Oliver_Stein
Ich steige an der Stelle mal mit in die Fachsimpelei ein.
Kenne den Rechner auch und wusste natürlich, wer EBS entwickelt hat (es waren wohl auch ein paar Tonstudenten beteiligt).
Die Schwierigkeit, die ich bei den meisten Mikrofonsystemen sehe, ist eben genau der Punkt, dass der Achsenwinkel ungleich des Aufnahmebereichs ist.
Warum ich bei Schlagzeug-Overheads (wie viele andere übrigens auch) lange Zeit eher bei AB war, hat vor allem den Grund, dass Schlagzeug-Overheads eigentlich keine klassische Anwendung für ein Stereo-Hauptmikrofonsystem sind. Es kommen da sehr viele Faktoren ins Spiel, unter anderen:
- Welche Rolle sollen die Overheads übernehmen? (gutes Beispiel -> Olivers hier nicht zusätzlich mikrofonierte Toms)
- Jedes Schlagzeug ist individuell aufgebaut -> wie kann ein möglichst ausgewogenes Klangbild erzeugt werden? Auch mit Stützmikrofonen ist eine gute Ausgangsbasis der Overheads wichtig. Hatte erst kürzlich (wieder) bei einer Mix-Challenge erlebt, dass ein bestimmtes Becken viel zu laut im Vergleich zum Rest war. Da half dann nur noch Lautstärke-Automation.
- Welche Rolle spielen Stützmikrofone und wie wichtig ist die Monokompatibilität der Overheads wirklich? Bei vielen Stützmikros und mittig gepannten Snare- und Bassdrumspuren ist die Monokompatibilität der Overheads vernachlässigbar. Zumal man diese ja auch nicht zwingend 100% L/R pannen muss.
Mein experimenteller AB-Aufbau zielte zum einen darauf ab, die Becken auf den Overheads nicht zu vordergründig und vor allem nicht zu scharf klingen zu lassen (Becken klingen am Rand weicher). Aber auch auf eine - auf die Laufzeitdifferenz bezogen - mittige Snare auf den Overheads.
Dennoch fand ich EBS letztendlich besser. Das ist einfach ein vernünftiges Stereobild als Ausgangsbasis und klingt für mich runder - mit etwas mehr Raumanteil und damit auch nicht ganz so vordergründig. Natürlich ist die Snare dann nicht genau mittig, aber glücklicherweise von der Laufzeitdifferenz auf den OHs vernachlässigbar (ich aligne die so, wie sie sind). Eine nicht ganz mittige Snare auf den Overheads (Extreme also ausgeschlossen) führt auch dazu, dass die Snare mit Stützmikros etwas räumlicher / breiter ist.
XY fand ich in jeglicher Hinsicht enttäuschend. Zugunsten der Monokompatibilität hat man einfach kaum Stereoanteile.
Was man bei all den Sachen im Mix natürlich auch berücksichtigen muss, wenn man die Overheads z.B. an die Snare aligned: wie groß ist die Laufzeitdifferenz der Snare auf den Overheads? Denn es bringt wenig, ein von vorn herein gutes Stereobild der Overheads zu zerstören, indem man die Laufzeitdifferenz der Snare auf den OHs ausgleicht.
Da man sich damit für die jeweilige Drumkit-Breite und Overhead-Höhe dann einfach sein eigenes System mit gewünschtem Aufnahmewinkel als Startpunkt ausrechnet, und von dort ausgehend finetunen kann, braucht man die Standardsysteme (wie ORTF, NOS, XY; AB, DIN, RAI etc) dann eigentlich kaum noch.
Das halte ich für gewagt. Die Stereosysteme wurden von Experten entwickelt, die sich sicher etwas dabei gedacht hatten. Also wenn man nicht sowieso mit einem "spaced pair" bzw. groß-A/B arbeitet, hat es m.E. wenig Sinn, da großartige Experimente zu starten. Das schöne an EBS ist eben wirklich, dass nicht nur der Achsenwinkel sehr einfach messbare 90° sind, sondern Achsenwinkel = Aufnahmebereich und damit die Aufstellung sehr einfach wird. Die Aufstellung ließe sich dann sogar ganz einfach mit dem Pythagoras berechnen: angenommen zwei Crashbecken bilden die jeweils äußere Begrenzung des Drumsets und man will diese als Begrenzung nutzen (und Bassdrum/Snare sind als Einheit relativ mittig zwischen diesen Becken), reicht die Entfernung der Crashbecken zueinander, um die nötige Höhe des EBS-Mikrofonsystems zu berechnen.
Zitat von streichelzeuger
An dem Idealziel, also daß einem
- weder alle Klangquellen des Kits an die äußeren Ränder der Stereobasis wandern
- noch daß das Drumkit schmal und mittig im Stereofeld sitzt,
ist man durch das Ausrechnen schon im ersten Wurf näher dran als nach stundenlangem Experimentieren mit willkürlichen oder auch altbewährten Stereo-Setups.
Wieso? Der Rechner bietet keinen Bezug zu tatsächlichen Entfernungen. Bei EBS ist es z.B. ganz einfach: ist die Klangquelle 2m breit, muss das Mikrofonsystem einen Abstand von 1m zur Klangquelle haben. Das lässt sich mit dem Rechner aber nicht berechnen.