Also der Vergleich VC und DW erinnert so ein wenig an den Vergleich zwischen Bonham und Paice dunnemals Anfang der 70iger. Anyway.
Ich denke, bei den beiden, um die es hier geht, spielen sich die Unterschiede in lediglichen Nuancen ab. Hinsichtlich der technischen Vor- oder Nahteile reden wir hier ohnehin alle ein wenig wie die Blinden über die Farbe, da wir trotz erheblicher Fachkenntnis uns in diesen Höhen, in denen die beiden sich bewegen, dann am Ende doch nicht so recht auskennen. Ich hab z.Bsp. keinen blassen Schimmer, ob es letztlich schwieriger ist, Modulationen so wie Vinnie zu beherrschen oder die Dynamik eines Weckl zu besitzen, keine Ahnung. Mich macht leztzters mehr an, das erstere ist einfach verrückter, daher tippe ich auf die Modulation, aber ich weiß es nicht: Die beiden spielen halt so, weil sie so sind, sie haben ihren unterschiedlichen Stil und das ist gut so.
Im geschmacklichen Vergleich hat mich Weckl immer mehr getoucht als Vinnie. Warum ?
1. Der Groove: Nicht nur ist alles, was Weckl spielt, die kleinste 64tel Ghostnote, bei ihm an dem Platz, wo sie hingehört – das ist bei Vinnie auch der Fall – aber alles hat einen allumfassenden treibenden Puls, bei allem, was er spielt, ist eben die Time nicht nur erkennbar, sondern stets unmittelbar fühlbar. Ich habe noch kein einziges Stück von Weckl gehört, wo ich nicht mit dem Fußwippen muss und automatisch im Groove drin bin, selbst bei den schrägsten Sachen. Egal, was er treibt, man sitzt quasi im Groove, nach dem Motto, „keine Ahnung, was der da macht, aber es groovt wie die Hölle“.
Das passiert mir bei Vinnie nicht in dieser Absolutheit. Habe sogar schon manche Sachen gehört vom Vinnie, die so gar nicht groovten, obwohl eigentlich alles okay war. Habe auch schon festgestellt, dass Vinnie gerade bei Rocksachen sehr nach vorne zu schieben pflegt, er spielt in der Stilistik wohl einfach gerne nach vorne, was aber – für mein Empfinden – oftmals dann gehetzt klingt (bei einigen Sting-Live-Auftritten war das z.Bsp. so).
2. Die Dynamik: Weckl ist der Drummer mit der absolut besten Dynamik ever, Der Typ kann alles, was er spielt, in jeder Lautstärke spielen. Sein musikalisches Verständnis ist dabei auf gleichem Level, wie seine technischen Fähigkeiten, und er legt auf beides auf gleich Wert.
Bei so manchen Sachen von Weckl steht man nur da, und schüttelt ungläubig den Kopf, wie er diesen Effekt nun wieder rausgezaubert hat, und am Ende wars einfach nur die Dynamik, die dem eh schon unfassbaren Break den letzten entscheidenden Touch gebeben hat.
Zugeben, mit der Zeit hat diese extreme Dynamik etwas nachgelassen, auch Weckl spielt heute nicht mehr so dynamisch wie noch in den 90igern, auch wenn er selbst immer besser geworden ist, diese unnachahmliche Dynamik ist etwas in den Hintergrund getreten.
Und wo das allseits bekannte Video vom BR-Memorial immer angesprochen wird: Vinnie mag da extremer trommeln als Dave, aber in Sachen Dynamik schlägt Weckl jeden, auch Vinnie dort, um Längen.
3. Das Solospiel: Weckl ist für mich der bessere Solospieler. Seine Soli fesseln mich bis zum Ende, bei Vinnie ertappe ich mich dabei, dass ich mich nach 2 Minuten ab und an langweile. Weil einfach bei der 5ten Taktverschiebung ich nur die Taktverschiebung, und nicht mehr die Musik höre (was natürlich auch an mir liegen kann). Technik als Selbstzweck, das habe ich nur bei Vinnie ab und an gesehen, bei Weckl eigentlich nie. Seine Soli sind rund, haben eine Struktur, eine eigenen Aufbau, der den Höher abholt, mitnimmt und auch wieder absetzt. Bei Vinnie weiß man manchmal nicht so recht: wenn er Bock hat, treibt ihn seine Virtuosität minutenlang vor sich her, wenn er keinen hat, bricht er ab und keiner weiß, warum. Und manchmal hat er auch keinen Bock und hat trotzdem 10 Minuten lang alles in Grund und Boden, so wie ich es schon bei einem Karizma Konzert erlebt habe, zum Gähnen langweilig. Aussetzer eines Genies.
4. Die Musikalität: In Sachen Musikalität bei Vinnie von Schwächen zu reden, ist barer Unsinn, aber doch: Ich kann mir nicht helfen, seine Spielstil wirkt auf mich - von einigen Aufnahmen abgesehen – oft kalt, besser: Sie lassen mich kalt. Das ist reine Empfindungssache und nicht diskutabel, ich weiß. Für so manchen Lick bei der CCAcousticBand könnte ich sterben, nicht, weil es technisch perfekt ist, sondern einfach, weil die Musikalität einen in die Knie zwingt.
Ach , was rede ich: Ich kann’s mit einem Satz zusammenfassen: Bei Weckl höre ich einfach zu, bei Vinnie muss ich meistens denken. Nun ist denken an sich ja keine schlechte Sache, allein beim Musikhören nervst mich ab und an ein wenig.
Dabei kein Missverständnis: Vinnie ist auch für mich `n Gott, aber Ehrfrucht macht nicht immer Laune, es ist bei mir so wie bei der Klassik: Beethoven verehre ich, lieben tu ich Amadeus (auch wenn natürlich VC auch bei mir mit seinen Ergüssen immer - mit auf – Platz 1 steht). Und auch keine Frage: Wenn ich mir auf youtube die Livemitschnitte aus dem BakedPotato ansehe, werde ich nicht nur blass, sondern bin spontan der Meinung, Vinnie spielt keine Snare, sondern den heilige Gral.
Warum leztztlich Vinnie unter Drummern dann am Ende immer in Sachen Akzeptanz die Nase vorne hat, liegt wohl an diesem „Geheimtip-Syndrom“. Es ist schön, seine Fachkenntnis dadurch zu zeigen, dass man eben nicht immer den angesagtesten Drummer gut findet, sondern immer noch einen in petto hat, der noch extremer, der noch verrückter, der noch cooler ist.
Wenn ich allerdings lese, dass Weckl deshalb kritisiert wird, weil er stilistisch sich fast ausschließlich im FusionBereich rumtreibt im Gegensatz zu Vinnie, komme ich ins schmunzeln. Am Ende finden Leute doch immer irgendwas, was es zu kritisieren gibt. Im übrigen war lange Zeit Vinnie überhaupt nicht angesagt, weil er – wie er selbst sagte – als verrückter Drummer von Zappa nur schwer Studiojobs bekommen konnte. Da kam dann alles auch erst Ende der 80iger bzw. Anfang der 90iger. Ich jedenfalls finde es schön zu sehen, dass eine Drummer so unabhängig ist, sich seinen eigenen Stil leisten zu können, sei es bei Camillo, Stern oder Corea. (By the way: Bitte, wo soll man denn am Ende denn noch spielen ?)
Und wenn hier einer rummuckt, die ganze Diskussion sei doch was für’n Arsch, dem sei gesagt: Klar, aber ich diskutiere lieber über zwei der größten Drummer, die die Welt je gesehen hat, als über Risse in 25 Jahre alten Splash-Becken oder Herstellerjahresbestimmugen einer verstaubtem Vorkriegs-Maxwin-Snare, die grad irgendjemand auf Omas Dachboden gefunden hat.
See
PS: Oddjob: Seh ich genauso. Weckl hat mich auch immer im musiklischen Konext am meisten umgehauen.