Hurraaaa, mal wieder ein richtiger Schwurbelthread
Authentisch ist halt so ein Modewort in einer Zeit, in der immer mehr "preconfigured stuff" aus der Konserve kommt. Diese ganzen Youtube- und TikTok-Influencer prägen einerseits den Style, andererseits lassen sie bei vielen vermutlich eher älteren Menschen den Wunsch nach mehr "Echtem" aufkommen, und das nennt man dann bisweilen authentisch.
Mir ist das im Grunde völlig egal, für mich zählt, dass Musik gut und mit Freude dargeboten wird, wobei "gut" passend zur Intention sein sollte. Sprich, habe ich mit meiner Darbietung mein Ziel erreichen können? Spieltechnisch nicht umsetzen zu können, was die Musik erfordert, nervt mich dabei ebenso wie permanentes Overplaying. Klassiker sind für mich als Drummer bei Amateurbands dann -sogar nicht mal so selten - Schlagzeuger, die kaum ein Fill wirklich in Time spielen können. Da hilft es wenig, wenn ne eingespielte Band das permanent kompensiert, es bleibt eben "nicht gut".
Und wenn ich ner Rockband beim fröhlichen, biergeschwängerten megalauten Runterrotzen schlechter selbstkomponierter Songs zuhören muss, ist das nicht authentisch, sondern einfach Mist, und ich nehme Reißaus. Konzerte sollen für mich als Zuhörer Entertainment sein, nicht Selbstverwirklichung. Deshalb gilt bei mir auch ganz klar, lieber gut gecovert, als schlecht komponiert. Aussagen wie die von Beeble kenne ich von früheren Bands auch, konnte aber noch nie was damit anfangen.
Bezogen auf diverse Musikstile bringt mich Authentizität auch nicht wirklich weiter. Authentische kubanische Musik findet man halt auch nur in nem kubanischen Cafe, es sei denn man hat Glück, irgendwo ne Horde von Exilkubanern zu finden, die fernab ihrer Heimat kubanischen Flair aufblitzen lassen.
Wenn ich den Job bekomme, mit einer Band aus lauter Deutschen Kuba zu imitieren, bereite ich mich darauf vor, indem ich authentische Aufnahmen höre, analysiere und hoffentlich ein bisschen mehr verstehe. Selbst wenn sich alle Musiker so akribisch vorbereiten, wird daraus aber keine authentische kubanischen Musik, weder jetzt noch nach 20 Jahren.
Ich verstehe Authentizität in der Musik immer im gesellschaftlichen Kontext, der sie hervorbringt, und keine von uns Deutschen adaptierte Stilistik hat diese Bezüge. Ob nun Reggae, Blues, Punk, Gangsta-Rap oder sonstwas, wir satten, feisten Wohlstandskinder entkernen eigentlich die Musik selbst beim Versuch, sie "authentisch" klingen zu lassen.
Und so komme ich wieder zurück zum Anfang. Mir reicht es, wenn Musik gut und mit Freude dargeboten wird :😀