Wenn's leicht wär', würd' ich's selber machen...
Kritiken schreiben ist ein schwieriges Geschäft. In der Regel ledet die Qualität, je weiter das Medium von der Musik entfernt ist. Ausnahmen bestätigen die Regel. So gibt's in der FAZ und SZ einige gescheite Leute, die kompetent über Musik schreiben können - und nicht nur über Klassik. Meistens findet man Fundiertes nur in Musikmagazinen, aber auch dort nicht in allen. Doch je weiter man aus der Champions League nach "unten" geht - sprich: zu Lokalzeitungen, Stadtmagazinen etcpp., desto dünner wird die Luft. Man kann Glück haben und auf Journalisten treffen, die sich aufgrund ihrer persönlichen Vorlieben in der Materie gut auskennen, doch ist das die Ausnahme.
Aah - da war doch noch was
Eine kleine Anekdote zum Thema: Vor zwanzig Jahren hat ein Journalist für Lokales, Jugend und Musik (das waren seine Arbeitsfelder) u.a. wöchentlich Musikkritiken geschrieben. Der Besagte wurde von den Plattenfirmen ordentlich bemustert, so daß er mehr als 5.000 LPs sein eigen nannte, von denen er weniger als 100 selbst gekauft hatte. Jeden Morgen gab's Päckchen von der Plattenindustrie. Unser Protagonist hat für Konzerte, die ihn nicht interessierten die Pressekarten verschenkt. Fast verschenkt, denn die Gegenleistung bestand aus einem Artikel, den er unter seinem Namen veröffentlichte.
Außer Rand & Band
Ich erinnere mich noch sehr gut an eine von ihm persönlich - wirklich von ihm - verfasste TOTO-Kritik. Er schrieb, daß TOTO in ihrem Schaffen nicht über "ausgeleierte C-Dur-Kadenzen" hinaus gekommen wären. Man mag TOTO lieben oder hassen und man kann ihnen auch allerhand vorwerfen, aber genau DAS kann man Ihnen nicht vorwerfen, daß sie harmonisch nichts drauf hätten. Mich hat damals die Dreistigkeit erstaunt, mit der unser Freund das veröffentlichte. Er selbst wußte nämlich definitiv nicht, was eine Kadenz ist, geschweige denn, aus welchen Harmonien die von ihm zitierte "ausgeleierte" bestehen sollte.
Die dümmsten Bauern...
Sein konsequentes Nicht-Wissen stand seinem Aufstieg als angesehener Vertreter der Musikjournaille nicht im Wege. Er - oder wer auch imer - schrieb kurz darauf für eine nationale Musikzeitschrift und wurde später in die Jury der Phonoakademie berufen, die den Deutschen Musikpreis verlieh. Das war damals die angesehenste Auszeichnung. Spätestens hier hatte ich den Glauben an das Gute im Menschen verloren - ich war damals auch noch jung.
Seit dem ärgere ich mich nur noch ab & an über verunglückte Kritiken. Was soll denn auch noch kommen?
Keep On Groovin'
fwdrums