Spieltechnisch finde ich das sehr beeindruckend und zolle gerne dafür viel RESPEKT!
Ich liebe Gitarrenvirtuosen.
Das Problem ist heutzutage nur, dass insbesondere in den wohlstandsverwöhnten Industrie-Ländern immer mehr junge Leute die Zeit/Muße/materielle Sicherheit haben, viel (oder sehr viel) zu üben ohne das Eltern die Tür eintreten und rufen: "Deine 4.30 Uhr Frühschicht in der Teppichknüpferei beginnt, schwing Deinen Arsch in die Fabrik, damit abends für Deine 14 Geschwister die Reisschale zumindest halbvoll wird". Dies im Zusammnenhang mit dem riesen Zugriff auf die besten Musiker der Welt via DVD, Internet oder der freien Wahl toller Musiklehrer in jeder Großstadt, selbst in der Provinz...
... all diese Faktoren bewirken, dass es heutzutage wesentlich mehr technisch versierte und rasend schnelle Gitarristen auch schon in jungem Alter gibt als früher. Wesentlich mehr als vor 30 Jahren. Die Musiklandschaft und das Wissen um Spieltechniken und technische Virtuosität sowie DIDAKTIK hat sich extrem gesteigert/verändert/verbessert. Viele dieser heutigen Gitarristen wären vor 30 Jahren sofort in Auditions als BEST PLAYER of the year HERAUSGESTOCHEN. Aber die Zeiten sind heute anders.
Das soll KEINE Abwertung sein. Spieltechnisch ist das aller Ehren wert. Nochmals - Ich ziehe den Hut - ohne jede Ironie.
Die Frage ist nur: was bleibt? Was bleibt "originär-individuell-charakteristisch"?, was ist original?, was bleibt erinnerungstechnisch haften? Was bleibt, wenn das prozentuale Ausmaß schneller (toller) Frickler jedes Jahr ansteigt?
Bei mir bleibt nicht viel. Ich applaudiere, bin beeindruckt... aber habe nach 1 Minute vergessen ob die Hose 2 oder 3 Nummern zu groß gekauft war.
Das ist mitunter die Haltung des Pöbels... zu dem ich mich manchmal zählen lassen muß
. Der Pöbel der oft vergißt, dass es neben dem Erlernen des spieltechnischen Handwerkszeugs für viele Musiker Jahre oder gar Jahrzehnte braucht bis man einen eigenen, unverwechselbaren Stil (Spirit) gefunden hat. Viele Musiker schaffen es übrigens nie. Das spannende ist aber: MANCHE andere haben es schon als ganz junge Menschen. Manche haben etwas total charakteristisches-eigenständiges... und das weitere Erlernen von Spieltechnik, Geschwindkeit etc. ist dann nur noch ein weiteres Detail bzw. ein weiteres Werkzeug auf dem Weg sich immer diffferenzierter und charakteristisch-individuell musikalisch auszudrücken.
2 Videos reichen mir nicht um zu beurteilen, ob der technisch tolle! bis überragende Gitarrist hier nur "geschickt" seine Eigenständigkeit versteckt... oder diese noch nicht entwickelt hat.
Noch etwas: fast alle Künstler/Musiker sind auch ein gutes Stück weit Narzissten
. Insofern kann man keinem vorwerfen, wenn er schwanzwedelnd Videos platziert und sagt "schaut mir alle beim onanieren zu und applaudiert danach gefälligst". So verfahren wir Drummer auch (me too). Wichtig finde ich "nur" sich diesen Nonsens
auch bewußt zu machen. Das augenzwinkernd selbstironisch!!! zu verstehen und zu vergegenwärtigen. Das diese Form "Musik" so zu präsentieren eher Fishing-for-compliments oder Selbstbestätigung (- befrie....ung) ist und eher sekundär Musik die vielleicht die Seele anderer berührt oder gar etwas dauerhaftes, atmosphärisches schafft. Wer das mit 5-Tonnen Selbstironie tut, den bewundere ich noch mehr als sein Appegio jenseits der 532 BPM.