Mein Messebesuch 08 war informativ, unterhaltsam und witzig. Es hat mich wirklich sehr gefreut, Nils und Gerald aka Drumstudio 1 zu treffen. Das sind beide zwei äußerst herzliche und nette wie kompetente Zeitgenossen. Für mich gleich zwei Highlights kurz nach dem Entern der Halle 3.0. Leider habe ich sonst keine DFler getroffen. Das liegt wohl schlicht & ergreifend daran, daß ich so wenige vom Sehen kenne. Ich werde mir für 09 fwdrums auf die Stirn tätowieren lassen. Vielleicht hilft's ja was
Hier mal mein Eindruck in Kürze.
Becken
Für mich verwischen die Grenzen zwischen den Beckenherstellern immer mehr. Einerseits die Großen: Dort bietet jeder so gut wie alles an. Und andererseits die Türken: Es gibt einen breiten Bereich typischer Türkensounds, die man bei jedem gescheiten Hersteller aus der Türkei finden kann. Ist diese Entwicklung gut oder schlecht? Ich weiß es nicht. Bei VW gab's früher den Käfer und bei Mercedes den 500er. Seitdem VW den Phaeton baut und Mercedes Kleinstfahrzeuge, die einem 500er von Fiat ähnlicher sind als die S-Klasse... Bei Becken ist das inzwischen genau so - ein ziemlich unübersichtliches Gelände. Das Schöne daran ist, daß es gute Becken in Hülle und Fülle gibt. Oft schon zu sozialverträglichen Preisen, allerdings kaum bei den Großen. Eine kleine Geschichte am Rande: Mit Gerald hatte ich mich über Beckensounds unterhalten und dabei kam die Sprache auf Paiste und die für Paiste eigentlich typischen, sehr geringen Soundtoleranzen bei einzelnen Modellen. Kurz darauf habe ich am Paiste-Stand zwei Traditional 18" Thin Chinas angespielt. Nix war's mit der Konsistenz. Die waren schon sehr weit auseinander. Was wiederum bei den Türken typisch ist. Davon konnte man sich am Bosphorus-Stand bestens überzeugen. Was lehrt mich das: kein Becken "blind" kaufen, egal von wem (aber ich halt' mich nicht dran). Meine Highlights: das eine Traditional Thin China bei Paiste, das witzige Sabian Paragon mit Jingles und Nieten, das Orion Mainstream Swish [das am Stand klang prima - aber ich hab doch schon zwei :-(] und viele Rides bei Bosphorus und Istanbul Agop. Auch bei Stagg hingen einige gute Handgedengelte ab. Was ich nicht verstehe: Die hängen ein 15er und 16er Crash der gleichen Serie nebeneinander, doch außer dem Namen der Serie haben sie rein gar nichts gemein. Bei Agean hat mir die Extreme Serie sehr gut gefallen. Sie haben eine eigene Note und den total falschen Namen. Sie klingen eher nach smooth.
Hardware
Vielleicht gibt's das ja schon lange, aber ich hab's erst jetzt entdeckt: den Hardware-Baukasten der 600er Serie von Sonor. Schönes, praktisches Zeug. Ich befürchte nur, daß es unbezahlbar ist. Die einstrebige dw-Hardware macht einen super Eindruck, die Flatbase ist schön und unpraktisch, dafür aber garantiert vintage-stylish. Yamaha will mit dem neuen Rack Sonor den mit der Signature Hardware errungenen Titel "most oversized drum hardware ever" streitig machen. Ich glaube sie schaffen's. Falls Ihr mit diesem Käfig bei Erdbeben von der Bühne stürzt: Keine Sorge, das Ding bleibt heil (das konnte nur in Japan designed werden).
Trommeln
Viele schöne Sachen gab's zu sehen. Die Spielzeuge der Großen sind ja hinlänglich bekannt oder werden es in Kürze sein. Die kleineren Hersteller hatten hübsche Schätzchen an Bord: Wahans Ahorn Set, zum erstaunlich günstigen Kurs (es klingt auch prima), Pork Pie mit einem mörder Bassdrumsound, Odery mit traumhaften Finishes, Dunnett mit Snares und kompletten Sets uswusf. Das war einfach zu viel des Guten.
Trommler
Mike Terrana auf der Agora Stage: 1a Poser-Drumming. Bei jedem Grimassen-Wettbewerb würde er aufs Podest kommen - bei Drummer-Wettbewerben aber auch. Er trommelt schon gut der wilde Mike. Er traktierte ein Acrylset und seine Zahnstocher für Blauwale hatte er auch dabei (wahrscheinlich geht er mit denen auch ins Bett). Es hat nur den Anschein, daß er wie ein Schmied draufhält. MT spielt kräftig, aber locker und nicht "mit Kraft". Der Sound war sehr artikuliert, aber auch etwas kühl und künstlich (nein Acrylsets müssen nicht so klingen). Die Playalongs fand ich musikalisch öde und - na na na - bei einigen Doublebass-Attacken hat er auch mal nur die 11 statt der 12 erlegt. Aber morgens um 10 sei das verziehen
Insgesamt eine sehr sportliche Vorstellung. Der nächste Kandidat war Alex Vesper. Ich mach's kurz: der Hammer. Herr Vesper groovt unglaublich tight, powerful, sensibel (ja beides) und geschmackvoll. Ein wahrer Könner. Seine Performance deckte ein breites Spektrum von Stilen ab und reichte von Funk und Pop, über Bigband und Fusion zu Abgefahrenem (ja sehr aussagekräftig). Superb: Das Message In A Bottle-Cover mit 7/4-Strophe und 6/8 Refrain. Intelligentes Groove Drumming at its best. Ach ja, einen super Sound hatte er auch noch. Für mich einer der besten Schlagwerker in unseren Breitengraden. Ich bin immer noch ganz euphorisch. Dann Assaf Seewi. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Wie kann ich mir als trommelnder Dilettant anmaßen, was ich gleich schreiben werde? Eigentlich gar nicht, aber gerade deshalb. Assaf Seewi hat alles nicht, was Alex Vesper hat. Ganz besonders fehlt Groove. Dafür kann er prima Stöckchen drehen und andere essentielle Dinge des Schlagzeugspiels, wie z. B mit vier Stöcken spielen etcpp. Er hat unbestritten technische Fähigkeiten, doch bei dieser - und ich spreche nur von dieser - war's ein unglaubliches Gefuschel und Rumgeeiere, daß ich manchmal richtig peinlich berührt war. Beipiel: Er fummelt übers Set, ist noch einigermaßen drauf und beendet eine Sequenz mit vier solo Beckenschlägen, die irgendwo im Niemandsland zwischen zwo Sechzehnteln erklingen. Die folgende Eins kommt aus dem Off, nur leider nicht im Fluß und weiter geht's mit dem Gehoppel. Er beschrieb seine Stockdreherei als "things you don't need at the gig". Ich möchte mal wissen, auf welchem Gig er den Rest gebrauchen kann. Nächstes Jahr spiele ich auch mal auf der Agora. Mein Groove ist auch lausig und das Gute ist: Ich brauche viel weniger Schläge dafür. Okay, das war bösartig und anmaßend, aber er hat angefangen... Wolf Simon mit der E-Voice Band machte wie jedes Jahr einen tollen Job. Sein Spiel ist songdienlich, ideenreich, druckvoll und groovt prima. Wieso hört man von dem so wenig? Am Baß war übrigens T.M. Stevens. Und wenn wir schon beim Fremdgehen sind: Frank Itt gab's auch und das hat richtig gerummst. Slapping, Fingerstyle, Solo oder Begleitiung, Metal, Funk, Pop, Fusion und 20 Sekunden Polka - alles dabei und alles gut. Für einen Bassisten echt nicht schlecht. Die Drumbassadors gaben sich wie immer bei Paiste die Ehre. Für mich - auch wie immer - ein Highlight. Mehr sag ich nicht. Ein Quell der Heiterkeit war das Pearl-Aquarium. Darin schwammen Oliver und Alex Holzwarth von Sieges Even, ein ausgewiesen hochklassiges Gespann und draußen - also quais auf dem Trockenen - klang's wie Micky Maus. Hat den Herrschaften von Pörl mal jemand mitgeteilt, daß es bei Musik um Sound geht. Das war erbärmlich, vor allem wenn vorher ein Standherr erzählt, daß man jetzt das Soundso-Set hört und der Sound umwerfend sei. Umwerfend war allein die Lächerlichkeit des Unterfangens. Schade, ich hätte die Jungs gerne gehört.
Und sonst: Das Futter war teuer, aber schlecht, der Frankfurter Charme des Mesepersonals ist nach wie vor unerreicht (andernorts wird man für so was verklagt) und die Gespräche beim Essen waren abenteuerlich (drei Blondinen aus dem fernen Rußland unterhielten sich mit einem Spanier auf Englisch über deutsches Land und Leute - dafür muß ich im Theater einen Haufen Geld bezahlen - und so was Ähnliches hatte ich letztes Jahr schon mal!).
Deshalb: Nächstes Jahr muß ich wieder hin
fwdrums