Jo, dann will ich mal.
Über die Klangzonen von Trommeln
Trommeln bestehen aber nicht nur aus einer Membran (Fell), sondern auch aus einem Resonator (Kessel) und oft noch einer zweiten Membran (Resonanzfell). Die verschiedenen Komponenten dieses schwingenden Systems führen gekoppelte Schwingungen aus. Nach der ersten Anregung, also dem Schlag des Stick auf das Schlagfell, verteilt sich die Energie durch die Kopplung auf das gesamte System. Dabei kommt es zu Verlagerung der Energie zwischen den verschiedenen Elementen des Systems Jede Komponente „versucht“ nun eine Schwingung in seiner Eigenfrequenz auszuführen.
Es kommt zu Interferenz (Überlagerung) der jeweiligen Eigenschwingungen. Einfach ausgedrückt versucht jede Komponente seine Frequenz durchzusetzen. Durch die Kopplung ist dies aber nicht möglich. Der Kessel hat dabei einen festen Eigenton, während sich die Eigenschwingungen der Felle durch Drehen an den Spannschrauben ändern lassen. Die Schwingungen können sich nun gegenseitig verstärken oder auch abschwächen, je nach dem, wie die Verhältnisse (Phasenbeziehungen) der jeweiligen Eigenschwingungen sind.
Physikalisch ausgedrückt handelt es sich beim Schwingverhalten einer Trommel (näherungsweise) um die Impulsantwort des schwingenden Systems auf den Schlag (Impuls). Dabei bedeutet das Drehen an einer Stimmschraube eine Änderung des Systems!
Die Gratung beieinflusst nun maßgeblich die Dämpfung des Fells, also auch des schwingenden Systems. Je runder die Gratung, desto größer die Kontaktfläche zwischen Fell und Kessel, desto höher auch die Dämpfung. Das bedeutet, je spitzer die Gratung, desto höher ist das Potenzial der Trommel für einen langen Sustain (Nachklang) und für Obertöne, die aus dem Fell kommen. Auf die Phasenbeziehungen zwischen den einzelnen Oszillatoren der Trommel hat die Dämpfung keinen maßgeblichen Einfluss.
Auch die Kraftübertragung zwischen Fell und Kessel wird durch die Gratung nicht beieinflusst. Wenn das Fell nach dem Schlag nach unten durchschwingt, wirkt eine Kraft auf die gesamte Gratung. Wie groß diese Kraft ist, kann nur von der Stärke des Schlages abhängen und nicht von der Fläche auf die sie sich verteilt. Der Druck in N/qcm wird kleiner mit größerer Kontaktfläche, nicht aber die gesamte Kraft, die den Kessel anregt.
Auswirkungen verschiedener Fellspannungen
Wenn man beispielsweise das Resonanzfell auf einen bestimmten Ton stimmt und nicht mehr verändert und dann das Schlagfell vom tiefsten möglichen Ton in kleinen Schritten immer höher stimmt, wird man feststellen, das es abwechselnde Zonen gibt, in denen die Trommel gut z.B. voller und dann wieder schlechter , z.B. dünner klingt. In den voll klingenden Zonen verstärken sich vor allem die Grundschwingungsnahen Frequenzen, in den dünn klingenden kommt es zu deren gegenseitiger Abschwächung bzw. Auslöschung. Die Auslöschung kann am Beispiel der Schwebung gut hörbar gemacht werden. Normalerweise kann man drei Mal durch diese Zonen gehen, danach erhöht sich zwar noch der Ton des Schlagfells, aber die Trommel klingt abgewürgt und leblos. Insgesamt verändert sich aber der Klangcharakter der Trommel während man durch die Zonen stimmt ständig, da sich das tonale Verhältnis zwischen den Fellen ständig ändert. Es sollte eine Zone guten Klangs hörbar werden, wenn das Resonanzfell deutlich höher gestimmt ist als das Schlagfell (ca. eine Terz), eine, wenn sie beide gleich gestimmt sind und eine, wenn das Schlagfell deutlich höher gestimmt ist als das Resonanzfell (ca. eine Terz). Dazwischen, darüber und darunter liegen die Zonen, in denen die Trommel nicht so gut klingt.
ACHTUNG: wenn das Resonanzfell sehr tief gestimmt ist, gibt es weniger Zonen, da man das Schlagfell nicht noch tiefer stimmen kann.
Außerdem stellt man fest, dass der Grundton des Gesamtklangs stärker durch das Resonanzfell beeinflusst wird. Der Attackanteil, der maßgeblich durch die Spannung des Schlagfells bestimmt wird, sinkt mit steigender Schlagfellspannung, die gleichzeitig den Grundton der Attackphase bestimmt.
Ist das Resonanzfell wesentlich tiefer gestimmt als das Schlagfell, entsteht der Eindruck, dass der Ton der Trommel nach dem Anschlag mit der Zeit tiefer wird. Der Ton des Resonanzfells ist im Klangverlauf der Trommel dominant.
Die maximale Resonanz des Gesamtsystems Trommel wird erreicht, wenn beide Felle auf den Kesseleigenton gestimmt werden. Dann schwingen alle Elemente des Systems mit der selben Eigenfrequenz und schwächen sich nicht gegenseitig ab.
Es ist auch wichtig zu bedenken, für wen man stimmt. Für den Schlagzeuger selbst und für Mikrofone sind die Schlagfelle von größerer Bedeutung als die Resonanzfelle. Spielt man ohne Mikrofone für ein Publikum, bekommt deiese hauptsächlich den Klang der Resonanzfelle zu hören. Je nachdem, was erreicht werden soll, muss also der Fokus woanders liegen.
Zusammengefasst kann man sagen:
Das Schlagfell bestimmt:
- Attack (auch Einschwingzeit)
- Grundton direkt nach dem Schlag
- Klang an der Sitzposition des Schlagzeugers
Das Resonanzfell bestimmt:
- Grundton nach Ende der Attackphase des Tons
- Grundton des Gesamtklangs
- Klang im Publikum
Die Grundtöne der beiden Felle und des Kessels sowie deren Verhältnis zueinander bestimmen:
- Sustain
- Resonanzanteil im Klangbild
- Klangfülle (Body)
- Obertonspektrum
Selbstverständlich kann man nicht alles am Klangbild nur über die beiden Grundtöne der Felle beeinflussen. Kesselkonstruktion und Dämpfung spielen auch eine Rolle. Ebenso kommt es auf das verwendete Fell an.
Entschuldige, dass der Text etwas lang geworden ist, aber mir würde sogar noch mehr einfallen.
Nils