Dieser Thread dient als Hilfestellung für die Teilnahme an Challenges (siehe Hörzone) und soll eine kurze Übersicht für den Mixdown geben. Natürlich ist das von meiner eigenen Herangehensweise geprägt. Vieles ist Geschmackssache.
Der Thread kann für weitere Fragen und Antworten genutzt werden!
Ich gehe davon aus, dass mit einer DAW gearbeitet wird. Raummikrofone lass ich hier außen vor. Falls jemand so umfangreich mikrofoniert, ist er/sie wahrscheinlich sowieso nicht auf diesen Leitfaden hier angewiesen.
1. Vorbereitung
- Alle Spuren sollten Übersteuerungsfrei sein, Normalisieren ist bei vernünftigen Pegeln nicht nötig.
- Anlegen einer geeigneten Track-Struktur mit mindestens einem Haupt-Bus: Mehrere Tracks werden in einem Haupttrack (Bus / Ordner) zusammengefasst, sozusagen ein Submasterbus. Diesen durchlaufen alle untergeordneten Tracks, wodurch man sie gemeinsam bearbeiten kann (siehe Screenshot unten).
- Tracks pannen (Stereo-Overheads i.d.R. 100% L/R) und statische Pegel für einen Rohmix einstellen, ohne dass der Drumbus / Masterbus (Fader auf 0 dB) übersteuert.
- Phasenlagen checken und anpassen -> zwei Möglichkeiten (Aligning und Phasendreher oder nur Phasendreher): mehrere Mikrofone an unterschiedlichen Positionen haben Laufzeitdifferenzen zur Folge (alle Stereofonie-Verfahren außer XY machen sich das zu Nutze), mehrere Mikrofone an einer Trommel haben u.U. entgegengesetzte Phasenlagen zur Folge. Das klassische Beispiel ist eine oben und unten mikrofonierte Snare. Unabhängig davon in welchem Winkel die Mikrofone zueinander stehen, muss die Phase bei einem der Mikros gedreht werden, denn die Felle stehen immer genau 180° zueinander. Macht man das nicht, löschen sich die Phasen gegenseitig aus und es geht vor allem Druck im unteren Frequenzbereich verloren. Eine Möglichkeit, die Laufzeitdifferenzen auszugleichen, ist das so genannte Aligning. Es geht allerdings auch ohne (zu analogen Tonbandzeiten ging das auch und im Livebetrieb sowieso). Ohne Aligning müssen die Phasenlagen nach Gehör gecheckt und ggf. gezielt gedreht werden. Mir reicht meistens schon ein Phasendreher der Overheads, den ich mit meinen MK-012 sowieso ab Werk habe.
2. Bearbeitung mit Gates / Automation, Equalizer, Kompressor, Sättigung
- ggf. Säubern der einzelnen Spuren mit Gates und/oder Automation: die Bassdrum kann man meistens gut gaten, bei der Snare kommt es drauf an. Wenn Ghostnotes eine große Rolle spielen, sollte die Snare eher nicht gegated werden. Wenn die Hi-Hat stark ins Snare-Mikro überspricht und Ghostnotes keine Rolle spielen, macht sich ein Gate gut. Das Gate muss nicht 100% Wet eingestellt sein, d.h. es kann ruhig auch einen Teil des unbearbeiteten Signals durchlassen. Mit einer DAW kann man "Look Ahead" oder "Pre Open" nutzen, damit das Gate schon ein paar Millisekunden vor der Transiente öffnet und nichts verloren geht. Toms können wahlweise mit Gates oder Lautstärke-Automation (oder auch Schneiden der Spuren) gesäubert werden.
- EQing der einzelnen Spuren: Low-Cut / High-Pass benutze ich nur noch auf reinen Beckenspuren. Unerwünschte Anteile absenken, erwünschte Anteile anheben. Im Regelfall betone ich vor allem Präsenzen (z.B. bei 5 oder 6 kHz) auf den Trommelspuren, wobei der typische Cut bei etwa 400 Hz auf Bassdrum-Spuren meistens nicht fehlen sollte. Auf Beckenspuren (Overheads inbegriffen) senke ich nur Bässe und untere Mitten mit einem Shelf ab, damit die Becken durch Boosts nicht zu scharf und aufdringlich klingen. Sind keine Tom-Mikrofone (oder ganz und gar auch kein Snare-Mikrofon) vorhanden, spielen die Overheads die Hauptrolle für den Gesamtsound und sollten eher natürlich belassen werden.
- Auf einzelne Kompression der Spuren verzichte ich persönlich.
- Drumbus: 1. Sättigen und Leveln: (Tape und Soft-Clipping) - 2. Kompression: mit schnellen Regelzeiten (insbesondere schnellen Release-Zeiten) mit z.B. 4:1 und 2-5 dB Gainreduction - Alternative: Parallelkompression innerhalb des Mixes (siehe Punkt 3) - 3. EQing: breites Betonen von Bässen und Höhen ("Badewanne") - dafür bevorzuge ich einen passiven EQ (siehe unten)
- Anpassen der statischen Pegel: für gewöhnlich müssen die Trommelspuren nach der weiteren Bearbeitung etwas lauter bzw. die Overheads und Beckenspuren etwas leiser gemacht werden
3. Verfeinern und Abschließen
- parallele Tracks: es gibt ein paar Dinge, die üblicherweise auf parallelen Tracks dazu gemischt werden. Dazu legt man einen leeren Track an, schickt dorthin einen oder auch mehrere Tracks mit Sends (siehe Screenshot unten) und bearbeitet den Track mit Effekten.
- Reverb wird im Regelfall parallel dazu gemischt. Oft ist nach dem Reverb ein bisschen EQ ganz gut, viele Reverb-Plugins haben aber auch schon EQs eingebaut.
- Parallelkompression wird - wie der Name schon sagt - parallel dazu gemischt. Ich nutze das mittlerweile nur noch für die Bassdrum, wenn überhaupt. Aber man kann das natürlich auch für das gesamte Schlagzeug nutzen. Üblicherweise sollte der Kompressor hier ordentlich zupacken, hohe Ratios (bis hin zu Limiting) und hohe Gainreductions mit 10-20 dB sind hier üblich und passend. Danach kann man das ganze auch noch mit EQ weiter bearbeiten (sog. "New York Compression").
- Mit Automation, vor allem Lautstärke-Automation, kann man weitere Anpassungen vornehmen. Z.B. wenn der Snare-Reverb in den Refrains lauter sein soll oder das gesamte Schlagzeug bei wichtigen Fills lauter sein soll. Oder wenn bestimmte Becken irgendwo zu leise oder zu laut sind. Typischerweise kann man auch eine sehr dynamische Hi-Hat damit in den Griff bekommen, indem man die Lautstärke des Hi-Hat-Mikrofons automatisiert.
Das ist eine gute Grundlage, um das Schlagzeug z.B. in einen Bandmix einzufügen. Die hier beschriebene Effektkette berücksichtigt weitere Bearbeitung des gesamten Mixes (Drums + restliche Band bzw. Playalong) auf dem Masterbus mit Kompression, EQing, Sättigung / Tape. Der Mix wäre also erst durch weitere Bearbeitung abgeschlossen, die ich mit meinem Mastering für die Challenges aber sowieso mache.
Hier noch ein Screenshot zur besseren Veranschaulichung. Die Mix-Struktur habe ich nur beispielhaft erstellt (meine Mischungen sind i.d.R. etwas umfangreicher).
Weitere Hinweise:
- Gain-Staging beachten! Es sollte nirgendwo Übersteuern und immer genug Headroom vorhanden sein. Auch innerhalb von Plugins und Effektketten. Macht man bspw. mit einem EQ heftige Boosts, muss der Gain im Plugin wahrscheinlich etwas runtergeregelt werden, damit es nicht zu knapp wird.
- Normalisieren ist meistens nicht nötig. Lauter machen kann man Spuren und (Sub-)Mixes ganz schnell mit einem Limiter, Clipper usw.
- EQing: grundsätzlich ist eine Mischung aus Cuts und Boosts empfehlenswert. Mit Bells eher schmal absenken und eher breit Anheben.
- Sättigung ist eine leichte Verzerrung, die beim Mixdown von digital erstellten Aufnahmen sehr wichtig ist. Richtig eingesetzt klingt's dadurch nicht nur fetter und durchsetzungsfähiger, sondern man kann damit auch Transienten / Peaks (z.B. Snare-Schläge) schleifen und gleichzeitig ihren Druck erhalten. Ein Limiter drückt einfach nur alles platt und nimmt den Druck raus. Eine Möglichkeit für Sättigung ist Soft-Clipping, eine elegante Möglichkeit sind Tape-Simulationen und Simulationen analoger Effekte (z.B. von Kompressoren und EQs). Für heftige und gezielte Verzerrung gibt's spezielle Effekte / Plugins (z.B. Vertigo VSM-3).
- Die Overheads müssen zwar nicht 100% L/R gepannt werden, aber Stereofonie zielt i.d.R. genau darauf ab. Auch mit freier Aufstellung der Overheads klingt es mit einer weniger breiten Aufstellung und 100% L/R Panning m.E. besser. Je nach dem wie viele Stützmikrofone vorhanden sind spielen die Overheads eine unterschiedliche Rolle im Mix. Sind z.B. keine Tom-Mikrofone vorhanden, sollten die Overheads "untenrum" nicht beschnitten werden bzw. nicht zu viel Höhen betont werden.
- Ein Analyzer auf dem Masterbus ist ein wichtiges Hilfsmittel. Es reicht, Tracks auf Solo und ggf. die Effekte ein/auszuschalten, um sie einzeln zu checken.
Effekte - Beispiele / Empfehlungen:
Analyzer: (Voxengo SPAN - kostenlos)
Clipper: KClip (gibt eine abgespeckte, kostenlose Version)
Kompressor: 1176 (digitaler Klon) in Stereo, ich bevorzuge den schwarzen
Tape: (Mastering-)Tape-Simulation in Stereo (gibt viele)
Passiver EQ: Waves PuigTec EQP1A Stereo