Ich denke das Thema ist für unser Forum zu komplex. Ich danke Jürgen ausdrücklich für das Durchhalten! Ich teile seine Meinung 100%.
Leider sind Fälle von sexuellem Mißbrauch, -nötigung oder vergleichbare schwere Straftaten mit oftmals massivsten Konsequenzen für den weiteren Lebensweg der Opfer und ihren Entwicklungsperspektiven (bei weitem eben nicht nur die sexuelle Orientierung, wie Laien oft vermuten), sehr viel häufiger, als mancher vermuten würde.
Das mag sich nicht jeder vorstellen können... oder wollen. Ich persönlich möchte mir das auch nicht vorstellen. Personen im beruflichen Umfeld die Mißbrauchsopfer waren und deren Schickssal, haben aber auf meine persönliche Lebenssicht und den naiven Glauben das manches in dieser Welt vielleicht irgendwann mal besser wird einen dunklen Schatten geworfen. Insofern steht es mir auch nicht zu andere Personen zu kritisieren, die vielleicht niemals mit Mißbrauchsopfern/Fällen beruflich konfrontiert waren, sondern nur aus Medien davon hören.
Ein Fehler, der insbesondere in weiten Teilen unserer Gesellschaft gemacht wird, ist eklatant und spielt ungewollt! den Tätern bzw. ihrem Vorgehen in die Hände. Viele unterschätzen nämlich nicht nur die Auftetenshäufigkeit von sexuellem Mißbrauch (Thema Dunkelziffer) sondern auch die kriminelle Energie bzw. die Ausdauer mit der viele der Täter eine "vertrauensvolle Atmosphäre" vortäuschen - bis sie dann zum Übergriff ansetzen. Es ist eben keinesfalls immer so, dass "böse Menschen" im Wald lauern und die erstbeste vorbeikommende Person anfallen. Natürlich gibt es das auch. Übergriffe, bei denen Opfer durch puren Zufall Opfer werden. In vielen (den meisten) Fällen ist es aber völlig anders. Viele Übergriffe werden von den Straftätern lange vorbereitet! Viele Übergriffe auch dauerhafte, über Monate oder Jahre erfolgende gehen auf Täter zurück, die dem weiteren persönlichen/privaten oder gar (engsten) familiären Umfeld zuzuordnen sind.
Es ist Fakt, dass einige der Täter ein perfides "Talent" dafür haben, Kinder/Jugendliche/Schutzbefohlene (auch Behinderte werden oftmals Opfer! Höchstwahrscheinlich sogar die Gruppe mit der niedrigsten Aufklärungsquote in Bezug auf die Bestrafung der Täter) zu erspüren, welches potentielle Opfer in einer schwierigen Lebenssituation ist. Oder konkreter: wem es an Vertrauen in seine soziale Umwelt fehlt bzw. wer aufgrund krisenhafter Lebensbedingungen keinen stabilen Ansprechpartner mehr hat. (oder subjektiv im glauben ist, keinen verläßlichen Ansprechpartner mehr zu haben)
Gerade die emotionale Verunsicherung bzw. der Vertrauensverlust von manchen Kindern deren Eltern in einem massiven Scheidungskampf stecken, oder Kinder aus "schwierigem" oder gar delinquentem sozialen Umfeld etc. sind nicht selten Opfer sexueller Ausnutzung, Mißbrauchs etc. Da bei Ihnen die Täter weniger persönliches Risiko befürchten. Erscheint das Vertrauensverhältnis von Kindern/Jugendlichen zu ihren Eltern beschädigt oder fragil (Pubertät, Scheidungskrise, mangelnde Fürsorge, Heimaufenthalt, oftmals in Kombination), versuchen die Straftäter sich oftmals als neue Vertrauensperson zu etablieren und dann dieses Vakuum für sich auszunutzen. Darüber hinaus gibt es innerfamilär auch nicht selten schreckliche Wirkmechanismen... das reicht vom "Wegschauen" genauergesagt "nicht wahrhaben wollen" der Mutter, Tante, Schwester bis zum Zahlen von "Schweigegeld". "Es kommt nicht wieder vor. Wenn Du nicht zur Polizei gehst kaufen wir Dir das Pferd was Du Dir so lange gewünscht hast. etc.
Das klingt für manche wie ein billiger Science Fiction-Film - ist aber nochmals für alle die sich von Berufswegen mit Mißbrauchsopfern befassen indiskutabel, da seit Jahren nachweisbar.
Wenn nach Jahrzehnten des kollektiven Negierens des Problems, des Wegschauens und des Unterschätzens des Außmaßes und der numerischen Häufigkeit sexueller Übergriffe auf Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene endlich etwas für deren Schutz getan wird, dann ist das begrüßenswert. Aber streng genommen für viele zu spät!
P.S: auch ich habe jahrelang die Häufigkeit sexuellen Mißbrauchs in unserer Gesellschaft unterschätzt. Und natürlich gibt es Mißbrauchsfälle in allen Gesellschaftsschichten. Aber aufgrund der perfiden "Raffinesse" vieler Täter und der offensichtlichen Unterlegenheit (nicht nur körperlich) vieler Opfer ist es immens wichtig, dass der Staat jene schützt die sich nicht selbst schützen können. Wie kann das in Frage gestellt werden?
Ich befürchte ich editiere das bald, da ich immer noch denke, wir können hier so ein ernstes und komplexes Thema nicht sinnvoll erörtern... ja nicht mal oberflächlich anreißen.