Nun, ich kann drumdidis Sicht der Dinge auch komplett verstehen und würde es auch so sehen. Ich bin politisch sicherlich eher links und großer Freund von gerechteren Arbeitsverhältnissen. Ich habe meinen Post auch eher als kleine Korrektur mancher Blickwinkel gemeint. Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass die Unterrichte immer später losgehen. Aber da ist (zumindest hier in Bremen) jetzt auch eine Grenze erreicht.
Ich sehe aber bei aller geistigen Anstrengung keinen Weg aus der Misere. Mein Weg ist das selbständige Unterrichten in meinen eigenen Räumlichkeiten. Und da kann ich mich über den Lohn nicht beklagen. Mein Engagement in einer Drumschule sieht natürlich finanziell weniger rosig aus, dafür habe ich aber auch keinerlei Bürokratie und ich weiß, dass der Inhaber wirklich alles tut, um den Lehrern das Unterrichten so angenehm wie möglich zu machen. Dazu kommen bei mir unregelmässige Stunden mit (meistens) erwachsenen Drummern, die mit bestimmten Themen zu mir kommen (Technik, Stile, Equipmentberatung, Aufnahmen, Sound usw.) sowie unregelmässige Engagements als Dozent an einer Berufsfachschule für Schlagzeug.
Ich kann auch nicht behaupten, dass ich am Existenzminimum lebe. Ich kann mir kein großes Auto und auch keine großartigen Reisen leisten (hat mich auch beides nie sonderlich interessiert). Vielleicht liegt mein Blickwinkel auch daran, dass ich relativ spät damit angefangen habe, vom Trommeln und Unterrichten zu leben und da schon recht genau wusste, worauf ich mich einlasse. Und sicherlich auch daran, dass ich die Verhältnisse in anderen kreativen Branchen aus nächster Nähe kenne. Da wird teileise richtig rumgekrebst. Oder sich totgearbeitet.
Ich fühle mich jedenfalls (noch) nicht so machtlos, weil ich an bestimmte Dinge glaube. Und sollte es irgendwann nicht mehr gehen, muss ich mich anderweitig umsehen. Ich habe im Studium (Soziologie) meinen Magister zum Thema "Die Transformation der Arbeit" gemacht. Dort geht es genau um diese Themen: Erosion des Kündigungschutzes, Abbau der Sozialleistungen, Zerstückelung von Arbeitsbiographien.
Ich würde zu gern was ändern an den Verhältnissen und ich bin der Meinung, dass das reiche Pack, was sich die Taschen vollstopft, hart bestraft werden sollte! Aber wo, wenn nicht bei einem selbst, soll man anfangen, die Dinge zu ändern? Und ich glaube daran, dass das geht. Ich möchte gute Arbeit anbieten und nehme mir heraus, dafür entsprechendes Geld zu nehmen. Und noch funktioniert es. Ich habe halt kein Verständnis für Jammerer und Leute, die immer alles auf die Verhältnisse schieben (womit ich auf keinen Fall drumdidi meine!). Die Verhältnisse sind schlecht, aber wenn man sie ändern möchte, bleibt keine Zeit mehr für die Musik. Und die möchte ich gerne machen. Und den Spaß daran vermitteln. Ich trage meinen Teil zur Verbesserung bei, indem ich meinen Schülern versuche, Inseln zu bieten. Einen eigenen Bereich, wo sie sich wohlfühlen, wo sie nicht dem permanenten Druck ausgesetzt sind.
Ich möchte mich als Musiker auch nicht ständig als Benachteiligter fühlen müssen. Ich hätte ja auch BWL oder Jura studieren können. Ich habe mich aber dagegen entschieden, weil das nicht meinem Wesen entspricht. Und wenn ich dann sehe, wie die sich teilweise gegenseitig in ihren Jobs schikanieren, wie einige von denen zwar mit viel Geld von der Arbeit zurückkehren, aber mit ständigen Versagensängsten und Stress zu kämpfen haben, dann bin ich froh, dass ich in meinem Job fast ausschließlich mit freundlichen Menschen zu tun habe, die mir Achtung entgegenbringen und die ich mag.
Man muss diesen Teil der Arbeit auch sehen, die getrennte Betrachtung von zusammenhängenden Dingen funktioniert für mich nicht. Wer in der Kultur arbeitet, wird selten reich. Seit ich 14 Jahre alt bin engagiere ich mich ehrenamtlich in Musik-und Kulturvereinen. Das ist alles Arbeit, die eigentlich bezahlt werden müsste, weil sie für das Funktionieren einer modernen Gesellschaft unerlässlich ist....aber sie wird nicht bezahlt. Ich möchte sie aber machen. Was nun...?
Sorry für den Sermon, vielleicht versteht ja wer, was ich meine.
lg
max