Vladimir Horovitz hatte offensichtlich große psyschische Probleme, in der Öffentlichkeit aufzutreten. Er hatte mehrere längere Abstinenzen von öffentlichen Auftritten. Ob die Queen-Nummer auf Magen, Marotte oder Marketing zurückzuführen ist - who knows. Zumindest war er kein Flegel wie der andere am Flügel. Ich schätze Jarretts Kunst, doch ist das natürlich kein Freibrief, sich aufzuführen wie der Letzte. Das oben erwähnte Burn Out-Syndrom scheint ihn auch mal länger außer Gefecht gesetzt zu haben. Trotzdem: So geht's nicht. Zumindest nicht mit mir.
Andererseits weiß man bei bestimmten Kandidaten, was man zu erwarten hat, als da wären z. B. Dylan und Van Morrison. Deren Absonderlichkeiten sind zumindest so bekannt, daß man erwarten kann, daß der geneigte Besucher das vorher weiß.
Da wußte ich's nicht: Zakk Wylde im Colos-Saal. Die Bühne rückseitig randvoll mit Amps und Boxen, selbst direkt vorm Schlagzeug war noch eine Reihe platziert, so daß man das Set nur ab dem oberen Rand der Toms sehen konnte. Zakk & Co. entern die Bühne und und halten rein wie die Geisteskranken. Ich schätze, die Hälfte des Publikums mußte ob des Schocks erst mal mit beiden Händen die Ohren schützen. Nach der ersten Nummer begrüßte Zakk seine Fans mit einem herzlichen "Motherfucker". Diese Schmeichelei hielt er auch weiterhin für seine Zuhörer parat - zumindest so lange ich anwesend war. Er stellte sich an den Bühnenrand und forderte mit beiden Händen nach oben wedelnd und am Ohr horchend, das Publikum zu Beifall auf. Wenn es ihm genug erschien, schritt er zur Tat und quälte mich mit der nächsten Nummer. Das wiederholte sich. Ebenso der Spruch - über den ich oft & herzhaft lachen mußte: "Hey You Fuckin' Motherfucker Fuck Your Fuckin' Mother". Das war gekonnt. Hab' ich vergessen, zu erwähnen, daß Zakk rand- aber auch wirklich überrandvoll war? Ihr habt's bestimm geahnt. Doch das entschuldigt nichts. Schon gar nicht, daß er oft und gerne einen kräftigen Schluck Bier nach oben spie und sich unter seine eigene Bierdusche stellte. Gerne hat er dieses Vergnügnügen auch den ersten Reihen gegönnt.
Warum bin ich dahin? Ja, das habe ich mich an diesem Abend auch gefragt. Grund war die richtig gute CD "Book Of Shasdows". Ich war der irrigen Annahme, daß das Konzert irgendwas damit zu tun haben könnte. Richtig peinlich war, daß ich eine gute Bekannte zu diesem Konzert eingeladen hatte, deren musikalsiche Vorlieben bei Singer/Songwriter angesiedelt waren und deren hinnehmbarer Härtegrad bestenfalls bis Mainstream-Rock reichte. Die Fragezeichen auf ihrer Stirn, ob meines Geisteszustandes waren deutlich zu erkennen.
Nun denn, ich hatte irgendwann ein Einsehen mit ihr und mir und habe den bedauernswerten Rest Zakks schlechter Kinderstube überlassen. Und ob Ihr's glaubt oder nicht: Alles was oben steht, ist kein bißchen übertrieben - ehrlich.
Book Of Shadows ist immer noch toll und falls ich so was noch mal brauche, gehe ich nachts um drei auf die Reeperbahn oder schütte mir mein Pils wenigstens selbst übern Kopp.
fwdrums