Okay, dann will ich mal meine Erfahrungswerte kundgeben, nachdem das EAD10 jetzt rund 6 Monate hier zum Einsatz kam:
I. Über die Technik und Funktionsweise ist ja hier schon fast alles gesagt worden. Vielleicht hier einige Punkte zur Ergänzung und Vertiefung
1) Wiedergabe und Reichweite
- Snare: Die Snare wird sauber erfasst. Durch die Micro-Positionierung bedingt, wird die Snare aber gewissermaßen "von unten" abgenommen, was eine erhöhte Teppich-Ansprache ergibt, das kann man mögen, muss man aber nicht.
- BassDrum: Die BassDrum bekommt den Bumms, den sie braucht. Die unterschiedlichen Sounds aus der Library sind aber zuweilen nicht so zwingend unterschiedlich, wie angegeben oder wie von mir erwartet.
- Toms: Die Toms, die direkt über der BassDrum und damit den Mics hängen, werden super wiedergegeben. Je näher dran, desto druckvoller. Die Toms, die weiter weg sind, werden - das ist nun kein Wunder - deutlich leiser erfasst: Wer 3 oder 4 Toms spielt oder aber links neben der HH noch ein Tom aufbaut oder eine Sidesnare, muss mit hörbaren Einbußen rechnen.
- Floortoms. Dementsprechendes gilt für das zweite Floortom, welches im Regelfall ein Tacken leiser ausfällt als das direkt neben den Mikros befindliche erste FloorTom.
- Ride-Becken: Hier kann es echte Probleme geben: Wer klassisch das RideBecken über dem rechten TomTom- positioniert, bekommt eine gute Abbildung des Ride. Wer dagegen das rechte Tom weglässt und an dessen Stelle das Ride hängen hat, dem wird das Ride zu deutlich und zu laut im Gesamtbild abgebildet. Das gleiche gilt selbstverständlich für Setaufbauten, wo zwar mit 2 Toms gespielt wird, das Ride aber trotzdem rechts über der BD hängt, weil die beiden TT nach links weg aufgebaut wurden.
Wer - wie ich - Open handed spielt und das Ride links stehen hat, kann ebenfalls Probleme bekommen. Bei mir ist es okay, aber ich spiele auch ein Ride mit kräftigem "Ping", leichtere Rides könnten da durchaus etwas "abstinken" im Gesamtzusammenhang.
- Crash-Becken: Die Crashbecken werden fast alle vernünftig erfasst. Das Nachsehen haben etwas Splashbecken, die in einer Entfernung sind, die ungefähr dem HH entspricht. Hier ist ein deutlicher Soundabfall festzustellen. Positiv wirkt sich das umgekehrt uU bei China-Becken aus: Dies sind im direkten Mix ja meist etwas laut, sodass diese "entfernungsbedingt" etwas gedämpft werden, was dem Gesamtbild des Sets auch gut tun kann.
-HH: Das HH stellte sich bei mir im Mix gut dar, ich spiele aber auch eine 13er PowerHH, die ziemlich direkt schneidet. Wer hier leisere Sohlen bevorzugt, könnte mit dem EAD10 Probleme bekommen, da im Gesamtmix das HH lautstärketechnisch schnell abstinken könnte.
- Problemfall "Grosses Set" insgesamt:
Insgesamt ist das EAD10 gemäß seiner Konstruktion auf eine Basisset mit 2 Toms und einem Floortom ausgelegt, das muss man klar sagen. Große Sets können hier eigentlich nicht vernünftig abgebildet werden, was angesichts der Funktionsweise des EAD10 ja auch kein Wunder ist. Es gibt allerdings einen Trick, bzw. eine Situation, wie man auch große Sets mit dem EAD10 abbilden kann:
Das Problem des EAD10 bei großen Sets ist ja nicht, dass die Reichweite der Erfassung generell zu kurz ist, selbst weiter entferntere Trommeln werden ja durchaus erkannt und wiedergegeben, aber die Relation stimmt eben dann nicht. Dieses "Relations-Problem" verschwindet oder verringert sich allerdings drastisch, wenn auch die eigentlich näheren Trommeln und Becken etwas weiter weg sind: Ich musste letztens gesundheitsbedingt (ich hatte Tage vorher einen Hexenschuss) sehr hoch sitzen und musste daher zwangsläufig alle Toms etc. höher hängen. Das gar nicht beabsichtigte Resultat im Hinblick das EAD war ziemlich verblüffend: Der Lautstärke-Unterschied zwischen den Einzelteilen wurde so gering, dass das Soundbild einheitlicher wurde und runder. Selbst die direkt nächsten Toms etx. waren jetzt zwar etwas leiser aber eben auch leiser im Verhältnis zu den "schwächeren" Toms. Fazit: Der Gesamt-Mix wurde einheitlicher und runder.
2) Sounds
Über die Sounds und ihre Sinnhaftigkeit kann man streiten, bis der Arzt kommt. Vieles halte ich auch für überflüssig, da ich im Regelfall einen natürlichen Sound bevorzuge, da komme ich mit etwas Reverb und Compressor dicke hin, aber die Geschmäcker sind nunmal verschieden. Ich meine, Yamaha hat hier sein Klassenziel erreicht, für den Durschsnittsuser eine schnelle, einfach zu handelnden "Plug-and-play" Lösung zu bieten, die durchaus interessant ist und für jeden was bietet, wenn sie auch unterm Strich nicht im High-End-Bereich einzuordnen ist.
3) Ungereimheiten
Leichte Abstriche muss ich dem Yamaha geben, da - beim Livespielen - die Lautstärke des Clicks von anderweitigen Aux-Signalen (etwa aus dem Mischpult oder dem Computer bzw Sequencer) nicht getrennt werden kann. Es gibt zwar im Menü einen Unterpunkt, wo der Click-Level angehoben werden kann, aber leider nur marginal. Das Clickvolumen ist - nur den Click verwendet - absolut ausreichend-. Sobald eine anderes Signal verwendet wird, gibts aber eben nur eine Soundsumme, das Clicksignal ist lautstärkemnäßig nicht vom Sound, welches vom Mischpult etc. dazu kommt, trennbar. Lediglich bei Einspielungen über die App "Rec-n-Share" kann man den von der App gespeisten Click getrennt steuern. Das ist irgendwie nicht zu Ende gedacht. Schade.
II. Einsatzgebiete
Fragt sich dann, wie effektiv und wie sinnvoll das Ding tatsächlich einsetzbar ist, meine 5-Cent dazu:
1) Solo-Üben
Als Übungs-Tool ist das EDA10 tatsächlich die eierlegende Wollmilchsau. Das Ding ist innerhalb von Minuten installiert und kalibriert und liefert ohne jedweden nennenswerten Aufwand die Möglichkeit, sich selbst beim Üben einen - fast - amtlichen Sound zu generieren. Das macht nicht nur ungeheuren Spaß und steigert die Motivation, sondern ist auch noch gut fürs Timing etc.: Ein gut klingendes Set "atmet" besser und dadurch können wir besser "takten". Zudem das EAD10 auch unabhängig macht von den Soundverhältnissen im Proberaum: Selbst ein totgedämpfter Überaum kann jetzt den entsprechenden Mindest-Hall spendiert bekommen, sodass das Set auch in diesem toten Raum akustisch auf den Ohren gut klingt.
Die vielen Sounds regen im übrigen die Phantasie an, man ist einfach versucht, sich stundenlang am Set aufzuhalten. Die einfachen Aufnahme-Möglichkeiten, das Playbackspielen und der eingebaute Click vervollständigen das Drummer-Herz.
In Sachen Übemodus würde ich hier mal glatt 100 % vergeben.
2) Proberaum mit Band
Das Bild wandelt sich etwas, sobald das Ding bei der Bandprobe zum Einsatz kommt. Hier ist man mit dem EAD10, was nunmal schwerpunktmäßig ein Micro ist, den Unbillen des "Bleedings" unterworfen:
In kleinen Proberäumen, in denen man nicht verhindern kann, dass Verstärker und Boxen irgendwie immer auf das Drumset und damit auf das EAD10 ausstrahlen, kommen sämtliche Instrumente zwangsläufig mit in den eigenen EAD10-Mix und damit auf die eigenen Headphones oder Inears. Das muss nicht zwingend schlecht sein: ich habe es schon erlebt, dass ich so einen nahezu perfekten Sound auf den Inears hatte, in anderen Fällen muss man aber das Mikro tatsächlich von vorne etwas abschirmen, weil ansonsten zuviel der Backline auf die Ohren kommen, man hat ja da eben keine Möglichkeit, irgendwas wegzufiltern.
Ich selbst habe da jetzt noch keine Probleme gehabt, wenn ich meinen Sound alleine für mich auf die Ohren bekomme. Will ich aber nun das EAD10 ans Mischpult schicken, sodass meinen schöner Drumsound auch alle anderen hören können, wirds natürlich etwas krude, da ich zugleich ne Menge an Backline zusätzlich übers Mischpult jage. Das verursacht im Proberaum natürlich ein gelindes Sound-Desaster.
Auch ist in Proberäumen nicht immer gewährleistet, dass die Gesangs-PA oder die Komplett-PA so gestellt werden kann, dass deren Boxen nicht aufs Drumset ausstrahlen, in dem Fall ist das Senden des EAD10-Sounds ans MP nicht machbar, da wegen der Rückkoppelung nicht in den Griff zu bekommen.
Sollten dagegen alle Musiker ohnehin nur übers Mischpult und über Kopfhörer bzw Inear spielen, ist natürlich das EAD10 hier gewissermaßen die Königslösung.
Als Fazit würde ich in Sachen Probemodus mit Band jetzt hier mal 75 % vergeben; trotz der Einschränkungen, da mit einem herkömmlichen Micro-Aufbau es auch nicht weniger Probleme gibt.
3) Live
Bei Live-Einsätzen kommt es ganz drauf an, ob PA und Backline tatsächlich so stehen, dass Rückkoppelungen ausgeschlossen sind. Bei größeren Gigs habe ich - wie oben dargestellt - zusätzlich die Probleme, dass ich etwaig eben kein rundes Sound-Bild bekommen, da einfach die einzelnen Toms und Cymbals zu unterschiedlich laut abgebildet werden. Bei Open Airs dürfte sich der Einsatzbereich auch nur auf kleinere Gigs beschränken, hier kommt ja das Risiko extrem hinzu, dass ein Windstoß zu falschen Zeit den Zauberlick auf meinem eh schon leiseren zweiten FloorTom endgültig "vom Winde verweht".
Hier würde ich ganz einfach mal 50 % an Erfolgssternchen vergeben, da alles mehr oder weniger dann dem Zufall unterfällt.
III. Fazit
"Eierlegende Wollmilchsau oder tooliges Vollflopp-Spielzeug" ? Die Frage möchte man am liebsten mit "sowohl-als-auch" beantworten:
Für den heimischen Übungs-Hausgebrauch ist das Ding einfach eine Wucht, bis auf kleinste Abstriche kann ich hier keinen einzigen Wermutstopfen ausmachen, zudem das Ding preislich absolut im Rahmen liegt.
Für den Proberaum-Gebrauch im Bandkontext kann es phantastisch sein, es kann sich aber auch schlichtweg als unbrauchbar erweisen, das ist alles sowohl vom Raum, den Musikern und der dort verwendeten Technik abhängig.
Live maße ich mir kein abschließendes Urteil an: Hier habe ich das Ding zweimal auf kleinen Bühnen gehabt, dort war das EAD10 das Mittel der Wahl, absolut großartig. Aber bereits auf mittelgroßen Bühne sehe ich Probleme, die ich ohne einen ausgebildeten Soundmischer nicht lösen wollte.
Zur Konkurrenz "Ead10 vs. Mikros und Mischer" würde ich folgendes sagen. Gegenüber einem wirklich guten Mikro-Set nebst Mischer, der wirklich Ahnung hat, stinkt das EAD10 ab, keine Frage. Dafür ist der Radius zu klein, das Summenbild zu eingeschränkt zufällig (siehe oben) und das Panorama letztlich irgendwie zu "boxig". Allerdings muss man hier ganz einfach die Relationen sehen: Mit dem EAD10 bekomme ich in 5 Minuten ein vernünftigen Sound, der mit anderen Mitteln mindestens 30-45 Minuten dauert und dazu einer Person, die Ahnung davon hat, was sie da tut. Denn eins ist auch ganz klar: Ich hatte in meinem Leben trotz Close-Miking und (angeblich) ausgebildetem und erfahrenem Tontechniker schon schlechtere Sounds als mit dem EAD10.