Akustisches Drumset und Ergebnis nach dem Aufnehmen?

  • Hallöchen,


    ich als Drum-Anfänger hab mal eine kleine Frage. Und zwar geht es um den akustischen Sound von Drumsets und dem Ergebnis nach dem Aufnehmen von diesem selbigen. Die Frage ist nun, liegt es an mir und meinem Set und meinen nicht vorhandenen Stimmkünsten oder woran, dass mein Drumset (speziell jetzt mal die Snare) sich nie so kurz und knackig anhört wie in diversen Liedern vom CD-Player. Oder auch ganz normale Drumming-Lernvideos wo ne Menge verkabelt ist. Da klingt die Snare meist auch kurz und knackig, garnicht wie meine, die etwas länger klingt und voluminöser mit mehr boooom, eben mehr nach Trommel als auf manchen Tracks zu hören ist.
    Mich beschäftigt dabei, gibt es da vielleicht recht große Unterschiede bei den Snares was Material, Fellarten, Snareteppich, Stimmtechnik, Größe usw betrifft, dass es da diese heftigen Kontraste geben kann? Oder ist es einfach normal, dass die abgemischten Songs Drumtechnisch etwas anders klingen als das live gespielte Drumset? Eventuell gibt's dazu auch schon ein Thema das ich nicht gefunden habe? Links wären dann sehr nett.


    Das ist übrigens mein Set: http://www.drummerforum.de/forum/thread.php?threadid=14112


    EDIT: Ich hab gerade dazu was in der Drum Tuning Bible gefunden:

    Zitat

    Der Klang den man Zuhause von einer CD hört, ist bis auf wenige Ausnahmen nicht vergleichbar mit dem natürlichen Klang eines Schlagzeuges. Was Sie von CD hören ist normalerweise aufnahmetechnisch verändert, so wie es der Produzent und der Künstler für die jeweilige Aufnahme passend finden. Manchmal kann man einfach nicht den Sound seines Drummer Vorbildes kopieren, ohne die passende Elektronik.


    Ich weiß jetzt allerdings nicht, wie wahrheitsgemäß und allgemeingültig diese Aussage ist. Vielleicht gibt's hier jemand der mir da noch ein paar Sachen zu sagen kann?


    mfg.


    Ynnus

  • Wichtig ist,dass die Snare schon in natura kurz und knackig klingen muss,also sind es in erster Linie Deine Stimmkünste.Aus jeder Snare egal,welches Material oder welcher Grösse,lässt sich ein knackiger Sound rausholen,gegebenenfalss etwas dämpfen oder irgendwas anderes ausprobieren.Erlaubt ist,was gefällt!


    Desweiteren spielt die Positionierung des Mikros und das Mikro selbst ne grosse Rolle.
    Doch auch ein super Mikro mit dem besten Mischer macht aus (erlaube man mir den Satz) scheisse kein Gold!


    Du hast die Drum Tuning Bible schon gefunden,lies es und versuchs mal!

  • moin


    probieren geht über studieren (.. in diesem fall das lesen der bibel.)


    snare im allgemeinem gibt es ja von bis mit dem und dem teppich und dem und dem fell bla bla ...
    also im klartext: kaufen und schrauben. in einem guten sound selbst steckt ne menge menge arbeit. wie
    schon x-mal hier erwähnt gibt es halt kein universalrezept für einen guten snaresound. beachte aber allerdings mal den raum, welcher bei sounds sehr viel ausmacht. unser riesen-probenraum ist ein alter kornspeicher, fast ohne isolierung. der sound, gerade vom schlagzeug, geht meist durch die decke und die aussenwand flöten. ich weiss gott sei dank das es in einem kompakteren raum super klingt und eben auch im studio.

  • Stimmt absolut. Die meisten Produktionen (ausser Jazz) sind mit viel Compressor und diversen anderen Effekten versehen, ausserdem drehen die oft wie wild am EQ.
    Aber es ist unerläßlich das Optimum an Basissignal zu erzeugen. Das besteht aus perfekt gestimmten trommeln und Ideal positionierten Mikros.


    Zum Thema Stimmen mache ich einen kleinen Workshop am 9.9. beim Trommlertreffen in Bremen.


    !!! Hinweis zum Trommlertreffen: Bitte lest doch bei Interesse den zugehörgen Thread !!!


    In Bälde werde ich eine ganze Reihe anbieten, grob so eingeteilt:
    4 Einheiten á 3 Stunden mit folgendem Inhalt:
    1. Grundlagen der Trommelkonstuktion sowie Theorie und Praxis der Fellmontage (wie in etwa am Montag durchgeführt)
    2. Gezieltes Stimmen einer Trommel (die Zonen) und Fellauswahl (Darstellung der unterschiedlichen Felltypen und deren charakteristischer Eigenschaften)
    3. Die Snaredrum, Fellstimmung, Snareteppich, Fellauswahl
    4. Die Bassdrum, Fellstimmung, Dämpfungsmaßnahmen, Fellauswahl, Schlägelauswahl.
    Zusätzlich könnte man noch einen kleinen Kurs Grundlagen der Schlagzeugmikrofonierung dranhängen, ist aber doch ein anderes Thema.


    Gruß,
    Nils

  • Um ehrlich zu sein habe ich mich bislang nie um die Inhalte der Drum-Bible gekümmert... tatsächlich noch keinen einzigen Satz gelesen.


    Das von dir gepostete Statement ist aber absolut zutreffend und bringt die sehr komplizierte Sachlage in kurzen Wort sehr gut auf den Punkt.


    Folgende Ergänzungen: es gibt ganz verschiedene Aufnahme-Procedere - größtenteils - man mag es nicht glauben je nach Musikstil/Zuhörerschaft oder sogar Band unterschiedlich.


    Ganz grob umrissen kann man folgendes feststellen (bitte nicht bemüßigt fühlen dutzende Gegenbeispiele zu posten - ich weiß selbst, dass es einen Haufen Ausnahmen von der Regel gibt :)


    Das meiste an Musik was heute auf Tonträgern in den sehr umfassenden Genres der Pop und Rockmusik stattfindet wird massivst nachbearbeitet. Jedes Instrument, auch die Vocals und ganz besonders das Drumset - insbesondere die Main-Instruments des Drumsets: Bass + Snare.


    Die Einflußnahme auf den Sound bzw. der Anteil der "Soundmanipulation" (wenn ich es mal so nennen darf) ist allerdings sehr unterschiedlich. Es gibt aber eine Menge Drumaufnahmen der letzten 10 Jahre, die dermaßen fette Drumsounds bieten, die das beste Drumset, oder die beste Snare der Welt - um bei deinem Problem zu bleiben- so in Naturo NICHT BIETET. Auch wenn Endorser sich manchesmal genötigt fühlen in Interviews zu behaupten "klingt schon in Naturo so fett als wäre es abgemischt" oder "klingt so toll wir gehen linear ins Pult und verändern bis zum Mastering garnix -ehrlich!" sollte das nicht davon ablenken das Drumsounds der letzten Jahre audiotechnisch stark!!! bearbeitet werden. Und zwar so extrem wie niemals in der Studio-Geschichte zuvor. Teilweise (und das ist kein Witz) so stark, dass zwischen dem im Raum wahrgenommen Sound eines Zuhörers und dem letzlich auf CD geb(r)annten Lichtjahre liegen.


    Wie kann das sein? Oder warum? Zum einen unterliegt unsere gesamte Wahrnehmung (Auge, Ohr etc.) leider nicht wie im Volksmund vermutet eher nüchternen rationalen Gesetzesmäßigkeiten sondern ist sehr stark durch Erfahrung und Erwartungshaltung geprägt. Und letztere wird durch den Wandel des Musikgeschmacks, der Hörgewohnheiten und vor allen Dingen! den audiophilen Tricks der Tontechniker im Studio massivst beeinflußt.


    Will heißen, so geil alte Beatles Drumkits für Fans und Liebhaber auf den alten Platten klingen mögen oder gar der vielzitierte wirklich beeindruckende Bonham-Sound... irgendwann probierten Studiofreaks mal wie es klingt, auf die Bassdrum etwas mehr Kompressor zu geben, die Snare bei 8 khz ein paar db anzuheben und auf Floortoms mal einen subharmonischen Bassprocessor zu legen. Tja... und wie soll ich sagen - das gefiel einigen Leuten. Es klang neu und interessant und hörbar fetter und frischer. Für künftige Produktionen gingen andere Tontechniker wieder weiter "ich könnte doch den Compressor noch etwas stärker nutzen", "die Bassdrum verträgt doch noch 2 db bei 80 HZ mehr" oder "wie wäre es wenn wir die Snare und die Bass mit einem zusätzlichen Triggersound des J.R: Robinson Kits von 1994 auf-fetten" und einen Mix der Ratio 40/60 zwischen Original Snare und Triggersound fahren usw. usw.


    Diese Soundspirale dreht sich immer weiter. Neulich meinte mal ein Bekannter "wir seien alle pervers". Dieses tüfteln an Sounds in Studios sei der von ihm als ehrlichem Zuhörer gelebten Rockattitüde, völlig entgegengesetzt. Ich sagte "du hast recht, aber für jeden echten, authentischen Drumsound als Aufnahme erntest du bei vielen Zuhörern heutzutage nur noch: klingt zu mittig und flach, der sound ist insgesamt beschissen".


    Mal ein paar Beispiele der letzten Jahre:
    1.) Die Bon Jovi CD mit dem Hit "it´s my Life"... kenne den Longplayer Titel nicht: Drumset mit 16 Mikros und 16 eigenen Kanalzügen am Mischpult aufgenommen und gemischt. So groß waren vor garnicht allzulanger Zeit Mischpulte für den kompletten Bandmix für eine Schallplatte.


    2.) Eine Stratovarius CD (deren Name mir entfallen ist... ich meine es war die "EPISODE" CD) Angeblicher Produktionsetat 500.000 DM. Natürlich nicht nur für die Drumaufnahme sondern das komplette Album. Das war Mitte der neunziger für ein eher kleines-mittleres Label und eine Band deren Wachstumsprognose damals unklar sein mußte und die die meisten Rockfans garnicht kannten - unglaublich viel Kohle! Gemischt und engineered von Mikko Karmila. Ich weiß noch gut wie mich damals dieser ultra-brutal-mächtige Drumsound förmlich an die Wand gedrückt hat. Wenige Wochen nach dieser CD-Veröffentlichung waren die Guestbooks der Musiker und diverser Fansites schon voll von Anfragen oder Begeisterungsäußerungen aufgrund des fetten Drum-Sounds. Heute gilt jener Karmila als einer der besten Rock-Musik-Engineers der Welt und selbst jene, die seine "Gitarrenwände" und seinen "Drum-Fett-Overkill" ablehnen (da es mit den Natursounds der Instrumente nicht mehr viel zu tun hat) - haben Referenzscheiben von ihm in ihren Studioschubladen "versteckt" :) Ist auch er pervers, da er längst über Skandinavien hinaus auf unser aller Hörempfinden massiv Einfluß nimmt und im A/B-Vergleich zu seinen Produktionen lange Jahre von mir sehr geschätzte Rock-Produktionen der frühen Achtziger klingen als seien sie über ein analoges-Telefon eingespielt worden??? Ich weiß es nicht- finde es aber geradezu beängstigend wie "relativ" und manipulierbar unser Soundempfinden ist.


    3.) Lauter und fetter!!!!! Das sind Stichworte der letzten Jahre. In nicht wenigen Mastering-Studios ist ein eigenwilliger Sport entbrannt, wer in der Lage ist die lautesten CD´s rauszuhauen, ohne wahrnehmbare Verzerrung. "Compressed to fuck" und andere mehr oder weniger schlüpfrige Bezeichnnungen sind Spiegelbild dieser Tendenz der audiophilen Neuzeit. Wer sich mal die Mühe macht CD´s die er 1983 erworben hat (oder jene die in den achzigern gepresst wurden) mit neuen CD-Pressungen von 2005 zu vergleichen wird seinen Ohren nicht trauen. Und wird seinen Verstärker-Pegel nach den ersten Takten der 2005-CD erstmal deutlich nach unten korrigieren. Auch eine simple Analyse der Wellenformen bzw. deren Amplitude macht offenbar das bei sehr vielen aktuellen Rock- und Pop Produktionen quasi alles! am oberen Ende angelangt ist... Dynamik? Optisch/meßtechnisch eigentlich garnicht mehr vorhanden - es ist alles auf 11 :)


    4.) Ich habe diverse ältere Tapedecks mit automatischer Bandeinmessung (Bias- und Pegel-Kalibrierung etc). Kurioserweise sollten die immer den bestmöglichen Sound und Pegel je nach Kassetten-Beschichtung bzw. deren magnetischer Eigenschaften ermitteln und somit hochwertige Aufnahmen ermöglichen. Ich habe einige aktuellere Tonträger zu Hause wo plötzlich diese Autokalibrierung zu versagen scheint. Der Bass verzerrt obwohl das Musik-Signal teilweise deutlich unterpegelt (unter 0 db) aufgezeichnet wird. Ich kann es mir nur so erklären, dass mit dem übersteigerten fetten Bass-Anteil der heutigen Bassdrumsounds diese in den achtziger und frühen neunzigern konzipierten Tapedecks nicht mehr umgehen können, da ihre Regelgrenzen und Kalibrierungsparameter für derartige Extreme garnicht ausgelegt waren??? Völlig Crazy. Analoger Kopierschutz sozusagen :)


    Und man könnte vieles mehr berichten, was gegenwärtig alles passiert um Drumsets, snares etc. anders, besser oder sonstwie klingen zu lassen. Z.B. immer aufwendigere Mikrofonierung mit Raumanteil (letzterer kann sehr entscheidend sein, wie eine snare klingt, denn selbst wenn sie kurz im Eigensound ist, kann diese Klangcharakteristik über mehrere! Raummikrofone in unterschiedlichen Distanzen zur Snare aufgestellt, sehr stark manipuliert werden). Auch das "putzen" der Spuren hat "Dank" moderner PC Software Anwendungen längst subframe-Level erreicht. Will heißen: wenn ich z.B. jene Tom- Spuren des Drumsets "mute" sobald kein Schlag erfolgt (mag das für den zu früh verstorbenen Jeff Porcaro Blasphemie sein) aber das Drumset klingt aufgeräumter und läßt anderen Instrumenten nach Ansicht vieler Tontechniker "mehr Luft".


    Übrigens haben die fetten Drumsounds und unsere Hörwahrnehmung seit vielen Jahren natürlich folgerichtig auch den E-drum Sektor ergriffen. Ich kenne viele musikalische Laien, die wenn man E-drums und Akustikdrumset in einem Raum demonstriert die Sounds des E-drumsets favorisieren. Klar - ich bin total anderer Meinung, aber man muß attestieren, dass viele Sounds der E-drumsets sich eben auch an den professionellen zeitgemäßen, fetten Produktionssounds der Tonträger orientieren... und und auch umgekehrt - aber diese Wechselwirkung ist noch komplizierter zu beschreiben!


    Ich finde es super, wenn irgendwelche Jazz-Trios 2 Neumänner im Raum aufhängen und einen real-time-Mitschnitt machen und selbigen dann als offizielle CD veröffentlichen. Da kann man mitunter wirklich annähernd authentische Drumsounds hören. Nämlich fast so wie ein Drumset in einem Raum unter den Händen JENES Drummers für ein Ohrenpaar klingt. Da schließt sich auch der Kreis zu meinem "Bekannten" siehe oben. Der findet Authentizität nämlich viel wichtiger als sub-frame-genau geputzte Spuren.


    Trotzdem, ein großer Prozentsatz internationaler Pop und Rockproduktionen findet unter gänzlich anderen Aufnahme- und Abmischgesetzen statt.


    Und um eines klar herauszustellen: Deine Frage ist klasse und total sinnig. Meine Antwort mag pessimistischer klingen als die Thread-Posts der geschätzten Kollegen obendrüber. Ich halte es größtenteils für unmöglich bestimmte (snare)-Drumsounds vieler aktueller Pop- Rock und Metal Produktionen auch nur annähernd zu imitieren, ohne einen ähnlichen Aufriß, bzw. "perversen" Technikaufwand wie im Studio zu betreiben und behaupte weiterhin, daß genau jene Sounds dieser Tonträger oft nicht mehr sooo viel mit dem Natura-Sound der eingespielten Snare zu tun haben.

  • Du solltest wirklich ein Buch schreiben!!!


    Sehr genialer Beitrag, danke!

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    Silence is golden. Duct tape is silver.

  • Zitat

    Ich kann es mir nur so erklären, dass mit dem übersteigerten fetten Bass-Anteil der heutigen Bassdrumsounds diese in den achtziger und frühen neunzigern konzipierten Tapedecks nicht mehr umgehen können, da ihre Regelgrenzen und Kalibrierungsparameter für derartige Extreme garnicht ausgelegt waren??? Völlig Crazy. Analoger Kopierschutz sozusagen :)


    Eine andere Möglichkeit ist, dass das Tapedeck mit dem Phasenunterschied zwischen den Kanälen evtl. nicht klarkommt. Digitale Tonträger haben keine Probleme mit 180 Grad (also praktisch Phasenumkehr), während alte Produktionen auf die Limitierung der Schallplatte (max. 35 Grad) hin ausgelegt sind. Beispielsweise sind Surroundsound-Effekte schliesslich über Phasendiffrenz in das Stereosignal eincodiert und werden von den entsprechenden Verstärkern herausgerechnet. Das kann schon sein, dass Tapedecks wegen der schlechten Kanaltrennung da Probleme bekommen.


    Zitat

    ...und behaupte weiterhin, daß genau jene Sounds dieser Tonträger oft nicht mehr sooo viel mit dem Natura-Sound der eingespielten Snare zu tun haben.


    Absolut. Wenn auch ein Naturkit bei direkter konfrontation z.B. im Übungsraum richtig ankicken kann, wenn es denn ordentlich gestimmt ist.



    Nils

  • Vielen Dank für die wirklich interessanten und lehrreichen Beiträge. Ich werd mal etwas an meiner Snare rumtüfteln, was für unterschiedliche Sounds da so mit anderen Stimmmethoden drinn sind.
    Ich hatte mir ja schon fast gedacht, dass die Sounds passend zum Musikstil verändert werden, nur sicher war ich mir da nicht. Als Anfänger hat man da noch nicht so die Gewissheit, aber schön, dass es dann dieses Plätzchen hier gibt wo man nachfragen kann. :)

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