Ok, um dem Fredtitel und dem Wunsch madmarians und auch meinem Interesse Genüge zu tun, würde mich tatsächlich interessieren, was der Kollege unter Optimierung für Mikrofonabnahme versteht.
Das würde mich auch sehr interessieren!
Vielleicht hat Stefan hier was anderes gemeint und sich unglücklich ausgedrückt. Wenn nicht, dann halte ich diese Aussage als Menschenfreund nicht für "groben Unfug" oder "Lüge", sondern so formuliert für schlicht und ergreifend nicht richtig! Jedes akustische Instrument, egal ob Blockflöte, Piano, Kontrabass, Trommel usw. ist doch in erster Linie so konstruiert dass es den spezifischen Klang erzeugt, ohne nachträgliche Verstärkung. Die Lautstärke des Eigenklangs und die Dynamik entsteht ganz allein durch Blas- Zupf- oder Anschlagtechnik. Das empfinden eines "guten" Klanges ist rein subjektiv und wird durch die verwendeten Materialien oder Verarbeitung bestimmt, die je nach dem wertiger oder aufwendiger ist.
Dementsprechend stimmt die Aussage von Drumstudio: Ein Schlagzeug wird, z.B. beim Kauf oder Testen, unverstärkt gehört und für gut befunden oder nicht. Desweiteren stimmt die Aussage von Jürgen: Jedes Instrument kann künstlich verstärkt werden, unabhängig davon ob es von Haus aus leise oder sehr laut ist.
Zweifelsfrei dürfte sein, dass mit der Erfindung der elektronisch verstärkten Instrumente und Beschallungsanlagen, Trommeln so konstruktiv verändert wurden, um sich den neuen Lautstärkeverhältnissen anzupassen - auch da vermutlich oft erstmal unverstärkt. Dies gilt vorallem für Rock- oder z.B. Bluesmusik der 50er und 60er Jahre. Der Jazzer zu dieser Zeit blieb dann vermutlich seinen bisherigen Trommeln treu oder wechselte zu kleineren Trommelgrößen ...
Ausserdem dürfte zweifelsfrei sein, dass zu bestimmten Zeiten bestimmte Klänge bevorzugt wurden, sie unterlagen damals wie heute musikalischen Modeerscheinungen. Deshalb wurden für akustische Trommeln zu Beginn der 80er Felle dicker, doppellagig oder sogar mit Öl befüllt, Kessel dicker und tiefer, um einen möglichst fetten, tiefen und bassigen Klang zu produzieren. Auch das diente doch zuerst mal dem rein akustischen Eigenklang, ohne künstliche Veränderung oder Verstärkung.
... Und mich würde interessieren, warum er einerseits erklärt, dass es einen Trend zu kurzen Kesseln gibt und mehr Sustain usw., andererseits dies aber bei seinen Trommeln für ein Alleinstellungsmerkmal hält. Wenn mittlerweile sehr viele Hersteller kurze und dünne Kessel im Programm haben, wo bleibt da das Besondere? Oder hab ich das falsch verstanden? ...
Auch hier könnte man Stefan vielleicht missverstehen. Tatsache ist, meiner bescheidenen Meinung nach, dass es den Trend zu mehr resonanten, sustainreicheren Klängen schon lange vorher gab. Ich erinnere mich z.B. an das Sonor Lite, welches der Gegenpart oder die Reaktion auf die Signature oder Phonic Plus waren. Das gleiche gilt für das Tama Artstar, Yamaha 9000 Recording, Premier Resonator und viele viele andere, die in den 80ern auf den Markt kamen. Ich könnte hier unzählige Platten aus dieser Zeit auflisten, auf denen, wenn nicht elektronische Drums benutzt worden sind, sehr natürliche und voll klingende Drumsounds zu hören sind, fern ab vom berüchtigten Ölfellsound der Disco-Ära.
Der einzige Grund, weshalb diese Trommeln damals eventuell nicht so resonant wie heute waren, lag einfach an nicht vorhandenen frei schwingenden Tomhaltesystemen.
Lange vor dem Trend der ganz kurzen Hyperdrive-Kessel gab es schon die Rückkehr zu verkürzten Kesseln, siehe die Accel-Masse (1 Zoll länger als Traditional) welche bis heute grossteils verbaut werden.
... Und: was bedeutet "leise"? Wenn ich an leise Trommeln denke, denke ich an einen Sound, der früh dichtmacht und eine eher träge Projektion hat. Trommeln, die bereits bei leisem Spiel (vorsicht, was anderes!) gut klingen, haben auch meistens ein sehr weites Dynamikspektrum, was bedeutet, dass sie auch sehr laut können. Übrig bliebe für mein Empfinden, dass die Regulierung dem Trommler obliegt, wobei ihm natürlich entgegenkommt, wenn ein Set so gut gemacht ist, dass es bereits sehr früh anspricht und den vollen Ton entwickelt ...
Da habe ich zum Teil andere Erfahrungen gemacht, ähnlich wie Jürgen: Leise Trommeln sprechen sehr schnell an, mit schneller Projektion. Zart bis mittelhart gespielt entwickeln sie einen schönen vollen Sound. Allerdings sind sie nach oben dynamisch begrenzt, sehr hart gespielt machen sie tatsächlich dicht, besonders bei kleineren Grössen. Laut ist dann nur noch der Attack, aber das Fundament fehlt. Das sind zumindest meine Erfahrung mit sehr dünnen Kellerkesseln mit Verstärkungsringen und traditionellen Kesseltiefen, oder auch generell mit Kesseln nach Vintage-Bauart. Etwas dickere Kessel haben dann den von Dir beschriebenen Dynamikumfang.
Stefan hat eine Serie entwickelt (Adoro Worship), die durch ihre Konstruktion (dünne Kessel mit kleineren Durchmessern und Tiefen) eine durchschnittlich geringere Lautstärke hat. Damit erreicht man, wenn ich das richtig verstehe, den oben beschriebenen Effekt - tendenziell leisere Trommeln entwickeln in Kombination mit zurückhaltender Spielweise einen satten vollen Klang, ohne bei stärkerer Spielweise zu laut zu werden. Das macht sie ideal für unverstärkte Anwendungen, besonders bei akustisch schwierigen Räumlichkeiten wie z.B. Kirchen. Abseits dieses speziellen Anspruchs gibt es wohl die Adoro Citylights-Serie.
... Die meisten Marken werden von Musikern endorsed, die selten bis nie vor kleinem Publikum spielen. Je populärer ein Musiker, desto unwahrscheinlicher, dass er tatsächlich in einer vergleichbaren Situation spielt wie 90% der anderen Drummer, deren Gigs vor selten mehr als 300 Leuten statt finden. Vielleicht erklärt das, warum die Anforderung an ein Schlagzeug heute immer noch "so laut wie möglich" lautet ...
... Schlagzeuge werden mikrofoniert, und zwar mit einem Mikro pro Kessel, Snare und BD gerne zwei. Und das nicht nur im Studio. Ein professioneller Drummer kommt selten in die Verlegenheit, ohne Mikros zu spielen. Und auch selten in die Verlegenheit, leise spielen zu müssen. Zumindest, wenn der Drummer in einer großen, bekannten Band spielt. Und solange man auf eben diese Drummer hört, wenn man Schlagzeuge optimiert, werden es eben Drumsets, die auf großen Bühnen mikrofoniert gut klingen ...
Ich möchte mich auf eine Aussage beschränken, da ich weder Endorsements hatte, noch ein profesioneller Drummer bin:
Ist es wirklich (immernoch oder gar wieder) so dass Firmen ihre Trommeln mit Hauptaugenmerk auf Lautstärke bauen? Mir persönlich sind explizit nur drei Firmen bekannt, die eine bestimmte Serie mit dem Hinweis auf besondere Lautstärke vermarkten, nämlich Yamaha Oak, Gretsch Purewood Oak und Ludwig Keystone (mit Maple/Oak Hybridkessel). Bei allen anderen Herstellern und ihren Serien findet man allerlei "marktschreierische" Attribute der Klangbeschreibung, aber keinen besonderen Hinweiss auf besonders lautes Klangverhalten. Für mich greift auch hier die Aussage von Jürgen K ...
Mit freundlichen Grüßen und der Hoffnung, dass dieser Thread sich von Schuld/Sühne, Angriff/Verteidigung verabschiedet und sich dem eigentlichen Thema widmet
NoStyle