INTERAKTION VOR ODER NACH DEM SPIELEN:
* sich gegenseitig kennen(gelernt haben) (DRK)
......ist nicht zwingend erforderlich. Wenn sich unbekannte Leute auf einer Jazz -Sesssion treffen und erstmalig zusammen spielen, kann das auch schon sehr homogen klingen. Die Ohren sind entscheidend. Man muss das Liedgut kennen und mit verantwortungsbewusster Sensibilität auf das zu Hörende reagieren. Zumindest empfiehlt sich das zunächst, um erstmal ein funktionierendes Miteinander zu etablieren. Dann kann sich im weiteren Verlauf jeder Spieler natürlich auch mal an spontanen Ideen in Form von Spielwitz probieren - in der Hoffnung, dass die Mitspieler gedanklich und entsprechend klanglich folgen. Auch das funktioniert aber vornehmlich über die Ohren und nicht über Gestik und Mimik, wobei diese Elemente natürlich schon unterstützend eingesetzt werden können.
Das Stück im Smith-Video funktioniert anders. Hier ist vorab bereits einiges mehr festgelegt. Die einzelnen "Bausteine" sind bekannt und wurden zuvor sicher häufiger zusammen erprobt. Hier zum Abgleich eine andere Version der Nummer. Trotz hohem Wiedererkennungswert stimmen die Arrangements den Ablauf betreffend nicht überein. Ich vermute aber, dass dies so abgesprochen war und nicht spontan improvisiert wurde.
https://youtu.be/5usfLircW0Q?t=12m32s
Das Ausgestaltungskonzept ist aber trotzdem recht offen. Z.B. sind die interagierenden Groove-Variationen und Fill-Elemente von Herrn Smith den Mitspielern sicher nicht bis ins Kleinste vorab bekannt. Die anderen Spieler variieren ebenfalls merklich.
Ob z.B. die Stelle um 1.49 tatsächlich so geplant war, bleibt deren Geheimnis.
https://www.youtube.com/watch?v=6hDm2y5T4Nk
Man könnte das darauf folgende "im Kreis Gegucke" natürlich als leichte Irritation deuten, da Herr Smith hier eine dieser in dem part eigentlich üblichen 8-Takt Phrasen mal eben um 2 Takte gekürzt hat.
Im klassischen Bereich funktioniert Interaktion in der traditionellen Spielweise dann nochmals komplett anders, da hier jede Note jedes Spielers bekannt ist und bis möglichst nah an perfekt eingeübt wird.
Der Klassiker übt also die Quintolen in Takt 278 nochmal, weil die gestern im Kontext irgendwie nicht gut kamen. Chad Smith überlegt sich:"Ich werde den groove in dem 32-Takte part nach dem Intro heute doch etwas anders gestalten. Der Jazzer überlegt sich "Mal hören, was heute so passiert", und wird dann entsprechend begleiten und ggf. sein Solo entsprechend gestalten.
Insofern stellt sich für mich die Frage, inwiefern der Versuch der Erstellung eines allgemeingültigen System-Regelwerks die "INteraktion zwischen Musikern" betreffend Sinn macht. Bei den Jazzern dieser Welt ist es jedenfalls recht häufig zu beobachten, dass sie über weite Strecken leicht autistisch wirkend und mit verschlossenen Augen auschließlich ihren Ohren vertrauen und somit in Spiel und Klang versinken.
Letztlich lassen sich auch nur "sehr grobe Spieleinflüsse" per Mimik und Gestik oder Tanz und Theater vermitteln. Bassist oder Gitarrist können z.B. vielleicht vorm Trommler rumtanzen, bis der endlich mal die 1 und die 2+ trifft, aber wenns in die kleineren Einheiten geht ist diese Art Verständigung eher schwierig. Diese ganzen Überlegungen betreffen bisher übrigens ausschließlich Rhythmik und Formales.
Bei Interaktion hinsichtlich Tonmaterial und voicings lässt sich außer :" Eyyyy, ich spiele hier d Moll 7...und Du einfach nur f(#)ies laut" gar nix mehr ohne "ausschließlich konzentriert hören" regeln. Der Benny Green im DDW-Video z.B. entwicklet während dem Spiel eine Idee, wie er das Tonmaterial betreffend begleitet und Freiräume nutzt. Er verlässt sich natürlich darauf, dass DDB ihm auch folgen kann und sie nicht irgendwann den Faden verliert. Zur Not sind die Beiden aber auch fit genug, in dem Fall die Situation zu retten.
Musizieren ist Kommunikation. (Fiktives Beispiel): Wenn ich mit der Metzgersfrau mein Grill-Wochenende bespreche und entsprechend einkaufe, klingt das anders, als der anschließende Erklärungsversuch meiner Frau gegenüber diesbezüglich. Mit meinem Kumpel rede ich über das hieraus resultierte Theater wieder anders. Ein Thema - 3 Variationen.
Erwartungshaltung und entsprechende Erfüllung spielt also auch eine Rolle. Oscar Peterson erwartete sich eine andere Form der Interaktion von Ed Thigpen als das später bei Keith Jarrett und J. DeJohnette oder C.Corea mit Weckl der Fall war. Und das bezieht sich jetzt mal nur auf Bandleader und deren ausgewählten Trommler,,,
Interaktion funktioniert eben letztlich doch sehr unterschiedlich und ist deshalb nicht allgemeingültig schematisch darstellbar. Zumindest interagiere ich das jetzt mal spontan-improvisatorisch in diesen thread 