Noch ein paar ergänzende Gedanken:
Je weiter man sich am Set entwickelt, desto größer wird auch der Anspruch an sich selbst. Das ist ein Kreislauf aus dem man nie herauskommen wird. Ich dachte früher auch mal recht naiv: "Wenn ich dieses und jenes spielen kann, dann bin ich zufrieden." Denkste. Ich kann das längst spielen, zufrieden bin ich jedoch nicht, jedenfalls nicht grundsätzlich. Hinter jeder Tür, die man öffnet gibt es einen neuen Korridor mit vielen weiteren Türen. Manchmal ist das sehr frustrierend, da sich hier die Weisheit offenbart, dass man, je mehr man weiß, desto mehr weiß, was man nicht weiß. Andererseits ist es schön zu wissen, dass es noch so viele Türen gibt, also auch noch viele dieser Momente in denen man glücklich ist, weil man eine Türschwelle überschritten hat. Jeder Musiker durchlebt eine wellenförmige Dynamik, ein Wechselbad zwischen Zufriedenheit und Selbstzweifel.
Der Autor eines Gitarrenbuches hat das mal so beschrieben: Die Phasen, in denen man das Gefühl hat, dass nichts geht, sind die Phasen, in denen gerade neues verarbeitet wird. Man hat eine neue Vision, die man allerdings noch nicht umsetzen kann. Dabei vergisst man das, was man kann, weil das Neue so sehr im Vordergrund steht. Ist dieses Ziel erreicht, erntet man zu Recht die Lorbeeren dieses Prozesses und ist glücklich mit sich und seinem Spiel. Zumindest, bis die sich nächste Vision wieder in den Vordergrund schiebt.
Mir hilft es in Krisenzeiten oft, mich dessen bewußt zu machen.
Gruß,
Sven
Edit:
Ich glaube übrigens, dass man nie so klingen kann, wie das, was man im Kopf hört. Die eigene Vorstellung wird den technischen Möglichkeiten immer voraus sein.
Zum Hören: Natürlich hören unterschiedliche Ohren (bzw. deren Träger) auch unterschiedliche
Aspekte in der Musik. Wenn einer meint, ein Song sei zu träge gespielt und der andere behauptet das Gegenteil, dann haben sie einfach ein grundverschiedenes Verständnis davon, wie der Song gespielt werden muss. Ob er laid back oder vorne gespielt ist, ist ja eine Tatsache. Ob es gut ist oder nicht, ist subjektive Wahrnehmung.