Liebe Kollegen,
ich erlaube mir an dieser Stelle mal auf eine CD aufmerksam zu machen, die mich schlichtweg aus den Socken kippt. Die neueste Veröffentlichung von S.I.N. ("unserem" Alex Hlousek).
In den letzten Jahren hörte ich ab und zu mal in Soundfiles der Band und fand da manches wirklich gut. Muß aber gestehen ab und an vom netten oder witzigem Plausch mit Alex abgesehen, kein allzu großes Interesse an der Band gezeigt zu haben.
Insofern ist die neue Scheibe für mich eine riesen Überraschung. Einfach, weil sie alles was ich von S.I.N. bisher hörte, nochmals massiv toppt. Mehrere Killertracks, absolut einfallsreiches Drumming (eben nicht nur songdienlich sondern wirklich clever mit vielen geschmackvollen Fills, Phrasierungen und rhythmischen Wendungen etc.) tolle Hooklines und teilweise sehr orchestrale aufwendige - aber nicht überladene, sondern stets passende! Arrangements. Die CD (ein Konzeptalbum mit beachtlicher Storyline) ist glücklicherweise keinesfalls ein Potpourri von allem, oder gar stilistischer Beliebigkeit, wie sie manche Konzeptalben auffahren. Zum Glück nicht. Der rote Faden von druckvollem Hardrock bzw. "power-getränktem Melodic Rock" wird nie verlassen. Aber eben stellenweise mit viel mehrstimmigen Gesang, Chören oder Keys veredelt.
Bevor mir jetzt jemand Lobhudelei unterstellt: mir ist es völlig wurscht wieviel CD´s die davon absetzen. Aber den Rock- und Hardrockmarkt beäuge ich u.a. auch als stinknormaler Konsument seit Jahrzehnten. Der Niedergang der Hookline-Qualität vieler ehemals begnadeter Songwriter und Kombos ist für mich ganz schwer zu schlucken. Umso beeindruckender, dass diese Scheibe eine fantastische Hooklinegüte bietet. Noch dazu ist sie weitestgehend eigenständig - kein Clone von irgendwas.
RESPEKT!
Stilistisch ist es somit garnicht leicht Vergleiche anzustellen, da S.I.N wie erwähnt nicht kopieren. Gewisse Referenzen die mir in den Sinn kamen waren Queensryche´s geniale "Operation Mindcrime" (wobei ich behaupte, das der 13. Apostel da locker mithält), vielleicht auch Crimson Idol (das einzig wirklich ambitionierte Werk von WASP) und die besseren "Taten" von Savatage. Gitarrentechnisch gibt es einzelne sehr feine, vorsichtige Anleihen an John Sykes (in Bezug auf die Gitarrenarbeit) z.B. beim Refrain von "Junia´s Eyes.
Nun ganz sachlich zur Einordnung : die Scheibe toppt 95 % aller Rock und Hardrockreleases der letzten 3 Jahre die ich kenne.
Eine "Watschen" für den Alex habe ich dann doch noch. Bester Track ist nämlich (trotz seinem tollem Drumming auf den anderen Songs) der Track "Tears of Gethsemane". Eine Ballade die kompositorisch, in Sachen Hookline und Emotionalität (Gänsehaut-Faktor) einfach wunderschön ist - aber eben ohne Schlagzeug auskommt. Diese Ballade alleine schlägt "Silent Lucidity" von Queensryche´s good-selling CD Empire um Lichtjahre. Es ist zu befürchten, dass die Zeiten des Airplays für solche Songs um sind. Ein Hit wäre es zu recht geworden... zu anderer Zeit. Wenn irgendjemand im Management oder Label mitdenkt! sollte dieser Song zwecks Airplay an Radio und alle Fernsehsender bzw. Formatmacher gehen... es wäre eine Schande, wenn diese Perle unentdeckt bleibt. Zumal der Song auch völlig abseits von Schubladendenken oder gar der "Rock-Sparte", zieht!
Meine Anspieltips (für jene die nur 2 kurze Chancen vergeben, bevor sie über "Kaufen" oder "Stirb" im CD-Shop entscheiden):
"Junia´s Eyes" (Track 4)
"Tears of Gethsemane" (Track 9)