Es gibt einen Unterschied zwischen "Instrument spielen" und "Musik machen". Der Anfang ist "Instrument spielen", denn zuerst braucht man ein paar Werkzeuge im persönlichen Kasten, die man später zum "Musik machen" einsetzen kann. Der Weg zu einem gefüllten Werkzeugkasten ist geprägt von relativ statischen Übungen zu einzelnen Bewegungsmustern, durch die man irgendwie durch muss.
Im zweiten Schritt lernt man, diese unterschiedlichen Bewegungsmuster in verschiednen Abfolgen abzurufen, ohne ins Stolpern zu geraten. Diese Phase braucht viel Konzentration und dient im Wesentlichen der Automatisierung von Bewegungsmustern. Dein Rückenmark muss das lernen, damit das Gehirn nicht mehr so stark bemüht werden muss.
Im dritten Schritt lernst du, diese Bewegungsmuster passend zum Ablauf von Musikstücken einzusetzen. Hierbei lernst du, dich in Musikstücken zu orientieren, also zu wissen, wo du gerade bist und was als Nächstes dran ist. Auch hier ist Konzentration gefordert, das bewusste Abrufen von vorher erlernten Mustern im Kontext von Musik. Diese Schritte laufen immer wieder nacheinander und auch parallel ab. Lernst du etwas Neues, muss erst mal der Bewegungsablauf passen, dann die Einbettung in andere Dinge, die du spielst und danach die Anwendung in der Musik. Bist du hier angekommen, kannst du covern oder Stücke mit festgelegten Abläufen spielen. Was du noch nicht kannst, ist auf das aktuelle Geschehen in der Band zu achten und darauf zu reagieren. Verpasst der Sänger den Einsatz, kommst du ins Straucheln, weil du bisher nur das Gelernte reproduzieren kannst: du bist noch nicht frei.
Denn: Das eigentliche "Musik machen" fängt erst dort an, wo das Nachdenken aufhört und man einfach nur noch spielt. Dies gilt ganz unabhängig davon, ob man Noten benutzt oder nicht. Denn wirklich frei spielen kannst du erst, wenn du quasi vor deinem inneren Ohr hörst, was du als nächstes spielen möchtest und es dann einfach, ohne groß nachzudenken, umsetzt. Gleichzeitig bist du mit deinem Spiel nicht voll ausgelastet, sondern hast genug Kapazitäten, um den anderen Leuten in der Band zuzuhören und auf das zu reagieren, was sie spielen. Eben wenn Fehler passieren, oder die Musik improvisierte Elemente enthält. Der Weg dahin dauert für jeden unterschiedlich lang, je nach Begabung und investierten Ressourcen.
Mein Vorschlag wäre, viel und exakt zu covern. Das kann man auch ohne Lehrer (meistens) und man lernt dabei eine Menge Dinge, die man so selber nicht spielen würde.
So habe ich es im Prinzip auch gemacht. Das ganz freie Spiel lernt man allerdings am besten, indem man mit anderen Leuten zusammen improvisiert.
P.S.: Es ist meine feste Überzeugung, dass alleine solieren zu können, die unwichtigste Fähigkeit am Schlagzeug ist, sozusagen die kleinste Kirsche auf der Torte. Die allerwenigsten können daraus eine Karriere machen, man sollte sich dabei nicht von den vielen Youtubern täuschen lassen, denn das ist in der Regel keine Karriere. Es ist für die allermeisten von uns viel wichtiger, sich sicher in einem Bandgefüge bewegen zu können und den anderen diese Sicherheit auch zu vermittlen. Die wissen es sehr zu schätzen, wenn auf dich Verlass ist.