Ich hatte vor einiger Zeit ein paar lange Gespräche mit deutschen Trommlern, sehr bekannten übrigens. Wir haben uns über das Unterrichten unterhalten, weil mich deren Heransgehensweise und Einstellung dazu interessiert hat. Übereinstimmender Tenor war, dass es immer mehr "Über" gibt, die tierisch schnelle Rudiments trommeln können, fast sportmässige "Trainingspläne" haben, wahnsinnige Unabhängigkeit...aber keine Band.
Die Drumindustrie generiert mit ihren "Drums-Only-Oder-Zum-Playback"-Events Vorbilder, die eben gerade die jüngeren Drummer mit Ambitionen in die Irre führen. Das erzählen sogar die Leute, die dort spielen. Zuviel beeindruckende Akrobatik, zuwenig Musik. Ich persönlich liebe das Trommeln und alles was damit zu tun hat. Ich finde toll, wenn sich Leute jeden Alters damit so intensiv auseinandersetzen wollen. Aber gerade Leuten, die Ambitionen haben, damit später mehr zu machen, sollte man frühzeitig erklären, dass das Techniktrommeln nur eine Facette des Gesamtbildes ist.
Ich selbst habe mit 14 angefangen und hatte vier Wochen später meine erste Band. (Ich kannte damals welche, die hatten eine Band und haben dann erst angefangen.) Und dann bin ich gewachsen mit den Bands, die ich hatte. Ich konnte aufgrund unserer Wohnsituation die ersten paar Jahre leider nie mehr als eine Stunde am Tag spielen, das hab ich aber dann konsequent getan. Bei vielen anderen lief es ähnlich.
Natürlich gibt es heute grandiose technische Möglichkeiten, sich auch ohne Band zu entwickeln: Playalongs, DVDs, Drumevents, das Internet usw. Man kann sich quasi im Alleingang zu einem technisch versierten, vielleicht auch musikalischen Trommler entwickeln. Die Interaktion mit anderen bleibt aber aus. Livekonzerte, Studioaufenthalte, Bandkrisen, Kommunikation über Songs, Verhandlungen mit Veranstaltern usw. fällt weg. Aber genau das sind die Erfahrungen, die einen später von der Musik leben lassen.
Bitte verstehe mich nicht falsch. Ich finde super, wenn du so viel fürs Schlagzeug machen willst und gerade deswegen raten dir hier einige, dir eine Band zu suchen. Und zwar nicht, weil sie dich "voranbringt", sondern weil der Antrieb eines Musikers das Musikmachen sein sollte. Mit allen seinen Facetten. Die Band lehrt einen nicht, wie man Paradiddles spielt. Aber sie trainiert die Ohren, das musikalische Urteilsvermögen, die Kommunikationsfähigkeit usw. Und diese Dinge braucht man als ernsthafter Mucker dringend!
lg
Max