The 80/20 Drummer - The Practice Course

  • Hat von Euch schonmal jemand am "Practice Course" vom 80/20-Drummer teilgenommen? Mich würden Eure Erfahrungen interessieren.


    Der Kurs behandelt genau das Thema, mit dem ich mich seit bestimmt zwei Jahren auseinandersetze und bei dem mir keiner meiner beiden Schlagzeuglehrer weiterhelfen konnte: "Wie übe ich effektiv".

  • Ich habe den Practice-Course vom 80/20 Drummer "gebucht".


    Der Kurs startet mit theoretischen Betrachtungen zum Thema "Lernen" und "Lernmotivation". Dann wurde ich dazu angehalten, mein eigenes Drummer-Ziel zu finden und zwar so konkret wie möglich. Das war bei mir zum Beispiel einen Track von Seal so facettenreich und "studiofertog" wie Ash Soan zu spielen. Der Kurs half mir dann die Schritte zu gehen, die dazu nötig sind. Ich habe Tipps bekommen, wie ich anhand des Materials des Songs Übungen für (Micro-)Timinng, Koordination, Improvistation entwickel, sollte es während des Übens auffallen, dass ich hier Probleme habe (hatte ich). Immer wieder begründet Nate Smith (so heißt der 80/20 Drummer) das Vorgehen und nimmt dir die Angst "etwas zu verpassen", wenn du die "üblichen" Routinen weglässt.


    Mich hat diese Vorgehensweise stark motiviert. Es macht mir ziemlichen Spaß mich mit meinen Drummer-Vorbildern und dem was sie spielen auseinanderzusetzen und das Gespielte für mich verwertbar zu machen. Die Übungsroutine wurde in meinem Fall zu Beginn ziemlich einseitig und weil ich zum Beispiel aufs Aufwärmen verzichtet habe. Das hat tatsächlich zu Überlastungserscheinungen geführt. Da pass ich nun besser auf (wieder was gelernt). Trotzdem übe ich noch nach den vermittelten Prinzipien. Gerade arbeite ich an Steve Jordans Shuffle-Feal.


    Der Kurs hat meine Aufmerksamkeit ziemlich schnell auf meine Baustellen gelenkt und dadurch hab ich mich tatsächlich verbessert. Ich glaube aber, dass der Coaching-Course umfangreicher ist und ich hätte im Nachhinein besser diesen belegt. Hier setzt meine Kritik an: Ich finde des Kurs im Vergleich zu vielen Lehrbüchern/DVDs mit deutlich mehr Inhalt und aufwendigerer Produktion zu teuer. Denn was der Kurs am Ende ist: Eine Ansammlung von 16 kürzeren Videos mit passenden Transkriptionen. Das wäre gut auf eine DVD mit Begleitheft gegangen. Und das ist in der Regel deutlich günstiger als 80 €. Trotzdem denke ich, dass Nate durchaus auf dem Lehrmarkt was zu melden. Er vertrtitt auf vielen Ebenen eigene (streitbare) Standpunkte, vermittelt Inhalte auf intellektuell anspruchsvollen Niveau, durchaus auch mal abstrakt und hat eine (aus meiner nicht umfassenden Perspektive) einzigartige Herangehensweise entwickelt. Das ist ja auch was wert.

  • Danke für die Erklärung.
    Wobei es mir immer noch etwas schleierhaft ist.
    Nach welchen Kriterien wird ermittelt, welche 80% des bisherigen Übens weggelassen werden?
    Deine Beschreibung geht in Richtung "Draufschaffen konkreter (Vorbild)pattern" falls ich das nicht komplett falsch verstehe.
    Genau davon aber will ich jetzt nach 20 Jahren endlich mal weg! :)
    Mein Ziel heißt: frei spielen was mir in den Sinn kommt. (Das schließt ja die inspirierende Beschäftigung mit Vorbildern nicht aus - ich empfinde freies Spiel da eher als Voraussetzung.) Dafür musste ich echt nullen und nochmal neu beginnen. :(
    Lohnt sich aber. Aber Zeit braucht es schon. Deshalb wird dann auch die Methodik interessant.

  • Das eigentlich Wirtschafts-mathematisch weitergreifende 80/20-Prinzip (Paretoprinzip), nachdem sich Nate Smith den Nickname zugelegt hat, wird heutzutage oft vereinfacht verwendet. Es wird behauptet, dass 80 % der Arbeit in 20 % der Zeit getan werden kann. Davon werden dann effektive Zeitmanagementmethoden abgeleitet.


    So wie ich das bei Nate Smith verstehe, geht es nicht darum 80% vom Üben wegzulassen. Er geht von seiner eigenen Laufbahn als professioneller Schlagzeuger aus und beschreibt häufig Wendepunkte seiner persönlichen Übungsroutinen. Er erklärt, welche Art des Übens bei ihm wirklich geholfen hat. Er geht vom typischen Schlagzeugerproblem aus, dass man übt und übt, ohne dass das Ergebnis greifbar ist und man nicht weiß, ob es nicht besser wäre etwas anderes zu üben. Er will vermitteln, wie man effektiv übt, aber auch auf was es beim professionellen Schlagzeuger ankommt (und das zweite ziemlich kontrovers).


    "Frei spielen, was dir in den Sinn kommt" übersetze ich jetzt mal mit "Improvisieren". Auch darauf lassen sich die Prinzipien des Kurses anwenden. Ich glaube aber, dass das Improvisieren im Coaching-Course eine viel größere Rolle einnimmt.


    Die Vorgehensweise nach dem Practise- Course wäre jetzt ungefähr so:
    1.Du musst rausfinden, wie du gerne klingen würdest. In welche Richtung deine Improvisation gehen soll. Dein Ziel genauer definieren. (Z.B Ein Snare-Solopart in 5/4 wie Joe Morello im Solo von Take Five in der Aufnahme xyz)
    2. Dann nimmst du dich auf, wie du genau das probierst.
    3. Das hörst du an und definierst genau, was du daran verbessern willst. Wenn du zufrieden bist, fängst du wieder bei 1. mit einem neuen Ziel an.
    4. Daraus erarbeitest du Übungen
    5. ÜBEN
    6. Wieder aufnehmen und bei 3. weiter machen.


    Im Practise-Course ist das natürlich alles viel ausführlicher und mit konkreten Hilfestellungen für alle Schritte.

  • Ah, ok jetzt verstehe ich, wie das gemeint war.
    Danke jedenfalls, dass Du einen kleinen Einblick in de Art und Weise des Kurses gibst, ich hatte mich schon oft gefragt, worin der Mehrwert gegenüber dem freien Youtube-Content und gegenüber "normalen" Lehrern liegt.

  • Es ist ein Online-Kurse ohne Kontakt zu Nate Smith. Er besteht aus drei Modulen mit zusammen insgesamt 15 Kapiteln. Jedes Kapitel besteht aus kurzen Videos und Transkriptionen. Austausch mit Nate gibt es nicht. Er schickt dir auch kein zusätzliches individuelles Material.


    Im Kurs "lernt" man, wie man sich Ziele setzt, von dem Ziel Übungen ableitet, wie man sich einen passenden Übungsplan erstellt und wie man die Motivation aufrechterhält. Der Kurs hat beinhaltet kein Notenmaterial, keine vorgefertigten Übungen. Es gibt keine Spieltechnikhinweise. Das Üben am Pad spielt keine Rolle. Genau das hat mich ja so neugierig gemacht. Insbesondere weil ich mich beruflich auch mit dem Thema "Lernen" beschäftige.


    Tja, ich und mein Ziel. Ich bin kein Profi und übe nicht sehr regelmäßig. Den Half-Time Shuffle hab ich aufgrund der Überlastungsbeschwerden gekinickt und einen anderen Ash Soan-Song gewählt. Da hab ich für mich auf den Aufnahmen deutliche Fortschritte gemacht (3 Wochen, ca. 3 Stunden die Woche). Außerdem hab ich gemerkt, dass ich bei tenären Sachen ganz schön wackelig bin. Meine folgenden Ziele haben sich dann um dieses Thema gedreht. Da bin ich noch dran.


    Mein Fazit nach einem halben Jahr: Der Kurs ist teuer, aber wahrscheinlich einzigartig. Ich finde die Herangehensweise total interessant. Die Effekte auf mein Spiel sind jetzt nicht gerade riesig, ich übe auch ziemlich undiszipliniert. Meine Übe-Praxis hat sich verändert. Ich arbeite viel seltener an vorgefertigtem Notenmaterial. Ich nehme mich öfter selbst auf und achte auf andere Dinge. Ich bin in Bereichen meines Spiels sensibler geworden (Mein Zusammenspiel mit mir selbst und Microtime) und weiß nun, wie ich die verbessern kann. Die Überlastungsbeschwerden kamen in einer Zeit, in der ich etwa 2 Wochen jeden Tag geübt habe. Durch das vorgegeben Prinzip in jeder Session am persönlich wichtigsten Thema zu arbeiten, hab ich sehr einseitig geübt. Das hatte also durchaus was mit dem Kurs zu tun.

  • Ich habe mal in "ImmerGrün" reingeschaut. Gefällt mir ziemlich gut. Sowohl die Kapelle insgesamt, als auch Dein Spiel dazu ("Selig" - eine Band aus Anfang 1990-er Jahre fiel mir irgendwie spontan ein. Fand ich damals auch ziemlich cool)...wenn Du nun also Ambitionen hast, "technisch/musikalisch anspruchsvollere Trommler" wie z.B Ash Soan oder Steve Jordan zu checken, dann fällt im direkten Vergleich doch auf, dass da z.B. "Schlagtechnik" ein Faktor ist. Hier ließe sich mit zunächst einfachen Übungen sicher ziemlich schnell ein "mehr" an Möglichkeiten für Dich erarbeiten, ohne sich dabei gleichzeitig auch noch mit "unsicherem Shuffle-Zeugs" zu stressen und den Fortschritt dadurch auszubremsen.


    Vielen Dank für die Rückmeldung und die guten Tips: "Wohlklang vor Dichte" werde ich die nächsten Wochen mal als Warm-Up-Motto nehmen. Die Videos sind im Februar 2017 im aufgenommen. Ich hab tatsächlich noch im selben Jahr bei einem Schüler von Claus Hessler Unterricht genommen (ca. 6 Stunden) und einen ganztätigen Workshop bei Claus selbst besucht. Deine Analyse hätten die beiden sicherlich unterschrieben. Full Stroke, Ub Stroke, Down Stroke, Moeller ..... hätte ich das alles 20 Jahre früher gewusst, ich wäre heute ein anderer Schlagzeuger. Und wenn ich die Videos heute nochmal spielen würde, würdest du sicherlich den Unterschied sehen.


    Aber tatsächlich spielt Schlagtechnik im Practise-Kurs gar keine Rolle. Aus meiner Perpsektive richtet sich der 80/20 Drummer vor allem an fortgeschrittene und ziemlich ambitionierte Schlagzeuger.

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