das Besitzstandwahren und der Erhalt des Status Quos wichtiger als Argumente.
Da gibt es aber gar keinen Besitzstand mehr zu wahren.
Ich kann halt nach wie vor nicht den Fortschritt erkennen, wenn man einfach , wie die Piratenpartei fordert, erst mal auf all seine Vergütungsansprüche verzichten soll bzw. nach Aussen das Signal sendet: Leinen los, ab sofort ist es völlig ok, sich alles was man will, beschränkungslos und ohne Rücksicht auf die Erschaffer der Musik runterzuladen.
Das signal heisst doch unterm Strich: Mir alles zu nehmen, was ich will, ist ok, weil die Technologie es heute einem ermöglicht.
Ich sehe das einfach genau anders herum, das man zunächst mal klar machen sollte, das es eben nicht in Ordnung ist, womit ich nicht eine Kriminalisierung der Leute meine, sondern eine grundsätzliche gesamtgesellschaftliche Positionierung, die es in anderen Bereichen ja gibt. Da wird auch jeder auf die Frage, ob man einfach in einen Laden gehen kann und dich da nimmt, worauf man Bock hat, mit Nein antworten.
Trotzdem gibt es natürlich Leute, die dies tun und die nennt man dann im allgemeinen Sprachgebrauch Diebe und alle sind sich einig, das man so etwas nicht tut.
Bei Musik, Filmen etc. würde ich mir wünschen, das in einer Diskussion und einer Positionierung zu diesem Thema dies als allererstes so konstatiert wird.
Damit meine ich jetzt nicht, das man solche Leute Diebe nenne soll, sondern das man nur ganz nüchtern feststellt: Nein! Es ist nicht ok, sich einfach so im Internet Musik und Filme runterzuladen, weil es geht.
Es sieht doch wohl so aus:
Man könnte konventionell physikalische Tonträger/DVDs/ oder Downloads kaufen und so dem Künstler seine Vergütung zukommen lassen. Das ist zunächst mal ein sehr einfacher und praktikabler Weg der Vergütungsregelung.
Das wollen viele einfach nicht mehr .
Die Gründe dafür sind durchaus vielschichtig. Einer davon ist sicherlich, das es so wahnsinnig einfach geht, sich die Filme und Musik einfach so aus dem Netz zu saugen.
Ein anderer ist sicherlich, dass man sein Geld lieber für Dinge ausgibt, die man nicht über die Internetflat saugen kann und nicht weil man kein Geld dafür hätte. Schließlich bestätigt jede Studie, das z.b. Jugendliche heutzutage so viel Geld zum Konsumieren zur Verfügung haben wie nie zuvor. Sie kaufen halt nur andere Sachen damit, weil sie Musik und Filme einfach so aus dem Netz saugen können und sie letztendlich von überall in ihrem Umfeld (Eltern. sogar Lehrer) signalisiert bekommen: das ist ok.
Ich sag ja, könnte man das Handy, die PLaystation und den ipod aus dem Netz saugen, würden sie das auch tun, ebenso lange man nicht mal klarstellt, das dies eben nicht i.O. ist.
Deshalb halte ich diese Recht auf Kultur Argumentation auch für o verlogen, da sie vorgeschoben ist.
Meines Erachtens liegt hier ein viel grösseres gesamtgesellschaftliches Problem zu Grunde, das man mit Entwertung bestimmter Lebensbereiche, falsch verstandenem Freiheitsbegriff, der eher in egoistischer Selbstbefriedigung gründet, überschreiben könnte.
Das hat auch ganz viel mit Haben statt Sein zu tun, um mal einen alten Klassiker von Erich Fromm zu zitieren, der heutzutage vielleicht noch viel aktueller ist, als er jemals war.
Oder Quantität vs. Qualität oder nicht mehr etwas in Ruhe und Wertschätzung zu rezipieren (was im übrigen in einem anderen Lebensbereich in der Form der brutale Ausbeutung und Vernichtung unseres Lebensraumes äussert, auch frei nach dem Motto: ich will das jetzt, also nehm ich mir das. Konsequenzen? Egal!)
1 TB auf einer Festplatte an gesaugter Musik ist für mich übrigens die Versinnbildlichung einer einer solchen Sinnentlehrung und Fehlentwicklung...
Das ruft übrigens in mir gerade einen Dialog mit einer Schülerin letzte Woche ins Gedächtnis die so ablief:
Ich: Was hörst du denn für Musik
Sie: was auf meinem mp3 Stickdrauf ist
Ich: ? Äh, ja was hast du denn da drauf?
Sie: das was ich mir draufgeladen hab
Ich:?? Äh, was ist das denn?
Sie: weiß ich doch nicht, hab ich mir so von nem Kumpel draufgezogen
Ich: ??? Wie und du kennst keinen einzigen Titel oder sonst was?
Sie: Nöö.
Und an diesem Punkt frag ich dann gerne die Leute, die immer behaupten, das damals™, als man noch vom Radio aufgenommen und sich Kassetten überspielt hat, ganz genauso war wie heute.
Ich kann mich an völlig andere Unterhaltungen in der Art auf dem Pausenhof in den 80igern erinnern.
Das meine ich mit Entwertung
Back on Topic:
Einen Verzicht auf diese traditionellen Vertriebswege, die eine Vergütung der Leistung des Kümstlers relativ einfach machte, hat aber imho viel grössere Auswirkungen als nur eine Diskussion über Urheberrechte bzw. Vergütungsregeln.
Eine Kulturflat, die ja gerne angeführt wird, wirft gewaltige Fragen auf, wie denn dieses Geld verteilt werden soll? Etwa so, wie die Gema organisiert ist? Das will mit Sicherheit keiner der Musiker.
Es wirft auch die Frage auf, wer überhaupt an dieser Flat beteiligt werden soll.
Muss man sich einer gewissen Prüfung unterziehen, um in den Pool zu kommen? muss man Musik studiert und professionell (also hauptberuflich) als Musiker arbeiten?
Wenn man sich mit der Materie einer möglichen Vergütung befasst, stellt man doch fest, das man, wenn man die Vergütung vom Bezug des eigentlichen Produktes, z.b. eines Songs oder Albums, abkoppelt. schwer zu lösende Probleme aufwirft.
Mein Fazit aus stundenlangen Diskussionen mit Mitmusikern, Leuten aus der Plattenindustrie, Konsumenten führt immer wieder zu dem Punkt, das es keine praktikable Alternativlösung gibt, die entweder nur bestimmter Klientel nützt oder faktisch auf eine völlige Beendigung einer Vergütung eines Musikers für die Erstellung von Aufnahmen hinausläuft.
Meines Erachtens müsste man erst mal erzieherisch stärker klar machen, das man eben sich nicht einfach das nimmt, was man haben will, was normalerweise auch schon im Sandkasten beigebracht bekommt, wenn die klassischen "ich will aber das Schippchen haben" Konflikte auftreten. Stattdessen wird es immer von der Seite aufgezogen, das es doch eigentlich völlig ok sei, alles aus dem Netz zu saugen, weil es geht, und alle anderen, die dagegen sind, die Bösen kriminalisiere sind. Nein! Es ist nicht ok, nur weil es wegen des Internet geht.
Als zweites muss man einen gewissen Anteil an illegalen Downloads/Verbreitung hinnehmen und sollte nur bei massiven Ausreissern strafrechtlich einschreiten. Unsere Gesellschaft muss ja auch im Alltag mit Dieben und Betrügern und leben und es geht nur darum, das es ein gewisses Maß nicht überschreitet und der gesellschaftliche Konsens fortbesteht, das nicht jeder genauso handelt. Der ist aber zur Zeit nicht gegeben. Die Kriminalisierungsstartegie der letzten Jahre ist Unfug und stammt ja auch nicht aus den Köpfen der Musiker sondern der Industrie.
Drittens muss das Angebot attraktiver werden. Da finde ich, hat sich mit dem its oder Amazon mp3 Angebot schon sehr viel getan, wobei ich da auch nach wie vor mit vielen Dingen unzufrieden bin, gerade was die Qualität des Angebotes als auch die Preispolitik angeht. Aber man kann immerhin über die letzten Jahre beobachten, das sich da was tut.
Ich verweise auch mal darauf, zu welchen Preisen man heutzutage DVDs kaufen kann, was bei mir immer ein Kopfschütteln hervorruft, wenn mir Leute begegnen, die mir miese Internetkopien von Filmen auf DVD gebrannt unter die Nase halten, wo du die DVD in Top Qualität mit Originalton und 5.1 Sound für 9,99€ bekommen kannst oder in der Videothek für 3€ leihen kannst. Das ist teilweise schon richtig sinnfrei.
Ich glaube fest daran, das man bei richtiger Aufklärung wieder Leute dazu bewegt, durchaus für die Nutzung von Filmen und Musik zu zahlen. Meine Gespräche mit meinen Schülern führen in mindestens 2 von 3 Fällen zu einer Änderung ihres grundsätzlichen Verhaltens, weil ich denen einfach mal nur die Konsequenz ihres Verhaltens vor Augen führe. Ich erzähle denen nix von Strafrecht etc., sondern mache es im Prinzip mit alltäglichem Verhalten klar, was Sie tun, wenn sie sich alles so aus dem Netz ziehen und ganz schnell sagen die dann auch, das sie das ja eigentlich blöd finden, wenn man dieses Verhalten auf Lebensbereiche in ihrer Erlebnissphäre transferiert.
Wenn ich denen dann auch mal ein paar Sachen von meinem Laptop vorlaufen lasse, die nie veröffentlich worden sind, weil wir in der Band entschieden haben, das wir unter den derzeitigen Konditionen diese Sachen gar nicht mehr rausgeben, weil es sich nicht mehr lohnt, dann schauen die ganz schön verblüfft.
Und wenn ich denen mal erzähle, was man heute noch mit nem Charttitel als derjenige, der die Musik geschrieben hat, verdient und wie da die Verkaufszahlen sind, man gleichzeitig aber nach nem Konzert von hunderten von Leuten auf den doch so tollen Song angesprochen wird, dann checken die ganz schnell, wieso man da als Musiker über die Downloads angefressen ist.
Und der hier schon mehrfach zitierte Herr Bohlen, der es ja angeblich besser verstanden hat, redet imho nur so, weil er seine Millionen schon auf der Bank hat bzw. Teil des nach wie vor funktionierenden Fast Food Musikapparates ist, der zwar weniger Geld abwirft als vorher, aber immer noch funktioniert, weil er zur omipräsenten Globallvermarktung übergegangen ist (Ich sag nur DSDS), was mit der eigentlichen Musikszene in ihrer Vielseitigkeiten auch abseits des Mainstreams absolut nix zu tun hat. Ob der jetzt noch 1 oder 2 Millionen p.a. verdient, kann ihm fast schon egal sein.
Wäre Herr Bohlen heute 20 und würde gerade mit Modern Talking auf den Markt kommen, dann würde er dies bestimmt anders sehen oder wäre er ein Musiker, der sowieso nicht den absoluten Mainstream Geschmack bedienen, dann sähe er das erst recht anders.
Was viele Leute nicht sehen, ist, das die Auswirkungen auf die Musiksparten, die eben nicht Mainstream sind und nie Millionen Platten verkauft haben, viel dramatischer sind als der Wegbruch von 800.000 Einheiten auf "nur" noch 200.000 Einheiten. Andere Leute, die früher "nur" 40.000 Einheiten verkauft haben, können heute praktisch nichts mehr veröffentlichen.
Seit ca. 10 Jahren findet da eine massive Verödung der Musiklandschaft hinsichtlich der Anzahl der Veröffentlichungen im nicht Mainstreambereich statt.
Viele Künstler, von denen man noch vor 10 Jahren CDs kaufen konnte, sind heute überhaupt nict mehr gelistet und findet man auch nicht auf den online Portalen, weil auch diese letztendlich primär den Massenmarkt bedienen.
Eigenproduktionen finden zwar immer häufiger statt, spielen sich aber nur noch in Grössenordnungen von 1000 Stück ab und können nur noch im Direktvertrieb über Konzerte bezogen werden. Entdeckungen sind da kaum noch möglich bzw. nicht jeder Künstler spielt ja auch überall.
Nebenbei hat auch diese Verschärfung in der Branche zur Verschlechterung der Livebedingungen für Musiker mit originärer Musik geführt, sofern sie nicht Teil des Mainstream Major Business sind.
Versuch heutzutage mal, mit eigener Musik eine Clubtour in Deutschland zu buchen, wenn man keinen Plattendeal und mediale Präsenz hat. Das läuft auf pay to play raus und zudem kommt keine Sau, weil die Leute eben dann am Ende des Tages doch nur zum medialen Event in die Köpi Arena gehen. Also kann man dann auch nicht seine CDs auf dem Gig direkt an den Mann bringen.
Es gab eine Zeit, da habe ich dem Credo der neuen Möglichkeiten des Musikers über das Internet geglaubt, war wahnsinnig aktiv auf diversen Bandplattformen und hab versucht, Projekte über diese Wege zu promoten (und das in massiver Weise auch kostenlos für den Endverbraucher)
Die Beachtung, die man in den unendlichen Weiten des Internet erlangt, ist lächerlich gering und die Erfahrungen aller meiner Kollegen decken sich damit.
Die medial hochgepuschten angeblichen MySpace & Co Entdeckungen entpuppen sich nach hartnäckiger Überprüfung als inszeniert oder der eigentliche Erfolg gründet dann doch wieder auf konventionellen, traditionellen Strukturen. Deshalb halte ich den Verweis auf Werbung, Chancen für die Musiker, eher bekannt zu werden als vorher, genauso für falsch und vorgeschoben wie dieser Anspruch auf kostenlose Verfügbarkeit von Kultur.