Ginger Baker - und das galt auch schon vor seinem Tod - war einer der ganz Großen. Es gibt durchaus zulässige Argumente, dass er einer der Größten war.
Selbstverständlich ist der Hinweis erlaubt, dass Ginger Baker nicht den klassischen oder heutigen Regeln der Höflichkeit entsprochen hat. Und selbstverständlich wirkt ein solcher Schlagzeugstil aus heutiger Sicht weniger wie eine stilistische Idiosynkrasie, sondern grob falsch.
Aber Ginger Baker ist ein Household Name. Er ermöglicht Gespräche über Schlagzeug mit vollständig fachfremden Personal wie Gitarristen, Bassisten, Techno-DJs, der eigenen Großtante oder Fler. Starr, Watts, Bonzo kennen die, weil sie in sehr bekannten Bands gespielt haben. Ginger Baker ist bekannt als Ginger Baker. Seine Bands und Kollegen kennt kein Schwein. Niemand hat sich je die ja gar nicht so vielen Cream-Platten vollständig angehört. Und das Eric-Clapton-Publikum weiß noch nicht einmal, wer Eric Clapton ist. Die halten den für den Mann mit dem Beerdigungslied.
Vinnie Colaiuta, Max Roach, Simon Phillips, Steve Smith, Greb - die kennt außer uns keine Sau.
Ich bin sehr dankbar für den Hinweis auf die damalige Ausbildungssituation in Bereich der populären Musik und das damit verbundene Autodidaktentum - das Ginger Baker aber zu einer nie dagewesenen Exzellenz geführt hat. Sein Schaffen mit Fela Kuti ist zwar eher randständig, gleichwohl handelt es sich um seriöses Musikschaffen, das den Vergleich in Sachen Erfindungsgeist mit naheliegeneren Namen wie Miles Davis nicht zu scheuen braucht.
Ich habe wegen Ginger Baker angefangen, Schlagzeug zu spielen. Die LP-Aufnahme von "Toad" war das Ding überhaupt. Ich war damals noch sehr klein. Nie hatte ich etwas gehört, das lauter und mächtiger war.
Ich habe Schlagzeug dann mitten im Zeitalter der Sequenzer gelernt, im Zeitalter der größten Entkörperlichung von Musik, Dave Weckl hat deswegen immer noch Schmerzen in den Pfoten. Ginger Baker blieb der Nordstern.
Das unbarmherzige Verfolgen einer künstlerischen Vision, wie es Ginger Baker zum Exzess betrieben hat, wirkt natürlich vollständig geisteskrank.
Ginger Baker hat mal ein Tutorial-Video gemacht, die damals wahrscheinlich noch "Lehr-DVD" genannt wurde. Darin raucht er ununterbrochen, schreit in die Kamera und empfiehlt zur Stärkung der linken Hand das Einschlagen von Nägeln in Holz mit eben jener.
Der Rest besteht aus der Nacherzählung von Dingen, die er in Afrika beobachtet oder praktiziert hat. Es handelt sich dabei um Erkenntnisse, der er ziemlich exklusiv hat. Man muss dem nicht folgen, kann es ja auch gar nicht, aber es hilft immens bei der Annäherung an eine Musikkultur, in der es nur wenige Eingeweihte gibt.
Ginger Baker war nicht der Größte. Aber einer der wenigen.