'n Blues in 260 ?? Das war ja dann wirklich mal nen authentisches Ding mit echtem "Old-Man-River-Feeling" in der erdigen Grundversion.
Egal: Zur Session gibts nicht viel zu sagen, da jede Session eben einzigartig sein sollte.
I. Unterscheiden kann man wirklich freie Sessons und halb-gefakte-Sessions.
1. Bei wirklich freien Sessions ist gar nichts vorgeben, noch nich teinmal der Stil. Selbst die Annahme, dass bei solchen Sachen "Jazz" als Stil gespielt wird, ist bereits daneben: Jazz ist bereits das Medium, eben das Improvisieren.
ALLES entwickelt sich, keine einzige Harmonieabfolge, keine einzige Melodie oder Rhythmusgeschichte ist vorgegeben, alles ist "in motion".
Ist die seltenste Form der Session, weil auch zunächst die schwierigste Form: Ohne Musiker, die ihr Instrument beherrschen und ohne Musiker, die ZUHÖREN können, ist das nicht zu machen. Davon aber gibts wenige, selbst unter Profis ist die Eigenschaft des Zuhörens nicht immer in Gänze anzutreffen. Weiterhin muss der Musiker natürlich in der Lage sein, grenzübegreifend und stilübergreifend spielen zu können (rein auf "Heavy" oder "Swing" eingeschossene Drummer sind fehl am Platze, da sie über die Dauer der Session zuwenig Abwechselung anbieten könnten.)
Gelingt eine solche Session, ist es das beste, was es gibt, ein neuer Raum entsteht, Musik im eigentlichen Sinne, das ist besser als alles, was es gibt.
Das Risiko lebt natürlich mit: Es kann auch ganz fürchterlich in die Hose gehen, deswegen findet man sowas auch in der Regel nur noch in Proberäumen oder auf seltenen Mitschnitten solcher Szenen:
Zum einen ist es den Musikern ein Zuviel an Risko, sich etwaig öffentlich zu blamieren, zum anderen ist das Publikum in der Regel zu unmusikalisch und zu sehr auf Mainstream-Musik festgelegt, als dass es ein solches Wagnis zu schätzen würde.
Aber um der Wahrheit die Ehre zu gereichen. Es gibt auch einfach zu viele schlechte Musiker, die die Idee einer solchen Session durch ihr Nichtkönnen aber gleichzeitig gegebenes Trotzdem-Wollen ad absrudum führen.
2. Andere Variante ist die halb-Session. Das Stück ist da, jeder kennt es irgendwie, und man jammt drauf, ohne den konkreten Ablauf zu kennen. Eigentlich eine gute Idee, wird aber doch in der Praxis leider allzu häufig pervertiert: Man kennt es: man geht in den örtlichen Jazzclub zu der monatlichen Open-Session und sieht die immer gleichen Musiker, die die immer gleichen Stücke - bsp. aus dem Realbook - spielen.
Damit aber nicht genug: Das Stück ertönt und nun spielt ein jeder sein Solo, alle Skalen rauf und runter, einer nach dem anderen. Ergebnis: keiner hört dem anderen zu, das Stück bekommt keinerlei Entwicklung, kein Feeling, es dient nur dazu, dass ein jeder ein wenig dudelt und seine Fähigkeiten hervortut, mehr nicht.
Hierbei ist der technisch Versierte im Vorteil: Er kann dem Publikum weismachen, er habe Gefühl und sei ein großer Musiker, weil er er mit einer Menge Technik täuscht, wie S. Copeland sagte: "Kaltblüter, Reptilien, die einem weismachen, sie hätten Gefühl, dabei haben sie nur Technik ...... Jazzmusiker eben".
Was man dabei im übrigen immer sieht: Das Fehlen jeglichen Risikos. Gut, öffentliches Improvisieren sollte nicht in öffentliches Üben ausarten, aber in einer guten Session muss ein Musiker imho auch mal etwas tun, was er bisher nicht gespielt hat, etwas wagen. Daran fehlt es zumeist: Jazzmusiker sind meist gut, aber feige.
Insgesamt muss es so schlimm nicht immer sein, meist ist es aber so. Sehr selten, dass man Zeuge wird bei Musikern, die unter Zurückstellung des eigenen Egos derart die Musik in den Vordergrund stellen, dass wirklich ein gemeinsames Improvisieren stattfindet: Deswegen war Miles Davis auch so groß, da er immer in einem festen Rahmen die totale Freiheit gewährt hat und fast alle Musiker so gut waren, dass sie Musik gemacht haben und eben nicht mehr darauf bedacht waren, sich darzustellen. (By the way: Wie überhaupt insgesamt festzustellen ist: je besser der Musiker, desto bescheidener.) Und das hat letztens nix mit Fähigkeiten zu tun, sondern mit der Einstellung.
II. Soweit die Theorie, nun zur Praxis:
1. Guck dir den Leader aus, auf den du achtest. Einer auf der Bühne oder unter den Musikern wird immer derjenige sein, der die Sache führt, der das Ganze zusamenhält, das geschieht zwangsläufig. Meist ist es der Pianist.
Wenn nicht, suche dir trotzdem einen Verbindungsmann, mit dem du Kontakt hältst. Denke daran, alle Musiker sind in der Regel genauso alleine, wie du, da hilft es, sich auf einen einzuschießen, man kann eh nicht auf alle gleichzeitig achten.
2. Wenn ein Stück beginnen soll, achte auch denjenigen, der anfängt, der das Intro macht, er wird ungewollt in Gedanken schon im Stück sein und mit dem Körper ausdrücken, in welchem Tempo er spielen will. Beobachte ihn und übernehme das Tempo, er wird es dir danken und "überrascht sein" wie gut doch euer Timinggefühl "übereinstimmt". 
3. Leite das Stück: Während eines Solo überleg, wie du dem Solisten helfen kannst, sein Solo zu gestalten. Biete ihm was an: beginnt er ein Solo andächtig, biete ihm vielleicht ein Halttime an, du wirst sehen, ob er es mag, höre dir an, was z.Bsp. der Gitarrist spielt: geht er von einem Jazzfeeling in einen eher deftigeren harten Slang über, kümmer dich nicht um Jazz-oder-nicht -Jazz, sondern brate einfach nen straighten Rocktakt ne Zeitlang dazwischen, lass den Swing Swing sein, und leg einen fetten Halftime Shuffle unter sein Solo, auf dass er sich in der Stilistik frei austoben kann, beim Pianisten geh vieleicht wieder zum leichten Ride hinüber. (Aber Vorsicht: Dass Reinbraten geht natürlich nur, wenn du einen Bassisten an deiner Seite hast, der ebenfalls funky drauf sein kann, wenn du einen hast, der nur "Walken" kann, ist das ganze selbstredend für'n Arsch)
4. Wenn Du merkst, dass ein Musiker (im Falle Session Nr 1.) neue Harmonien sucht bzw. die neu gefundenen dem anderen mitteilen möchten, geh mit der Lautstärke runter, auf dass die anderen sich wirklich hören können. Wenn Publikum anwesend ist, spiel einfach was "spaciges" drüber, nicht laut, nur dass soviel Ablenkung da ist, dass die anderen sich in Ruhe finden können.
5. Spiel um Gottes Willen nicht zu laut. Spiel so, dass sich alle gut hören können. Ein Drummer, der zu laut ist, klingt immer scheiße, is so. Warum ? Weil ein Drummer, der alleine zu hören ist, zum Sterben langweilig ist (und nervend).
6. Überleg nicht, wie du dastehst, denk drüber nach, wie die anderen dastehen. Lass die anderen durch dein Spiel gut aussehen: sie werden dich mögen. Und wenn man gemocht wird, hat man immer Mitspieler und Gigs, und das Publikum mag am Ende immer den, den es sieht, nicht den, der am Rande steht, mag er auch noch so gut sein.
7. Vergiss nie deine eigenen Sticks.
8. Spiele nie mit Leuten, die schlechter sind als Du, immer mit denen, die zumindest gleich gut sind.
9. Wenn auf der Bühne ein Set steht, was Scheiße oder unspirierend klingt: Spiel nicht, lass die anderen sich den Ruf versauen.
10. Nimm immer einen Stimmschlüssel mit. Schon manch eine Session wurde dadurch gerettet, dass durch kurzehande Höherstimmung der Snare und der Toms der Gesamtsound "auf einmal" wie von Geisterhand zu swingen begann.
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