Haha, danke fürs Ausgraben, Bergheimer. Schon lustig, dass sich diese Diskussionen seit Jahrzehnten halten und beide Seiten - Paradiddler und Nicht-Paradiddler - unversöhnlich nebeneinanderstehen. Mich haben Rudiments in Ansätzen schon in der Jugend interessiert, ohne dass ich sie allerdings exzessiv bis zur Perfektion geübt hätte. Aber so ein bischen Paradiddeln musste schon sein, und Gadd und Weckl waren natürlich die Heroes. Von Altersgenossen, die mehr der rauen Gangart anhingen, wurde daher über mich die Auffassung kolportiert, ich hätte kein Feeling.
Inzwischen würde ich sagen, das kann man sogar so stehen lassen, weil ich natürlich beim Streben nach umfangreicherem "Handwerkszeug" den Kern der Musik gelegentlich übersah. Logisch, man möchte ja ausprobieren, was man da stundenlang im heimischen Keller geübt hat. Das muss nicht zwingend, kann aber in jungen Jahren schon mal passieren. Die musikalische Reife kommt; wie im restlichen Leben auch, erst im Laufe der Jahre. Na ja, bei mir Jahrzehnte 
Meine Sicht würde ich mit folgender Analogie beschreiben:
Das sichere Beherrschen des Alphabets ist ein wichtiges Element beim Erlernen der Sprache in Wort und Schrift. Ein Analphabet kann sicher ebenso gut sprechen, sich der Sprache aber nicht in jedem Rahmen optimal bedienen. Oder wie soll ein Analphabet ohne fremde Hilfe einen Brief oder eine Mail verfassen oder eine Rede/Vortrag vorbereiten?
Allerdings reicht die Beherrschung des Alphabets alleine nicht aus, um ein bedeutender Schriftsteller zu werden. Nun könnte man die Frage stellen, ob ein Autor aufs Alphabet verzichten, seine Gedanken beispielsweise diktieren und dennoch ein bedeutendes Werk schaffen könnte. Klar könnte er, aber um es 1:1 aufs Schlagzeug zu übertragen, müssen wir das natürlich ausschließen. Wir können uns ja auch nicht eben Hilfe holen, wenn wir technisch überfordert sind, sondern müssen brav üben, bis wir's können.
Unser Glück ist, dass wir ein Instrument spielen, bei dem wir häufig nur einen absoluten Bruchteil dessen abrufen müssen, was am Schlagzeug möglich ist. Vergleichbar einem Gitarristen, der 95% seiner Zeit damit verbringt, nur C/F/G in der Grundform spielen zu müssen. Was wäre, wenn der plötzlich behaupten würde, Harmonielehre sei überbewertet? Wenn ich nur für mich spreche, würde ich wohl inständig hoffen, dass er gerade einen Scherz gemacht hat. Und wenn er tatsächlich bei allem anderen Schwierigkeiten hätte, dann wäre es wohl an der Zeit, nach Alternativen zu suchen...
Und ich vermute, so würden viele Musiker reagieren.
Meine Meinung ist, Rudiments werden niemals überbewertet, so lange sie nicht Selbstzweck, sondern Werkzeug zur musikalischen Ausdrucksweise sind. Da keiner von uns als Drummer geboren wurde und beim Beginn seiner Laufbahn schon absehen konnte, in welchen musikalischen Zusammenhang ihn das Schicksal irgendwann mal steckt, sollten zumindest die wichtigsten Rudiments mit dazu gehören und halbwegs solide beherrscht werden.