Die Mainstream Pop-Acts sind auch nicht die grossen Verlierer der Entwicklung. Es sind die kleinen Spartenmusiken, denen die Exitenzgrundlage entzogen wird.
Es sind die Acts, die früher mal vielleicht 10.000 Alben verkauft haben und heute nicht mehr. Es sind die acts, die keine Möglichkeit haben, wegbrechende Umsätze bei den Tonträgern durch Verkauf von Merchandise, Werbung etc. aufzufangen. Lady Gaga & Co können das. Aber wer würde denn im grossen Stil T-Shirts von "unbekannten" Bands kaufen?
Nur mal so zur Verdeutlichung: Als Madonna 2005 ihr Album rausbrachte, wurde die gesamte Promopower der Major Firma in der Schweiz nur für Madonna reserviert. Alle anderen erscheinenden Releases in dieser Zeit wurden nur noch nebenbei mit gezogen. Das relativiert auch imho einiges von legendärem Erfolg so manches "Superstars"...
Was die ganzen Schimpfer auf das böse Business nicht begreifen ist, das sie durch ihr Verhalten diese Konzentration auf einige Wenige noch befeuern. Geschädigt werden da weder die Topverdiener auf den Chefsesseln der Majors noch die Madonnas, Lady Gagas dieser Welt. Es ist auch völlig ok, das es die gibt. So wie viele Leute auch gerne zu McDonalds gehen, mögen auch viele Einheitskost bei der Musik. Das ist ihr Geschmack. Das meine ich jetzt auch nicht wertend.
Aber wenn wir das mal analog zur Essenswelt darstellen, fürht die Entwicklugn der letzten 15 Jahre dazu, das es neben McDonalds halt keine feinen Restaurants mehr gibt. Alle gehen nur noch zu McDonalds oder wollen ihr Essen für umsonst. Das kleine, feine restaurant kann aber weder sein Essen für lau, noch für wahnsinnig wenig Geld anbieten. Man kann auch nicht über Zusatzeinkünfte aus anderen Tätigkeitsfeldern sein kleines Restaurant über Wasser halten und trotz defizitärer Einkommenslage am Leben halten. Folglich macht man das kleine Restaurant zu.
Zitat
Bei kleinen Acts guter Qualität dagegen sind oft die Fans sehr loyal (u.a. auch durch das Internet) und wissen, dass illegales Hören den Musikern schadet.
Würde ich gerne glauben - Es ist wahr, das es noch einige Leute gibt, die loyal sind (das ist auch Musikgenre abhängig), die stellen aber eben nur einen sehr kleinen Teil dar und alles drumrum fällt weg. Die sorgen aber für den entscheidenden Unterschied zwischen "Produktion erreicht gerade mal im besten Fall einen Break even" oder einem Gewinn.Das erklärt dann, warum bei solchen Produktionen früher noch 10.000 Alben verkauft wurden, heute nur noch 1000. Die 1000 sind die Loyalen. Diese Verringerung macht deutlich mehr aus als der Einbruch von 600.000 Alben auf 300.000 hinsichtlich der Bedeutung für die berufliche Existenz eines Musikers.
Ich erinnere auch mal nochmals dran, das ich in diesem thread auch schon mal von jemand als jemand tituliert wurde , der sich dann ja wohl für was besseres hält, weil er seine Musik/Filme noch legal bezieht...
Vor 10 Jahren war es noch möglich, das man von einem Label (ich rede jetzt von Indie nicht von Major) einen kleinen Betrag für die Produktion bekam, so dass man nicht alles in Vorkasse finanzieren musste.
Genauso hatten solche Labels noch Gelder für Promo etc.
Heute kriegst du keinen Cent mehr im Voraus, Promo/Werbung musst du als Musiker grösstenteils selber machen.
Jetzt kommt immer die Aussage, das Internet schaffe so viele neue Möglichkeiten, seine Band zu promoten, sich Gehör zu verschaffen.
Auf den ersten Blick stimmt das zwar. Im Gegensatz zu früher kannst du ohne eine Firma dahinter deinen Kram über Youtube, MySpace, Facebook etc. pp der "breiten" Öffentlichkeit präsentieren. Nur diese "Öffentlichkeit" ist trügerisch.
Fakt ist aber, das in der Praxis sich nach wie vor überwiegend nur das durchsetzt/behauptet, nur das "Erfolg" hat (und ich meine mit Erfolg nicht nur pekuniäre Erfolg sondern auch Bekanntheit, Gigs etc. pp) ,was traditionelle Kanäle nutzt.
Du musst einen Release bei einem Label mit entsprechendem Gewicht haben
Du musst mediale Öffentlichkeit in Presse und (vor allem) TV herstellen
Du musst im Radio gespielt werden.
Du musst u.U. in den Charts auftauchen (und zwar möglichst in den Top Ten, Minimum in den Top 30)
Du musst bei einem bedeutendem Booker landen (wo du i.d.R. nur mit Major Release und oder entsprechender medialer Präsenz in Presse, TV & Radio landest)
Diese Aspekte sind für deinen Erfolg, dein Erreichen einer Öffentlichkeit viel wichtiger, viel entscheidender als jegliche Internetpräsenz.
Man muss nicht alle erreichen (Charts bei nicht Mainstream ist schwer), aber man muss in diesen Bereich punkten, um seine Musik wirklich in die Öffentlichkeit zu bringen. Das Web ist da relativ erfolglos.
Dem gegenüber stelle ich mal die angeblich so bedeutende Internetpräsenz:
Erfolg über Youtube, der in der realen realen Welt einen wiederhall findet und sich nicht nur als "Youtube-Star" abspielt: sehr überschaubar
Erringung grosser Bekanntheit über MySpace/Facebook & Co: sehr überschaubar
Präsenz über eigene Website etc.: Träum weiter! Alle Webstatistiken sprechen dagegen.
Es gibt mittlerweile einige Untersuchungen zu dem Thema, inwieweit man aus dem nichts über das Web eine Musikkarriere, eine Bekanntheit erlangen kann.
Fazit ist: die wirklich funktionierenden Kanäle sind und bleiben die traditionellen Wege.
Wer seine Musik nur über das Web promotet, nur seine Songs über das Web verschenkt (was ja so einige fordern, das das Musiker gefälligst zu tun haben), wir im hier und jetzt keine zahlreichen Gigs kriegen, keine grosse mediale Beachtung finden, die dann Synergieeffekte hat. Man nenne mir mal bitte echte Beispiele, wo das funktioniert hat.
Mir sind keine bekannt.
Das Web ist für uns Musiker zwar eine Möglichkeit, uns zu präsentieren. Die Bedeutung der Web Präsenz, der Web Öffentlichkeit ist in ihrer Nachhaltigkeit und in ihrer Wahrnehmungsstärke ist aber leider nur ein Bruchteil der konventionellen Welt. Deshalb kann auch der angeblich von der Knechtschaft der Musikindustrie befreite Musiker nicht durch die Präsenz im Web das kompensieren, was er durch das Web verloren hat, sofern man weiterhin den rechtsfreien Umgang mit Musik erlaubt.
Übrigens ist die gesamte Umstellung der GVL auf reine nutzungsbezogene Abrechnung ein weiterer Grund, warum es dringend nötig ist, das die Nutzung von Musik im Web honoriert wird.
Die zerstört nämlich gerade schon wieder eine Einkommensgrundlage vieler Musiker, gerade für die, die in Spartenmusik unterwegs sind. Da deren Musik grösstenteils nicht im Radio und TV gespielt wird, kriegen die jetzt gar nix mehr von der GVL.
Würde die Webnutzung vergütet, dann könnte es wieder interessanter werden, seine Musik über das Web zu verbreiten. Zur Zeit spiegelt sich ein Weberfolg nicht in der realen Welt wieder.
Zitat
Bei kleinen Acts guter Qualität dagegen sind oft die Fans sehr loyal (u.a. auch durch das Internet) und wissen, dass illegales Hören den Musikern schadet. Die kaufen sich daher die Musik. Ich zB kaufe mir ausschließlich Musik. Und zwar deswegen, weil das ein Ritual ist, es die Wertschätzung fördert und ich mich drüber freue. Ich kaufe mir auch die Musik und die Bücher von Freunden. Und so machen es viele die ich kenne. Eigentlich fast alle. Es gibt auch die Umsonst Downloader, die erstmal hören wollen, ob ein Album gut ist. Wenn ja, kaufen sie es. (Schlechte Alben haben sie dann zwar illegal geladen sie hätten sie aber auch sonst nicht gekauft).
lg
max
Ich würde es dir wirklich gerne glauben. Meine Erfahrungen damit sind leider anders. Ich kenne so viele "fans", die alles von ihrer geliebten Band gesaugt haben.
Ich erlebe Leute, die dir im Backstage erzählen, wie toll deine Musik ist, die Platte aber gebrannt oder gesaugt haben.
Und wo ich mich auch bei Kollegen umhöre, ALLE leiden unter dieser Entwicklung.
Und es führt definitiv dazu, das manche Platten gar nicht mehr gemacht werden. Vor allem in den Musiksparten, die schon früher keine tausenden Platten verkauft haben.
Folglich führt das Web eben nicht zu einer grösseren Bandbreite, zu mehr Angebot, sondern zu einer starken Verengung auf Mainstream Musik.
Das wird nur dadurch kaschiert, das das Web überfrachtet ist von dritt- und viertklassiger Musikdarbietung. Das sieht nach riesem Angebot aus - ist aber zu grossen Teilen Zeug, was früher nie den Proberaum verlassen hätte...
Aber wenn ich an so manches Youtube Video denke, frage ich mich, wo sind die Leute, die den Onlinestellern mal vorher sagen ,das man das besser nicht der Öffentlichkeit präsentiert...
Man kann zwar heute alles in die Öffentlichkeit bringen, muss es aber nicht...
Aber das ist ein anderes Thema...
Will man eine vielseitige, bunte Musiklandschaft auch jenseits des Mainstream erhalten, bedarf es gerechter Vergütungsmodelle. Die sind tatsächlich viel stärker im interesse der "kleinen" als der "grossen" Produktionen, wenn auch das gejammere der Grossen medial mehr wahrgenommen wird. Das hat aber einfach mit der grösseren medialen Präsenz zu tun.
Ich kenne keinen Musiker, der selbst schon zahlreiche CDs veröffentlicht hat, der das im tiefsten Innern gut findet, wenn seine Musik kostenlos verbreitet wird. Nicht wenn es für seine Existenz eine Relevanz hat.
Wer selbst keinen Content liefert, hat natürlich nix zu verlieren...