Also ich denke auch, man sollte die Kirche bzgl. Click im Dorf lassen:
1. Der Click ist als Übungsmedium mit Sicherheit erste Wahl sowohl für den Drummer selbst, als auch für die Band. Wie oft denkt man, man wäre bei irgendwelchen Breaks oder ähnlichem "in Time" und stellt dann bei näherer Überprüfung fest, dass man doch gerne mal eine Nuance nach vorne zieht oder nach hinten. Also für solches Mikrotiming ist das einfach notwendig. Und wenn Ihr das mit der ganzen Band macht, ist es noch besser, die anderen hatten es ja schon angemerkt, auch für die anderen Musiker ist das wichtig, nicht nur der Drummer schiebt mal ganz gerne, sondern halt auch Gitarristen etc. Für die Band kann man das aber sicherlich auch durch regelmäßiges ledigliches Kontrollieren von Aufnahmen erreichen, nicht zwingend nur mit Click.
2. Zu den Kopfhörern: Also wenn die Band komplett nach Click spielt, ist es mir eigentlich egal, ob das jetzt insgesamt dynamisch klingt oder ob ich das nun mitbekomme oder nicht. Wenn man zum Click keine Dynamik bekommt, zeigt das nur, dass man zu selten mit Click übt und sich dabei halt nicht "zu Hause" fühlt. Da hilft nur üben und üben und üben bzw. eingewöhnen, bis es klappt.
3. Aber übertreiben sollte man das nicht. Der Click ist kein Allheilmittel, sondern eben nur ein Übungsmedium. Das Time, der Puls, muss selber entwickelt werden. Gerade in Livesituationen bringt es überhaupt nix, wenn man da auf einmal im Regen steht, weil der gewohnte Click halt nicht da ist.
4. Live spielen im übrigen auch die absoluten Cracks nicht perfekt auf der Line, das gibt es auch Schwankungen, solange kein Sequenzer mitläuft oder dergleichen. Und das gilt sowohl für den Rockbereich, als auch für den Jazzbereich. Wichtig ist, seinen eigenen Stil zu finden, leichte Timeschwankungen gehören zu Musik, wie jedewede andere rythmisch gewollte Phrasierung. Die Musikwelt hat bis in die 70iger bis zum Einsetzen des Discosounds fast alles ohne Click gespielt, und das sehr ordentlich. So ist denn auch das Zitat von J.Gruber richtig: "You don't have to play straight like a porno-machine, you don't walk like that, you don't breath like that, it doesn't work like that."
4. In diesem Sinne: üben zum Click, ok, aber beim schließlichen Livespiel weglassen. Kein Publikum merkt im übrigen die feinen Abweichungen, es kommt alles drauf an, dass es insgesamt groovt, und dazu gehört halt auch, dass das Tempo bei Lauteren Passagen mal ganz ganz leicht anhebt oder nach hinten fällt, solange es die Band als Einheit macht, ist es gut. Wie ja auch schon angemrkt wurde, ist es halt auch eine Sache des Zusammenspiels der Musiker, wie ihre einzelnen Phrasierungen zusammen passen. Ich denke, man kann die besten der Zunft zusammenholen, Drummer, Percussionisten, keyboarder, Gitarristen etc, alle haben ein subjektiv leicht unterschiedliches Timinggefühl, einige spielen halt bestimmte Sachen anders phrasiert, als andere, das hat auch mit Exkatheit nix mehr zu tun.
5. Insbesondere halt ich es aber für Unsinn, gemeinsam mit der ganzen Band hinzugehen und zu sagen:"wir üben jetzt mal nach Click". Das muss jeder Musiker für sich an seinem Instrument natürlich vorher gemacht haben, sonst hat das keinen Sinn.
6. Im übrigen finde ich die Sache zum Click zu spielen auch nicht sooo dolle. Man hat doch bei einem Click "room to stretch", d.h. man die Möglichkeit, passagen nach hinten zu spielen oder nach vorne, ohne den Click zu verlassen. Richtig ätzend wirds doch eigentlich nur beim Spielen zum Sequenzer, erst da ist man doch auf jeder Feinheit festgelegt.
7. Abschließend nur noch ein Tip: je mehr Noten der Click hat, desto besser kann man die Time zum Click halten. Viele setzen den Click ja als Metronom auf die 4tel Noten, was ich für unklug halte. Man sollte den Click immer auf 8tel einstellen, dann bleibt man automatisch besser und leichter im Timing, weil das Ohr einfach mehr Subdivisionen angeboten bekommt.
Bis denne
Seelanne