Ja, früher mußte man sich nur mir Drummern aus der gleichen Stadt messen,dann irgendwann mit allen im gleichen Land, und nun zu Zeiten von Youtube mit allen Drummern auf dem ganzen Erdball. Keine Frage: Früher war die Welt zu klein, heute ist sie zu groß.
Vielleicht zur Beruhigung:
Die Wertlegung auf Technik verändert sich im Laufe der Zeit:
Die Geschichte mit dem ewigen Vergleich und dieses unablässige "ich-bin-eine-wurst-der-andere-ist-schneller-und-besser" funzt als innerer Teufel ja nur, solange man Drummen als sportlichen Wettbewerb begreift.
Letztlich ist das aber das Unwesentlichste an der ganzen Geschichte. Noch alle großen Drummer haben nur deshalb "Geschichte" gemacht, weil sie der Musik, in deren Rahmen sie gezaubert haben, etwas gegeben haben, was unverwechselbar war, ein Groove, eine Stimmung, eine Farbbild, ein Flash, irgendwas. Die Musik ist, was zählt, sie ist es, die anrührt und bleibt, auch im Gedächtnis:
Drummen zählt nur im Rahmen der Musik, in der es stattfindet. Ansonsten kann man auch Autos tunen.
Sicher, eine gute Technik ist wichtig, und ohne Technik nutzt einem das beste Musikverständnis nichts, aber ehrlicherweise kommt sie im Laufe bei wirklichem Talent und Arbeit doch von alleine.
Mag sein, einige sind fleißiger als man selbst, haben eher angefangen, mehr Zeit reingesteckt, ihr Vorsprung sei nicht geleugnet, aber zumeist liegt das Meiste im erreichbaren Horizont. Der Vorsprung ist nicht absolut, nicht feststehend für alle Zeiten von vornherein.
Aber wie an anderer Stelle schon mal bemerkt: Schwierig wird es da schon mit Leuten, von denen man weiß, so könnte man nicht spielen und wenn man 200 jahre alt wird. Hier entbindet die Qualität von jeglichem Vergleich, der Unterschied ist unerbittlich klar: ich gehe, er fliegt. Aber wie es so schön heißt: Von einem Fliegenden kann der Fußgänger wenig lernen, was nicht Pose bliebe. Und in der verharre ich dann auch und trink mir nen Bier auf das Wohl des Genies.
Im übrigen: Es kann ja nicht darum gehen, noch einen ausgefeilteren Break hier und noch einen verrückteren Lick dort zu spielen. Wenn ich solches Akrobatentum höre: früher fand ich es spannend, heute gähne ich. Das war so ähnlich alles schon mal da. Also warum geht es ? Eben um Musik. Und die kann man nicht erklären, schwerer jedenfalls als Technik. Deshalb stürzen sich ja alle auch auf die Technik, sie ist - so schwierig sie auch sein mag - am Ende leichter zu begreifen. Es ist das, glaube ich, was man Essenz nennt.
Wenn sich mir der Kof dreht, weil ich irgendein brandneue DvD gesehen habe, auf dem Carola Minnemann-Colaiuta, geborene Gadd mit Buddy-Jojo Weckl gemeinsam auf Reise gehen und sich mir vom bloßen Zusehen die Hirnwindungen drehen, kann es passieren, dass ich abschalte, weil ich zwar noch begreifen mag, was abläuft, ich aber nicht mehr weiß, worum es eigentlich geht. Am nächsten Tag aber schalte ich das AutoRadio an und sie spielen beispielsweise "Walkin on the moon". Und plötzlich weiß ichs wieder.
See
PS: Selbstkritik ehrt, sich selbst nicht für den besten zu halten, war schon immer eine feine Sache und bewahrt einen vor musikalischen Katastrophen (bsp. in der Hörzone) . Aber sich selbst für den schlechtesten zu halten, ist erstens unsinnig und macht zweitens einfach auf Dauer zu wenig Spaß. Dann lieber Pils trinken: Zweifeln ist gut, Verzweifeln nicht.