Es geht mir bei den von Dir verlinkten Videos ähnlich, wenn ich auch nicht explizit Verzerrung wahrnehme, aber einfach eine sehr starke Erschöpfung beim Hören. Das kenne ich auch aus anderen Stilrichtungen in Abmischungen der letzten Jahre, wo ich das Gefühl habe, dass mein Gehirn fix und fertig ist.
Ich vergleiche es für mich mit der visuellen Ebene, wo ich etwas ähnliches erlebe: in jüngeren Jahren meine ich bei sehr schnell geschnittenen und mit Bombast-Effekten überladenen Filmen Spaß gehabt zu haben, bin zuletzt bei aktuellen Mainstream-Action-Streifen aber regelmäßig komplett erschöpft, wenn ich das Kino verlasse und - eingeschränkter - wenn ich solche Filme auf dem TV gesehen habe (da sind die Reize etwas weniger stark).
Meine persönliche Erklärung ist, dass sich das Limit dessen, was mein Gehirn an gleichzeitigen Reizen verarbeiten kann, im Älterwerden (bin jetzt 60) verringert. Laut Hörtest höre ich immer noch sehr gut, aber es scheint, als ob mein Gehirn sich viel mehr anstrengen muss, um einzelne Reize zu erfassen und aufzulösen und dass das dann in Überlastung/Erschöpfung mündet.
In der Folge hat sich mein Musik-Konsum verändert: Ich habe eigentlich über Jahrzehnte gerne sehr laut Musik gehört und auch gemacht, d.h. das "physische Klangerleben" war ein mir wichtiger Faktor, um voll in der Musik zu sein und darin aufzugehen. DAS hat sich massiv reduziert, d.h. ich höre Musik im Mittel deutlich leiser und seltener mal richtig laut.
Das - wie ich es von Dir verstehe - ähnliche Erleben bei "moderneren Mixes" tauchte bei mir gefühlt vor etwa 7-8 Jahren zum ersten Mal auf, als ich das Album einer von mir geschätzten Band von den Songs her eigentlich gut fand, aber einfach nicht oft gehört habe, weil mich das Klangbild gestresst hat. Auffällig war vor allem, dass hier die Dynamik über das ganze Album praktisch auf einem Level war, d.h. mächtig mit Kompression gearbeitet wurde, obwohl die Musik selbst eigentlich dynamisch ist, d.h. "laute" und "leise" Stellen hat. Ich vermute, dass mein Gehirn auch damit Probleme hat, dass hier quasi "Täuschungen" stattfinden, d.h. die tatsächliche Lautstärke einer "leisen" Stelle im Song ist gar nicht reduziert, sondern ballert weiter auf hohem Niveau.
Subjektiv ist das dann so, als ob mein Gehirn einen Filter rausnimmt, weil ja kein offensichtlich harter Reiz kommt und dann diese "pseude-leisen" Stellen ungehindert auf mein Ohr einbrettern und damit Stress erzeugen.
Ich kann nur sagen, dass sich das entstehende Gefühl stark nach Überlastung/Overkill anfühlt und ich das weg von mir haben will und die Musik ausmache. Dieses Phänomen habe ich definitiv nicht mit Musik älteren Datums, kann mir z.B. auch immer noch gut Tool-Alben in mächtiger Lautstärke geben, ohne dass es sich schlecht anfühlt (übrigens auch deren aktuellstes Werk, obwohl ja auch noch vergleichsweise jung).
Also im Endeffekt glaube ich - ohne es beweisen zu können oder dafür im Netz Belege zu finden - an ein "psychoakustisches Erschöpfungsphänomen" das AUCH etwas mit dem Alter(n) zu tun hat. In vielen Wahrnehmungs- und Reiz-Verarbeitungsbereichen kann ich deutlich sehen, dass ich nicht mehr ganz so schnell bin, wie in meinen 20ern. Da liegt es nahe, anzunehmen, dass das - auch ohne Hörschaden - auch in der Hörwahrnehmung zu einer Verlangsamung der Hörreiz-Verarbeitung kommt und damit zu Stress, wenn ich diese Reize nicht mehr schnell und sauber genug auflösen kann.
Alles höchst subjektive Vermutung, aber vielleicht ist ja was dran