Ich sehe das etwas zwiegespalten.
Es ist unbestritten, dass es gut ist, Kindern so früh wie möglich die Gelegenheit zu geben, sich aktiv mit Musik zu beschäftigen. Je mehr Möglichkeiten sie haben, das zu tun, desto besser.
Ich frage mich nur gerade, welchen Sinn es hat, Ihnen gleich umfangreiches Equipment vor die Nase zu setzen.
Ich erinnere mich an meine Anfänge. Ein eigenes Schlagzeug kam für viele Jahre überhaupt nicht in Frage, so dass ich selber kreativ werden musste. Waschmittelkartons, Töpfe, Heizkörper, mit Schrauben gefüllte Plastikkoffer, Strohhüte... alles was entfernt an Trommeln erinnerte habe ich umfunktioniert. Meine ersten Sticks waren 1,5m lange Bambusstöcke mit denen ich einen Gymnastikball vertrimmt habe.
Einige Jahre später (4 oder 5???) konnte ich mir von einem Bekannten eine Snare, eine Bassdrum und eine HiHat borgen. Ein Traum!
Wieder einige Jahre später bekam ich mein erstes eigenes Set, welches ich spielte, bis ich ca. 17 Jahre alt war. Das Set klang furchtbar - ich bin deshalb sogar aus einer Band rausgeflogen, weil ein anderer damals ein Recording Custom spielte... Aber mehr gab es halt nicht.
Was will ich damit sagen?
Es kommt nicht darauf an, was einem Kind zur Verfügung steht. Wenn es wirklich Interesse hat, dann wird sich das Kind schon was einfallen lassen - und genau dadurch vielleicht sogar viel mehr lernen. Der Trend heutzutage geht stark dahin, dass Kindern alles vorgesetzt wird, was sie haben wollen. Die Wertschätzung für das, was sie schon haben, geht dabei verloren. Ebenso die Fähigkeit, kreativ zu sein und sich selbst zu helfen.
Genau so lässt sich das übrigens auch auf den Lernprozess übertragen: Kinder müssen merken, dass sie etwas dafür tun müssen, voranzukommen. Es reicht eben nicht aus, wenn die Eltern ein tolles Set kaufen. Man muss üben, sich anstrengen und am Ende merken, dass sich das auch gelohnt hat. Man muss kreativ sein und die eigenen, zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen lernen und den Blick nicht nur auf Dinge richten, die (noch) nicht da sind.
Für mich sind die damaligen Entbehrungen ganz wesentliche Erfahrungen und ich lese und höre von sehr vielen (heute immer noch aktiven) Musikern, dass sie genau so angefangen haben.
Diese Gedanken wollte ich einfach mal in die Runde streuen.
Gruß,
Sven