zu lernen schult automatisch die linke Hand, auch wenn man kein Jazzer ist. Nach einem halben Jahr beschäftigte ich mich mit dem Comping der linken Hand. Und auch da eine interessante Erfahrung: Beim Swing ging mit der linken Hand plötzlich nix mehr, obwohl ich bei normalen 4teln auf dem Ride mit der linken Hand flüssige Double Strokes spielen konnte (also Triplets --> RLL). Ich bemerkte was passiert, wenn man verkrampft. Einzige Lösung: LANGSAM üben, mit viel Geduld, das hatte fast ein halbes Jahr (also bis heute) gedauert, bis die Triplets mit dem Swing laufen. Im Englischen nennt man das "muscle memory". Und da ist die Entwicklung noch lange nicht zu Ende. Derzeit bin bei ca. 120 bpm, Ride Patterns mit der rechten und Tripplets mit BassDrum und linker Hand (B-L-L).
Der Vorteil beim Jazz ist, dass man gezwungen ist, eine gewisse Lockerheit in die linke Hand zu bekommen. Auf die Stockhöhe und die Grifftechnik zu achten. Ansonsten läuft das Comping einfach nicht rund.
Ich war gestern auf einem Jazz-Konzert hier in Berlin. Und es ist immer noch und immer wieder frustrierend wenn man die linke Hand von Profis sieht und hört. Aber ich habe gelernt, mit kleinen Fortschritten zufrieden zu sein. Mittlerweile spiele ich in einem Jazz-Quartett und freue mich darüber,mir in meinem Alter noch mal diese Möglichkeit erarbeitet zu haben.