Drum-Bestseller kritisch beleuchtet: Sonor Force 3005 (Maple)
Seit vielen Jahren konnte meiner Meinung nach den "großen drei" (Pearl, Tama und Yamaha) nur ein einziger europäischer Hersteller in Sachen Innovationspower, Produkt-Funktionalität und Fertigungsqualität das Wasser reichen: Sonor! Dieser Firma, insbesondere den Mitarbeitern im Bereich Konstruktion und Entwicklung hatte ich seit dem zarten Alter von 14 stets den größten Respekt gegenüber aufgebracht. Viele Produkte des Hauses Sonor haben sich seit 1979 für nicht gerade kleines Geld den Weg zu mir gebahnt.
Aber jetzt genug der Melancholie: zurück zum in China gefertigten Force 3005:
Das Set ist gegenwärtig bekanntlich ein Auslaufmodell. Die neuen Force 3007 haben ja die optisch viel schöneren "Designer"-Lugs erhalten.
Aber:das 3005 hat sich nicht schlecht verkauft... und noch wichtiger: dieses Full-Maple Produkt ist nun bei einzelnen Händlern als 5 -teiliges-Drumset inklusive Hardware zum Schnäppchenpreis ab 648.- Euro zu haben. Hoppla - der Listenpreis war mal über 1400.-
Das Set welches ich testete war genau eines der Sets für 648.- in der Farbe Blue Sparkle.

22", 10", 12" Toms und 14"-Standtom, Snare, 2 Galgenstands, Snarestand, Hihatmaschine und Kick-Pedal.
Die Hardware:
Sie entstammt der 400´er Serie. Schon in den Prospekten empfand ich sie als etwas klobig und optisch eher "abturnend". Ganz im Gegensatz zur beeindruckenden 600 ´er Serie. Real sehen diese 400´er Stands noch etwas billiger aus als im Prospekt. Gerade das Handling der Galgenstands und der Hihat erinert mich unschön und frappierend!
an Mapex-Produkte der M-Birch und "darunter-Klassen".
Die Galgenstands und der Snarestand machen aber einen recht standfesten Eindruck. Das etwas klobige Handling ist nicht prickelnd, aber akzeptabel.
Der Doppeltomhalter ist designtechnisch sehr schön gelungen. Wie er sich im Verlaufe der Zeit behauptet wird man sehen - da wage ich noch keine Prognose. Wie sich die Hardware generell bewährt kann immer nur die Zeit zeigen.
Vergleich in Sachen Hardware-Set:
Die Pearl Export Hardware ist in Stabilität, Funktionalität, Ergonomie mindestens 1 Klasse ´drüber. Die Yamaha 700 Serie nüchtern betrachtet 2 Klassen. Insofern ist diese Hardware für die ehemalige UVP schon etwas gewagt gewesen.
Bei 648.- kann man zwar nicht meckern, muß aber trotzdem festhalten, dass "Ausverkaufs-Pearl-Export-Sets" die deutlich bessere Hardware haben. Das betrübt mich sehr, dass die ehemals geniale Ingenieurkunst und super-solide Entwicklung und Fertigung von Sonor dem legendären Ruf in der Mittelklasse nun scheinbar nicht mehr wirklich gerecht wird. Das ist mir unverständlich: es muß doch zumindest einen Ingenieur oder sonstigen engagierten Sonor-Mitarbeiter geben, der den Impuls verspührt, mal eine "schriftliche Eingabe nach oben zu wagen" und zu sagen "sowas hätten wir früher in dieser Preisklasse aber nicht ausgeliefert".
Wie bei allen Kick-Pedals der 200 ´er und 400´er Serie die ich in den letzten 2 Jahren sah, schlackert das Fußpedal. Die prinzipiell passablen bis guten Laufeigenschaften werden dadurch etwas geschmälert. Das müßte eigentlich auch bei Sonor schon mal jemandem aufgefallen sein, denn es kommt super-häufig vor! Bei manchen Pedalen (zugegeben) "erst" nach 2-3 Wochen Nutzung - bei vielen direkt aus dem Karton. Sehr seltsam!
Die Hihat läuft passabel. Ihre Kette ist etwas ungenau eingesetzt "sie zieht leicht schräg" (kenne ich auch von mancher Mapex-Hihat-Maschine und, dass sei nicht verschwiegen diversen anderen Fernost Anbietern). Gleichwohl sind hier die 2 unteren Metallstreben, die wie bei Hihats dieser Bauart üblich in das Basisteil eingesteckt werden, zu "labbrig" bzw. seitlich instabil. Kurios: was bei dem Kick-Pedal durch schlecht angebrachte Nieten für Spiel sorgt, "erledigen" im Falle der Hihat die Streben. Die Laufeigenschaften der Hihat sind akzeptabel - keinesfalls schlecht. Trotzdem spricht sie spieltechnisch irgendwie seltsam an. Zwar schnell (es mangelt der Feder also keinesfalls an Wirkung) aber das Spielfeeling ist etwas seltsam. Sorry, ich kann es nicht konkreter beschreiben.
Natürlich ist sie (scheinbar - die Langzeitwirkung muß man abwarten) Welten besser als z.B: Tamburo/Pao Chia Modelle - aber wiederum im Vergleich zu Pearl, Yamaha oder Tama Hihats der Preisklasse (wichtig: auch diese Aussage in Bezug auf die ehemalige UVP) zieht sie den kürzeren.
Verarbeitung:
Die Verarbeitung der Maple-Kessel ist makellos. Die Gratungen sehen sehr gut aus. Fühlen sich auch so an. Toll!
Auch die Lackierung ist wirklich klasse - wiederum makellos.Wenn man einen (natürlich unfairen) Vergleich zum Blue Galaxy Fade meines Tama Performer B/B zieht fällt auf, dass die Performer Lackierung im Bereich des Blue Sparkle deutlichl beeindruckender in der Tiefenwirkung ist ("dreidimensionaler"). Beim Sonor ist kaum bis garkeine Tiefenwirkung zu sehen... es wirkt optisch eigentlich eher wie eine Folie. Aber nochmals die Lackierung ist sehr gut durchgeführt. Übrigens hier täuscht das Bild etwas: Der Unterschied ist real noch viel deutlicher... aber zumindest erahnen kann man es anhand des Foto-Vergleichs.

Sound:
Der Sound der Bassdrum ist wirklich schön. Tiefbass, gewisser Druck, und auch eine gewisse "harmonische"-Weichheit (in positivem Sinne). Sie kommt stimmtechnisch nicht so weit runter wie die Performer B/B, ist aber hörbar besser, wertiger und bass-stärker als die eines Pearl EX.
Das 10" und 12" Tom inklusive der neueren Tar-Aufhängung (zu den schwer zu handelnden Spannungskräften der alten Version, vielleicht mal eines Tages mehr) klingen wirklich gut. Harmonisch, weich (wiederum positiv gemeint). Wiederum hörbar besser als EX Pappel-Toms (die deutlich härter, kälter und unharmonischer klingen. Natürlich nicht so edel wie die B/B Toms die deutlich mehr "Schub" liefern (aber ohne hart zu klingen).
Jetzt kommt leider wieder ein Kalauer bei dem ich weiter ausholen muß und mich immer wieder frage, warum mitunter in Drumkatalogen oder bei Werksfotos Oszilloskope gezeigt werden, oder Trommeln im Meßlabor, während scheinbar kein einziger Mitarbeiter einfach mal den naturgegebenen Gehörgang durchspült und dem Klang der Trommeln zuhört!
Das 14" klingt wie gegated. Es klingt nicht schlecht, aber es "lebt und resoniert" nicht. Kein bisschen! Ein massiver Soundgüte-Abfall im Vergleich zu dem 10" und 12" Tom. Es ist mir völlig rätselhaft warum bislang keiner auf sowas hinweist. Man hat das Gefühl als wäre was "kaputt" wenn man bei einem Fill vom 10" über das 12" beim 14" angelangt ist. Um es ganz deutlich zu sagen: das ist inakzeptabel!
Ich habe genau diesen Effekt unlängst bei einem Pseudo-Ludwig Set (also jene aus der "Einer macht alles Fabrik" in Bazhou) bei dessen 14" Standtom feststellen müssen. Ein sehr lebloser Kesselton, mit erschreckend wenig Resonanz. Als wären die Felle abgeklebt.
Meine Vermutung (ich bin mir nahezu sicher): das eher kleine 14" Maß reagiert übersensibel auf 3 wuchtige Standtomböckchen. Diese Böckchen sind bei Sonor super-schön designed - aber ich denke diese 3 sind der Soundkiller. Ich kenne soviele 16" Toms wo sich Resonanzverluste in Grenzen halten. Aber bei 14" Standtoms scheinen sich die 3 Beine wirklich extrem negativ auszuwirken. Umso mehr, da Sonor ja beim 10" und 12" das neue Tar anwendet (die Kessel wirklichj passabel resonieren) - tja und dann beim 14" Standtom: GARNICHTS. Ein heftiger Klangkontrast. Eine wirklich schlechte Abstimmung der Toms zueinander.

Ich hoffe Sonor bietet zukünftig dieses 14"-Maß nur noch als Hängetom mit Tar an - oder überdenkt schnellstmöglich die Auflage dieser drei dicken Böckchen und/oder das Design der 3 Beine. Nochmals: das Tom klingt nicht in der Qualität wie das 10" oder 12" und der Unterschied ersterer zum Standtom ist gewaltig. Keinesfalls ein Detail, bei dem "der Kloos die Flöhe husten hört".
Die Snare ist als einziges Modell mit Powerhoops (2,3 mm) ausgestattet. Zu den eigenwilligen Hoops mit denen die Toms ausgestattet sind später mehr. Die Snare hat kurioserweise die seit Jahren übliche Sonor Abhebung (ich mag sie) nur leider diesmal in Plastik? Da werden üble Erinnerungen an die alten Vintage-"Plastikteile" von Sonor wach (eine der wenigen unschönen Sonor-Taten der Vergangenheit). Anyway, Kunststoff in Anbetracht der ehemaligen UVP finde ich hier eher klassenuntypisch und unangebracht. Der Sound der Snare wird selbst beim Höherstimmen (was verschieden-wertige Snares im Soundspektrum immens annähert) nicht wirklich besser. Ich bin nicht der größte Holzkessel-Fan unter der Sonnne, aber gerade Sonor hat mit den Hilite und Lite-Holzsnares und vielen (auch günstigeren) mehr so beindruckende Holz-Instrumente vorzuweisen, dass ich vom Snaresound ein bisschen enttäuscht bin. Es mag sein, dass sich hier die UT-Felle besonders rächen. Das ist aber nur eine sehr vage Vermutung. BTW: Ich habe alle Instrumente nur mit den Werksfellen getestet.
Im Unterschied zu den Mapex Snares der M-Birch und darunter Klasse muß man bei der Sonor allerdings positiv festhalten, dass ein Höherstimmen ohne die alarmierenden und verstörenden "U-Boot fällt unter die 1000 Meter Tiefe" Geräusche möglich ist. Die Böckchen also ein beherztes Höherstimmen ohne Knirschen und "Stöhnen" erdulden.
Nun zu den Hoops der Toms: Beim Aufziehen des Schlagfells für das 14" Standtom, fällt mir auf, dass dieses nicht wirklich schwimmend aufliegt. Ich vermutete zunächst ein "Montagsfell". Kommt vor. Aber auch der Tausch des Fells brachte keine Soundverebrsserung (siehe Resonanzarm-Kritik oben).
Jetzt wird es kurioser: Schon beim ersten Soundcheck fällt sofort neben dem wirklich schönen Sound von 10" und 12" Tom auf, dass die Spannreifen insbesondere beim Standtom (aber auch bei den 2 anderen) nicht immer den selben Abstand zum Kessel bzw. Fell haben. Wer jetzt denkt ich bin kleinlich oder konsumiere Alkohol oder gar anderes "Zeug"- irrt! Ich bin mir fast sicher, dass die regulären Hoops nicht richtig rund sind. Dummerweise läßt sich dieser Effekt mit meiner Digicam ganz schlecht belegen. Aber egal aus welchem Winkel ich die Drums betrachte: auch im Kontrast zu anderen Toms diverser Hersteller mit normalen Hoops fällt auf, dass beim Force 3005 mal der Fellrand 1 Millimeter vom Hoop entfernt ist mal 2,5 Millimeter (oder mehr). Holla, das Jahr 2007 schreiben wir. Das ist (unfreiwilliges) Vintage-Feeling pur. Das sollte nicht sein. Das darf auch nicht sein: nochmals in Erinnerung an den ehemaligen UVP.

Nochmals, das Foto beschönigt leider sehr deutlich. Real ist dieser eigenwillige Verlauf viel massiver! Im ganzen Haus und im benachbarten Freundeskreis habe ich heute keine einzige Trommel gefunden, die das Phänomen so deutlich aufweist wie beim Sonor Set. Insbesondere beim 14" Tom-Spannreifen. Aber wie erwähnt: auch die 2 anderen Toms haben diesen "Effekt" zwischen Fell und Spannreifen - wenn auch nicht soo gravierend.
Hier ist die Frage ob das nur bei meinem Set so ist - oder generell auf eine schlechte Fertigungsqualität der Hoops hinweist. Oder sind die Felle sooo schlecht gefertigt und der mehrfach wechselnde Abstand im Verlauf der Biegung jeder Trommel ist nur die Folge der Felle... kann ich nicht glauben. Zumal das Bild und erstrecht der reale optische Eindruck eindeutig auf verbogene Hoops hinweist... nicht auf das Fell. Man beachte nur Kesselrand und Hoop! Und nochmals: es liegt nicht an der Perspektive. Der Spannreif ist aus jedem Winkel, aus jeder Entfernung mal ganz dicht am Kessel, dann deutlich weiter weg.
Die Kessel hingegen wirken super in der Fertigungsqualität. Nur für kritische Spötter: ich habe eigentlich keinen Zweifel daran, dass die Kessel wirklich exakt rund sind. Ich habe auch beim Stimmen die nötige Sorgfalt walten lassen.... es ist keinesfalls so, dass ich die "Autofelge" einseitig angezogen hätte 
Noch eine Kleinigkeit: die Bassdrumklauen sind furchtbar. Klauen in dieser Qualität habe ich zuletzt vor 5 Jahren bei den damaligen Pearl EX-Sets erlebt. Sie liegen nicht gut am Reifen an, scheinen auch gewisse Fertigungstoleranzen zu haben. Ich habe mir beim Aufziehen der BD-Felle niemals zuvor im Leben so einen "Wolf gedreht". Ich hatte Schmerzen im Handgelenk nach dem Aufziehen! Ein Anziehen mit den Fingern, wie ich es weitestgehend beim Starclasssic gerne mache, ist beim Force 3005 unmöglich! Es geht zwar einige Gewindegänge lang, aber dann "zieht der Widerstand so massiv an", dass man glaubt taktile Fehlwahrnehmungen zu haben. OK, man wechselt BD-Felle selten. Es sei auch nur als Randnotiz erwähnt.
Fazit: Mir blutet das Herz wenn ich bedenke was Sonor viele Jahrzehnte an Innovationspower und Produktqualität aufzuweisen hatte. Ich habe früher (achtziger Jahre) mehrere Sonor Hardware-Teile renommierten Materialprüfern vorgelegt: stets war deren Fazit, "unglaublich gut gemacht, tolle Werkstoffe, fantastisches Engineering" etc. etc. Ich würde garnicht wagen, mit den jetzigen Hardwareteilen sowas nochmal zu tun.
Der Sound des Sets ist in Bezug auf Bassdrum, 10" und 12" Tom sehr gut.
Zum Preis von 648.- macht man nichts falsch. Eben weil in dieser Preisklasse höchstens Pearl EX-Auslaufsets die bessere Hardware haben - aber klanglich unterlegen sind.
Die ehemals anvisierte Preisklasse von 1400.- Euro war dieses Set aber gerade in Bezug auf die Hardware (inklusive Kesselhardware) nicht wert. Erstaunlich, dass da innerhalb Sonors niemand die Notbremse gezogen hat.
Zur Gegenwart:
Für 648.- kann man das Teil aber guten Gewissens kaufen. Zu diesem Preis kenne ich gegenwärtig kein Set mit diesem Sound (Standtom ausgeklammert) und kompletter Hardware. Die Qualität der Hardware ist für diesen Ausnahmepreis von 648.- natürlich akzeptabel - nur das kein falscher Eindruck entsteht.
Edit-Rekord!... wiedermal die Rechtschreibung... zumindest das gröbste entfernt - hoffe ich! Inhaltlich nach wie vor nix verändert, nur doppelte Buchstaben gelöscht. Derer gab es viele.