Tendieren wir als Schlagzeuger in "jüngeren Jahren" vielleicht dazu, teils zu viel Noten in manche Lieder einzubauen, uns unnnötig komplexe Dinge auszudenken, Dinge, die gar nicht notwendig sind, damit das Lied gut klingt?
Hmmm, ein sehr interessanter Fred. Mir hat in jungen Jahren mal ein Musiker einer anderen Band nach einem Gig mal gesagt, dass ich gleich am Anfang alles raushauen würde und dadurch später nichts mehr draufpacken könne.
Und, wenn ja, bedarf es erst vielleicht gewisser "Reife/Erfahrung", um das zu erkennen und seine eigene Herangehensweise zu ändern? Oder ist es einfach den sich ändernden Hörgewohnheiten geschuldet, den sich änderndem Geschmack, dass man auch als Schlagzeuger sagt: Ja, war damals vielleicht ein wenig over the top...?
Das "Alles-zeigen-Wollen" und am besten sofort, war zumindest bei mir selbst ganz sicher eine Frage der mangelnden Reife. Heute spiele ich eher selten frickelig, sondern versuche, die Musik so gut wie möglich nach vorne zu bringen. Meistens bedeutet dies eine gewisse Zurückhaltung bei der Menge der Schläge und der Komplexität der Schlagfolgen. Ich erinnere mich, dass ich schnell gelangweilt war, wenn ich einen simplen Beat spielen sollte. Anstatt mich in den Song einzufühlen, habe ich versucht, meine neuesten Errungenschaften unterzubringen.
Ganz wesentlich scheint mir zu sein, dass man im Song nur das einsetzen sollte, was man auch richtig auf den Punkt spielen kann. Im Grenzbereich ist es leider meistens nicht tight.
Wenn man allerdings so viel kann, wie z.B. David Garibaldi, dann klingt auch komplexes Gefrickel sehr gut und groovt trotz der vielen Noten. Bei ihm hat jedenfalls das Alter und die Reife nicht unbedingt zu simplerem Spiel geführt, muss es aber auch nicht, weil er es eben kann und die Musik von ToP diese Spielweise durchaus verträgt.
Die Frage, was ein Song braucht und was zu viel ist, ist ja nicht zuletzt Geschmackssache. Deswegen wird die Antwort darauf individuell unterschiedlich sein. Ich finde z.B. das Getrommel von Mitch Mitchell bei Hendrix auch drüberhin. Weniger wäre aus meiner Sicht mehr gewesen, aber es bleibt eine Geschmacksfrage.
Haben Schlagzeuger eventuell gar den Hang, sich selbst zuweilen als zu wichtig zu sehen im Gesamtkontext? 
Hmmmm, ich sehe mich als Rückgrat der Band, zusammen mit dem Bass ist es meine Aufgabe, den Laden zusammen zu halten und über das, was ich spiele, Regie zu führen. Das ist eine wichtige Aufgabe, die allerdings beim Publikum nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Vielleicht kompensiert mancher dies mit Gefrickel, um ein größeres Stück des Aufmerksamkeitskuchens abzubekommen.
Andererseits beeinflusst ein komplexer Beat, wie der bei Rosanna, das Gesamtgefühl des Stücks, auch wenn Publikum und Mitmusiker dies nicht unbedingt konkret benennen können.
Interessant wäre, mal eine Rosanna Version ohne die Ghostnotes zusammenzumischen (also quasi das Gefrickel aus dem Stück zu entfernen) und dann eine Gruppe von Musikhörern beide Versionen bewerten zu lassen. Am besten solche, die das Lied vor dem Experiemnt noch nie gehört haben.